Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.VII. Der Ursitz des Menschengeschlechts. graphische etc. mag dieses moderne Seitenstück zur alten Sage vonder versunkenen Atlantis allerdings zu begünstigen scheinen; die Pa- puas auf Neu-Seeland zeigen Aehnlichkeiten mit den Negern Afrikas, die Schmetterlingsfauna der ostafrikanischen Küstenländer scheint fast dieselbe zu sein wie die ostindische; auch der botanischen Berührungen zwischen Südindien und Australien einerseits und zwischen Mada- daskar und Südafrika andrerseits liegen manche vor. Dennoch ent- scheidet das Urtheil des bedeutendsten Zoographen (Wallace, siehe a. a. O.) gegen die Hypothese als eine überflüssige und unnöthige. Ein unklarer mythischer Nebel lagert über diesem angeblich seit dem Ende der Tertiärzeit versunkenen südindisch-afrikanischen Continent, der schon bei alten Geographen (Aristoteles, Seleucus, Hipparch?) sowie dann bis tief in die neuere Entdeckungsgeschichte hinein als ein gespensterhaftes Australland spuckte, ohne doch je verificirt wer- den zu können. Wollte man der Häckelschen Annahme, daß hier im tertiären Zeitalter die Umwandlung der anthropoiden Affen in Men- schen sich vollzogen hätte, etwa mit gewissen auf einstige Menschheits- stammväter lautenden Sagen der alten Jnder zu Hilfe kommen, so ist einzuwenden, daß diese Sagen, soweit sie sich nicht ins Bereich ganz und gar poetischer Fictionen verlieren, höchstwahrscheinlich die in Thierfelle gehüllten Urbewohner Jndiens unter dem Bilde von Affen (Hanuman mit seinem Heere) verspotten sollten, sowie ferner, daß Affenmensch-Mythen sich keineswegs bloß in der näheren Um- gebung des hypothetischen Urfestlandes Lemuria, sondern theilweise recht weit davon entfernt, bei centralamerikanischen Stämmen, im buddhistischen Tibet etc. finden.1) Confuse Sagen dieser Art können überhaupt um so weniger im Dienste darwinistischer Doctrinen ver- werthet werden, da ihre Tendenzen verschiedner Art sind; etwa die Hälfte von ihnen läßt die Menschen veredelte und vervollkommnete 1) Vgl. überhaupt Tylor, Anfänge der Cultur, I, 370--377, wo eine
reichhaltige Zusammenftellung von Nachrichten über diese verschiednen Affenmensch- Sagen Afiens, Afrika's und Amerika's gegeben ist. VII. Der Urſitz des Menſchengeſchlechts. graphiſche ꝛc. mag dieſes moderne Seitenſtück zur alten Sage vonder verſunkenen Atlantis allerdings zu begünſtigen ſcheinen; die Pa- puas auf Neu-Seeland zeigen Aehnlichkeiten mit den Negern Afrikas, die Schmetterlingsfauna der oſtafrikaniſchen Küſtenländer ſcheint faſt dieſelbe zu ſein wie die oſtindiſche; auch der botaniſchen Berührungen zwiſchen Südindien und Auſtralien einerſeits und zwiſchen Mada- daskar und Südafrika andrerſeits liegen manche vor. Dennoch ent- ſcheidet das Urtheil des bedeutendſten Zoographen (Wallace, ſiehe a. a. O.) gegen die Hypotheſe als eine überflüſſige und unnöthige. Ein unklarer mythiſcher Nebel lagert über dieſem angeblich ſeit dem Ende der Tertiärzeit verſunkenen ſüdindiſch-afrikaniſchen Continent, der ſchon bei alten Geographen (Ariſtoteles, Seleucus, Hipparch?) ſowie dann bis tief in die neuere Entdeckungsgeſchichte hinein als ein geſpenſterhaftes Auſtralland ſpuckte, ohne doch je verificirt wer- den zu können. Wollte man der Häckelſchen Annahme, daß hier im tertiären Zeitalter die Umwandlung der anthropoiden Affen in Men- ſchen ſich vollzogen hätte, etwa mit gewiſſen auf einſtige Menſchheits- ſtammväter lautenden Sagen der alten Jnder zu Hilfe kommen, ſo iſt einzuwenden, daß dieſe Sagen, ſoweit ſie ſich nicht ins Bereich ganz und gar poetiſcher Fictionen verlieren, höchſtwahrſcheinlich die in Thierfelle gehüllten Urbewohner Jndiens unter dem Bilde von Affen (Hanuman mit ſeinem Heere) verſpotten ſollten, ſowie ferner, daß Affenmenſch-Mythen ſich keineswegs bloß in der näheren Um- gebung des hypothetiſchen Urfeſtlandes Lemuria, ſondern theilweiſe recht weit davon entfernt, bei centralamerikaniſchen Stämmen, im buddhiſtiſchen Tibet ꝛc. finden.1) Confuſe Sagen dieſer Art können überhaupt um ſo weniger im Dienſte darwiniſtiſcher Doctrinen ver- werthet werden, da ihre Tendenzen verſchiedner Art ſind; etwa die Hälfte von ihnen läßt die Menſchen veredelte und vervollkommnete 1) Vgl. überhaupt Tylor, Anfänge der Cultur, I, 370—377, wo eine
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VII. Der Urſitz des Menſchengeſchlechts.
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der verſunkenen Atlantis allerdings zu begünſtigen ſcheinen; die Pa-
puas auf Neu-Seeland zeigen Aehnlichkeiten mit den Negern Afrikas,
die Schmetterlingsfauna der oſtafrikaniſchen Küſtenländer ſcheint faſt
dieſelbe zu ſein wie die oſtindiſche; auch der botaniſchen Berührungen
zwiſchen Südindien und Auſtralien einerſeits und zwiſchen Mada-
daskar und Südafrika andrerſeits liegen manche vor. Dennoch ent-
ſcheidet das Urtheil des bedeutendſten Zoographen (Wallace, ſiehe
a. a. O.) gegen die Hypotheſe als eine überflüſſige und unnöthige.
Ein unklarer mythiſcher Nebel lagert über dieſem angeblich ſeit dem
Ende der Tertiärzeit verſunkenen ſüdindiſch-afrikaniſchen Continent,
der ſchon bei alten Geographen (Ariſtoteles, Seleucus, Hipparch?)
ſowie dann bis tief in die neuere Entdeckungsgeſchichte hinein als
ein geſpenſterhaftes Auſtralland ſpuckte, ohne doch je verificirt wer-
den zu können. Wollte man der Häckelſchen Annahme, daß hier im
tertiären Zeitalter die Umwandlung der anthropoiden Affen in Men-
ſchen ſich vollzogen hätte, etwa mit gewiſſen auf einſtige Menſchheits-
ſtammväter lautenden Sagen der alten Jnder zu Hilfe kommen, ſo
iſt einzuwenden, daß dieſe Sagen, ſoweit ſie ſich nicht ins Bereich
ganz und gar poetiſcher Fictionen verlieren, höchſtwahrſcheinlich die
in Thierfelle gehüllten Urbewohner Jndiens unter dem Bilde von
Affen (Hanuman mit ſeinem Heere) verſpotten ſollten, ſowie ferner,
daß Affenmenſch-Mythen ſich keineswegs bloß in der näheren Um-
gebung des hypothetiſchen Urfeſtlandes Lemuria, ſondern theilweiſe
recht weit davon entfernt, bei centralamerikaniſchen Stämmen, im
buddhiſtiſchen Tibet ꝛc. finden. 1) Confuſe Sagen dieſer Art können
überhaupt um ſo weniger im Dienſte darwiniſtiſcher Doctrinen ver-
werthet werden, da ihre Tendenzen verſchiedner Art ſind; etwa die
Hälfte von ihnen läßt die Menſchen veredelte und vervollkommnete
1) Vgl. überhaupt Tylor, Anfänge der Cultur, I, 370—377, wo eine
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