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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Fünffte Buch/
[Spaltenumbruch] geläugnet/ nunmehr auff allen gassen/ lei-
der! zu sehen. Aber laßt uns abusum ab
usu
sönderen/ und bekennen/ daß Tabac-
schmauchen kein Moralische Action ist/ die
an sich selbst gut oder böse seyn könne. Viel
weniger/ alß Wein-trincken/ denn Wein-
trincken ist ein Müssiggang/ und kan an-
derst/ alß bey feyrender Arbeit nicht gesche-
hen. Vina parant afinos, faciuntque furori-
bus apros.
Der Wein/ wenn er auff fähi-
gen Zunder fället/ alarmiert. Dagegen ist
der Tabac ein gantz unschuldiges Kraut/ auff
dessen Glut unreine Mücken nicht bald zu si-
tzen kommen: Jch glaube der alte Hierony-
mus,
der sich zu entgifften so manche selbst-
marter ersonnen/ hätte nicht wenig darauff
gehalten. Würde deßwegen mancher nicht
das unrechtere thun/ wenn er an statt des
Tabacs das übrige Wein-trincken/ fressen
allerhand hitziger Gewürtzen/ Roman-lesen/
Dantzen/ und anders missen wurde. Auch
hindert das Tabac-schmauchen keine/ auch
wichtigste Geschäffte/ wenn es nicht diesel-
bige gar förderet. Wer mit einem feuchten
Haupt und Hirn behafft lebet/ wird keine bes-
sere Gedächtnuß-stärckung antreffen/ alß ein
mäßiges Tabac-schmauchen/ wie ich selbst
handgreifflich erfahren. So vertreibet auch
der Tabac die Schlaff-sucht/ und under-
hält die Geister in fertiger Bewegung. Er
ist ein beförderer des stillschweigens/ welches
zu allen verrichtungen die gröste Bequem-
lichkeit; weil man da (nach Socratis redens-
art) lehret eine glüende Kohlen im Mund
halten/ so lehrnt man auch Heimlichkeiten
verschweigen. Stob. p. m. 50. Darumb wün-
schet jener/ daß bey wichtigen zusammen-
sprachungen Tabac möchte geraucht wer-
den/ damit einer oder andrer sich weil ma-
chen könte den vorgebrachten sachen nach-
zudencken/ und von überflüssigem plaude-
ren abgehalten wurde. Worp. Pan. cap. 10.
v.
9. Und wil uns eben diser Author bereden/
daß der Tabac wunderthätige Krafft habe
den Geist selbst zu schärffen/ fertige und sin-
reiche Einfälle zuhegen/ zu sonderem nutzen
aller Studierenden/ worüber die jenige keine
verächtliche Lache auffschlagen werden/
welche considerieren/ daß zu den operationen
des Gemüths in dem Hirn/ die Leibes-Stru-
ctur
und Rechtmässigung des Geblüts mäch-
tig viel/ wo nicht das meiste beytrage/ und
hiemit was zu diesem dienlich/ jenem keine
schlechte Dienst erweisen könne. Jch hatte
vor diesem etwann schertzweiß philosophieret/
daß sich die vorhandne Ideae in dem blauen
Tabac-wölcklein/ welches in das Gehirn stei-
get/ erspieglen/ sichtbar/ und gegenwär-
tig werden/ ja sich reverberieren und verviel-
fältigen/ wie der Regenbogen in den under-
schiedlichen stellungen der Wolcken. Das
ist so gar nicht zu läugnen/ daß die erlege-
ne Sinne dadurch hurtiger werden/ wie ein
träges Pferd under dem man ein Feur an-
zündet. Jch lasse mir von einem der aller
herrlichsten Theologen dieses Seculi erzehlen/
daß er alle seine Schrifften/ die bey den Ge-
lehrten in mächtigem werth sind/ bey diesem
räuchlein abgefaßt/ dem er mit den Augen
nachsteigend/ seine Einfälle empfangen.
Und was sol ich sagen/ wie mancher me-
[Spaltenumbruch] lancholischer Grill/ der an Gemüth und
Leib überlästig ist/ flieget nicht mit dem Ta-
bac-rauch in die Lufft? Man sagt mir von
den Froschen in dem Nil-fluß/ daß sie ein
Rohr überzwerch in das Maul nehmen/
und damit verhinderen/ daß sie von Croco-
dilen nicht können verschlungen werden/ AE-
lianus, nei fallor, Author est.
Also komt/
glaube ich/ under irrdischen mittlen/ die
Pfeiffe in dem Maul manchem wol zu stat-
ten/ daß er nicht vom Grißgrammen/ und
Schwermütigkeit gar verschlungen wird.
Jch selbst habe etwas davon handgreifflich
erfahren. Der Ursach steht ein andermahl
nachzudencken. Jm übrigen/ wenn auch
die gröste Hässer des Tabac-schmauchens
gleichwol gestehen/ daß er eins von den al-
lerheilsamsten und wunderthätigsten Kräu-
teren/ so uns die grosse Apotheck des Höch-
sten darreichet/ so möchte ich sie gern fra-
gen/ welches Kraut oder Artzney sich dem
Menschen so vortrefflich appliciert/ alß der
Tabac? da nicht das materialische Kraut
selbst mit samt seinen faecibus, auch nicht der
Rauch/ sonder allein die reinste und defae-
ci
erteste Geisterlein/ das Haupt durchrei-
sen: und dessen inn- und äusserliche poros be-
nöthigter weiß eröffnen? worauß leichtlich
zu schliessen/ wie wenig er/ so gebraucht/
schaden könne? Sind demnach einige die mit
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wol darauß machen wollen/ so laß ich ihnen
ihren Wahn/ und dancke Gott/ daß ich es
besser weiß/ und erfahren habe. Mir be-
haget zu zeiten eine Pfeiffe anzustecken/
und befinde mich in dieser Einsamkeit/ son-
derlich bey sothanen langweiligen Winter-
nächten/ die vielleicht ein anderer mit Glä-
ser-stürtzen und Spielen etc. abkürtzet/ wol
dabey.

Dum mea contorquet nocturno stamina fuso
Uxor, & haud fesso pollice fila vocat:
Cantillo interdum & nigrantem exugo Ta-
baccum,
Lassus quippe libris, non satiatus eis.
Multa super Priamo narrat, super Hectore
multa,
Non responsurum garrula multa rogat.
Hanc ego dum vitam contemplor, saepe vi-
detur
Cum Junone mihi Juppiter esse sua!

So hab ich ohnlängst einen guten Freund
berichtet. Aber zur Sach zu kommen/ muß
eins und anders bey dem Tabac-schmau-
chen in acht genommen werden/ dessen ei-
nige underlassung vielleicht alles Unheil an-
richtet. Alß da ist der MODUS IN RE-
BUS: Peintema
erlaubet täglich zwantzig
Tabac-pfeiffen/ aber mich duncket auch der
dritte theil zu viel seyn. Beneben sind die
Lüffte und Zeiten/ item Wohn- orte/ Spei-
sen/ Complexionen/ Kräfften/ Zufälligkei-
ten/ etc. ohngleich/ nach welchen allen sich
underschiedlich zu richten ist. Das Wein-
oder Bier-sauffen bey dem Tabac halte vor
höchst-schädlich/ und ob wol der Gebrauch
der Choccolate, Coffe, The und anderer trän-
ckern zuträglicher ist/ so finde doch das beste
seyn/ daß man gar nicht/ oder wenig dazu
trincke/ dagegen sich gewehne/ die Salivam
durch stetes außspeyen nicht allzusehr auß-

zuläh-

Das Fuͤnffte Buch/
[Spaltenumbruch] gelaͤugnet/ nunmehr auff allen gaſſen/ lei-
der! zu ſehen. Aber laßt uns abuſum ab
uſu
ſoͤnderen/ und bekennen/ daß Tabac-
ſchmauchen kein Moraliſche Action iſt/ die
an ſich ſelbſt gut oder boͤſe ſeyn koͤnne. Viel
weniger/ alß Wein-trincken/ denn Wein-
trincken iſt ein Muͤſſiggang/ und kan an-
derſt/ alß bey feyrender Arbeit nicht geſche-
hen. Vina parant afinos, faciuntq́ue furori-
bus apros.
Der Wein/ wenn er auff faͤhi-
gen Zunder faͤllet/ alarmiert. Dagegen iſt
der Tabac ein gantz unſchuldiges Kraut/ auff
deſſen Glut unreine Muͤcken nicht bald zu ſi-
tzen kommen: Jch glaube der alte Hierony-
mus,
der ſich zu entgifften ſo manche ſelbſt-
marter erſonnen/ haͤtte nicht wenig darauff
gehalten. Wuͤrde deßwegen mancher nicht
das unrechtere thun/ wenn er an ſtatt des
Tabacs das uͤbrige Wein-trincken/ freſſen
allerhand hitziger Gewuͤrtzen/ Roman-leſen/
Dantzen/ und anders miſſen wurde. Auch
hindert das Tabac-ſchmauchen keine/ auch
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bige gar foͤrderet. Wer mit einem feuchten
Haupt und Hirn behafft lebet/ wird keine beſ-
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handgreifflich erfahren. So vertreibet auch
der Tabac die Schlaff-ſucht/ und under-
haͤlt die Geiſter in fertiger Bewegung. Er
iſt ein befoͤrderer des ſtillſchweigens/ welches
zu allen verꝛichtungen die groͤſte Bequem-
lichkeit; weil man da (nach Socratis redens-
art) lehret eine gluͤende Kohlen im Mund
halten/ ſo lehrnt man auch Heimlichkeiten
verſchweigen. Stob. p. m. 50. Darumb wuͤn-
ſchet jener/ daß bey wichtigen zuſammen-
ſprachungen Tabac moͤchte geraucht wer-
den/ damit einer oder andrer ſich weil ma-
chen koͤnte den vorgebrachten ſachen nach-
zudencken/ und von uͤberfluͤſſigem plaude-
ren abgehalten wurde. Worp. Pan. cap. 10.
v.
9. Und wil uns eben diſer Author bereden/
daß der Tabac wunderthaͤtige Krafft habe
den Geiſt ſelbſt zu ſchaͤrffen/ fertige und ſin-
reiche Einfaͤlle zuhegen/ zu ſonderem nutzen
aller Studierenden/ woruͤber die jenige keine
veraͤchtliche Lache auffſchlagen werden/
welche conſiderieren/ daß zu den operationen
des Gemuͤths in dem Hirn/ die Leibes-Stru-
ctur
und Rechtmaͤſſigung des Gebluͤts maͤch-
tig viel/ wo nicht das meiſte beytrage/ und
hiemit was zu dieſem dienlich/ jenem keine
ſchlechte Dienſt erweiſen koͤnne. Jch hatte
vor dieſem etwann ſchertzweiß philoſophieret/
daß ſich die vorhandne Ideæ in dem blauen
Tabac-woͤlcklein/ welches in das Gehirn ſtei-
get/ erſpieglen/ ſichtbar/ und gegenwaͤr-
tig werden/ ja ſich reverberieren und verviel-
faͤltigen/ wie der Regenbogen in den under-
ſchiedlichen ſtellungen der Wolcken. Das
iſt ſo gar nicht zu laͤugnen/ daß die erlege-
ne Sinne dadurch hurtiger werden/ wie ein
traͤges Pferd under dem man ein Feur an-
zuͤndet. Jch laſſe mir von einem der aller
herꝛlichſten Theologen dieſes Seculi erzehlen/
daß er alle ſeine Schrifften/ die bey den Ge-
lehrten in maͤchtigem werth ſind/ bey dieſem
raͤuchlein abgefaßt/ dem er mit den Augen
nachſteigend/ ſeine Einfaͤlle empfangen.
Und was ſol ich ſagen/ wie mancher me-
[Spaltenumbruch] lancholiſcher Grill/ der an Gemuͤth und
Leib uͤberlaͤſtig iſt/ flieget nicht mit dem Ta-
bac-rauch in die Lufft? Man ſagt mir von
den Froſchen in dem Nil-fluß/ daß ſie ein
Rohr uͤberzwerch in das Maul nehmen/
und damit verhinderen/ daß ſie von Croco-
dilen nicht koͤnnen verſchlungen werden/ Æ-
lianus, nî fallor, Author eſt.
Alſo komt/
glaube ich/ under irꝛdiſchen mittlen/ die
Pfeiffe in dem Maul manchem wol zu ſtat-
ten/ daß er nicht vom Grißgrammen/ und
Schwermuͤtigkeit gar verſchlungen wird.
Jch ſelbſt habe etwas davon handgreifflich
erfahren. Der Urſach ſteht ein andermahl
nachzudencken. Jm uͤbrigen/ wenn auch
die groͤſte Haͤſſer des Tabac-ſchmauchens
gleichwol geſtehen/ daß er eins von den al-
lerheilſamſten und wunderthaͤtigſten Kraͤu-
teren/ ſo uns die groſſe Apotheck des Hoͤch-
ſten darꝛeichet/ ſo moͤchte ich ſie gern fra-
gen/ welches Kraut oder Artzney ſich dem
Menſchen ſo vortrefflich appliciert/ alß der
Tabac? da nicht das materialiſche Kraut
ſelbſt mit ſamt ſeinen fæcibus, auch nicht der
Rauch/ ſonder allein die reinſte und defæ-
ci
erteſte Geiſterlein/ das Haupt durchrei-
ſen: und deſſen inn- und aͤuſſerliche poros be-
noͤthigter weiß eroͤffnen? worauß leichtlich
zu ſchlieſſen/ wie wenig er/ ſo gebraucht/
ſchaden koͤnne? Sind demnach einige die mit
Gewalt ein Arſenicum oder Opium gleich-
wol darauß machen wollen/ ſo laß ich ihnen
ihren Wahn/ und dancke Gott/ daß ich es
beſſer weiß/ und erfahren habe. Mir be-
haget zu zeiten eine Pfeiffe anzuſtecken/
und befinde mich in dieſer Einſamkeit/ ſon-
derlich bey ſothanen langweiligen Winter-
naͤchten/ die vielleicht ein anderer mit Glaͤ-
ſer-ſtuͤrtzen und Spielen ꝛc. abkuͤrtzet/ wol
dabey.

Dum mea contorquet nocturno ſtamina fuſo
Uxor, & haud feſſo pollice fila vocat:
Cantillo interdum & nigrantem exugo Ta-
baccum,
Laſſus quippe libris, non ſatiatus eis.
Multa ſuper Priamo narrat, ſuper Hectore
multa,
Non reſponſurum garrula multa rogat.
Hanc ego dum vitam contemplor, ſæpe vi-
detur
Cum Junone mihi Juppiter eſſe ſua!

So hab ich ohnlaͤngſt einen guten Freund
berichtet. Aber zur Sach zu kommen/ muß
eins und anders bey dem Tabac-ſchmau-
chen in acht genommen werden/ deſſen ei-
nige underlaſſung vielleicht alles Unheil an-
richtet. Alß da iſt der MODUS IN RE-
BUS: Peintema
erlaubet taͤglich zwantzig
Tabac-pfeiffen/ aber mich duncket auch der
dritte theil zu viel ſeyn. Beneben ſind die
Luͤffte und Zeiten/ item Wohn- orte/ Spei-
ſen/ Complexionen/ Kraͤfften/ Zufaͤlligkei-
ten/ ꝛc. ohngleich/ nach welchen allen ſich
underſchiedlich zu richten iſt. Das Wein-
oder Bier-ſauffen bey dem Tabac halte vor
hoͤchſt-ſchaͤdlich/ und ob wol der Gebrauch
der Choccolate, Coffé, Thé und anderer traͤn-
ckern zutraͤglicher iſt/ ſo finde doch das beſte
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[994/1010] Das Fuͤnffte Buch/ gelaͤugnet/ nunmehr auff allen gaſſen/ lei- der! zu ſehen. Aber laßt uns abuſum ab uſu ſoͤnderen/ und bekennen/ daß Tabac- ſchmauchen kein Moraliſche Action iſt/ die an ſich ſelbſt gut oder boͤſe ſeyn koͤnne. Viel weniger/ alß Wein-trincken/ denn Wein- trincken iſt ein Muͤſſiggang/ und kan an- derſt/ alß bey feyrender Arbeit nicht geſche- hen. Vina parant afinos, faciuntq́ue furori- bus apros. Der Wein/ wenn er auff faͤhi- gen Zunder faͤllet/ alarmiert. Dagegen iſt der Tabac ein gantz unſchuldiges Kraut/ auff deſſen Glut unreine Muͤcken nicht bald zu ſi- tzen kommen: Jch glaube der alte Hierony- mus, der ſich zu entgifften ſo manche ſelbſt- marter erſonnen/ haͤtte nicht wenig darauff gehalten. Wuͤrde deßwegen mancher nicht das unrechtere thun/ wenn er an ſtatt des Tabacs das uͤbrige Wein-trincken/ freſſen allerhand hitziger Gewuͤrtzen/ Roman-leſen/ Dantzen/ und anders miſſen wurde. Auch hindert das Tabac-ſchmauchen keine/ auch wichtigſte Geſchaͤffte/ wenn es nicht dieſel- bige gar foͤrderet. Wer mit einem feuchten Haupt und Hirn behafft lebet/ wird keine beſ- ſere Gedaͤchtnuß-ſtaͤrckung antreffen/ alß ein maͤßiges Tabac-ſchmauchen/ wie ich ſelbſt handgreifflich erfahren. So vertreibet auch der Tabac die Schlaff-ſucht/ und under- haͤlt die Geiſter in fertiger Bewegung. Er iſt ein befoͤrderer des ſtillſchweigens/ welches zu allen verꝛichtungen die groͤſte Bequem- lichkeit; weil man da (nach Socratis redens- art) lehret eine gluͤende Kohlen im Mund halten/ ſo lehrnt man auch Heimlichkeiten verſchweigen. Stob. p. m. 50. Darumb wuͤn- ſchet jener/ daß bey wichtigen zuſammen- ſprachungen Tabac moͤchte geraucht wer- den/ damit einer oder andrer ſich weil ma- chen koͤnte den vorgebrachten ſachen nach- zudencken/ und von uͤberfluͤſſigem plaude- ren abgehalten wurde. Worp. Pan. cap. 10. v. 9. Und wil uns eben diſer Author bereden/ daß der Tabac wunderthaͤtige Krafft habe den Geiſt ſelbſt zu ſchaͤrffen/ fertige und ſin- reiche Einfaͤlle zuhegen/ zu ſonderem nutzen aller Studierenden/ woruͤber die jenige keine veraͤchtliche Lache auffſchlagen werden/ welche conſiderieren/ daß zu den operationen des Gemuͤths in dem Hirn/ die Leibes-Stru- ctur und Rechtmaͤſſigung des Gebluͤts maͤch- tig viel/ wo nicht das meiſte beytrage/ und hiemit was zu dieſem dienlich/ jenem keine ſchlechte Dienſt erweiſen koͤnne. Jch hatte vor dieſem etwann ſchertzweiß philoſophieret/ daß ſich die vorhandne Ideæ in dem blauen Tabac-woͤlcklein/ welches in das Gehirn ſtei- get/ erſpieglen/ ſichtbar/ und gegenwaͤr- tig werden/ ja ſich reverberieren und verviel- faͤltigen/ wie der Regenbogen in den under- ſchiedlichen ſtellungen der Wolcken. Das iſt ſo gar nicht zu laͤugnen/ daß die erlege- ne Sinne dadurch hurtiger werden/ wie ein traͤges Pferd under dem man ein Feur an- zuͤndet. Jch laſſe mir von einem der aller herꝛlichſten Theologen dieſes Seculi erzehlen/ daß er alle ſeine Schrifften/ die bey den Ge- lehrten in maͤchtigem werth ſind/ bey dieſem raͤuchlein abgefaßt/ dem er mit den Augen nachſteigend/ ſeine Einfaͤlle empfangen. Und was ſol ich ſagen/ wie mancher me- lancholiſcher Grill/ der an Gemuͤth und Leib uͤberlaͤſtig iſt/ flieget nicht mit dem Ta- bac-rauch in die Lufft? Man ſagt mir von den Froſchen in dem Nil-fluß/ daß ſie ein Rohr uͤberzwerch in das Maul nehmen/ und damit verhinderen/ daß ſie von Croco- dilen nicht koͤnnen verſchlungen werden/ Æ- lianus, nî fallor, Author eſt. Alſo komt/ glaube ich/ under irꝛdiſchen mittlen/ die Pfeiffe in dem Maul manchem wol zu ſtat- ten/ daß er nicht vom Grißgrammen/ und Schwermuͤtigkeit gar verſchlungen wird. Jch ſelbſt habe etwas davon handgreifflich erfahren. Der Urſach ſteht ein andermahl nachzudencken. Jm uͤbrigen/ wenn auch die groͤſte Haͤſſer des Tabac-ſchmauchens gleichwol geſtehen/ daß er eins von den al- lerheilſamſten und wunderthaͤtigſten Kraͤu- teren/ ſo uns die groſſe Apotheck des Hoͤch- ſten darꝛeichet/ ſo moͤchte ich ſie gern fra- gen/ welches Kraut oder Artzney ſich dem Menſchen ſo vortrefflich appliciert/ alß der Tabac? da nicht das materialiſche Kraut ſelbſt mit ſamt ſeinen fæcibus, auch nicht der Rauch/ ſonder allein die reinſte und defæ- cierteſte Geiſterlein/ das Haupt durchrei- ſen: und deſſen inn- und aͤuſſerliche poros be- noͤthigter weiß eroͤffnen? worauß leichtlich zu ſchlieſſen/ wie wenig er/ ſo gebraucht/ ſchaden koͤnne? Sind demnach einige die mit Gewalt ein Arſenicum oder Opium gleich- wol darauß machen wollen/ ſo laß ich ihnen ihren Wahn/ und dancke Gott/ daß ich es beſſer weiß/ und erfahren habe. Mir be- haget zu zeiten eine Pfeiffe anzuſtecken/ und befinde mich in dieſer Einſamkeit/ ſon- derlich bey ſothanen langweiligen Winter- naͤchten/ die vielleicht ein anderer mit Glaͤ- ſer-ſtuͤrtzen und Spielen ꝛc. abkuͤrtzet/ wol dabey. Dum mea contorquet nocturno ſtamina fuſo Uxor, & haud feſſo pollice fila vocat: Cantillo interdum & nigrantem exugo Ta- baccum, Laſſus quippe libris, non ſatiatus eis. Multa ſuper Priamo narrat, ſuper Hectore multa, Non reſponſurum garrula multa rogat. Hanc ego dum vitam contemplor, ſæpe vi- detur Cum Junone mihi Juppiter eſſe ſua! So hab ich ohnlaͤngſt einen guten Freund berichtet. Aber zur Sach zu kommen/ muß eins und anders bey dem Tabac-ſchmau- chen in acht genommen werden/ deſſen ei- nige underlaſſung vielleicht alles Unheil an- richtet. Alß da iſt der MODUS IN RE- BUS: Peintema erlaubet taͤglich zwantzig Tabac-pfeiffen/ aber mich duncket auch der dritte theil zu viel ſeyn. Beneben ſind die Luͤffte und Zeiten/ item Wohn- orte/ Spei- ſen/ Complexionen/ Kraͤfften/ Zufaͤlligkei- ten/ ꝛc. ohngleich/ nach welchen allen ſich underſchiedlich zu richten iſt. Das Wein- oder Bier-ſauffen bey dem Tabac halte vor hoͤchſt-ſchaͤdlich/ und ob wol der Gebrauch der Choccolate, Coffé, Thé und anderer traͤn- ckern zutraͤglicher iſt/ ſo finde doch das beſte ſeyn/ daß man gar nicht/ oder wenig dazu trincke/ dagegen ſich gewehne/ die Salivam durch ſtetes außſpeyen nicht allzuſehr auß- zulaͤh-

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 994. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/1010>, abgerufen am 22.11.2024.