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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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III. Die Traditionen des Heidenthums.
kennen; eher dürften die Pharaonen der ersten drei oder vier Dy-
nastien von Menes bis auf Cheops als eine ägyptische Parallele
zur sethitischen Erzväterreihe zu betrachten sein (vgl. unten, IX, 1).
Jmmerhin war auch für die altägyptische Geschichtsansicht der Aus-
gangspunkt aller Entwicklung ein Paradies oder goldnes Zeitalter,
wo Osiris und Jsis zu Nysa in Arabien über eine vom Strome
Triton umflossene, mit ewig blühenden Bäumen bepflanzte und
heilbringende Ströme nach den vier Weltgegenden hin entsendende,
glückselige Landschaft herrschten, bis der böse Dämon Set-Typhon
durch Tödtung seines Bruders Osiris dieser goldnen Urzeit ein
Ende machte.1) Auch eine Erschaffung des Menschen nach göttlichem
Ebenbilde lehrte die Religion der alten Aegypter. Das erste Buch
des Todten-Papyrus singt: "Lob und Preis dem Baumeister, der
die Welt zur Heimath des Menschen, des Ebenbildes des Schöpfers,
machte."

Wenigstens in Einer Hinsicht näherten sich die urgeschichtlichen
Sagen auch der Phönicier, soweit wir sie genauer kennen, den
biblischen. Mehrere alte Geschichtsschreiber dieses Volks, welche
Josephus anführt: Mochus, Hestiäus, Hiromus (Hieronymus?),
sollen über die hohen Menschenalter der ältesten Patriarchen aus
phönicischen Traditionen Aehnliches überliefert haben, wie die Ge-
nesis. Auch Xenophon im Periplus wußte nach einer derartigen
Nationalsage mitzutheilen: der Jnselkönig von Tyrus habe nahezu
600, sein Sohn 800 Jahre gelebt. -- Als eine einigermaßen ver-
waschene Erinnerung an den Sündenfall sowie an Kains Bruder-
mord dürfte vielleicht gedeutet werden, was der alte, freilich ziemlich
verdächtige Sanchuniathon von den ersten sterblichen Menschen Aeon
und Protogonos, deren Jeuer "die Speise von den Bäumen fand",
sowie weiterhin von der Entzweiung zwischen den Brüdern Usoos
und Hypsuranios berichtet haben soll. Der Erstere dieser feindlichen

1) Diod. Sic. I, 15; III, 68. Vgl. Todtenb. I, 18, sowie überhaupt
Lüken, S. 115 ff. 158 f.; Fischer, 323 f.

III. Die Traditionen des Heidenthums.
kennen; eher dürften die Pharaonen der erſten drei oder vier Dy-
naſtien von Menes bis auf Cheops als eine ägyptiſche Parallele
zur ſethitiſchen Erzväterreihe zu betrachten ſein (vgl. unten, IX, 1).
Jmmerhin war auch für die altägyptiſche Geſchichtsanſicht der Aus-
gangspunkt aller Entwicklung ein Paradies oder goldnes Zeitalter,
wo Oſiris und Jſis zu Nyſa in Arabien über eine vom Strome
Triton umfloſſene, mit ewig blühenden Bäumen bepflanzte und
heilbringende Ströme nach den vier Weltgegenden hin entſendende,
glückſelige Landſchaft herrſchten, bis der böſe Dämon Set-Typhon
durch Tödtung ſeines Bruders Oſiris dieſer goldnen Urzeit ein
Ende machte.1) Auch eine Erſchaffung des Menſchen nach göttlichem
Ebenbilde lehrte die Religion der alten Aegypter. Das erſte Buch
des Todten-Papyrus ſingt: „Lob und Preis dem Baumeiſter, der
die Welt zur Heimath des Menſchen, des Ebenbildes des Schöpfers,
machte.‟

Wenigſtens in Einer Hinſicht näherten ſich die urgeſchichtlichen
Sagen auch der Phönicier, ſoweit wir ſie genauer kennen, den
bibliſchen. Mehrere alte Geſchichtsſchreiber dieſes Volks, welche
Joſephus anführt: Mochus, Heſtiäus, Hiromus (Hieronymus?),
ſollen über die hohen Menſchenalter der älteſten Patriarchen aus
phöniciſchen Traditionen Aehnliches überliefert haben, wie die Ge-
neſis. Auch Xenophon im Periplus wußte nach einer derartigen
Nationalſage mitzutheilen: der Jnſelkönig von Tyrus habe nahezu
600, ſein Sohn 800 Jahre gelebt. — Als eine einigermaßen ver-
waſchene Erinnerung an den Sündenfall ſowie an Kains Bruder-
mord dürfte vielleicht gedeutet werden, was der alte, freilich ziemlich
verdächtige Sanchuniathon von den erſten ſterblichen Menſchen Aeon
und Protogonos, deren Jeuer „die Speiſe von den Bäumen fand‟,
ſowie weiterhin von der Entzweiung zwiſchen den Brüdern Uſoos
und Hypſuranios berichtet haben ſoll. Der Erſtere dieſer feindlichen

1) Diod. Sic. I, 15; III, 68. Vgl. Todtenb. I, 18, ſowie überhaupt
Lüken, S. 115 ff. 158 f.; Fiſcher, 323 f.
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[93/0103] III. Die Traditionen des Heidenthums. kennen; eher dürften die Pharaonen der erſten drei oder vier Dy- naſtien von Menes bis auf Cheops als eine ägyptiſche Parallele zur ſethitiſchen Erzväterreihe zu betrachten ſein (vgl. unten, IX, 1). Jmmerhin war auch für die altägyptiſche Geſchichtsanſicht der Aus- gangspunkt aller Entwicklung ein Paradies oder goldnes Zeitalter, wo Oſiris und Jſis zu Nyſa in Arabien über eine vom Strome Triton umfloſſene, mit ewig blühenden Bäumen bepflanzte und heilbringende Ströme nach den vier Weltgegenden hin entſendende, glückſelige Landſchaft herrſchten, bis der böſe Dämon Set-Typhon durch Tödtung ſeines Bruders Oſiris dieſer goldnen Urzeit ein Ende machte. 1) Auch eine Erſchaffung des Menſchen nach göttlichem Ebenbilde lehrte die Religion der alten Aegypter. Das erſte Buch des Todten-Papyrus ſingt: „Lob und Preis dem Baumeiſter, der die Welt zur Heimath des Menſchen, des Ebenbildes des Schöpfers, machte.‟ Wenigſtens in Einer Hinſicht näherten ſich die urgeſchichtlichen Sagen auch der Phönicier, ſoweit wir ſie genauer kennen, den bibliſchen. Mehrere alte Geſchichtsſchreiber dieſes Volks, welche Joſephus anführt: Mochus, Heſtiäus, Hiromus (Hieronymus?), ſollen über die hohen Menſchenalter der älteſten Patriarchen aus phöniciſchen Traditionen Aehnliches überliefert haben, wie die Ge- neſis. Auch Xenophon im Periplus wußte nach einer derartigen Nationalſage mitzutheilen: der Jnſelkönig von Tyrus habe nahezu 600, ſein Sohn 800 Jahre gelebt. — Als eine einigermaßen ver- waſchene Erinnerung an den Sündenfall ſowie an Kains Bruder- mord dürfte vielleicht gedeutet werden, was der alte, freilich ziemlich verdächtige Sanchuniathon von den erſten ſterblichen Menſchen Aeon und Protogonos, deren Jeuer „die Speiſe von den Bäumen fand‟, ſowie weiterhin von der Entzweiung zwiſchen den Brüdern Uſoos und Hypſuranios berichtet haben ſoll. Der Erſtere dieſer feindlichen 1) Diod. Sic. I, 15; III, 68. Vgl. Todtenb. I, 18, ſowie überhaupt Lüken, S. 115 ff. 158 f.; Fiſcher, 323 f.

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/103>, abgerufen am 21.11.2024.