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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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V. Prüfung der vorgeschichtlich-anthropologischen Gegeninstanzen.
ihres Scharfsinnes gespielt! Vor etlichen Jahren sollte ein zu-
gespitzter verkohlter Tannenholzstab aus der Schieferkohle von Wetzi-
kon in der Schweiz nach Rütimeyer u. AA. als sichre Spur für
eine schon pliocäne Existenz des Menschen in der genannten Gegend
gelten, während eine nüchternere Kritik diese Wetzikon-Kohlenspitze
für das Endstück eines von Bibern benagten Baumastes (!), oder
auch für durch die abreibende, schleifende und polirende Wirkung
heftig bewegten Sandes zugespitzt erklärte.1) Jüngst wollten britische
Paläontologen ausgemacht haben, gewisse Kerben oder Einschnitte in
Geweihstücken des fossilen Riesenhirsches (Cervus megaceros) im
Dubliner Museum seien von Menschenhand hervorgebracht. Ein
deutscher Kritiker wies mit überlegenem Scharfsinne nach, die frag-
lichen Kerben seien vielmehr durch Reibung des hin und herbewegten
aufliegenden Geweihknochens hervorgebracht worden, und zwar habe
das fragliche Hinundherbewegtwerden seinen Grund im abwechselnden
Aufsteigen und Niedersinken des die Knochen bedeckenden Torfmoores
unter Einwirkung bald winterlicher Nässe bald sommerlicher Trocken-
heit gehabt.2) Den Paläontologen Nordamerikas passiren derartige
Täuschungen, neben Fällen schlauer Betrügerei (forgery, trickery)
und lustigen Humbugs, in so überreichlicher Zahl, daß die Mehrzahl
ihrer europäischen Mitforscher sich fast durchaus skeptisch gegenüber
ihren Angaben verhält. Das Riesenskelet des Dr. P. Snell aus
Tuolumne-County in California (angeblich in einer Tiefe von 314
F. unter Granitfelsen ausgegraben und einem urweltlichen Riesen
von 9 F. Länge angehörig!), der riesengroße fossile Knochen aus
Jndiana, das Colliersche Skelet von Quebeck und noch verschiedenes
andre Derartige ist ebensogut als Schwindel entlarvt worden, wie
der berüchtigte 10--11 Fuß hohe steinerne Onondaga-Riese von
Syrakus und andere angebliche Phönicier- oder Normanen-Denk-

1) Arch. f. Anthropol. 1875, II, 133 f.; 1876, IX, 77 f. 105. 229 ff.
Ausland 1878, Nr. 18.
2) Arch. f. Anthropol. 1878, III, 285.

V. Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen.
ihres Scharfſinnes geſpielt! Vor etlichen Jahren ſollte ein zu-
geſpitzter verkohlter Tannenholzſtab aus der Schieferkohle von Wetzi-
kon in der Schweiz nach Rütimeyer u. AA. als ſichre Spur für
eine ſchon pliocäne Exiſtenz des Menſchen in der genannten Gegend
gelten, während eine nüchternere Kritik dieſe Wetzikon-Kohlenſpitze
für das Endſtück eines von Bibern benagten Baumaſtes (!), oder
auch für durch die abreibende, ſchleifende und polirende Wirkung
heftig bewegten Sandes zugeſpitzt erklärte.1) Jüngſt wollten britiſche
Paläontologen ausgemacht haben, gewiſſe Kerben oder Einſchnitte in
Geweihſtücken des foſſilen Rieſenhirſches (Cervus megaceros) im
Dubliner Muſeum ſeien von Menſchenhand hervorgebracht. Ein
deutſcher Kritiker wies mit überlegenem Scharfſinne nach, die frag-
lichen Kerben ſeien vielmehr durch Reibung des hin und herbewegten
aufliegenden Geweihknochens hervorgebracht worden, und zwar habe
das fragliche Hinundherbewegtwerden ſeinen Grund im abwechſelnden
Aufſteigen und Niederſinken des die Knochen bedeckenden Torfmoores
unter Einwirkung bald winterlicher Näſſe bald ſommerlicher Trocken-
heit gehabt.2) Den Paläontologen Nordamerikas paſſiren derartige
Täuſchungen, neben Fällen ſchlauer Betrügerei (forgery, trickery)
und luſtigen Humbugs, in ſo überreichlicher Zahl, daß die Mehrzahl
ihrer europäiſchen Mitforſcher ſich faſt durchaus ſkeptiſch gegenüber
ihren Angaben verhält. Das Rieſenſkelet des Dr. P. Snell aus
Tuolumne-County in California (angeblich in einer Tiefe von 314
F. unter Granitfelſen ausgegraben und einem urweltlichen Rieſen
von 9 F. Länge angehörig!), der rieſengroße foſſile Knochen aus
Jndiana, das Collierſche Skelet von Quebeck und noch verſchiedenes
andre Derartige iſt ebenſogut als Schwindel entlarvt worden, wie
der berüchtigte 10—11 Fuß hohe ſteinerne Onondaga-Rieſe von
Syrakus und andere angebliche Phönicier- oder Normanen-Denk-

1) Arch. f. Anthropol. 1875, II, 133 f.; 1876, IX, 77 f. 105. 229 ff.
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[168/0178] V. Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen. ihres Scharfſinnes geſpielt! Vor etlichen Jahren ſollte ein zu- geſpitzter verkohlter Tannenholzſtab aus der Schieferkohle von Wetzi- kon in der Schweiz nach Rütimeyer u. AA. als ſichre Spur für eine ſchon pliocäne Exiſtenz des Menſchen in der genannten Gegend gelten, während eine nüchternere Kritik dieſe Wetzikon-Kohlenſpitze für das Endſtück eines von Bibern benagten Baumaſtes (!), oder auch für durch die abreibende, ſchleifende und polirende Wirkung heftig bewegten Sandes zugeſpitzt erklärte. 1) Jüngſt wollten britiſche Paläontologen ausgemacht haben, gewiſſe Kerben oder Einſchnitte in Geweihſtücken des foſſilen Rieſenhirſches (Cervus megaceros) im Dubliner Muſeum ſeien von Menſchenhand hervorgebracht. Ein deutſcher Kritiker wies mit überlegenem Scharfſinne nach, die frag- lichen Kerben ſeien vielmehr durch Reibung des hin und herbewegten aufliegenden Geweihknochens hervorgebracht worden, und zwar habe das fragliche Hinundherbewegtwerden ſeinen Grund im abwechſelnden Aufſteigen und Niederſinken des die Knochen bedeckenden Torfmoores unter Einwirkung bald winterlicher Näſſe bald ſommerlicher Trocken- heit gehabt. 2) Den Paläontologen Nordamerikas paſſiren derartige Täuſchungen, neben Fällen ſchlauer Betrügerei (forgery, trickery) und luſtigen Humbugs, in ſo überreichlicher Zahl, daß die Mehrzahl ihrer europäiſchen Mitforſcher ſich faſt durchaus ſkeptiſch gegenüber ihren Angaben verhält. Das Rieſenſkelet des Dr. P. Snell aus Tuolumne-County in California (angeblich in einer Tiefe von 314 F. unter Granitfelſen ausgegraben und einem urweltlichen Rieſen von 9 F. Länge angehörig!), der rieſengroße foſſile Knochen aus Jndiana, das Collierſche Skelet von Quebeck und noch verſchiedenes andre Derartige iſt ebenſogut als Schwindel entlarvt worden, wie der berüchtigte 10—11 Fuß hohe ſteinerne Onondaga-Rieſe von Syrakus und andere angebliche Phönicier- oder Normanen-Denk- 1) Arch. f. Anthropol. 1875, II, 133 f.; 1876, IX, 77 f. 105. 229 ff. Ausland 1878, Nr. 18. 2) Arch. f. Anthropol. 1878, III, 285.

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/178>, abgerufen am 21.11.2024.