Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1721. Der Rath Ahitophels war kaum zur Narrheit worden, Als des Husai Mund vor Davids Leben stritt. Zog Ahab in den Streit, fuhr Josaphat zwar mit; Allein er blössete den gantzen Baals-Orden, Und der Prophete sprach: Jch schone Josaphat, Sonst bliebt ihr Könige gewißlich ohne Rath. Der Nehemias war des Arthasasta Schencke, Ein wohlgeplagter Mann; Allein er machte doch Sein väterliches Hauß von dem betrübten Joch Mit einem Worte loß. Jch seufze, wenn ich dencke Was Mardachai Fuß vor saure Schritte that; Der aber doch dadurch sein Volck erlöset hat. Es muß auch Daniel das Hof-Getümmel dulden; Allein wie betet nicht, wie überwindet er! Wie wird es Misael und seinen Freunden schwer; Allein sie bleiben selbst im Ofen ohne Schulden, Der Leuen Rachen wird ein Maul-Korb angeleget; Und von der Flamme brennt, wer Holtz zum Feuer träget; Die Männer Juda sind bey ihrer Weise blieben, War gleich der gantze Hof ein ander Thun gewohnt, So wurden dennoch sie mit Hof-Manier verschont; Wie hat der Eine nicht den König eingetrieben, Als er das Götzen-Volck der Lügen angeklagt, Und einer, als er ihm der Wahrheit Lobspruch sagt. Johannes muste zwar mit seinem Haupt bezahlen; Doch hört' Jhn erst der Fürst, und folgte manchesmahl. Ach wüste ich gewiß ich käm' in jener Zähl: So möchte immerhin die Welt mit Feuer strahlen, Die schwersten Ubungen auf meine Scheidel speyn; Es solte Leue-Grimm mir gantz erträglich seyn. Da ist mein offnes Hertz, du kennest mich von innen HErr! wallt ein Tropfen Bluts durch meiner Adern-Bach, Der dir nicht eigen ist, den treffe deine Rach: Mein gantzes Hertz ist dein, die gantz Krafft der Sinnen, Und der erlöste Geist ist dir zum Opffer recht, Der Mensch mit Leib und Seel ist ewiglich dein Knecht. XIII. B 4
1721. Der Rath Ahitophels war kaum zur Narrheit worden, Als des Huſai Mund vor Davids Leben ſtritt. Zog Ahab in den Streit, fuhr Joſaphat zwar mit; Allein er bloͤſſete den gantzen Baals-Orden, Und der Prophete ſprach: Jch ſchone Joſaphat, Sonſt bliebt ihr Koͤnige gewißlich ohne Rath. Der Nehemias war des Arthaſaſta Schencke, Ein wohlgeplagter Mann; Allein er machte doch Sein vaͤterliches Hauß von dem betruͤbten Joch Mit einem Worte loß. Jch ſeufze, wenn ich dencke Was Mardachai Fuß vor ſaure Schritte that; Der aber doch dadurch ſein Volck erloͤſet hat. Es muß auch Daniel das Hof-Getuͤmmel dulden; Allein wie betet nicht, wie uͤberwindet er! Wie wird es Miſael und ſeinen Freunden ſchwer; Allein ſie bleiben ſelbſt im Ofen ohne Schulden, Der Leuen Rachen wird ein Maul-Korb angeleget; Und von der Flamme brennt, wer Holtz zum Feuer traͤget; Die Maͤnner Juda ſind bey ihrer Weiſe blieben, War gleich der gantze Hof ein ander Thun gewohnt, So wurden dennoch ſie mit Hof-Manier verſchont; Wie hat der Eine nicht den Koͤnig eingetrieben, Als er das Goͤtzen-Volck der Luͤgen angeklagt, Und einer, als er ihm der Wahrheit Lobſpruch ſagt. Johannes muſte zwar mit ſeinem Haupt bezahlen; Doch hoͤrt’ Jhn erſt der Fuͤrſt, und folgte manchesmahl. Ach wuͤſte ich gewiß ich kaͤm’ in jener Zaͤhl: So moͤchte immerhin die Welt mit Feuer ſtrahlen, Die ſchwerſten Ubungen auf meine Scheidel ſpeyn; Es ſolte Leue-Grimm mir gantz ertraͤglich ſeyn. Da iſt mein offnes Hertz, du kenneſt mich von innen HErr! wallt ein Tropfen Bluts durch meiner Adern-Bach, Der dir nicht eigen iſt, den treffe deine Rach: Mein gantzes Hertz iſt dein, die gantz Krafft der Sinnen, Und der erloͤſte Geiſt iſt dir zum Opffer recht, Der Menſch mit Leib und Seel iſt ewiglich dein Knecht. XIII. B 4
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1721.
Der Rath Ahitophels war kaum zur Narrheit worden,
Als des Huſai Mund vor Davids Leben ſtritt.
Zog Ahab in den Streit, fuhr Joſaphat zwar mit;
Allein er bloͤſſete den gantzen Baals-Orden,
Und der Prophete ſprach: Jch ſchone Joſaphat,
Sonſt bliebt ihr Koͤnige gewißlich ohne Rath.
Der Nehemias war des Arthaſaſta Schencke,
Ein wohlgeplagter Mann; Allein er machte doch
Sein vaͤterliches Hauß von dem betruͤbten Joch
Mit einem Worte loß. Jch ſeufze, wenn ich dencke
Was Mardachai Fuß vor ſaure Schritte that;
Der aber doch dadurch ſein Volck erloͤſet hat.
Es muß auch Daniel das Hof-Getuͤmmel dulden;
Allein wie betet nicht, wie uͤberwindet er!
Wie wird es Miſael und ſeinen Freunden ſchwer;
Allein ſie bleiben ſelbſt im Ofen ohne Schulden,
Der Leuen Rachen wird ein Maul-Korb angeleget;
Und von der Flamme brennt, wer Holtz zum Feuer traͤget;
Die Maͤnner Juda ſind bey ihrer Weiſe blieben,
War gleich der gantze Hof ein ander Thun gewohnt,
So wurden dennoch ſie mit Hof-Manier verſchont;
Wie hat der Eine nicht den Koͤnig eingetrieben,
Als er das Goͤtzen-Volck der Luͤgen angeklagt,
Und einer, als er ihm der Wahrheit Lobſpruch ſagt.
Johannes muſte zwar mit ſeinem Haupt bezahlen;
Doch hoͤrt’ Jhn erſt der Fuͤrſt, und folgte manchesmahl.
Ach wuͤſte ich gewiß ich kaͤm’ in jener Zaͤhl:
So moͤchte immerhin die Welt mit Feuer ſtrahlen,
Die ſchwerſten Ubungen auf meine Scheidel ſpeyn;
Es ſolte Leue-Grimm mir gantz ertraͤglich ſeyn.
Da iſt mein offnes Hertz, du kenneſt mich von innen
HErr! wallt ein Tropfen Bluts durch meiner Adern-Bach,
Der dir nicht eigen iſt, den treffe deine Rach:
Mein gantzes Hertz iſt dein, die gantz Krafft der Sinnen,
Und der erloͤſte Geiſt iſt dir zum Opffer recht,
Der Menſch mit Leib und Seel iſt ewiglich dein Knecht.
XIII.
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