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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IV. Die Opposition des modernen Naturalismus.
Vertreter des Monismus vertiefen sich, wetteifernd mit jenen Forschern
des Auslandes wie M'Lennan, Giraud-Teulon etc., in geistreiche
Studien über die frühesten Anfänge der ehelichen Verhältnisse oder
über "die geschlechtliche Zuchtwahl beim Menschen in der Urzeit."
Oder man sucht Menschenfresserei als allgemein verbreitete Sitte
der Urmenschheit zu erweisen, rohen Fetischdienst als die nothwendige
Grundform und Urgestalt aller Religion darzuthun, u. s. f.1) Eine
Zusammenfassung dieser verschiednen radikal-antibiblischen und anti-
theistischen Bestrebungen auf dem Gebiete urgeschichtlicher Speculation
hat O. Caspari in seiner zweibändigen "Urgeschichte der Menschheit"
versucht. Darin wird, ächt dogmatisch, die Thierabstammung des
Menschen als nunmehr wissenschaftlich erwiesene Thatsache vorausgesetzt,
auch in engem Anschluß an Häckel ein untergegangenes südindisches
Festland Lemuria als einstiger Schauplatz der Fortentwicklung der
Halbaffen zu Menschen gelehrt. Die Frage nach dem Ursprung der
Religion als einer allgemeinen Grundeigenthümlichkeit unsrer Race
wird, wesentlich übereinstimmend mit Darwin, dahin beantwortet,
daß auch schon die Thierwelt, wenigstens die höhere, eine Anlage
zur Religiosität sowie Spuren religiöser Gefühle und Triebe kund-
gebe; seien die zu dieser Thierreligion hinüberreichenden Fäden
"allerdings schwer zu finden" (!), so sei es "wissenschaftlich um so
wichtiger, denselben nachzuspüren." Auch die Sprachentwicklung
unsres Geschlechts wird in engem Zusammenhange mit der Thier-
insbesondre der Vogelsprache betrachtet, übrigens eine angeblich schon
früher stattgehabte "höhere Ausbildung der Handgeschicklichkeit" sammt

im "Ausland" 1871, Nr. 24. -- Häckel, Nat. Schöpfungsgeschichte, 3. Aufl.
S. 653 (Jn neueren Auflagen, z. B. der 1879 erschienenen siebenten, S. 676,
sind einige der kühnsten Zuthaten dieser Schilderung, wie das Baumklettern
und die Unkenntniß des Feuers, verschwunden).
1) M. Kulischer, Die geschlechtl. Zuchtwahl etc. in d. Urzeit -- Zeitschr.
f. Ethnologie 1876, II, 140 ff. (vgl. ebend. 1878, III, 190 ff.) -- Schaaff-
hausen,
im Archiv f. Anthropologie 1867, II, 1870 H. IV. Vgl. unten, den
folg. Abschnitt.

IV. Die Oppoſition des modernen Naturalismus.
Vertreter des Monismus vertiefen ſich, wetteifernd mit jenen Forſchern
des Auslandes wie M’Lennan, Giraud-Teulon ꝛc., in geiſtreiche
Studien über die früheſten Anfänge der ehelichen Verhältniſſe oder
über „die geſchlechtliche Zuchtwahl beim Menſchen in der Urzeit.‟
Oder man ſucht Menſchenfreſſerei als allgemein verbreitete Sitte
der Urmenſchheit zu erweiſen, rohen Fetiſchdienſt als die nothwendige
Grundform und Urgeſtalt aller Religion darzuthun, u. ſ. f.1) Eine
Zuſammenfaſſung dieſer verſchiednen radikal-antibibliſchen und anti-
theiſtiſchen Beſtrebungen auf dem Gebiete urgeſchichtlicher Speculation
hat O. Caspari in ſeiner zweibändigen „Urgeſchichte der Menſchheit‟
verſucht. Darin wird, ächt dogmatiſch, die Thierabſtammung des
Menſchen als nunmehr wiſſenſchaftlich erwieſene Thatſache vorausgeſetzt,
auch in engem Anſchluß an Häckel ein untergegangenes ſüdindiſches
Feſtland Lemuria als einſtiger Schauplatz der Fortentwicklung der
Halbaffen zu Menſchen gelehrt. Die Frage nach dem Urſprung der
Religion als einer allgemeinen Grundeigenthümlichkeit unſrer Race
wird, weſentlich übereinſtimmend mit Darwin, dahin beantwortet,
daß auch ſchon die Thierwelt, wenigſtens die höhere, eine Anlage
zur Religioſität ſowie Spuren religiöſer Gefühle und Triebe kund-
gebe; ſeien die zu dieſer Thierreligion hinüberreichenden Fäden
„allerdings ſchwer zu finden‟ (!), ſo ſei es „wiſſenſchaftlich um ſo
wichtiger, denſelben nachzuſpüren.‟ Auch die Sprachentwicklung
unſres Geſchlechts wird in engem Zuſammenhange mit der Thier-
insbeſondre der Vogelſprache betrachtet, übrigens eine angeblich ſchon
früher ſtattgehabte „höhere Ausbildung der Handgeſchicklichkeit‟ ſammt

im „Ausland‟ 1871, Nr. 24. — Häckel, Nat. Schöpfungsgeſchichte, 3. Aufl.
S. 653 (Jn neueren Auflagen, z. B. der 1879 erſchienenen ſiebenten, S. 676,
ſind einige der kühnſten Zuthaten dieſer Schilderung, wie das Baumklettern
und die Unkenntniß des Feuers, verſchwunden).
1) M. Kuliſcher, Die geſchlechtl. Zuchtwahl ꝛc. in d. Urzeit — Zeitſchr.
f. Ethnologie 1876, II, 140 ff. (vgl. ebend. 1878, III, 190 ff.) — Schaaff-
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im Archiv f. Anthropologie 1867, II, 1870 H. IV. Vgl. unten, den
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[148/0158] IV. Die Oppoſition des modernen Naturalismus. Vertreter des Monismus vertiefen ſich, wetteifernd mit jenen Forſchern des Auslandes wie M’Lennan, Giraud-Teulon ꝛc., in geiſtreiche Studien über die früheſten Anfänge der ehelichen Verhältniſſe oder über „die geſchlechtliche Zuchtwahl beim Menſchen in der Urzeit.‟ Oder man ſucht Menſchenfreſſerei als allgemein verbreitete Sitte der Urmenſchheit zu erweiſen, rohen Fetiſchdienſt als die nothwendige Grundform und Urgeſtalt aller Religion darzuthun, u. ſ. f. 1) Eine Zuſammenfaſſung dieſer verſchiednen radikal-antibibliſchen und anti- theiſtiſchen Beſtrebungen auf dem Gebiete urgeſchichtlicher Speculation hat O. Caspari in ſeiner zweibändigen „Urgeſchichte der Menſchheit‟ verſucht. Darin wird, ächt dogmatiſch, die Thierabſtammung des Menſchen als nunmehr wiſſenſchaftlich erwieſene Thatſache vorausgeſetzt, auch in engem Anſchluß an Häckel ein untergegangenes ſüdindiſches Feſtland Lemuria als einſtiger Schauplatz der Fortentwicklung der Halbaffen zu Menſchen gelehrt. Die Frage nach dem Urſprung der Religion als einer allgemeinen Grundeigenthümlichkeit unſrer Race wird, weſentlich übereinſtimmend mit Darwin, dahin beantwortet, daß auch ſchon die Thierwelt, wenigſtens die höhere, eine Anlage zur Religioſität ſowie Spuren religiöſer Gefühle und Triebe kund- gebe; ſeien die zu dieſer Thierreligion hinüberreichenden Fäden „allerdings ſchwer zu finden‟ (!), ſo ſei es „wiſſenſchaftlich um ſo wichtiger, denſelben nachzuſpüren.‟ Auch die Sprachentwicklung unſres Geſchlechts wird in engem Zuſammenhange mit der Thier- insbeſondre der Vogelſprache betrachtet, übrigens eine angeblich ſchon früher ſtattgehabte „höhere Ausbildung der Handgeſchicklichkeit‟ ſammt 2) 1) M. Kuliſcher, Die geſchlechtl. Zuchtwahl ꝛc. in d. Urzeit — Zeitſchr. f. Ethnologie 1876, II, 140 ff. (vgl. ebend. 1878, III, 190 ff.) — Schaaff- hauſen, im Archiv f. Anthropologie 1867, II, 1870 H. IV. Vgl. unten, den folg. Abſchnitt. 2) im „Ausland‟ 1871, Nr. 24. — Häckel, Nat. Schöpfungsgeſchichte, 3. Aufl. S. 653 (Jn neueren Auflagen, z. B. der 1879 erſchienenen ſiebenten, S. 676, ſind einige der kühnſten Zuthaten dieſer Schilderung, wie das Baumklettern und die Unkenntniß des Feuers, verſchwunden).

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/158>, abgerufen am 21.11.2024.