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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IV. Die Opposition des modernen Naturalismus.
der heutigen Wilden auf ihrem ursprünglichen Gesittungsniveau,
also positive Gegenbeweise wider die Entartungstheorie, gegenüber-
stellte. Er erndtete ziemlichen Beifall seitens der genannten Ver-
sammlung; Mr. John Hunt, der Vorsitzende der Londoner anthro-
pologischen Gesellschaft, erklärte: die vorgebrachten Facta seien
unbedingt abschließender Art und unwiderleglich, sodaß es unnütz
sein würde noch irgend ein Wort über die Streitfrage zu verlieren;
der Ethnologe J. Crawfurd drückte seine lebhafte Freude über die
Lubbock'sche Widerlegung des "abominablen Paradoxon" des Dubliner
Erzbischofs aus und meinte, derselbe sei jetzt "tüchtig auf den Rücken
gelegt worden, wie man eine Schildkröte auf den Rücken legt."

Lubbock's Ausführungen in dem genannten Vortrage sowie in
der um dieselbe Zeit erschienenen Schrift über "Vorgeschichtliche
Zeiten", (Prehistoric Times, 1867) erfuhren im folgenden Jahre
eine auf mehreren Punkten glückliche Zurückweisung durch den Herzog
von Argyll in dem geistvollen Schriftchen: "Der urzeitliche Mensch;
eine Kritik gewisser neuerer Speculationen". 1) Daß die Whatelysche
These, wonach ein selbständiges Sichemporarbeiten von Wilden un-
nachweisbar sei, etwas zu weit greife und nur bedingterweise wahr
sei, räumte dieser Vertheidiger der Entartungstheorie bereitwillig
ein, that dagegen das Unhaltbare verschiedner der von Lubbock für
seine Urwildheitstheorie beigebrachten Argumente auf treffende Weise
dar. Als unwidersprechliche Belege für die Annahme einer wirk-
lichen Degradation, eines thatsächlichen Herabgesunkenseins gewisser
Stämme von früher innegehabter höherer Stufe ihres physischen
wie sittlichen Daseins hob er insbesondere die Eskimo im eisigen
Norden, und, die Feuerländer im äußersten Süden Amerika's her-
vor. Beide Stämme seien unverkennbar, durch die überhand neh-
mende Bevölkerung des Continents hinausgedrängt und von den sie
vertreibenden kräftigeren Racen in ihre unwirthbaren Einöden ver-

1) Primeval Man: an examination of some recent speculations.
London 1869 (vorher in N. Macleod's "Good Words", März -- Juni 1868
erschieuen)

IV. Die Oppoſition des modernen Naturalismus.
der heutigen Wilden auf ihrem urſprünglichen Geſittungsniveau,
alſo poſitive Gegenbeweiſe wider die Entartungstheorie, gegenüber-
ſtellte. Er erndtete ziemlichen Beifall ſeitens der genannten Ver-
ſammlung; Mr. John Hunt, der Vorſitzende der Londoner anthro-
pologiſchen Geſellſchaft, erklärte: die vorgebrachten Facta ſeien
unbedingt abſchließender Art und unwiderleglich, ſodaß es unnütz
ſein würde noch irgend ein Wort über die Streitfrage zu verlieren;
der Ethnologe J. Crawfurd drückte ſeine lebhafte Freude über die
Lubbock’ſche Widerlegung des „abominablen Paradoxon‟ des Dubliner
Erzbiſchofs aus und meinte, derſelbe ſei jetzt „tüchtig auf den Rücken
gelegt worden, wie man eine Schildkröte auf den Rücken legt.‟

Lubbock’s Ausführungen in dem genannten Vortrage ſowie in
der um dieſelbe Zeit erſchienenen Schrift über „Vorgeſchichtliche
Zeiten‟, (Prehistoric Times, 1867) erfuhren im folgenden Jahre
eine auf mehreren Punkten glückliche Zurückweiſung durch den Herzog
von Argyll in dem geiſtvollen Schriftchen: „Der urzeitliche Menſch;
eine Kritik gewiſſer neuerer Speculationen‟. 1) Daß die Whatelyſche
Theſe, wonach ein ſelbſtändiges Sichemporarbeiten von Wilden un-
nachweisbar ſei, etwas zu weit greife und nur bedingterweiſe wahr
ſei, räumte dieſer Vertheidiger der Entartungstheorie bereitwillig
ein, that dagegen das Unhaltbare verſchiedner der von Lubbock für
ſeine Urwildheitstheorie beigebrachten Argumente auf treffende Weiſe
dar. Als unwiderſprechliche Belege für die Annahme einer wirk-
lichen Degradation, eines thatſächlichen Herabgeſunkenſeins gewiſſer
Stämme von früher innegehabter höherer Stufe ihres phyſiſchen
wie ſittlichen Daſeins hob er insbeſondere die Eskimo im eiſigen
Norden, und, die Feuerländer im äußerſten Süden Amerika’s her-
vor. Beide Stämme ſeien unverkennbar, durch die überhand neh-
mende Bevölkerung des Continents hinausgedrängt und von den ſie
vertreibenden kräftigeren Racen in ihre unwirthbaren Einöden ver-

1) Primeval Man: an examination of some recent speculations.
London 1869 (vorher in N. Macleod’s „Good Words‟, März — Juni 1868
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[135/0145] IV. Die Oppoſition des modernen Naturalismus. der heutigen Wilden auf ihrem urſprünglichen Geſittungsniveau, alſo poſitive Gegenbeweiſe wider die Entartungstheorie, gegenüber- ſtellte. Er erndtete ziemlichen Beifall ſeitens der genannten Ver- ſammlung; Mr. John Hunt, der Vorſitzende der Londoner anthro- pologiſchen Geſellſchaft, erklärte: die vorgebrachten Facta ſeien unbedingt abſchließender Art und unwiderleglich, ſodaß es unnütz ſein würde noch irgend ein Wort über die Streitfrage zu verlieren; der Ethnologe J. Crawfurd drückte ſeine lebhafte Freude über die Lubbock’ſche Widerlegung des „abominablen Paradoxon‟ des Dubliner Erzbiſchofs aus und meinte, derſelbe ſei jetzt „tüchtig auf den Rücken gelegt worden, wie man eine Schildkröte auf den Rücken legt.‟ Lubbock’s Ausführungen in dem genannten Vortrage ſowie in der um dieſelbe Zeit erſchienenen Schrift über „Vorgeſchichtliche Zeiten‟, (Prehistoric Times, 1867) erfuhren im folgenden Jahre eine auf mehreren Punkten glückliche Zurückweiſung durch den Herzog von Argyll in dem geiſtvollen Schriftchen: „Der urzeitliche Menſch; eine Kritik gewiſſer neuerer Speculationen‟. 1) Daß die Whatelyſche Theſe, wonach ein ſelbſtändiges Sichemporarbeiten von Wilden un- nachweisbar ſei, etwas zu weit greife und nur bedingterweiſe wahr ſei, räumte dieſer Vertheidiger der Entartungstheorie bereitwillig ein, that dagegen das Unhaltbare verſchiedner der von Lubbock für ſeine Urwildheitstheorie beigebrachten Argumente auf treffende Weiſe dar. Als unwiderſprechliche Belege für die Annahme einer wirk- lichen Degradation, eines thatſächlichen Herabgeſunkenſeins gewiſſer Stämme von früher innegehabter höherer Stufe ihres phyſiſchen wie ſittlichen Daſeins hob er insbeſondere die Eskimo im eiſigen Norden, und, die Feuerländer im äußerſten Süden Amerika’s her- vor. Beide Stämme ſeien unverkennbar, durch die überhand neh- mende Bevölkerung des Continents hinausgedrängt und von den ſie vertreibenden kräftigeren Racen in ihre unwirthbaren Einöden ver- 1) Primeval Man: an examination of some recent speculations. London 1869 (vorher in N. Macleod’s „Good Words‟, März — Juni 1868 erſchieuen)

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/145>, abgerufen am 24.11.2024.