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Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

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Italiener halber/ öfters aus dem Reiche ziehen musten/ deren Abwesenheit aber gewisse Reichs-Verweser erforderte / als ist gantz nicht ungereimt zu behaupten/ daß aus dem Pfaltz-Amte nach und nach das Vicariat entstanden/ indem die Pfaltz-Grafen dafür gehalten/ daß / nebst Administration der Jnstitz, ihnen auch die Versorgung der Reichs-Geschäfte obliege/ ob es gleich an dem/ daß die Kayser vor diesem sich nicht allemahl an diese Vicarios gebunden/ sondern/ wenn sie aus dem Reiche gezogen/ solche nach ihrem Gefallen bestellet haben. Nachdem aber die Churfürsten feste gesetzet worden/ so ist glaublich/ daß ein Churfürst von Sachsen das Vicariat, nicht sowohl als Churfürst/ sondern vielmehr wegen des Ertz-Marschall-Amts exerciret / weil diese hohe charge vornehmlich die Kriegs-Angelegenheiten des Reichs betraff. Ob aber wohl die Sächsische haupt Pfaltz-Stadt Alstedt annoch bey der Ernestinischen Linie ist/ so hat doch die Chur-Linie so wohl die Pfaltz/ als auch das Vicariat. Sonst streiten die Publicisten sehr/ ob ein Kayser/ wenn er ausser Reichs gehen wolte/ oder müste/ vor sich einen Reichs-Vicarium setzen könte? Da denn zwar der Kayserl. Autorite zu nahe gegangen seyn würde/ wenn man ihm sothane Gewalt gantz und gar absprechen wolte; gleichwohl ist sehr merckwürdig/ daß / als Kayser Maximilianus I. bey Antretung seiner Italienischen Reise/ den Churfürsten zu Sachsen zum Reichs-Vicario machte/ er selben dieserhalben gewisse Reversalien geben müssen. Die güldene Bull/ hat die beyden Vicarien, Pfaltz und Sachsen/ um so mehr bekräftiget/ daher derjenigen ihr Vorgeben keinen Grund hat/ die da sagen/ als ob die Vicariate erst duch die güldene Bulle wären eingesetzet worden/ weil ja aus der Historie bekannt/ daß sie lange vor selbiger gewesen. Was aber die Gewalt der Reichs Vicarien betrift/ so könnnen sie eben das thun/ was ein Kayser im Reiche zu verrichten befugt / es sey dann/ daß die Reichs-Gesetze desfals eine Aenderung machten. Sothaner hohen Gewalt/ hat sich zwar ehmals der Pabst/ pro more, anmassen wollen/ doch es ist dergleichen irregulair verfahren von den Reiche/ und insonderheit von denen Churfürsten ihm nie verstattet worden/ wie denn auch noch letzthin in der Wahl-Capitulation, dieserhalben satsame Vorsehung geschehen. Von der Pfaltz aber annoch zugedencken/ so haben einige dafür halten wollen/ als ob selbige nicht auf der Pfaltz-Stadt Alstedt/ sondern auf dem Städtlein Zörbig hafte/ und wäre die Meißnische/ Zerbigische/ von der Sächsischen / oder Aldstedtischen gantz unterschieden/ welches Vorgeben aber man aus der Historie bewiesen sehen

vid. Ludwig. Germ. Princ. l. 3. c. 4.
vid. Paulini Annal. Isenac. p. 24. seqq.
vid. Lunig. Reichs - Archiv. P. spec. 2.
vid. Rumel ad A. B. p. 98.
Art. 3. §. Wollen auch.
Scharschmied Syst. Jur. Publ.

Italiener halber/ öfters aus dem Reiche ziehen musten/ deren Abwesenheit aber gewisse Reichs-Verweser erforderte / als ist gantz nicht ungereimt zu behaupten/ daß aus dem Pfaltz-Amte nach und nach das Vicariat entstanden/ indem die Pfaltz-Grafen dafür gehalten/ daß / nebst Administration der Jnstitz, ihnen auch die Versorgung der Reichs-Geschäfte obliege/ ob es gleich an dem/ daß die Kayser vor diesem sich nicht allemahl an diese Vicarios gebunden/ sondern/ wenn sie aus dem Reiche gezogen/ solche nach ihrem Gefallen bestellet haben. Nachdem aber die Churfürsten feste gesetzet worden/ so ist glaublich/ daß ein Churfürst von Sachsen das Vicariat, nicht sowohl als Churfürst/ sondern vielmehr wegen des Ertz-Marschall-Amts exerciret / weil diese hohe charge vornehmlich die Kriegs-Angelegenheiten des Reichs betraff. Ob aber wohl die Sächsische haupt Pfaltz-Stadt Alstedt annoch bey der Ernestinischen Linie ist/ so hat doch die Chur-Linie so wohl die Pfaltz/ als auch das Vicariat. Sonst streiten die Publicisten sehr/ ob ein Kayser/ wenn er ausser Reichs gehen wolte/ oder müste/ vor sich einen Reichs-Vicarium setzen könte? Da denn zwar der Kayserl. Autorité zu nahe gegangen seyn würde/ wenn man ihm sothane Gewalt gantz und gar absprechen wolte; gleichwohl ist sehr merckwürdig/ daß / als Kayser Maximilianus I. bey Antretung seiner Italienischen Reise/ den Churfürsten zu Sachsen zum Reichs-Vicario machte/ er selben dieserhalben gewisse Reversalien geben müssen. Die güldene Bull/ hat die beyden Vicarien, Pfaltz und Sachsen/ um so mehr bekräftiget/ daher derjenigen ihr Vorgeben keinen Grund hat/ die da sagen/ als ob die Vicariate erst duch die güldene Bulle wären eingesetzet worden/ weil ja aus der Historie bekannt/ daß sie lange vor selbiger gewesen. Was aber die Gewalt der Reichs Vicarien betrift/ so könnnen sie eben das thun/ was ein Kayser im Reiche zu verrichten befugt / es sey dann/ daß die Reichs-Gesetze desfals eine Aenderung machten. Sothaner hohen Gewalt/ hat sich zwar ehmals der Pabst/ pro more, anmassen wollen/ doch es ist dergleichen irregulair verfahren von den Reiche/ und insonderheit von denen Churfürsten ihm nie verstattet worden/ wie denn auch noch letzthin in der Wahl-Capitulation, dieserhalben satsame Vorsehung geschehen. Von der Pfaltz aber annoch zugedencken/ so haben einige dafür halten wollen/ als ob selbige nicht auf der Pfaltz-Stadt Alstedt/ sondern auf dem Städtlein Zörbig hafte/ und wäre die Meißnische/ Zerbigische/ von der Sächsischen / oder Aldstedtischen gantz unterschieden/ welches Vorgeben aber man aus der Historie bewiesen sehen

vid. Ludwig. Germ. Princ. l. 3. c. 4.
vid. Paulini Annal. Isenac. p. 24. seqq.
vid. Lunig. Reichs - Archiv. P. spec. 2.
vid. Rumel ad A. B. p. 98.
Art. 3. §. Wollen auch.
Scharschmied Syst. Jur. Publ.
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Italiener halber/ öfters aus dem                      Reiche ziehen musten/ deren Abwesenheit aber gewisse Reichs-Verweser erforderte                     / als ist gantz nicht ungereimt zu behaupten/ daß aus dem Pfaltz-Amte nach und                      nach das Vicariat entstanden/ indem die Pfaltz-Grafen dafür gehalten/ daß /                      nebst Administration der Jnstitz, ihnen auch die Versorgung der Reichs-Geschäfte                      obliege/ ob es gleich an dem/ daß die Kayser vor diesem sich nicht allemahl an                      diese Vicarios gebunden/ sondern/ wenn sie aus dem Reiche gezogen/ solche                      nach ihrem Gefallen bestellet haben. Nachdem aber die Churfürsten feste gesetzet                      worden/ so ist glaublich/ daß ein Churfürst von Sachsen das Vicariat, nicht                      sowohl als Churfürst/ sondern vielmehr wegen des Ertz-Marschall-Amts exerciret                     / weil diese hohe charge vornehmlich die Kriegs-Angelegenheiten des Reichs                      betraff. <note place="foot">vid. Ludwig. Germ. Princ. l. 3. c. 4.</note> Ob aber                      wohl die Sächsische haupt Pfaltz-Stadt Alstedt annoch bey der Ernestinischen                      Linie ist/ so hat doch die Chur-Linie <note place="foot">vid. Paulini Annal.                          Isenac. p. 24. seqq.</note> so wohl die Pfaltz/ als auch das Vicariat.                      Sonst streiten die Publicisten sehr/ ob ein Kayser/ wenn er ausser Reichs                      gehen wolte/ oder müste/ vor sich einen Reichs-Vicarium setzen könte? Da denn                      zwar der Kayserl. Autorité zu nahe gegangen seyn würde/ wenn man ihm sothane                      Gewalt gantz und gar absprechen wolte; gleichwohl ist sehr merckwürdig/ daß /                      als Kayser Maximilianus I. bey Antretung seiner Italienischen Reise/ den                      Churfürsten zu Sachsen zum Reichs-Vicario machte/ er selben dieserhalben                      gewisse Reversalien geben müssen. <note place="foot">vid. Lunig. Reichs -                          Archiv. P. spec. 2.</note> Die güldene Bull/ hat die beyden Vicarien,                      Pfaltz und Sachsen/ um so mehr bekräftiget/ daher derjenigen ihr Vorgeben                      keinen Grund hat/ die da sagen/ als ob die Vicariate erst duch die güldene                      Bulle wären eingesetzet worden/ weil ja aus der Historie bekannt/ daß sie                      lange vor selbiger gewesen. Was aber die Gewalt der Reichs Vicarien betrift/ so                      könnnen sie eben das thun/ was ein Kayser im Reiche zu verrichten befugt /                          <note place="foot">vid. Rumel ad A. B. p. 98.</note> es sey dann/ daß die                      Reichs-Gesetze desfals eine Aenderung machten. Sothaner hohen Gewalt/ hat sich                      zwar ehmals der Pabst/ pro more, anmassen wollen/ doch es ist dergleichen                      irregulair verfahren von den Reiche/ und insonderheit von denen Churfürsten ihm                      nie verstattet worden/ wie denn auch noch letzthin in der Wahl-Capitulation,                          <note place="foot">Art. 3. §. Wollen auch.</note> dieserhalben satsame                      Vorsehung geschehen. Von der Pfaltz aber annoch zugedencken/ so haben einige                      dafür halten wollen/ <note place="foot">Scharschmied Syst. Jur. Publ.</note>                      als ob selbige nicht auf der Pfaltz-Stadt Alstedt/ sondern auf dem Städtlein                      Zörbig hafte/ und wäre die Meißnische/ Zerbigische/ von der Sächsischen /                      oder Aldstedtischen gantz unterschieden/ welches Vorgeben aber man aus der                      Historie bewiesen sehen
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[173/0216] Italiener halber/ öfters aus dem Reiche ziehen musten/ deren Abwesenheit aber gewisse Reichs-Verweser erforderte / als ist gantz nicht ungereimt zu behaupten/ daß aus dem Pfaltz-Amte nach und nach das Vicariat entstanden/ indem die Pfaltz-Grafen dafür gehalten/ daß / nebst Administration der Jnstitz, ihnen auch die Versorgung der Reichs-Geschäfte obliege/ ob es gleich an dem/ daß die Kayser vor diesem sich nicht allemahl an diese Vicarios gebunden/ sondern/ wenn sie aus dem Reiche gezogen/ solche nach ihrem Gefallen bestellet haben. Nachdem aber die Churfürsten feste gesetzet worden/ so ist glaublich/ daß ein Churfürst von Sachsen das Vicariat, nicht sowohl als Churfürst/ sondern vielmehr wegen des Ertz-Marschall-Amts exerciret / weil diese hohe charge vornehmlich die Kriegs-Angelegenheiten des Reichs betraff. Ob aber wohl die Sächsische haupt Pfaltz-Stadt Alstedt annoch bey der Ernestinischen Linie ist/ so hat doch die Chur-Linie so wohl die Pfaltz/ als auch das Vicariat. Sonst streiten die Publicisten sehr/ ob ein Kayser/ wenn er ausser Reichs gehen wolte/ oder müste/ vor sich einen Reichs-Vicarium setzen könte? Da denn zwar der Kayserl. Autorité zu nahe gegangen seyn würde/ wenn man ihm sothane Gewalt gantz und gar absprechen wolte; gleichwohl ist sehr merckwürdig/ daß / als Kayser Maximilianus I. bey Antretung seiner Italienischen Reise/ den Churfürsten zu Sachsen zum Reichs-Vicario machte/ er selben dieserhalben gewisse Reversalien geben müssen. Die güldene Bull/ hat die beyden Vicarien, Pfaltz und Sachsen/ um so mehr bekräftiget/ daher derjenigen ihr Vorgeben keinen Grund hat/ die da sagen/ als ob die Vicariate erst duch die güldene Bulle wären eingesetzet worden/ weil ja aus der Historie bekannt/ daß sie lange vor selbiger gewesen. Was aber die Gewalt der Reichs Vicarien betrift/ so könnnen sie eben das thun/ was ein Kayser im Reiche zu verrichten befugt / es sey dann/ daß die Reichs-Gesetze desfals eine Aenderung machten. Sothaner hohen Gewalt/ hat sich zwar ehmals der Pabst/ pro more, anmassen wollen/ doch es ist dergleichen irregulair verfahren von den Reiche/ und insonderheit von denen Churfürsten ihm nie verstattet worden/ wie denn auch noch letzthin in der Wahl-Capitulation, dieserhalben satsame Vorsehung geschehen. Von der Pfaltz aber annoch zugedencken/ so haben einige dafür halten wollen/ als ob selbige nicht auf der Pfaltz-Stadt Alstedt/ sondern auf dem Städtlein Zörbig hafte/ und wäre die Meißnische/ Zerbigische/ von der Sächsischen / oder Aldstedtischen gantz unterschieden/ welches Vorgeben aber man aus der Historie bewiesen sehen vid. Ludwig. Germ. Princ. l. 3. c. 4. vid. Paulini Annal. Isenac. p. 24. seqq. vid. Lunig. Reichs - Archiv. P. spec. 2. vid. Rumel ad A. B. p. 98. Art. 3. §. Wollen auch. Scharschmied Syst. Jur. Publ.

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Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/216>, abgerufen am 19.05.2024.