Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den Baum- und Staud-Gewächsen.
[Spaltenumbruch] [Abbildung] A. Ein Zweiglein mit alten und ne-
wen
blättern/ und auch die schüplein da die newen
schoß herauß wachsen sollen. B. Gelblichte
Blüt. C. Ein junger Thanzapff. D. Ein voll-
kommener Thanzapff. E. Ein inwendiger st. el
des Thanzapffens/ wenn die schüpe davon ge-
nommen werden. F. Schüpenzünglein/
Kern und Samen.

nenbäumen/ sind dennoch auch kürtzer und
schmäler/ als der Fichtenbäumen.

Die Thanäpffel/ oder Thanzapffen
heissen Lateinisch/ Coni, Strobili. Frantzö-
sisch/ Pomme de Sapin. Englisch/ Für-Ap-
pels. Niderländisch/ Dennen-Appelen.

Gestalt und Geschlecht.

Rothe und weisse Thannen wachsen auff
den Gebürgen/ und sind einander zimlich
ähnlich/ so daß sie auch von den Holtzha-
wern offt nicht wohl underscheiden werden/
denn sie beyde von mercklicher höhe sind/
und einer grösse/ auch einerley blätter ha-
ben. Die sind länglicht/ hart und dick/ in
gestalt deß Roßmarins: die äste stehen creutz-
weiß gesetzt: doch ist nachfolgender under-
scheid zwischen der rothen und weissen
Thannen.

Die rothe hat viel grüner/ breiter/ wei-
cher und glätter Laub/ das sticht nicht also/
und ist auff dem rucken nicht so weiß/ bringt
ein schwartzlichte zähe Rinden/ die läßt sich
biegen wie ein riemen. Die äste neigen sich
gemeiniglich gegen der Erden/ das holtz ist
viel schöner und nutzlicher/ denn es hat nicht
so viel knöden. Seine zapffen sind rund/
und einer spannen lang/ hangen von den
äussersten ästlein nidsich werts/ sind meist
auß schüpen componiert, welche in der mitte
breit/ bey dem ursprung/ da sie an dem in-
wendigen kaum hangen/ schmal und vornen
auff außgespitzt: inwendig haben sie zwey
[Spaltenumbruch] kleine braunschwartze/ mit einem wolriechen-
den scharffen öl angefüllte Kernen oder Sa-
men. Die frisch von d[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]m Baum gehobene
zapffen stecken voll hartz/ und riechen sehr
wol; sie werden aber erst in dem Herbstmo-
nat reiff.

Jn der weissen Thannen sind die blätter
auff der einen seiten aschenfarb/ die Rinde
am stamm zärter und weisser/ und so man
sie biegt/ bricht sie bald.

Sonsten steigt dieser Baum eben wie der
vorige mit einem geraden Stamme auff/
und werden beyde höher als der Fichten-
baum: der weisse hat auch eine gleiche dicke/
ohne knorren/ biß an die äste hinauff/ und
wird dieser undere theil dieses Baums biß
an die äste von Plinio lib. 16. cap. 33. und Vi-
truvio lib. 2. c. 21. Sapinus,
der obere ästichte
theil aber Fusterna genennet/ daß hiemit Bel-
lonius
und andere irren/ wenn sie auß dem
Sapino ein sonderbares Geschlecht dieses
Baums machen wollen. Umb den Stam-
men herumb wachsen bald vier/ bald fünff/
bald sechs oder mehr äste/ und das biß zu
dem gipffel hinauff: und zwar stoßt der
Baum alle Ja[h]r frische reihen äste auß/ daß
man bey nahem darauß von dem Alter des-
selben urtheilen kan. Diese äste bringen ihre
ruthen und sprößlein kreutzweiß herfür. Die
übersich sehende zapffen/ Strobili, sind viel
kleiner als an dem roten Thannenbaum/ ha-
ben einen weißlichten Samen under den
schüpen/ so mit einem fetten scharffen safft
angefüllet sind. Die blätter sind nicht spi-
tzig und stechend/ hangen an den sprößlein/
wie die zähn in dem kamm; und sind zu aus-
serst in zwey gantz subtile theil/ wie eine ga-
bel/ getrennet: vergleichen sich sonsten mit
den blättern deß Eibenbaums/ das holtz ist
weiß/ glat und weich.

Beyde Bäume wachsen in den Schwei-
tzerischen/ Schwäbischen und anderen Ge-
bürgen/ so wol Teutschlands/ als anderer
Länderen Europae, häuffig. Grünen stäts/
stossen aber im Meyen/ wenn die newen
blätter herfürtrucken/ die alten hinweg.
Sie geben auch viel hartz von sich/ welches
an etlichen Bäumen von selbsten herauß
quillet/ und an denselben grosse bäulen/ so
man Thannen-blatteren nennet/ auffwirffet/
welche voll klares lauteren hartzes stecken/ so
sich dem Terbenthin vergleicht/ und von
den Weidleuthen gesamlet wird/ zu heilung
allerhand Wunden und Schäden; das/ so
auß dem weissen Thannen schwitzt/ riecht
lieblich/ ist lauter fast wie Weyrauch/ und
wird ins gem ein weiß hartz genennet. Son-
sten pfleget man das hartz auf folgende wei-
se zu samlen.

Jn dem abnehmenden Mond deß Mo-
nats Mey/ schneiden die Bauren an dem
Stammen dieser Bäumen/ so hoch sie mit
der Axt langen können/ die Rinden zwey
biß drey Finger breit ein/ und reissen also biß
zwey schuhe hoch von der Erden/ die Rin-
den in bemelter breite herunder/ lassen her-
nacher einer hand breit Rinden stehn/ schnei-
den demnach wider ein paar fingers breit
ein/ und reissen den Riemen biß unden her-
ab; und fahren also biß rings umb den
Baum herumm fort. Nach verfliessung zweyer

oder
X

Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen.
[Spaltenumbruch] [Abbildung] A. Ein Zweiglein mit alten und ne-
wen
blaͤttern/ und auch die ſchuͤplein da die newen
ſchoß herauß wachſen ſollen. B. Gelblichte
Bluͤt. C. Ein junger Thanzapff. D. Ein voll-
kommener Thanzapff. E. Ein inwendiger ſt. el
des Thanzapffens/ wenn die ſchuͤpe davon ge-
nom̃en werden. F. Schuͤpenzuͤnglein/
Kern und Samen.

nenbaͤumen/ ſind dennoch auch kuͤrtzer und
ſchmaͤler/ als der Fichtenbaͤumen.

Die Thanaͤpffel/ oder Thanzapffen
heiſſen Lateiniſch/ Coni, Strobili. Frantzoͤ-
ſiſch/ Pomme de Sapin. Engliſch/ Fuͤr-Ap-
pels. Niderlaͤndiſch/ Dennen-Appelen.

Geſtalt und Geſchlecht.

Rothe und weiſſe Thannen wachſen auff
den Gebuͤrgen/ und ſind einander zimlich
aͤhnlich/ ſo daß ſie auch von den Holtzha-
wern offt nicht wohl underſcheiden werden/
denn ſie beyde von mercklicher hoͤhe ſind/
und einer groͤſſe/ auch einerley blaͤtter ha-
ben. Die ſind laͤnglicht/ hart und dick/ in
geſtalt deß Roßmarins: die aͤſte ſtehen creutz-
weiß geſetzt: doch iſt nachfolgender under-
ſcheid zwiſchen der rothen und weiſſen
Thannen.

Die rothe hat viel gruͤner/ breiter/ wei-
cher und glaͤtter Laub/ das ſticht nicht alſo/
und iſt auff dem rucken nicht ſo weiß/ bringt
ein ſchwartzlichte zaͤhe Rinden/ die laͤßt ſich
biegen wie ein riemen. Die aͤſte neigen ſich
gemeiniglich gegen der Erden/ das holtz iſt
viel ſchoͤner und nutzlicher/ denn es hat nicht
ſo viel knoͤden. Seine zapffen ſind rund/
und einer ſpannen lang/ hangen von den
aͤuſſerſten aͤſtlein nidſich werts/ ſind meiſt
auß ſchuͤpen componiert, welche in der mitte
breit/ bey dem urſprung/ da ſie an dem in-
wendigen kaum hangen/ ſchmal und vornen
auff außgeſpitzt: inwendig haben ſie zwey
[Spaltenumbruch] kleine braunſchwartze/ mit einem wolriechen-
den ſcharffen oͤl angefuͤllte Kernen oder Sa-
men. Die friſch von d[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]m Baum gehobene
zapffen ſtecken voll hartz/ und riechen ſehr
wol; ſie werden aber erſt in dem Herbſtmo-
nat reiff.

Jn der weiſſen Thannen ſind die blaͤtter
auff der einen ſeiten aſchenfarb/ die Rinde
am ſtamm zaͤrter und weiſſer/ und ſo man
ſie biegt/ bricht ſie bald.

Sonſten ſteigt dieſer Baum eben wie der
vorige mit einem geraden Stamme auff/
und werden beyde hoͤher als der Fichten-
baum: der weiſſe hat auch eine gleiche dicke/
ohne knorꝛen/ biß an die aͤſte hinauff/ und
wird dieſer undere theil dieſes Baums biß
an die aͤſte von Plinio lib. 16. cap. 33. und Vi-
truvio lib. 2. c. 21. Sapinus,
der obere aͤſtichte
theil aber Fuſterna genennet/ daß hiemit Bel-
lonius
und andere irꝛen/ wenn ſie auß dem
Sapino ein ſonderbares Geſchlecht dieſes
Baums machen wollen. Umb den Stam-
men herumb wachſen bald vier/ bald fuͤnff/
bald ſechs oder mehr aͤſte/ und das biß zu
dem gipffel hinauff: und zwar ſtoßt der
Baum alle Ja[h]r friſche reihen aͤſte auß/ daß
man bey nahem darauß von dem Alter deſ-
ſelben urtheilen kan. Dieſe aͤſte bringen ihre
ruthen und ſproͤßlein kreutzweiß herfuͤr. Die
uͤberſich ſehende zapffen/ Strobili, ſind viel
kleiner als an dem roten Thannenbaum/ ha-
ben einen weißlichten Samen under den
ſchuͤpen/ ſo mit einem fetten ſcharffen ſafft
angefuͤllet ſind. Die blaͤtter ſind nicht ſpi-
tzig und ſtechend/ hangen an den ſproͤßlein/
wie die zaͤhn in dem kam̃; und ſind zu auſ-
ſerſt in zwey gantz ſubtile theil/ wie eine ga-
bel/ getrennet: vergleichen ſich ſonſten mit
den blaͤttern deß Eibenbaums/ das holtz iſt
weiß/ glat und weich.

Beyde Baͤume wachſen in den Schwei-
tzeriſchen/ Schwaͤbiſchen und anderen Ge-
buͤrgen/ ſo wol Teutſchlands/ als anderer
Laͤnderen Europæ, haͤuffig. Gruͤnen ſtaͤts/
ſtoſſen aber im Meyen/ wenn die newen
blaͤtter herfuͤrtrucken/ die alten hinweg.
Sie geben auch viel hartz von ſich/ welches
an etlichen Baͤumen von ſelbſten herauß
quillet/ und an denſelben groſſe baͤulen/ ſo
man Thannen-blatteren nennet/ auffwirffet/
welche voll klares lauteren hartzes ſtecken/ ſo
ſich dem Terbenthin vergleicht/ und von
den Weidleuthen geſamlet wird/ zu heilung
allerhand Wunden und Schaͤden; das/ ſo
auß dem weiſſen Thannen ſchwitzt/ riecht
lieblich/ iſt lauter faſt wie Weyrauch/ und
wird ins gem ein weiß hartz genennet. Son-
ſten pfleget man das hartz auf folgende wei-
ſe zu ſamlen.

Jn dem abnehmenden Mond deß Mo-
nats Mey/ ſchneiden die Bauren an dem
Stammen dieſer Baͤumen/ ſo hoch ſie mit
der Axt langen koͤnnen/ die Rinden zwey
biß drey Finger breit ein/ und reiſſen alſo biß
zwey ſchuhe hoch von der Erden/ die Rin-
den in bemelter breite herunder/ laſſen her-
nacher einer hand breit Rinden ſtehn/ ſchnei-
den demnach wider ein paar fingers breit
ein/ und reiſſen den Riemen biß unden her-
ab; und fahren alſo biß rings umb den
Baum herum̃ fort. Nach verflieſſung zweyer

oder
X
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0177" n="161"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den Baum- und Staud-Gewa&#x0364;ch&#x017F;en.</hi></fw><lb/><cb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">A.</hi><hi rendition="#fr">Ein Zweiglein mit alten und ne-<lb/>
wen</hi> bla&#x0364;ttern/ und auch die &#x017F;chu&#x0364;plein da die newen<lb/>
&#x017F;choß herauß wach&#x017F;en &#x017F;ollen. <hi rendition="#aq">B.</hi> Gelblichte<lb/>
Blu&#x0364;t. <hi rendition="#aq">C.</hi> Ein junger Thanzapff. <hi rendition="#aq">D.</hi> Ein voll-<lb/>
kommener Thanzapff. <hi rendition="#aq">E.</hi> Ein inwendiger &#x017F;t. el<lb/>
des Thanzapffens/ wenn die &#x017F;chu&#x0364;pe davon ge-<lb/>
nom&#x0303;en werden. <hi rendition="#aq">F.</hi> Schu&#x0364;penzu&#x0364;nglein/<lb/>
Kern und Samen.</hi></head><lb/></figure> nenba&#x0364;umen/ &#x017F;ind dennoch auch ku&#x0364;rtzer und<lb/>
&#x017F;chma&#x0364;ler/ als der Fichtenba&#x0364;umen.</p><lb/>
            <p>Die Thana&#x0364;pffel/ oder Thanzapffen<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;en Lateini&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Coni, Strobili.</hi> Frantzo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Pomme de Sapin.</hi> Engli&#x017F;ch/ Fu&#x0364;r-Ap-<lb/>
pels. Niderla&#x0364;ndi&#x017F;ch/ Dennen-Appelen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Ge&#x017F;talt und Ge&#x017F;chlecht.</hi> </head><lb/>
            <p>Rothe und wei&#x017F;&#x017F;e Thannen wach&#x017F;en auff<lb/>
den Gebu&#x0364;rgen/ und &#x017F;ind einander zimlich<lb/>
a&#x0364;hnlich/ &#x017F;o daß &#x017F;ie auch von den Holtzha-<lb/>
wern offt nicht wohl under&#x017F;cheiden werden/<lb/>
denn &#x017F;ie beyde von mercklicher ho&#x0364;he &#x017F;ind/<lb/>
und einer gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ auch einerley bla&#x0364;tter ha-<lb/>
ben. Die &#x017F;ind la&#x0364;nglicht/ hart und dick/ in<lb/>
ge&#x017F;talt deß Roßmarins: die a&#x0364;&#x017F;te &#x017F;tehen creutz-<lb/>
weiß ge&#x017F;etzt: doch i&#x017F;t nachfolgender under-<lb/>
&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen der rothen und wei&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Thannen.</p><lb/>
            <p>Die rothe hat viel gru&#x0364;ner/ breiter/ wei-<lb/>
cher und gla&#x0364;tter Laub/ das &#x017F;ticht nicht al&#x017F;o/<lb/>
und i&#x017F;t auff dem rucken nicht &#x017F;o weiß/ bringt<lb/>
ein &#x017F;chwartzlichte za&#x0364;he Rinden/ die la&#x0364;ßt &#x017F;ich<lb/>
biegen wie ein riemen. Die a&#x0364;&#x017F;te neigen &#x017F;ich<lb/>
gemeiniglich gegen der Erden/ das holtz i&#x017F;t<lb/>
viel &#x017F;cho&#x0364;ner und nutzlicher/ denn es hat nicht<lb/>
&#x017F;o viel kno&#x0364;den. Seine zapffen &#x017F;ind rund/<lb/>
und einer &#x017F;pannen lang/ hangen von den<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten a&#x0364;&#x017F;tlein nid&#x017F;ich werts/ &#x017F;ind mei&#x017F;t<lb/>
auß &#x017F;chu&#x0364;pen <hi rendition="#aq">componiert,</hi> welche in der mitte<lb/>
breit/ bey dem ur&#x017F;prung/ da &#x017F;ie an dem in-<lb/>
wendigen kaum hangen/ &#x017F;chmal und vornen<lb/>
auff außge&#x017F;pitzt: inwendig haben &#x017F;ie zwey<lb/><cb/>
kleine braun&#x017F;chwartze/ mit einem wolriechen-<lb/>
den &#x017F;charffen o&#x0364;l angefu&#x0364;llte Kernen oder Sa-<lb/>
men. Die fri&#x017F;ch von d<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>m Baum gehobene<lb/>
zapffen &#x017F;tecken voll hartz/ und riechen &#x017F;ehr<lb/>
wol; &#x017F;ie werden aber er&#x017F;t in dem Herb&#x017F;tmo-<lb/>
nat reiff.</p><lb/>
            <p>Jn der wei&#x017F;&#x017F;en Thannen &#x017F;ind die bla&#x0364;tter<lb/>
auff der einen &#x017F;eiten a&#x017F;chenfarb/ die Rinde<lb/>
am &#x017F;tamm za&#x0364;rter und wei&#x017F;&#x017F;er/ und &#x017F;o man<lb/>
&#x017F;ie biegt/ bricht &#x017F;ie bald.</p><lb/>
            <p>Son&#x017F;ten &#x017F;teigt die&#x017F;er Baum eben wie der<lb/>
vorige mit einem geraden Stamme auff/<lb/>
und werden beyde ho&#x0364;her als der Fichten-<lb/>
baum: der wei&#x017F;&#x017F;e hat auch eine gleiche dicke/<lb/>
ohne knor&#xA75B;en/ biß an die a&#x0364;&#x017F;te hinauff/ und<lb/>
wird die&#x017F;er undere theil die&#x017F;es Baums biß<lb/>
an die a&#x0364;&#x017F;te von <hi rendition="#aq">Plinio lib. 16. cap.</hi> 33. und <hi rendition="#aq">Vi-<lb/>
truvio lib. 2. c. 21. Sapinus,</hi> der obere a&#x0364;&#x017F;tichte<lb/>
theil aber <hi rendition="#aq">Fu&#x017F;terna</hi> genennet/ daß hiemit <hi rendition="#aq">Bel-<lb/>
lonius</hi> und andere ir&#xA75B;en/ wenn &#x017F;ie auß dem<lb/><hi rendition="#aq">Sapino</hi> ein &#x017F;onderbares Ge&#x017F;chlecht die&#x017F;es<lb/>
Baums machen wollen. Umb den Stam-<lb/>
men herumb wach&#x017F;en bald vier/ bald fu&#x0364;nff/<lb/>
bald &#x017F;echs oder mehr a&#x0364;&#x017F;te/ und das biß zu<lb/>
dem gipffel hinauff: und zwar &#x017F;toßt der<lb/>
Baum alle Ja<supplied>h</supplied>r fri&#x017F;che reihen a&#x0364;&#x017F;te auß/ daß<lb/>
man bey nahem darauß von dem Alter de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben urtheilen kan. Die&#x017F;e a&#x0364;&#x017F;te bringen ihre<lb/>
ruthen und &#x017F;pro&#x0364;ßlein kreutzweiß herfu&#x0364;r. Die<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;ich &#x017F;ehende zapffen/ <hi rendition="#aq">Strobili,</hi> &#x017F;ind viel<lb/>
kleiner als an dem roten Thannenbaum/ ha-<lb/>
ben einen weißlichten Samen under den<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;pen/ &#x017F;o mit einem fetten &#x017F;charffen &#x017F;afft<lb/>
angefu&#x0364;llet &#x017F;ind. Die bla&#x0364;tter &#x017F;ind nicht &#x017F;pi-<lb/>
tzig und &#x017F;techend/ hangen an den &#x017F;pro&#x0364;ßlein/<lb/>
wie die za&#x0364;hn in dem kam&#x0303;; und &#x017F;ind zu au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er&#x017F;t in zwey gantz &#x017F;ubtile theil/ wie eine ga-<lb/>
bel/ getrennet: vergleichen &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;ten mit<lb/>
den bla&#x0364;ttern deß Eibenbaums/ das holtz i&#x017F;t<lb/>
weiß/ glat und weich.</p><lb/>
            <p>Beyde Ba&#x0364;ume wach&#x017F;en in den Schwei-<lb/>
tzeri&#x017F;chen/ Schwa&#x0364;bi&#x017F;chen und anderen Ge-<lb/>
bu&#x0364;rgen/ &#x017F;o wol Teut&#x017F;chlands/ als anderer<lb/>
La&#x0364;nderen <hi rendition="#aq">Europæ,</hi> ha&#x0364;uffig. Gru&#x0364;nen &#x017F;ta&#x0364;ts/<lb/>
&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en aber im Meyen/ wenn die newen<lb/>
bla&#x0364;tter herfu&#x0364;rtrucken/ die alten hinweg.<lb/>
Sie geben auch viel hartz von &#x017F;ich/ welches<lb/>
an etlichen Ba&#x0364;umen von &#x017F;elb&#x017F;ten herauß<lb/>
quillet/ und an den&#x017F;elben gro&#x017F;&#x017F;e ba&#x0364;ulen/ &#x017F;o<lb/>
man Thannen-blatteren nennet/ auffwirffet/<lb/>
welche voll klares lauteren hartzes &#x017F;tecken/ &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ich dem Terbenthin vergleicht/ und von<lb/>
den Weidleuthen ge&#x017F;amlet wird/ zu heilung<lb/>
allerhand Wunden und Scha&#x0364;den; das/ &#x017F;o<lb/>
auß dem wei&#x017F;&#x017F;en Thannen &#x017F;chwitzt/ riecht<lb/>
lieblich/ i&#x017F;t lauter fa&#x017F;t wie Weyrauch/ und<lb/>
wird ins gem ein weiß hartz genennet. Son-<lb/>
&#x017F;ten pfleget man das hartz auf folgende wei-<lb/>
&#x017F;e zu &#x017F;amlen.</p><lb/>
            <p>Jn dem abnehmenden Mond deß Mo-<lb/>
nats Mey/ &#x017F;chneiden die Bauren an dem<lb/>
Stammen die&#x017F;er Ba&#x0364;umen/ &#x017F;o hoch &#x017F;ie mit<lb/>
der Axt langen ko&#x0364;nnen/ die Rinden zwey<lb/>
biß drey Finger breit ein/ und rei&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o biß<lb/>
zwey &#x017F;chuhe hoch von der Erden/ die Rin-<lb/>
den in bemelter breite herunder/ la&#x017F;&#x017F;en her-<lb/>
nacher einer hand breit Rinden &#x017F;tehn/ &#x017F;chnei-<lb/>
den demnach wider ein paar fingers breit<lb/>
ein/ und rei&#x017F;&#x017F;en den Riemen biß unden her-<lb/>
ab; und fahren al&#x017F;o biß rings umb den<lb/>
Baum herum&#x0303; fort. Nach verflie&#x017F;&#x017F;ung zweyer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X</fw><fw place="bottom" type="catch">oder</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0177] Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen. [Abbildung A. Ein Zweiglein mit alten und ne- wen blaͤttern/ und auch die ſchuͤplein da die newen ſchoß herauß wachſen ſollen. B. Gelblichte Bluͤt. C. Ein junger Thanzapff. D. Ein voll- kommener Thanzapff. E. Ein inwendiger ſt. el des Thanzapffens/ wenn die ſchuͤpe davon ge- nom̃en werden. F. Schuͤpenzuͤnglein/ Kern und Samen. ] nenbaͤumen/ ſind dennoch auch kuͤrtzer und ſchmaͤler/ als der Fichtenbaͤumen. Die Thanaͤpffel/ oder Thanzapffen heiſſen Lateiniſch/ Coni, Strobili. Frantzoͤ- ſiſch/ Pomme de Sapin. Engliſch/ Fuͤr-Ap- pels. Niderlaͤndiſch/ Dennen-Appelen. Geſtalt und Geſchlecht. Rothe und weiſſe Thannen wachſen auff den Gebuͤrgen/ und ſind einander zimlich aͤhnlich/ ſo daß ſie auch von den Holtzha- wern offt nicht wohl underſcheiden werden/ denn ſie beyde von mercklicher hoͤhe ſind/ und einer groͤſſe/ auch einerley blaͤtter ha- ben. Die ſind laͤnglicht/ hart und dick/ in geſtalt deß Roßmarins: die aͤſte ſtehen creutz- weiß geſetzt: doch iſt nachfolgender under- ſcheid zwiſchen der rothen und weiſſen Thannen. Die rothe hat viel gruͤner/ breiter/ wei- cher und glaͤtter Laub/ das ſticht nicht alſo/ und iſt auff dem rucken nicht ſo weiß/ bringt ein ſchwartzlichte zaͤhe Rinden/ die laͤßt ſich biegen wie ein riemen. Die aͤſte neigen ſich gemeiniglich gegen der Erden/ das holtz iſt viel ſchoͤner und nutzlicher/ denn es hat nicht ſo viel knoͤden. Seine zapffen ſind rund/ und einer ſpannen lang/ hangen von den aͤuſſerſten aͤſtlein nidſich werts/ ſind meiſt auß ſchuͤpen componiert, welche in der mitte breit/ bey dem urſprung/ da ſie an dem in- wendigen kaum hangen/ ſchmal und vornen auff außgeſpitzt: inwendig haben ſie zwey kleine braunſchwartze/ mit einem wolriechen- den ſcharffen oͤl angefuͤllte Kernen oder Sa- men. Die friſch von d_m Baum gehobene zapffen ſtecken voll hartz/ und riechen ſehr wol; ſie werden aber erſt in dem Herbſtmo- nat reiff. Jn der weiſſen Thannen ſind die blaͤtter auff der einen ſeiten aſchenfarb/ die Rinde am ſtamm zaͤrter und weiſſer/ und ſo man ſie biegt/ bricht ſie bald. Sonſten ſteigt dieſer Baum eben wie der vorige mit einem geraden Stamme auff/ und werden beyde hoͤher als der Fichten- baum: der weiſſe hat auch eine gleiche dicke/ ohne knorꝛen/ biß an die aͤſte hinauff/ und wird dieſer undere theil dieſes Baums biß an die aͤſte von Plinio lib. 16. cap. 33. und Vi- truvio lib. 2. c. 21. Sapinus, der obere aͤſtichte theil aber Fuſterna genennet/ daß hiemit Bel- lonius und andere irꝛen/ wenn ſie auß dem Sapino ein ſonderbares Geſchlecht dieſes Baums machen wollen. Umb den Stam- men herumb wachſen bald vier/ bald fuͤnff/ bald ſechs oder mehr aͤſte/ und das biß zu dem gipffel hinauff: und zwar ſtoßt der Baum alle Jahr friſche reihen aͤſte auß/ daß man bey nahem darauß von dem Alter deſ- ſelben urtheilen kan. Dieſe aͤſte bringen ihre ruthen und ſproͤßlein kreutzweiß herfuͤr. Die uͤberſich ſehende zapffen/ Strobili, ſind viel kleiner als an dem roten Thannenbaum/ ha- ben einen weißlichten Samen under den ſchuͤpen/ ſo mit einem fetten ſcharffen ſafft angefuͤllet ſind. Die blaͤtter ſind nicht ſpi- tzig und ſtechend/ hangen an den ſproͤßlein/ wie die zaͤhn in dem kam̃; und ſind zu auſ- ſerſt in zwey gantz ſubtile theil/ wie eine ga- bel/ getrennet: vergleichen ſich ſonſten mit den blaͤttern deß Eibenbaums/ das holtz iſt weiß/ glat und weich. Beyde Baͤume wachſen in den Schwei- tzeriſchen/ Schwaͤbiſchen und anderen Ge- buͤrgen/ ſo wol Teutſchlands/ als anderer Laͤnderen Europæ, haͤuffig. Gruͤnen ſtaͤts/ ſtoſſen aber im Meyen/ wenn die newen blaͤtter herfuͤrtrucken/ die alten hinweg. Sie geben auch viel hartz von ſich/ welches an etlichen Baͤumen von ſelbſten herauß quillet/ und an denſelben groſſe baͤulen/ ſo man Thannen-blatteren nennet/ auffwirffet/ welche voll klares lauteren hartzes ſtecken/ ſo ſich dem Terbenthin vergleicht/ und von den Weidleuthen geſamlet wird/ zu heilung allerhand Wunden und Schaͤden; das/ ſo auß dem weiſſen Thannen ſchwitzt/ riecht lieblich/ iſt lauter faſt wie Weyrauch/ und wird ins gem ein weiß hartz genennet. Son- ſten pfleget man das hartz auf folgende wei- ſe zu ſamlen. Jn dem abnehmenden Mond deß Mo- nats Mey/ ſchneiden die Bauren an dem Stammen dieſer Baͤumen/ ſo hoch ſie mit der Axt langen koͤnnen/ die Rinden zwey biß drey Finger breit ein/ und reiſſen alſo biß zwey ſchuhe hoch von der Erden/ die Rin- den in bemelter breite herunder/ laſſen her- nacher einer hand breit Rinden ſtehn/ ſchnei- den demnach wider ein paar fingers breit ein/ und reiſſen den Riemen biß unden her- ab; und fahren alſo biß rings umb den Baum herum̃ fort. Nach verflieſſung zweyer oder X

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/177
Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/177>, abgerufen am 26.11.2024.