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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IX. Das Alter des Menschengeschlechts.
wenn man auf dem mühevollen Pfade der Forschung sich hindurch
arbeiten soll. Bis jetzt hat es noch kein Naturforscher vermocht,
auch nur Ein Jahrtausend in der Art zu bewältigen, daß er die
Veränderungen der Thier- und Pflanzenwelt nachzuweisen im Stande
wäre, welche von heute ab bis zurück zu Karl dem Großen vor sich
giengen." "Warum doch", fragt er tadelnd, "ungeheure Zeiträume
abstecken, zu deren Ausfüllung es dann an concretem geschichtlichem
Material gebricht?" -- Jn ähnlicher Weise behauptet Quenstedt
in Tübingen, nach Besprechung der Adhemarschen Eiszeitentheorie,
der er eine gewisse Wahrscheinlichkeit zuzugestehen bereit ist: "Gienge
aber die größte Herrschaft der Gletscher blos 11 000 Jahre zurück,
dann dürften wir, da der Anfang unsres Geschlechts doch diesseits
zu liegen scheint, an die alten uns so theuer gewordenen Ueber-
lieferungen anknüpfen, dürften wieder jene Ueberzeugungen heraus-
kehren, die wir in kindlicher Einfalt schon mit der Muttermilch ein-
sogen. Ein guter Kämpfer gibt nicht leichtfertig seine Position auf,
sondern weicht nur, sofern er weichen muß. ... Denn wir müssen
nicht meinen, daß in der Vorwelt Alles nur Entwicklung sei, son-
dern von Zeit zu Zeit fällt wenigstens scheinbar plötzlich die Frucht
reif zu Boden" etc. -- Bestimmter noch urtheilt Fr. Pfaff, der
Erlanger Mineraloge, am Schlusse seiner kritischen Uebersicht über
die modernen geologischen Altersberechnungen, soweit sie die Mensch-
heitsgeschichte betreffen: "Alle Zahlen, welche von natürlichen Zeit-
maaßen hergenommen für das Alter des Menschengeschlechts ange-
geben werden, sind höchst unsicher; die zuverlässigsten gehen nicht
über 5000--7000 Jahre hinaus." Und ferner, was geologische
Zeitbestimmungsversuche überhaupt betrifft: "Schwerlich möchte man
irgendeine andre Aussage hinsichtlich der geologischen Chronologie
als sicher bezeichnen dürfen, als die unbestimmte und dehnbare, daß
die Erde sehr alt sei und schon lange Zeiten hindurch sehr bedeuten-
den Veränderungen ausgesetzt gewesen sei. Auch auf diesem Puncte
finden wir das Resultat, das sich -- -- in die Worte zusammen-
fassen läßt: Viel Unsichres, wenig Sicheres". -- Der Canadensische

IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
wenn man auf dem mühevollen Pfade der Forſchung ſich hindurch
arbeiten ſoll. Bis jetzt hat es noch kein Naturforſcher vermocht,
auch nur Ein Jahrtauſend in der Art zu bewältigen, daß er die
Veränderungen der Thier- und Pflanzenwelt nachzuweiſen im Stande
wäre, welche von heute ab bis zurück zu Karl dem Großen vor ſich
giengen.‟ „Warum doch‟, fragt er tadelnd, „ungeheure Zeiträume
abſtecken, zu deren Ausfüllung es dann an concretem geſchichtlichem
Material gebricht?‟ — Jn ähnlicher Weiſe behauptet Quenſtedt
in Tübingen, nach Beſprechung der Adhémarſchen Eiszeitentheorie,
der er eine gewiſſe Wahrſcheinlichkeit zuzugeſtehen bereit iſt: „Gienge
aber die größte Herrſchaft der Gletſcher blos 11 000 Jahre zurück,
dann dürften wir, da der Anfang unſres Geſchlechts doch dieſſeits
zu liegen ſcheint, an die alten uns ſo theuer gewordenen Ueber-
lieferungen anknüpfen, dürften wieder jene Ueberzeugungen heraus-
kehren, die wir in kindlicher Einfalt ſchon mit der Muttermilch ein-
ſogen. Ein guter Kämpfer gibt nicht leichtfertig ſeine Poſition auf,
ſondern weicht nur, ſofern er weichen muß. … Denn wir müſſen
nicht meinen, daß in der Vorwelt Alles nur Entwicklung ſei, ſon-
dern von Zeit zu Zeit fällt wenigſtens ſcheinbar plötzlich die Frucht
reif zu Boden‟ ꝛc. — Beſtimmter noch urtheilt Fr. Pfaff, der
Erlanger Mineraloge, am Schluſſe ſeiner kritiſchen Ueberſicht über
die modernen geologiſchen Altersberechnungen, ſoweit ſie die Menſch-
heitsgeſchichte betreffen: „Alle Zahlen, welche von natürlichen Zeit-
maaßen hergenommen für das Alter des Menſchengeſchlechts ange-
geben werden, ſind höchſt unſicher; die zuverläſſigſten gehen nicht
über 5000—7000 Jahre hinaus.‟ Und ferner, was geologiſche
Zeitbeſtimmungsverſuche überhaupt betrifft: „Schwerlich möchte man
irgendeine andre Ausſage hinſichtlich der geologiſchen Chronologie
als ſicher bezeichnen dürfen, als die unbeſtimmte und dehnbare, daß
die Erde ſehr alt ſei und ſchon lange Zeiten hindurch ſehr bedeuten-
den Veränderungen ausgeſetzt geweſen ſei. Auch auf dieſem Puncte
finden wir das Reſultat, das ſich — — in die Worte zuſammen-
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[316/0326] IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. wenn man auf dem mühevollen Pfade der Forſchung ſich hindurch arbeiten ſoll. Bis jetzt hat es noch kein Naturforſcher vermocht, auch nur Ein Jahrtauſend in der Art zu bewältigen, daß er die Veränderungen der Thier- und Pflanzenwelt nachzuweiſen im Stande wäre, welche von heute ab bis zurück zu Karl dem Großen vor ſich giengen.‟ „Warum doch‟, fragt er tadelnd, „ungeheure Zeiträume abſtecken, zu deren Ausfüllung es dann an concretem geſchichtlichem Material gebricht?‟ — Jn ähnlicher Weiſe behauptet Quenſtedt in Tübingen, nach Beſprechung der Adhémarſchen Eiszeitentheorie, der er eine gewiſſe Wahrſcheinlichkeit zuzugeſtehen bereit iſt: „Gienge aber die größte Herrſchaft der Gletſcher blos 11 000 Jahre zurück, dann dürften wir, da der Anfang unſres Geſchlechts doch dieſſeits zu liegen ſcheint, an die alten uns ſo theuer gewordenen Ueber- lieferungen anknüpfen, dürften wieder jene Ueberzeugungen heraus- kehren, die wir in kindlicher Einfalt ſchon mit der Muttermilch ein- ſogen. Ein guter Kämpfer gibt nicht leichtfertig ſeine Poſition auf, ſondern weicht nur, ſofern er weichen muß. … Denn wir müſſen nicht meinen, daß in der Vorwelt Alles nur Entwicklung ſei, ſon- dern von Zeit zu Zeit fällt wenigſtens ſcheinbar plötzlich die Frucht reif zu Boden‟ ꝛc. — Beſtimmter noch urtheilt Fr. Pfaff, der Erlanger Mineraloge, am Schluſſe ſeiner kritiſchen Ueberſicht über die modernen geologiſchen Altersberechnungen, ſoweit ſie die Menſch- heitsgeſchichte betreffen: „Alle Zahlen, welche von natürlichen Zeit- maaßen hergenommen für das Alter des Menſchengeſchlechts ange- geben werden, ſind höchſt unſicher; die zuverläſſigſten gehen nicht über 5000—7000 Jahre hinaus.‟ Und ferner, was geologiſche Zeitbeſtimmungsverſuche überhaupt betrifft: „Schwerlich möchte man irgendeine andre Ausſage hinſichtlich der geologiſchen Chronologie als ſicher bezeichnen dürfen, als die unbeſtimmte und dehnbare, daß die Erde ſehr alt ſei und ſchon lange Zeiten hindurch ſehr bedeuten- den Veränderungen ausgeſetzt geweſen ſei. Auch auf dieſem Puncte finden wir das Reſultat, das ſich — — in die Worte zuſammen- faſſen läßt: Viel Unſichres, wenig Sicheres‟. — Der Canadenſiſche

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/326>, abgerufen am 09.11.2024.