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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IX. Das Alter des Menschengeschlechts.
chinesischen, der kalmukischen, der mongolischen, auch der eranischen
Mythologie -- von welchen die letztgenannte mit ihrer Gesammt-
dauer der Welt von nur 12 Jahrtausenden (6000 Jahre vor, und
6000 nach der Fluth) den bescheidensten Charakter trägt und der
biblischen Chronologie am nächsten steht. Bestimmte geschichtliche
Erinnerungen reichen bei keinem dieser asiatischen Völker bis jenseits
des Jahrs 2000 v. Chr. zurück, auch nicht bei den Chinesen, deren
Schu-king zwar schon um 2350 v. Chr. die erste chinesische Dynastie
durch Yao gegründet werden läßt, damit aber unzweifelhaft ganz
Unsichres und Sagenhaftes berichtet; denn erst seit 841 v. Chr.
ist die Zeitrechnung der chinesischen Kaisergeschlechter eine wohlgesicherte,
und von den vielgerühmten astronomischen Aufzeichnungen der alten
Chinesen reicht auch keine in eine höhere Vergangenheit zurück; die
früheste sichre Beobachtung einer Sonnenfinsterniß ist aus dem
J. 720 vor Christo. -- Nur bei den Aegyptern greifen wirkliche
geschichtliche Erinnerungen bis tief ins 3., wonicht ins 4. Jahr-
tausend vor unsrer Zeitrechnung zurück. Aber irgendwelche Sicherheit
kann den chronologischen Verhältnissen der ägyptischen Dynastien-
geschichte vor Scheschonk (Sisak) dem Zeitgenossen Rehabeams, also
jenseits dem ersten Jahrtausend v. Chr., nicht beigelegt werden.
Das Nacheinander der Königsgeschlechter jener früheren Perioden in
Manethos Darstellung muß, nach dem einstimmigen Urtheil aller
neueren Aegyptologen, auf verschiednen Punkten in ein Nebenein-
ander verwandelt werden, wodurch die ganze Reihe auf das Erheb-
lichste verkürzt wird. Aber über das Wie und Wieviel dieser mittelst
Statuirung von Parallel-Dynastien herbeizuführenden Verkürzungen
lehrt weder der Turiner Königs-Papyrus, noch was sonst an monu-
mentalen Parallelberichten zu Manethos Werk aufgefunden worden,
irgend etwas Zuverlässiges. Wenn deßhalb einzelne bibelfeindlich-
naturalistische Forscher triumphirend von "glänzender Bestätigung
der Manethonischen Geschichtsdarstellung durch die hieroglyphischen
Monumente" geredet haben, 1) so klagt dagegen der neueste und

1) So z. B. auch Pros. Owen in einem Vortrage vor der ethnologischen

IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
chineſiſchen, der kalmukiſchen, der mongoliſchen, auch der eraniſchen
Mythologie — von welchen die letztgenannte mit ihrer Geſammt-
dauer der Welt von nur 12 Jahrtauſenden (6000 Jahre vor, und
6000 nach der Fluth) den beſcheidenſten Charakter trägt und der
bibliſchen Chronologie am nächſten ſteht. Beſtimmte geſchichtliche
Erinnerungen reichen bei keinem dieſer aſiatiſchen Völker bis jenſeits
des Jahrs 2000 v. Chr. zurück, auch nicht bei den Chineſen, deren
Schu-king zwar ſchon um 2350 v. Chr. die erſte chineſiſche Dynaſtie
durch Yao gegründet werden läßt, damit aber unzweifelhaft ganz
Unſichres und Sagenhaftes berichtet; denn erſt ſeit 841 v. Chr.
iſt die Zeitrechnung der chineſiſchen Kaiſergeſchlechter eine wohlgeſicherte,
und von den vielgerühmten aſtronomiſchen Aufzeichnungen der alten
Chineſen reicht auch keine in eine höhere Vergangenheit zurück; die
früheſte ſichre Beobachtung einer Sonnenfinſterniß iſt aus dem
J. 720 vor Chriſto. — Nur bei den Aegyptern greifen wirkliche
geſchichtliche Erinnerungen bis tief ins 3., wonicht ins 4. Jahr-
tauſend vor unſrer Zeitrechnung zurück. Aber irgendwelche Sicherheit
kann den chronologiſchen Verhältniſſen der ägyptiſchen Dynaſtien-
geſchichte vor Scheſchonk (Siſak) dem Zeitgenoſſen Rehabeams, alſo
jenſeits dem erſten Jahrtauſend v. Chr., nicht beigelegt werden.
Das Nacheinander der Königsgeſchlechter jener früheren Perioden in
Manethos Darſtellung muß, nach dem einſtimmigen Urtheil aller
neueren Aegyptologen, auf verſchiednen Punkten in ein Nebenein-
ander verwandelt werden, wodurch die ganze Reihe auf das Erheb-
lichſte verkürzt wird. Aber über das Wie und Wieviel dieſer mittelſt
Statuirung von Parallel-Dynaſtien herbeizuführenden Verkürzungen
lehrt weder der Turiner Königs-Papyrus, noch was ſonſt an monu-
mentalen Parallelberichten zu Manethos Werk aufgefunden worden,
irgend etwas Zuverläſſiges. Wenn deßhalb einzelne bibelfeindlich-
naturaliſtiſche Forſcher triumphirend von „glänzender Beſtätigung
der Manethoniſchen Geſchichtsdarſtellung durch die hieroglyphiſchen
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[294/0304] IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. chineſiſchen, der kalmukiſchen, der mongoliſchen, auch der eraniſchen Mythologie — von welchen die letztgenannte mit ihrer Geſammt- dauer der Welt von nur 12 Jahrtauſenden (6000 Jahre vor, und 6000 nach der Fluth) den beſcheidenſten Charakter trägt und der bibliſchen Chronologie am nächſten ſteht. Beſtimmte geſchichtliche Erinnerungen reichen bei keinem dieſer aſiatiſchen Völker bis jenſeits des Jahrs 2000 v. Chr. zurück, auch nicht bei den Chineſen, deren Schu-king zwar ſchon um 2350 v. Chr. die erſte chineſiſche Dynaſtie durch Yao gegründet werden läßt, damit aber unzweifelhaft ganz Unſichres und Sagenhaftes berichtet; denn erſt ſeit 841 v. Chr. iſt die Zeitrechnung der chineſiſchen Kaiſergeſchlechter eine wohlgeſicherte, und von den vielgerühmten aſtronomiſchen Aufzeichnungen der alten Chineſen reicht auch keine in eine höhere Vergangenheit zurück; die früheſte ſichre Beobachtung einer Sonnenfinſterniß iſt aus dem J. 720 vor Chriſto. — Nur bei den Aegyptern greifen wirkliche geſchichtliche Erinnerungen bis tief ins 3., wonicht ins 4. Jahr- tauſend vor unſrer Zeitrechnung zurück. Aber irgendwelche Sicherheit kann den chronologiſchen Verhältniſſen der ägyptiſchen Dynaſtien- geſchichte vor Scheſchonk (Siſak) dem Zeitgenoſſen Rehabeams, alſo jenſeits dem erſten Jahrtauſend v. Chr., nicht beigelegt werden. Das Nacheinander der Königsgeſchlechter jener früheren Perioden in Manethos Darſtellung muß, nach dem einſtimmigen Urtheil aller neueren Aegyptologen, auf verſchiednen Punkten in ein Nebenein- ander verwandelt werden, wodurch die ganze Reihe auf das Erheb- lichſte verkürzt wird. Aber über das Wie und Wieviel dieſer mittelſt Statuirung von Parallel-Dynaſtien herbeizuführenden Verkürzungen lehrt weder der Turiner Königs-Papyrus, noch was ſonſt an monu- mentalen Parallelberichten zu Manethos Werk aufgefunden worden, irgend etwas Zuverläſſiges. Wenn deßhalb einzelne bibelfeindlich- naturaliſtiſche Forſcher triumphirend von „glänzender Beſtätigung der Manethoniſchen Geſchichtsdarſtellung durch die hieroglyphiſchen Monumente‟ geredet haben, 1) ſo klagt dagegen der neueſte und 1) So z. B. auch Proſ. Owen in einem Vortrage vor der ethnologiſchen

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/304>, abgerufen am 21.11.2024.