Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1723. Lernt, wie Graf Friedrich Ernst, daß alles Ding vergeh,Nur JEsus nicht, und der, den JEsus auserkohren. Wollt ihr, daß euer Ruhm einst auf Papier gedrückt Mit dem bestaubten Blat in Jahr und Tag veralte; So sehet zu, wenn ihr auf hohe Staffeln rückt, Daß sich die Ehre ja, so lang ihr lebt, erhalte. Wünscht ihr im Gegentheil euch lieber da genennt, Wo der getreue Zeug' und Hohe-Priester Amen, Die Streiter ewiglich vors Vaters Stuhl bekennt, So folgt demselben nach, ihr tragt ja seinen Namen. XXIV. Auf der Frau Groß-Mutter 76. DJe ihr mit fremden Schmuck zu prangen fähig seyd,Jahrs-Tag. * Nicht aber eignen Glantz der Tugend zu erreichen! Geht, rühmet, was ihr könnt, der Ahnen Treflichkeit; Pocht, Helden, destomehr auf eigne Sieges-Zeichen. Geht, grabet euren Preiß in Marmel-Stein und Ertz, Setzt Pfal und Pfeilerwerck wo sonsten Ströme flossen; Erhebt den Obelisc von dannen Himmelwerts, Thürmt Ehren-Pforten auf, setzt prangende Colossen: Laßt in Gemählden sehn, was eure Mord-Faust thut, Der Reimer Phantasey von eurer Härte dichten; Beschreibt mit Cäsare den eignen Helden-Muth, Laßt die Historien euch Ehren-Mahle richten. Wie? oder eckelt euch vor Blut und Feuer-Strahl, Betrüben euch vielleicht die drohenden Trompeten? Beliebet euch vielmehr ein lustig Freuden-Mahl, Und der gedämpfte Klang der angenehmen Flöten? So laßt die künftge Welt von eurer Freundlichkeit, Von eurer Wayde-Lust und Bau-Begierde sprechen; Und wenn der Erb-Printz einst mit Regimentern dräut, Der Diener weiches Hertz vor Reu und Sehnen brechen. Jst euer edler Geist den Musen zugeneigt, Und mag sich seine Zeit mit Schul-Gezäncke kürtzen; Schreyt Aristoteles, Mars und Diana schweigt; So * Am 18. October. D 5
1723. Lernt, wie Graf Friedrich Ernſt, daß alles Ding vergeh,Nur JEſus nicht, und der, den JEſus auserkohren. Wollt ihr, daß euer Ruhm einſt auf Papier gedruͤckt Mit dem beſtaubten Blat in Jahr und Tag veralte; So ſehet zu, wenn ihr auf hohe Staffeln ruͤckt, Daß ſich die Ehre ja, ſo lang ihr lebt, erhalte. Wuͤnſcht ihr im Gegentheil euch lieber da genennt, Wo der getreue Zeug’ und Hohe-Prieſter Amen, Die Streiter ewiglich vors Vaters Stuhl bekennt, So folgt demſelben nach, ihr tragt ja ſeinen Namen. XXIV. Auf der Frau Groß-Mutter 76. DJe ihr mit fremden Schmuck zu prangen faͤhig ſeyd,Jahrs-Tag. * Nicht aber eignen Glantz der Tugend zu erreichen! Geht, ruͤhmet, was ihr koͤnnt, der Ahnen Treflichkeit; Pocht, Helden, deſtomehr auf eigne Sieges-Zeichen. Geht, grabet euren Preiß in Marmel-Stein und Ertz, Setzt Pfal und Pfeilerwerck wo ſonſten Stroͤme floſſen; Erhebt den Obeliſc von dannen Himmelwerts, Thuͤrmt Ehren-Pforten auf, ſetzt prangende Coloſſen: Laßt in Gemaͤhlden ſehn, was eure Mord-Fauſt thut, Der Reimer Phantaſey von eurer Haͤrte dichten; Beſchreibt mit Caͤſare den eignen Helden-Muth, Laßt die Hiſtorien euch Ehren-Mahle richten. Wie? oder eckelt euch vor Blut und Feuer-Strahl, Betruͤben euch vielleicht die drohenden Trompeten? Beliebet euch vielmehr ein luſtig Freuden-Mahl, Und der gedaͤmpfte Klang der angenehmen Floͤten? So laßt die kuͤnftge Welt von eurer Freundlichkeit, Von eurer Wayde-Luſt und Bau-Begierde ſprechen; Und wenn der Erb-Printz einſt mit Regimentern draͤut, Der Diener weiches Hertz vor Reu und Sehnen brechen. Jſt euer edler Geiſt den Muſen zugeneigt, Und mag ſich ſeine Zeit mit Schul-Gezaͤncke kuͤrtzen; Schreyt Ariſtoteles, Mars und Diana ſchweigt; So * Am 18. October. D 5
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1723.
Lernt, wie Graf Friedrich Ernſt, daß alles Ding vergeh,
Nur JEſus nicht, und der, den JEſus auserkohren.
Wollt ihr, daß euer Ruhm einſt auf Papier gedruͤckt
Mit dem beſtaubten Blat in Jahr und Tag veralte;
So ſehet zu, wenn ihr auf hohe Staffeln ruͤckt,
Daß ſich die Ehre ja, ſo lang ihr lebt, erhalte.
Wuͤnſcht ihr im Gegentheil euch lieber da genennt,
Wo der getreue Zeug’ und Hohe-Prieſter Amen,
Die Streiter ewiglich vors Vaters Stuhl bekennt,
So folgt demſelben nach, ihr tragt ja ſeinen Namen.
XXIV. Auf der Frau Groß-Mutter 76.
Jahrs-Tag. *
DJe ihr mit fremden Schmuck zu prangen faͤhig ſeyd,
Nicht aber eignen Glantz der Tugend zu erreichen!
Geht, ruͤhmet, was ihr koͤnnt, der Ahnen Treflichkeit;
Pocht, Helden, deſtomehr auf eigne Sieges-Zeichen.
Geht, grabet euren Preiß in Marmel-Stein und Ertz,
Setzt Pfal und Pfeilerwerck wo ſonſten Stroͤme floſſen;
Erhebt den Obeliſc von dannen Himmelwerts,
Thuͤrmt Ehren-Pforten auf, ſetzt prangende Coloſſen:
Laßt in Gemaͤhlden ſehn, was eure Mord-Fauſt thut,
Der Reimer Phantaſey von eurer Haͤrte dichten;
Beſchreibt mit Caͤſare den eignen Helden-Muth,
Laßt die Hiſtorien euch Ehren-Mahle richten.
Wie? oder eckelt euch vor Blut und Feuer-Strahl,
Betruͤben euch vielleicht die drohenden Trompeten?
Beliebet euch vielmehr ein luſtig Freuden-Mahl,
Und der gedaͤmpfte Klang der angenehmen Floͤten?
So laßt die kuͤnftge Welt von eurer Freundlichkeit,
Von eurer Wayde-Luſt und Bau-Begierde ſprechen;
Und wenn der Erb-Printz einſt mit Regimentern draͤut,
Der Diener weiches Hertz vor Reu und Sehnen brechen.
Jſt euer edler Geiſt den Muſen zugeneigt,
Und mag ſich ſeine Zeit mit Schul-Gezaͤncke kuͤrtzen;
Schreyt Ariſtoteles, Mars und Diana ſchweigt;
So
* Am 18. October.
D 5
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