Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.V. Prüfung der vorgeschichtlich-anthropologischen Gegeninstanzen. male.1) Auch den mancherlei amerikanischen Skelet- und Schädel-funden aus angeblicher Tertiärzeit bringen besonnene Forscher der Alten Welt fortwährend ein wohlgerechtfertigtes Mißtrauen entgegen. Wenigstens halten sie die amerikanischerseits auf solche Funde ge- stützten Altersberechnungen und Schlüsse betreffs des Racencharakters und Culturgrades der betr. Menschen in der Regel für revisions- bedürftig. Doch halt! -- bezüglich Eines wichtigen Punktes scheinen sie 1) Vgl. Ausland 1865, Nr. 31. Globus, Bd. XVI, 1869, S. 207.
Archw f. Anthropol. 1872, II, 155 ff. und 1874, III, 267 ff. Ztschr. f. Eih- nologie 1878, III, 183 ff. V. Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen. male.1) Auch den mancherlei amerikaniſchen Skelet- und Schädel-funden aus angeblicher Tertiärzeit bringen beſonnene Forſcher der Alten Welt fortwährend ein wohlgerechtfertigtes Mißtrauen entgegen. Wenigſtens halten ſie die amerikaniſcherſeits auf ſolche Funde ge- ſtützten Altersberechnungen und Schlüſſe betreffs des Racencharakters und Culturgrades der betr. Menſchen in der Regel für reviſions- bedürftig. Doch halt! — bezüglich Eines wichtigen Punktes ſcheinen ſie 1) Vgl. Ausland 1865, Nr. 31. Globus, Bd. XVI, 1869, S. 207.
Archw f. Anthropol. 1872, II, 155 ff. und 1874, III, 267 ff. Ztſchr. f. Eih- nologie 1878, III, 183 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0179" n="169"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">V.</hi> Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen.</fw><lb/> male.<note place="foot" n="1)">Vgl. Ausland 1865, Nr. 31. Globus, Bd. <hi rendition="#aq">XVI,</hi> 1869, S. 207.<lb/> Archw f. Anthropol. 1872, <hi rendition="#aq">II,</hi> 155 ff. und 1874, <hi rendition="#aq">III,</hi> 267 ff. Ztſchr. f. Eih-<lb/> nologie 1878, <hi rendition="#aq">III,</hi> 183 ff.</note> Auch den mancherlei amerikaniſchen Skelet- und Schädel-<lb/> funden aus angeblicher Tertiärzeit bringen beſonnene Forſcher der<lb/> Alten Welt fortwährend ein wohlgerechtfertigtes Mißtrauen entgegen.<lb/> Wenigſtens halten ſie die amerikaniſcherſeits auf ſolche Funde ge-<lb/> ſtützten Altersberechnungen und Schlüſſe betreffs des Racencharakters<lb/> und Culturgrades der betr. Menſchen in der Regel für reviſions-<lb/> bedürftig.</p><lb/> <p>Doch halt! — bezüglich Eines wichtigen Punktes ſcheinen ſie<lb/> ja wohl einig zu ſein, die amerikaniſchen und die europäiſchen<lb/> Paläontologen. Der Kannibalismus, das einſtige allgemeine<lb/> Menſchenfreſſerthum unſrer Vorväter ſoll für beide Erdhälften<lb/> ziemlich widerſpruchslos mittelſt uralter Monumente feſtgeſtellt ſein.<lb/> Die vielerörterten <hi rendition="#g">Küchen-Abfälle,</hi> die Kjökkenmöddinger der<lb/> däniſchen Küſten, ſammt den Sambaquis oder Muſchelhügeln von<lb/> Braſilien und ähnlichen Schutthaufen andrer Gegenden der Neuen<lb/> Welt, ſollen unabänderlich Reſte von Kannibalen-Mahlzeiten in ſich<lb/> ſchließen, zum Zeichen deſſen daß der Daſeinskampf in den früheſten<lb/> Jahrtauſenden das Fleiſch der Nebenmenſchen unter allen Himmels-<lb/> ſtrichen ſchmackhaft zu machen vermochte! — Leider müſſen wir auch<lb/> dieſe ſchöne Jlluſion zerſtören. Weder enthalten die Küchenabfälle<lb/> jedesmal Spuren von Menſchenfleiſch-Mahlzeiten, noch ſind ſie<lb/> ſonderlich alt; es läßt ſich bezweifeln, ob auch nur Einer dieſer<lb/> Schutthügel in die vorhiſtoriſche Zeit zurückreicht. Daß Dänemarks<lb/> Kjökkenmöddinger, die theilweiſe über tauſend Fuß langen, meiſt<lb/> drei bis fünf, zuweilen auch faſt zehn Fuß dicken Bänke von<lb/> Muſchelſchaalen, Knochenreſten ꝛc. an der Oſt- und Nordküſte Jüt-<lb/> lands, neben andren Ueberbleibſeln gaſtronomiſcher Thätigkeit der<lb/> alten Bewohner dieſer Gegenden auch Spuren von Menſchengebeinen<lb/> in ſich ſchlöſſen, iſt früher mehrfach, z. B. von ihrem erſten Er-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [169/0179]
V. Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen.
male. 1) Auch den mancherlei amerikaniſchen Skelet- und Schädel-
funden aus angeblicher Tertiärzeit bringen beſonnene Forſcher der
Alten Welt fortwährend ein wohlgerechtfertigtes Mißtrauen entgegen.
Wenigſtens halten ſie die amerikaniſcherſeits auf ſolche Funde ge-
ſtützten Altersberechnungen und Schlüſſe betreffs des Racencharakters
und Culturgrades der betr. Menſchen in der Regel für reviſions-
bedürftig.
Doch halt! — bezüglich Eines wichtigen Punktes ſcheinen ſie
ja wohl einig zu ſein, die amerikaniſchen und die europäiſchen
Paläontologen. Der Kannibalismus, das einſtige allgemeine
Menſchenfreſſerthum unſrer Vorväter ſoll für beide Erdhälften
ziemlich widerſpruchslos mittelſt uralter Monumente feſtgeſtellt ſein.
Die vielerörterten Küchen-Abfälle, die Kjökkenmöddinger der
däniſchen Küſten, ſammt den Sambaquis oder Muſchelhügeln von
Braſilien und ähnlichen Schutthaufen andrer Gegenden der Neuen
Welt, ſollen unabänderlich Reſte von Kannibalen-Mahlzeiten in ſich
ſchließen, zum Zeichen deſſen daß der Daſeinskampf in den früheſten
Jahrtauſenden das Fleiſch der Nebenmenſchen unter allen Himmels-
ſtrichen ſchmackhaft zu machen vermochte! — Leider müſſen wir auch
dieſe ſchöne Jlluſion zerſtören. Weder enthalten die Küchenabfälle
jedesmal Spuren von Menſchenfleiſch-Mahlzeiten, noch ſind ſie
ſonderlich alt; es läßt ſich bezweifeln, ob auch nur Einer dieſer
Schutthügel in die vorhiſtoriſche Zeit zurückreicht. Daß Dänemarks
Kjökkenmöddinger, die theilweiſe über tauſend Fuß langen, meiſt
drei bis fünf, zuweilen auch faſt zehn Fuß dicken Bänke von
Muſchelſchaalen, Knochenreſten ꝛc. an der Oſt- und Nordküſte Jüt-
lands, neben andren Ueberbleibſeln gaſtronomiſcher Thätigkeit der
alten Bewohner dieſer Gegenden auch Spuren von Menſchengebeinen
in ſich ſchlöſſen, iſt früher mehrfach, z. B. von ihrem erſten Er-
1) Vgl. Ausland 1865, Nr. 31. Globus, Bd. XVI, 1869, S. 207.
Archw f. Anthropol. 1872, II, 155 ff. und 1874, III, 267 ff. Ztſchr. f. Eih-
nologie 1878, III, 183 ff.
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