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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1723.
An meiner Pflicht dabey will ich nicht säumig seyn;
Der Heyland wolle nur den mir gegebnen Willen,
Zu seiner Herrlichkeit, an meiner Statt erfüllen,
Wir treten in den Bund vor seinen Augen ein.
Was nun das Hertz gedacht, als unser beyder Mund,
Einander wahre Treu und Liebe zugesaget,
Und wir bereits auf ihn, in Einfalt loß gewaget,
Und was im Ringe steht, + das bleibe unser Grund.
Denn wird sich unser Geist, den er erlöset hat,
Zur Treue gegen ihn mit Redlichkeit bequemen;
So dürffen wir uns einst vor seinem Thron nicht schämen.
O! liebten wir ihn nur im allerhöchsten Grad!
Du Freund der Seelen! du, für uns erwürgtes Lamm!
Komm! schreib uns in die Zahl, (nicht derer Königinnen,)
Nein! Einer, die du liebst, daß wir dich gantz gewinnen,
Und endlich hohle uns zur Braut, o Bräutigam!
XXVI. Auf Herrn Heinrich des Drey und
Zwantzigsten Entschlafen.
*
DU fragst: (**) Wie gut wird sichs doch nach der Arbeit
ruhn?

Du rechtes Wittwen-Hertz, (++) Du fragst: Wie wohl
wirds thun?

Jch sage vor dem HErrn: So wohl, daß alle Wehen
Der kurtzen Leidens-Zeit nun ewiglich vergehen.
O Tage dieser Zeit, da unser Auge thränt,
O Stunden, da der Geist sich nur nach Freyheit sehnt,
Minuten, die den Sinn in tiefe Schwermuth stürtzen,

Jhr Augenblicke, die uns alle Freude kürtzen!
Warum
+ Da stehet: Lasset uns ihn lieben, er hat uns erst geliebet.
* Gedruckt zu Dreßden.
(**) Jm Schluß dero letzten Briefes vom 10. Novembr. 1723.
(++) Die Frau Gräfin Reußin, geb. Freye von Söhlenth. d. z. Jh-
ro Königl. Hoheit Prinzeßin Louyse von Dännemarck Hof-
meisterin.
1723.
An meiner Pflicht dabey will ich nicht ſaͤumig ſeyn;
Der Heyland wolle nur den mir gegebnen Willen,
Zu ſeiner Herrlichkeit, an meiner Statt erfuͤllen,
Wir treten in den Bund vor ſeinen Augen ein.
Was nun das Hertz gedacht, als unſer beyder Mund,
Einander wahre Treu und Liebe zugeſaget,
Und wir bereits auf ihn, in Einfalt loß gewaget,
Und was im Ringe ſteht, das bleibe unſer Grund.
Denn wird ſich unſer Geiſt, den er erloͤſet hat,
Zur Treue gegen ihn mit Redlichkeit bequemen;
So duͤrffen wir uns einſt vor ſeinem Thron nicht ſchaͤmen.
O! liebten wir ihn nur im allerhoͤchſten Grad!
Du Freund der Seelen! du, fuͤr uns erwuͤrgtes Lamm!
Komm! ſchreib uns in die Zahl, (nicht derer Koͤniginnen,)
Nein! Einer, die du liebſt, daß wir dich gantz gewinnen,
Und endlich hohle uns zur Braut, o Braͤutigam!
XXVI. Auf Herrn Heinrich des Drey und
Zwantzigſten Entſchlafen.
*
DU fragſt: (**) Wie gut wird ſichs doch nach der Arbeit
ruhn?

Du rechtes Wittwen-Hertz, (††) Du fragſt: Wie wohl
wirds thun?

Jch ſage vor dem HErrn: So wohl, daß alle Wehen
Der kurtzen Leidens-Zeit nun ewiglich vergehen.
O Tage dieſer Zeit, da unſer Auge thraͤnt,
O Stunden, da der Geiſt ſich nur nach Freyheit ſehnt,
Minuten, die den Sinn in tiefe Schwermuth ſtuͤrtzen,

Jhr Augenblicke, die uns alle Freude kuͤrtzen!
Warum
Da ſtehet: Laſſet uns ihn lieben, er hat uns erſt geliebet.
* Gedruckt zu Dreßden.
(**) Jm Schluß dero letzten Briefes vom 10. Novembr. 1723.
(††) Die Frau Graͤfin Reußin, geb. Freye von Soͤhlenth. d. z. Jh-
ro Koͤnigl. Hoheit Prinzeßin Louyſe von Daͤnnemarck Hof-
meiſterin.
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[61/0071] 1723. An meiner Pflicht dabey will ich nicht ſaͤumig ſeyn; Der Heyland wolle nur den mir gegebnen Willen, Zu ſeiner Herrlichkeit, an meiner Statt erfuͤllen, Wir treten in den Bund vor ſeinen Augen ein. Was nun das Hertz gedacht, als unſer beyder Mund, Einander wahre Treu und Liebe zugeſaget, Und wir bereits auf ihn, in Einfalt loß gewaget, Und was im Ringe ſteht, † das bleibe unſer Grund. Denn wird ſich unſer Geiſt, den er erloͤſet hat, Zur Treue gegen ihn mit Redlichkeit bequemen; So duͤrffen wir uns einſt vor ſeinem Thron nicht ſchaͤmen. O! liebten wir ihn nur im allerhoͤchſten Grad! Du Freund der Seelen! du, fuͤr uns erwuͤrgtes Lamm! Komm! ſchreib uns in die Zahl, (nicht derer Koͤniginnen,) Nein! Einer, die du liebſt, daß wir dich gantz gewinnen, Und endlich hohle uns zur Braut, o Braͤutigam! XXVI. Auf Herrn Heinrich des Drey und Zwantzigſten Entſchlafen. * DU fragſt: (**) Wie gut wird ſichs doch nach der Arbeit ruhn? Du rechtes Wittwen-Hertz, (††) Du fragſt: Wie wohl wirds thun? Jch ſage vor dem HErrn: So wohl, daß alle Wehen Der kurtzen Leidens-Zeit nun ewiglich vergehen. O Tage dieſer Zeit, da unſer Auge thraͤnt, O Stunden, da der Geiſt ſich nur nach Freyheit ſehnt, Minuten, die den Sinn in tiefe Schwermuth ſtuͤrtzen, Jhr Augenblicke, die uns alle Freude kuͤrtzen! Warum † Da ſtehet: Laſſet uns ihn lieben, er hat uns erſt geliebet. * Gedruckt zu Dreßden. (**) Jm Schluß dero letzten Briefes vom 10. Novembr. 1723. (††) Die Frau Graͤfin Reußin, geb. Freye von Soͤhlenth. d. z. Jh- ro Koͤnigl. Hoheit Prinzeßin Louyſe von Daͤnnemarck Hof- meiſterin.

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/71>, abgerufen am 29.04.2024.