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Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Verdient's nicht? He, du selbst hast wurmstichigen Glauben, Mama! Nimm mir den Aberglauben nicht in Schutz; nimm mir keinen Unsinn in Schutz! Ich will, wenn ich sterbe, zehntausend Gulden Legat aussetzen, bloß zur Besoldung eines Lehrers an der Schule, der gesunde Vernunft lehren soll. Wer solche wahnsinnige Einbildungen von Gespenstern, Teufeln, Todtenerscheinungen und todten Gästen dulden kann, der kann auch dulden, daß die ganze Welt ein Tollhaus und jedes Land ein Sklavenloch werde, worin die eine Hälfte des Volks leibeigen frohnen, die andere mit Musketen und Kanonen die gehorchende im Zaum halten muß.

Aber, aber, Papa, wohin verirrst du dich?

Verflucht sei der Aberglaube! Aber, ich merke wohl, man will ihn. Nur zu, das ist den Engländern recht. Je dummer die Völker, je leichter saugen sie uns aus. Es wird nicht eher besser, bis einmal wieder ein Hans Bonaparte mit eiserner Ruthe kommt und Schule hält mit den Narren.

Indem Herr Bantes noch fortfuhr, in vollem Ernste so zu donnern, während er hastig die Stube auf und ab ging und von Zeit zu Zeit mitten im Laufe stehen blieb, trat leise der Buchhalter herein.

Es ist doch richtig, Herr Bantes.

Was ist richtig?

Er ist wirklich angelangt. Er logirt im schwarzen Kreuz.

Verdient's nicht? He, du selbst hast wurmstichigen Glauben, Mama! Nimm mir den Aberglauben nicht in Schutz; nimm mir keinen Unsinn in Schutz! Ich will, wenn ich sterbe, zehntausend Gulden Legat aussetzen, bloß zur Besoldung eines Lehrers an der Schule, der gesunde Vernunft lehren soll. Wer solche wahnsinnige Einbildungen von Gespenstern, Teufeln, Todtenerscheinungen und todten Gästen dulden kann, der kann auch dulden, daß die ganze Welt ein Tollhaus und jedes Land ein Sklavenloch werde, worin die eine Hälfte des Volks leibeigen frohnen, die andere mit Musketen und Kanonen die gehorchende im Zaum halten muß.

Aber, aber, Papa, wohin verirrst du dich?

Verflucht sei der Aberglaube! Aber, ich merke wohl, man will ihn. Nur zu, das ist den Engländern recht. Je dummer die Völker, je leichter saugen sie uns aus. Es wird nicht eher besser, bis einmal wieder ein Hans Bonaparte mit eiserner Ruthe kommt und Schule hält mit den Narren.

Indem Herr Bantes noch fortfuhr, in vollem Ernste so zu donnern, während er hastig die Stube auf und ab ging und von Zeit zu Zeit mitten im Laufe stehen blieb, trat leise der Buchhalter herein.

Es ist doch richtig, Herr Bantes.

Was ist richtig?

Er ist wirklich angelangt. Er logirt im schwarzen Kreuz.

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[0112] Verdient's nicht? He, du selbst hast wurmstichigen Glauben, Mama! Nimm mir den Aberglauben nicht in Schutz; nimm mir keinen Unsinn in Schutz! Ich will, wenn ich sterbe, zehntausend Gulden Legat aussetzen, bloß zur Besoldung eines Lehrers an der Schule, der gesunde Vernunft lehren soll. Wer solche wahnsinnige Einbildungen von Gespenstern, Teufeln, Todtenerscheinungen und todten Gästen dulden kann, der kann auch dulden, daß die ganze Welt ein Tollhaus und jedes Land ein Sklavenloch werde, worin die eine Hälfte des Volks leibeigen frohnen, die andere mit Musketen und Kanonen die gehorchende im Zaum halten muß. Aber, aber, Papa, wohin verirrst du dich? Verflucht sei der Aberglaube! Aber, ich merke wohl, man will ihn. Nur zu, das ist den Engländern recht. Je dummer die Völker, je leichter saugen sie uns aus. Es wird nicht eher besser, bis einmal wieder ein Hans Bonaparte mit eiserner Ruthe kommt und Schule hält mit den Narren. Indem Herr Bantes noch fortfuhr, in vollem Ernste so zu donnern, während er hastig die Stube auf und ab ging und von Zeit zu Zeit mitten im Laufe stehen blieb, trat leise der Buchhalter herein. Es ist doch richtig, Herr Bantes. Was ist richtig? Er ist wirklich angelangt. Er logirt im schwarzen Kreuz.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/112>, abgerufen am 29.04.2024.