Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
Wir haben uns einander nicht gewehlet, Du hast es selbst gantz offenbar gefügt; So waren wir, nachdem du uns vermählet, Jn deinem Schooß auch ohne Kind vergnügt. Du gabest es, und hast es oft bewahrt: Es langte hier, als wie ein Wunder an, Das zeugen die, so seine Ankunft sahn, Du hast's auch nur zur Probe aufgespart. Wir merckens wol, du unergründte Liebe! Wir halten nichts aufs Trauren dieser Welt. Gefallen dir des Kindes zarte Triebe, Dir, deme man in Christo leicht gefällt; So machen wir uns eine Freude draus, (Du siehst ins Hertz, dich hönt kein Compliment) Jst unsrer Erst-Geburt dein Hertz vergönnt; So ists ein Glück vor unser schlechtes Hauß. Wir dürffen dir das Kind nicht erstlich loben, Du brandtest selbst in ihm, du reines Licht, Was dir gefiel, das stammete von oben; Mißfiel dir was, das war sein Wille nicht. Nimms immer hin, du unsrer Seelen Mann, Wie du es uns mit Christi Blut bethaut. Auf kurtze Zeit zu treuer Hand vertraut: Es hat sein Kleid, das schöne Kleid! noch an. Man spürte ja an ihm kein Widerstreben, Als man es dir ins Sterben übergab: Es deuchte ihm, itzt würd es erstlich leben, Es wuste nichts von Fäulniß oder Grab! Es fühlte nur, der Kercker sey nicht schön; Was unsre Unvernunft uns glauben macht, Dasselbe hat sein Kinder-Sinn verlacht: Drum sahe mans vergnügt ans Scheiden gehn. Die Prediger der eiteln Wissenschaften, Die Meister von der falsch berühmten Kunst, (Und wenn sie all ihr Zeug zusammen raften,) Bereiten
Wir haben uns einander nicht gewehlet, Du haſt es ſelbſt gantz offenbar gefuͤgt; So waren wir, nachdem du uns vermaͤhlet, Jn deinem Schooß auch ohne Kind vergnuͤgt. Du gabeſt es, und haſt es oft bewahrt: Es langte hier, als wie ein Wunder an, Das zeugen die, ſo ſeine Ankunft ſahn, Du haſt’s auch nur zur Probe aufgeſpart. Wir merckens wol, du unergruͤndte Liebe! Wir halten nichts aufs Trauren dieſer Welt. Gefallen dir des Kindes zarte Triebe, Dir, deme man in Chriſto leicht gefaͤllt; So machen wir uns eine Freude draus, (Du ſiehſt ins Hertz, dich hoͤnt kein Compliment) Jſt unſrer Erſt-Geburt dein Hertz vergoͤnnt; So iſts ein Gluͤck vor unſer ſchlechtes Hauß. Wir duͤrffen dir das Kind nicht erſtlich loben, Du brandteſt ſelbſt in ihm, du reines Licht, Was dir gefiel, das ſtammete von oben; Mißfiel dir was, das war ſein Wille nicht. Nimms immer hin, du unſrer Seelen Mann, Wie du es uns mit Chriſti Blut bethaut. Auf kurtze Zeit zu treuer Hand vertraut: Es hat ſein Kleid, das ſchoͤne Kleid! noch an. Man ſpuͤrte ja an ihm kein Widerſtreben, Als man es dir ins Sterben uͤbergab: Es deuchte ihm, itzt wuͤrd es erſtlich leben, Es wuſte nichts von Faͤulniß oder Grab! Es fuͤhlte nur, der Kercker ſey nicht ſchoͤn; Was unſre Unvernunft uns glauben macht, Daſſelbe hat ſein Kinder-Sinn verlacht: Drum ſahe mans vergnuͤgt ans Scheiden gehn. Die Prediger der eiteln Wiſſenſchaften, Die Meiſter von der falſch beruͤhmten Kunſt, (Und wenn ſie all ihr Zeug zuſammen raften,) Bereiten
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1724.
Daß der, dems Hertz von Feindes Liebe bricht,
Sein eigen Werck gantz ohne Noth zerſtoͤhr.
Wir haben uns einander nicht gewehlet,
Du haſt es ſelbſt gantz offenbar gefuͤgt;
So waren wir, nachdem du uns vermaͤhlet,
Jn deinem Schooß auch ohne Kind vergnuͤgt.
Du gabeſt es, und haſt es oft bewahrt:
Es langte hier, als wie ein Wunder an,
Das zeugen die, ſo ſeine Ankunft ſahn,
Du haſt’s auch nur zur Probe aufgeſpart.
Wir merckens wol, du unergruͤndte Liebe!
Wir halten nichts aufs Trauren dieſer Welt.
Gefallen dir des Kindes zarte Triebe,
Dir, deme man in Chriſto leicht gefaͤllt;
So machen wir uns eine Freude draus,
(Du ſiehſt ins Hertz, dich hoͤnt kein Compliment)
Jſt unſrer Erſt-Geburt dein Hertz vergoͤnnt;
So iſts ein Gluͤck vor unſer ſchlechtes Hauß.
Wir duͤrffen dir das Kind nicht erſtlich loben,
Du brandteſt ſelbſt in ihm, du reines Licht,
Was dir gefiel, das ſtammete von oben;
Mißfiel dir was, das war ſein Wille nicht.
Nimms immer hin, du unſrer Seelen Mann,
Wie du es uns mit Chriſti Blut bethaut.
Auf kurtze Zeit zu treuer Hand vertraut:
Es hat ſein Kleid, das ſchoͤne Kleid! noch an.
Man ſpuͤrte ja an ihm kein Widerſtreben,
Als man es dir ins Sterben uͤbergab:
Es deuchte ihm, itzt wuͤrd es erſtlich leben,
Es wuſte nichts von Faͤulniß oder Grab!
Es fuͤhlte nur, der Kercker ſey nicht ſchoͤn;
Was unſre Unvernunft uns glauben macht,
Daſſelbe hat ſein Kinder-Sinn verlacht:
Drum ſahe mans vergnuͤgt ans Scheiden gehn.
Die Prediger der eiteln Wiſſenſchaften,
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