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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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V. Prüfung der vorgeschichtlich-anthropologischen Gegeninstanzen.
arabischen Wüste ein Fortdauern der Steinzeit in dieser nächsten
Nachbarschaft des frühzeitig halbcultivirten Nilthals bis in die histo-
rische Zeit hinein anzunehmen, oder auch, wie Andre wollen, etwas
wie eine förmliche Steinzeit für Aegypten zu statuiren und für diese
Annahme gleichfalls wieder jene Stellen Exod. 4, 25; Jos. 5, 2
als indirecte Belege geltend zu machen? Die ungeheure Massenhaf-
tigkeit der betr. Steinsplitter schien vielen Forschern die Auffassung
derselben als wirklicher Kunstproducte zu erschweren: man meinte
eher durch atmosphärische Wirkungen, z. B. starke Hitze mit plötzlich
darauf gefolgtem Regen, hervorgebrachte Naturphänomenen, als etwa
Reste oder Trümmerhaufen uralter Steinwaffen-Fabriken, in ihnen
erblicken zu müssen. Und doch scheint die neueste paläontologische Unter-
suchung des Gegenstandes die letztere Annahme überwiegend zu be-
günstigen, sodaß die bisher besonders seitens ägyptologischer Antori-
täten wie Lepsius, Ebers, Chabas, Brugsch etc. ihr entgegengebrachte
Abneigung wohl bald einer zustimmenden Haltung auch von dieser
Seite her Platz machen dürfte.1) Aber über die Frage wegen des
Alters der betr. Steinwerkzeuge würde damit noch keineswegs eine
Entscheidung getroffen sein,2) sowenig wie die Kieseläxte und sonstigen

1) Der zuerst durch die Franzosen Hamy und Lenormant (1869) ver-
tretnen Auffassung der ägyptischen Feuersteinschichten als uralter Waffenfabriken
(wogegen besonders Lepsius im Corresp.-Blatt der deutschen Gesellsch. für An-
thropol., 1871, Nr. 5 und Ebers in der Ztschr. f. ägypt. Sprache 1871, I. u.
II auftraten) haben nach und nach zugestimmt: Zittel (Briefe aus der lib.
Wüste 1875, S. 45), Rohlfs (Drei Monate in der lib. Wüste, 1875, S. 160),
Much (Mittheilungen der Wiener anthropol. Gesellsch. 1876, Nr. 4), Robert
Hartmann (Die Nigritier, Thl. I, 1876), Fraas (Aus dem Orient, II: Geol.
Beobachtungen am Liban., 1868), jüngst auch der längere Zeit skeptisch urthei-
lende G. Schweinfurth (nach Mook's Vortr. über die Steinzeit in Aegyten
bei der deutschen Anthrop.-Vers. zu Kiel 1878), sowie früher schon die Aegypto-
logen Lauth (Corres.-Bl. etc. 1873, Nr. 2) und Mariette (s. d. folg. Note).
2) Mariette (s. Academy, March 20, 1875) hat gegen den künstlichen Ur-
sprung der äg. Feuersteinsplitter nichts einzuwenden, will dieselben aber nicht einer
vorgeschichtlichen, sondern erst der geschichtlichen Zeit zugewiesen wissen. -- Ueber

V. Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen.
arabiſchen Wüſte ein Fortdauern der Steinzeit in dieſer nächſten
Nachbarſchaft des frühzeitig halbcultivirten Nilthals bis in die hiſto-
riſche Zeit hinein anzunehmen, oder auch, wie Andre wollen, etwas
wie eine förmliche Steinzeit für Aegypten zu ſtatuiren und für dieſe
Annahme gleichfalls wieder jene Stellen Exod. 4, 25; Joſ. 5, 2
als indirecte Belege geltend zu machen? Die ungeheure Maſſenhaf-
tigkeit der betr. Steinſplitter ſchien vielen Forſchern die Auffaſſung
derſelben als wirklicher Kunſtproducte zu erſchweren: man meinte
eher durch atmoſphäriſche Wirkungen, z. B. ſtarke Hitze mit plötzlich
darauf gefolgtem Regen, hervorgebrachte Naturphänomenen, als etwa
Reſte oder Trümmerhaufen uralter Steinwaffen-Fabriken, in ihnen
erblicken zu müſſen. Und doch ſcheint die neueſte paläontologiſche Unter-
ſuchung des Gegenſtandes die letztere Annahme überwiegend zu be-
günſtigen, ſodaß die bisher beſonders ſeitens ägyptologiſcher Antori-
täten wie Lepſius, Ebers, Chabas, Brugſch ꝛc. ihr entgegengebrachte
Abneigung wohl bald einer zuſtimmenden Haltung auch von dieſer
Seite her Platz machen dürfte.1) Aber über die Frage wegen des
Alters der betr. Steinwerkzeuge würde damit noch keineswegs eine
Entſcheidung getroffen ſein,2) ſowenig wie die Kieſeläxte und ſonſtigen

1) Der zuerſt durch die Franzoſen Hamy und Lenormant (1869) ver-
tretnen Auffaſſung der ägyptiſchen Feuerſteinſchichten als uralter Waffenfabriken
(wogegen beſonders Lepſius im Correſp.-Blatt der deutſchen Geſellſch. für An-
thropol., 1871, Nr. 5 und Ebers in der Ztſchr. f. ägypt. Sprache 1871, I. u.
II auftraten) haben nach und nach zugeſtimmt: Zittel (Briefe aus der lib.
Wüſte 1875, S. 45), Rohlfs (Drei Monate in der lib. Wüſte, 1875, S. 160),
Much (Mittheilungen der Wiener anthropol. Geſellſch. 1876, Nr. 4), Robert
Hartmann (Die Nigritier, Thl. I, 1876), Fraas (Aus dem Orient, II: Geol.
Beobachtungen am Liban., 1868), jüngſt auch der längere Zeit ſkeptiſch urthei-
lende G. Schweinfurth (nach Mook’s Vortr. über die Steinzeit in Aegyten
bei der deutſchen Anthrop.-Verſ. zu Kiel 1878), ſowie früher ſchon die Aegypto-
logen Lauth (Correſ.-Bl. ꝛc. 1873, Nr. 2) und Mariette (ſ. d. folg. Note).
2) Mariette (ſ. Academy, March 20, 1875) hat gegen den künſtlichen Ur-
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[155/0165] V. Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen. arabiſchen Wüſte ein Fortdauern der Steinzeit in dieſer nächſten Nachbarſchaft des frühzeitig halbcultivirten Nilthals bis in die hiſto- riſche Zeit hinein anzunehmen, oder auch, wie Andre wollen, etwas wie eine förmliche Steinzeit für Aegypten zu ſtatuiren und für dieſe Annahme gleichfalls wieder jene Stellen Exod. 4, 25; Joſ. 5, 2 als indirecte Belege geltend zu machen? Die ungeheure Maſſenhaf- tigkeit der betr. Steinſplitter ſchien vielen Forſchern die Auffaſſung derſelben als wirklicher Kunſtproducte zu erſchweren: man meinte eher durch atmoſphäriſche Wirkungen, z. B. ſtarke Hitze mit plötzlich darauf gefolgtem Regen, hervorgebrachte Naturphänomenen, als etwa Reſte oder Trümmerhaufen uralter Steinwaffen-Fabriken, in ihnen erblicken zu müſſen. Und doch ſcheint die neueſte paläontologiſche Unter- ſuchung des Gegenſtandes die letztere Annahme überwiegend zu be- günſtigen, ſodaß die bisher beſonders ſeitens ägyptologiſcher Antori- täten wie Lepſius, Ebers, Chabas, Brugſch ꝛc. ihr entgegengebrachte Abneigung wohl bald einer zuſtimmenden Haltung auch von dieſer Seite her Platz machen dürfte. 1) Aber über die Frage wegen des Alters der betr. Steinwerkzeuge würde damit noch keineswegs eine Entſcheidung getroffen ſein, 2) ſowenig wie die Kieſeläxte und ſonſtigen 1) Der zuerſt durch die Franzoſen Hamy und Lenormant (1869) ver- tretnen Auffaſſung der ägyptiſchen Feuerſteinſchichten als uralter Waffenfabriken (wogegen beſonders Lepſius im Correſp.-Blatt der deutſchen Geſellſch. für An- thropol., 1871, Nr. 5 und Ebers in der Ztſchr. f. ägypt. Sprache 1871, I. u. II auftraten) haben nach und nach zugeſtimmt: Zittel (Briefe aus der lib. Wüſte 1875, S. 45), Rohlfs (Drei Monate in der lib. Wüſte, 1875, S. 160), Much (Mittheilungen der Wiener anthropol. Geſellſch. 1876, Nr. 4), Robert Hartmann (Die Nigritier, Thl. I, 1876), Fraas (Aus dem Orient, II: Geol. Beobachtungen am Liban., 1868), jüngſt auch der längere Zeit ſkeptiſch urthei- lende G. Schweinfurth (nach Mook’s Vortr. über die Steinzeit in Aegyten bei der deutſchen Anthrop.-Verſ. zu Kiel 1878), ſowie früher ſchon die Aegypto- logen Lauth (Correſ.-Bl. ꝛc. 1873, Nr. 2) und Mariette (ſ. d. folg. Note). 2) Mariette (ſ. Academy, March 20, 1875) hat gegen den künſtlichen Ur- ſprung der äg. Feuerſteinſplitter nichts einzuwenden, will dieſelben aber nicht einer vorgeſchichtlichen, ſondern erſt der geſchichtlichen Zeit zugewieſen wiſſen. — Ueber

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/165>, abgerufen am 21.11.2024.