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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Erste Buch/
[Spaltenumbruch] einem Gummi gleich/ und an der farb weiß/
aber welche auff die blätter des Mandlen-
Pfersich- und Eychbaums gefallen/ rinne-
te wie ein fliessender gelber Honig hinab.

Julius Alexandrinus hatte die Manna bey
Trient in dem Ananiensischen Gebürg/ a-
ber auff den Lerchenbäumen und den Wie-
sen gesehen/ von welcher Petrus Spozzalan-
cius,
ein Apothecker/ Herren Matthiolo ein
halb pfund verehret.

Andreas Caesalpinus lib. 2. de plantis cap. 13.
berichtet/ daß die Manna auch auf dem ho-
hen Jtaliänischen Berg Apennino, in den
Hundstagen bey schönem wetter/ insonder-
heit aber auff den Eych- und Weidenbäu-
men gefunden werde/ so der Calabrischen
Manna ähnlich seye.

Man findet die Manna auch in dem
Frantzösischen Delphinat/ und der Land-
schaft Narbona/ insonderheit bey dem Stätt-
lein Brigancon.

Cornelius a Lapide S. I. in Commentar. ad
Exod. cap.
16. vermeldet/ daß in Pohlen ein
sonderliche art der Manna/ wie ein Thaw
auff den Kräuteren/ in dem Brach- und
Hewmonat gefunden werde: Man samlet
sie vor auffgang der Sonne in einem Sieb/
schüttlet das hülßlein davon/ reiniget und
zerstosset sie/ alsdenn giesset man Wasser
dazu/ und kochet sie wie ein Muß/ welches
vorgemelten Herren Jesuiten/ nicht unan-
genehm zu seyn bedunckte. Die Körnlein
dieser Manna sind lang und rötlicht/ ver-
gleichen sich dem Hirß. Wenn die Sonne
auffgangen ist/ springet das hülßlein/ denn
fallet das körnlein zu boden und verdirbt.

Die Manna in Calabria wird gesamlet
von auffgang des Sibengestirns/ so gemei-
niglich in dem April geschicht/ biß zu des-
selbigen nidergang in dem Wintermonat:
Man liset sie gemeiniglich vor Tag auff/
denn etliche die Sonnenhitz nicht erduldet/
sondern leichtlich verschmeltzet/ daher wenn
die Manna in grosser anzahl auf den Bäu-
men liget/ und die Einwohner besorgen/ daß
vor auffgang der Sonne/ sie alle nicht ein-
samlen können/ pflegen sie die äste der Bäu-
men mit abzubrechen/ in einen schattichten
ort zustellen/ und alßdenn sie erst einzusam-
len. Ferners so die Calabrer vermeinen/ daß
die Rinde der Bäumen (wie es denn offt
geschicht) die Manna verschlucket und an
sich gezogen/ schneiden sie hernach in die
Bäume. Der Königliche Dänische Leib-Me-
dicus,
Herr Thomas Bartholinus centur. 1. E-
pistol. med.
54. berichtet/ daß die Einwohner
den Stamm des Baums zu allen seiten auff
nachgezeichnete weiß) (verwunden/ und
am nechst folgenden Morgen den außtrief-
fenden Safft auffassen/ ihne mit höltzern
Messern abschaben/ säuberen und in einem
gefäß behalten: die Messer müssen von holtz
oder bein gemacht seyn/ sonsten die Manna
ein schwartze farb bekommet. Diesen gesam-
leten Safft schüttet man hernach auff einen
der Sonne entgegen gewenten Tisch/ damit
die wässerige feuchtigkeit und säure/ welche
der Manna ihre süssigkeit nimmet/ verzehret
werde/ solches widerholet man öffters.

Die Orientalische Manna/ welche man
auß Syria/ und von Memphi bringet/ las-
[Spaltenumbruch] set sich nicht ein Monat auffbehalten/ dahe-
ro nichts besser ist/ als sich der Calabrischen
Manna zubedienen/ so etwelche Jahr gut
verbleibet. Sonsten ist die Manna zweyer-
ley: die einte fliesset von sich selbsten zum
theil auß den Zweigen/ da die stiel der blät-
tern anhangen/ zum theil auß den blättern
selbsten. Die andere ist durch kunst auß dem
Baum gezwungen/ und wird von den Ca-
labrern Sforzatella genennet.

Die unverfälschte Manna soll durchsicht-
bar/ weiß/ schwer/ lieblich und süß seyn. Ob
die Manna/ welche die Jsraeliter in der Wü-
ste für ein Speiß genossen mit unserer Man-
na übereinkomme? Jst ein solche frag/ die
bey den gelehrten biß auff diesen Tag noch
nicht gäntzlich erörteret. Vielen gefallet die
meinung des Hochgelehrten Herren Andreae
Riveti in Commentario ad Exod. cap. 16. 31.
Manna Israelitarum fuit aliquid extraordina-
rium, nunquam antea visum, nec etiam, post-
quam cessavit, repertum, cumque cibus Ange-
lorum appelletur, & singulari Dei opere prae-
paratus in Sacra Scriptura ubique depraedice-
tur, causam heic naturalem pie & religiose re-
movendam censemus.
Die Manna der Jsrae-
liter ware ungewohnlich/ zuvor niemahlen
geschen/ und nach dem sie auffgehört/ nicht
mehr gefunden/ dieweil sie auch ein Speiß
der Engeln/ und in der H. Schrifft als ein
sonderbar Werck Gottes gepriesen wird/ hal-
ten wir Christlich und gewissenhafft darfür/
daß bey der Jsraelitischen Manna alle na-
türliche Ursach solle außgeschlossen werden.
Was nun derjenigen/ welche sie under die
gemeine Manna rechnen/ gründe anbelangt/
hat der hochgelehrte Herr Johannes Buxtorf-
fius F. in Exercitat. sacra ad histor. mannae c.
2.
solche weitläuffig widerlegt/ und stattlich
erwiesen/ daß die Jsraelitische Manna kein
natürliche sach/ sonder ein wahres Wun-
derwerck gewesen seye.

Die Calabrische Manna/ so gemeiniglich
in Teutschland gebraucht wird/ ist ein ge-
lindes/ und der Natur annemliches purgier-Schleim/
wässerige
feuchtigkeit
Brust-
kranckheit/
Husten/
Engbrü-
stigkeit.

mittel/ führet insonderheit den Schleim und
wässerige Feuchtigkeiten auß/ ist in den
Brust-kranckheiten sehr dienlich/ denn sie
reiniget die Brust von allem Schleim/ und
nimmet den Husten hinweg. Alte Leuth/ so
mit der Engbrüstigkeit und dem Husten be-
hafftet/ nemmen 5. loth Manna lassen es in
einem halben glaß voll weissen Weins/ auff
einem kohlfeurlein vergehen/ sichten es her-
nach durch ein reines tüchlein und trinckens
Morgens nüchter warmlicht.

Man kan auch die Manna wol außerle-
sen/ in Wegweisen-wasser auf der gluth zer-
lassen/ ein paar messerspitz voll praeparierten
Weinstein darzu werffen/ endlich durch ein
Tuch sichten/ ein löffel voll oder zwey Zim-
metwasser darmit vermischen/ und also
warm zu trincken geben.

Den Kinderen ist es auch eine nutzliche
Artzney/ denen man es nach erforderung des
Alters von einem halben loth/ biß auf zwey/
ja zwey und ein halb/ auch 3. loth/ in Milch
zerlassen/ und mit ein wenig Mehl zu einer
Brey gemacht: oder in einem Weinwarm o-
der Brühe zerlassen eingeben kan: reiniget
die Brust und Magen wol/ macht die Kin-

der biß-

Das Erſte Buch/
[Spaltenumbruch] einem Gummi gleich/ und an der farb weiß/
aber welche auff die blaͤtter des Mandlen-
Pferſich- und Eychbaums gefallen/ rinne-
te wie ein flieſſender gelber Honig hinab.

Julius Alexandrinus hatte die Manna bey
Trient in dem Ananienſiſchen Gebuͤrg/ a-
ber auff den Lerchenbaͤumen und den Wie-
ſen geſehen/ von welcher Petrus Spozzalan-
cius,
ein Apothecker/ Herꝛen Matthiolo ein
halb pfund verehret.

Andreas Cæſalpinus lib. 2. de plantis cap. 13.
berichtet/ daß die Manna auch auf dem ho-
hen Jtaliaͤniſchen Berg Apennino, in den
Hundstagen bey ſchoͤnem wetter/ inſonder-
heit aber auff den Eych- und Weidenbaͤu-
men gefunden werde/ ſo der Calabriſchen
Manna aͤhnlich ſeye.

Man findet die Manna auch in dem
Frantzoͤſiſchen Delphinat/ und der Land-
ſchaft Narbona/ inſonderheit bey dem Staͤtt-
lein Brigançon.

Cornelius à Lapide S. I. in Commentar. ad
Exod. cap.
16. vermeldet/ daß in Pohlen ein
ſonderliche art der Manna/ wie ein Thaw
auff den Kraͤuteren/ in dem Brach- und
Hewmonat gefunden werde: Man ſamlet
ſie vor auffgang der Soñe in einem Sieb/
ſchuͤttlet das huͤlßlein davon/ reiniget und
zerſtoſſet ſie/ alsdenn gieſſet man Waſſer
dazu/ und kochet ſie wie ein Muß/ welches
vorgemelten Herꝛen Jeſuiten/ nicht unan-
genehm zu ſeyn bedunckte. Die Koͤrnlein
dieſer Manna ſind lang und roͤtlicht/ ver-
gleichen ſich dem Hirß. Wenn die Sonne
auffgangen iſt/ ſpringet das huͤlßlein/ denn
fallet das koͤrnlein zu boden und verdirbt.

Die Manna in Calabria wird geſamlet
von auffgang des Sibengeſtirns/ ſo gemei-
niglich in dem April geſchicht/ biß zu deſ-
ſelbigen nidergang in dem Wintermonat:
Man liſet ſie gemeiniglich vor Tag auff/
denn etliche die Sonnenhitz nicht erduldet/
ſondern leichtlich verſchmeltzet/ daher wenn
die Manna in groſſer anzahl auf den Baͤu-
men liget/ und die Einwohner beſorgen/ daß
vor auffgang der Sonne/ ſie alle nicht ein-
ſamlen koͤnnen/ pflegen ſie die aͤſte der Baͤu-
men mit abzubrechen/ in einen ſchattichten
ort zuſtellen/ und alßdenn ſie erſt einzuſam-
len. Ferners ſo die Calabrer vermeinen/ daß
die Rinde der Baͤumen (wie es denn offt
geſchicht) die Manna verſchlucket und an
ſich gezogen/ ſchneiden ſie hernach in die
Baͤume. Der Koͤnigliche Daͤniſche Leib-Me-
dicus,
Herꝛ Thomas Bartholinus centur. 1. E-
piſtol. med.
54. berichtet/ daß die Einwohner
den Stam̃ des Baums zu allen ſeiten auff
nachgezeichnete weiß) (verwunden/ und
am nechſt folgenden Morgen den außtrief-
fenden Safft auffaſſen/ ihne mit hoͤltzern
Meſſern abſchaben/ ſaͤuberen und in einem
gefaͤß behalten: die Meſſer muͤſſen von holtz
oder bein gemacht ſeyn/ ſonſten die Manna
ein ſchwartze farb bekommet. Dieſen geſam-
leten Safft ſchuͤttet man hernach auff einen
der Sonne entgegen gewenten Tiſch/ damit
die waͤſſerige feuchtigkeit und ſaͤure/ welche
der Manna ihre ſuͤſſigkeit nimmet/ verzehret
werde/ ſolches widerholet man oͤffters.

Die Orientaliſche Manna/ welche man
auß Syria/ und von Memphi bringet/ laſ-
[Spaltenumbruch] ſet ſich nicht ein Monat auffbehalten/ dahe-
ro nichts beſſer iſt/ als ſich der Calabriſchen
Manna zubedienen/ ſo etwelche Jahr gut
verbleibet. Sonſten iſt die Manna zweyer-
ley: die einte flieſſet von ſich ſelbſten zum
theil auß den Zweigen/ da die ſtiel der blaͤt-
tern anhangen/ zum theil auß den blaͤttern
ſelbſten. Die andere iſt durch kunſt auß dem
Baum gezwungen/ und wird von den Ca-
labrern Sforzatella genennet.

Die unverfaͤlſchte Manna ſoll durchſicht-
bar/ weiß/ ſchwer/ lieblich und ſuͤß ſeyn. Ob
die Maña/ welche die Jſraeliter in der Wuͤ-
ſte fuͤr ein Speiß genoſſen mit unſerer Man-
na uͤbereinkomme? Jſt ein ſolche frag/ die
bey den gelehrten biß auff dieſen Tag noch
nicht gaͤntzlich eroͤrteret. Vielen gefallet die
meinung des Hochgelehrten Herꝛen Andreæ
Riveti in Commentario ad Exod. cap. 16. 31.
Manna Iſraelitarum fuit aliquid extraordina-
rium, nunquam antea viſum, nec etiam, poſt-
quam ceſſavit, repertum, cumq́ue cibus Ange-
lorum appelletur, & ſingulari Dei opere præ-
paratus in Sacra Scriptura ubiq́ue deprædice-
tur, cauſam hîc naturalem piè & religioſè re-
movendam cenſemus.
Die Manna der Jſrae-
liter ware ungewohnlich/ zuvor niemahlen
geſchen/ und nach dem ſie auffgehoͤrt/ nicht
mehr gefunden/ dieweil ſie auch ein Speiß
der Engeln/ und in der H. Schrifft als ein
ſonderbar Werck Gottes geprieſen wird/ hal-
ten wir Chriſtlich und gewiſſenhafft darfuͤr/
daß bey der Jſraelitiſchen Manna alle na-
tuͤrliche Urſach ſolle außgeſchloſſen werden.
Was nun derjenigen/ welche ſie under die
gemeine Manna rechnen/ gruͤnde anbelangt/
hat der hochgelehrte Herꝛ Johannes Buxtorf-
fius F. in Exercitat. ſacra ad hiſtor. mannæ c.
2.
ſolche weitlaͤuffig widerlegt/ und ſtattlich
erwieſen/ daß die Jſraelitiſche Manna kein
natuͤrliche ſach/ ſonder ein wahres Wun-
derwerck geweſen ſeye.

Die Calabriſche Manna/ ſo gemeiniglich
in Teutſchland gebraucht wird/ iſt ein ge-
lindes/ und der Natur annemliches purgier-Schleim/
waͤſſerige
feuchtigkeit
Bruſt-
kranckheit/
Huſten/
Engbruͤ-
ſtigkeit.

mittel/ fuͤhret inſonderheit den Schleim und
waͤſſerige Feuchtigkeiten auß/ iſt in den
Bruſt-kranckheiten ſehr dienlich/ denn ſie
reiniget die Bruſt von allem Schleim/ und
nimmet den Huſten hinweg. Alte Leuth/ ſo
mit der Engbruͤſtigkeit und dem Huſten be-
hafftet/ nemmen 5. loth Manna laſſen es in
einem halben glaß voll weiſſen Weins/ auff
einem kohlfeurlein vergehen/ ſichten es her-
nach durch ein reines tuͤchlein und trinckens
Morgens nuͤchter warmlicht.

Man kan auch die Manna wol außerle-
ſen/ in Wegweiſen-waſſer auf der gluth zer-
laſſen/ ein paar meſſerſpitz voll præparierten
Weinſtein darzu werffen/ endlich durch ein
Tuch ſichten/ ein loͤffel voll oder zwey Zim-
metwaſſer darmit vermiſchen/ und alſo
warm zu trincken geben.

Den Kinderen iſt es auch eine nutzliche
Artzney/ denen man es nach erforderung des
Alters von einem halben loth/ biß auf zwey/
ja zwey und ein halb/ auch 3. loth/ in Milch
zerlaſſen/ und mit ein wenig Mehl zu einer
Brey gemacht: oder in einem Weinwarm o-
der Bruͤhe zerlaſſen eingeben kan: reiniget
die Bruſt und Magen wol/ macht die Kin-

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[170/0186] Das Erſte Buch/ einem Gummi gleich/ und an der farb weiß/ aber welche auff die blaͤtter des Mandlen- Pferſich- und Eychbaums gefallen/ rinne- te wie ein flieſſender gelber Honig hinab. Julius Alexandrinus hatte die Manna bey Trient in dem Ananienſiſchen Gebuͤrg/ a- ber auff den Lerchenbaͤumen und den Wie- ſen geſehen/ von welcher Petrus Spozzalan- cius, ein Apothecker/ Herꝛen Matthiolo ein halb pfund verehret. Andreas Cæſalpinus lib. 2. de plantis cap. 13. berichtet/ daß die Manna auch auf dem ho- hen Jtaliaͤniſchen Berg Apennino, in den Hundstagen bey ſchoͤnem wetter/ inſonder- heit aber auff den Eych- und Weidenbaͤu- men gefunden werde/ ſo der Calabriſchen Manna aͤhnlich ſeye. Man findet die Manna auch in dem Frantzoͤſiſchen Delphinat/ und der Land- ſchaft Narbona/ inſonderheit bey dem Staͤtt- lein Brigançon. Cornelius à Lapide S. I. in Commentar. ad Exod. cap. 16. vermeldet/ daß in Pohlen ein ſonderliche art der Manna/ wie ein Thaw auff den Kraͤuteren/ in dem Brach- und Hewmonat gefunden werde: Man ſamlet ſie vor auffgang der Soñe in einem Sieb/ ſchuͤttlet das huͤlßlein davon/ reiniget und zerſtoſſet ſie/ alsdenn gieſſet man Waſſer dazu/ und kochet ſie wie ein Muß/ welches vorgemelten Herꝛen Jeſuiten/ nicht unan- genehm zu ſeyn bedunckte. Die Koͤrnlein dieſer Manna ſind lang und roͤtlicht/ ver- gleichen ſich dem Hirß. Wenn die Sonne auffgangen iſt/ ſpringet das huͤlßlein/ denn fallet das koͤrnlein zu boden und verdirbt. Die Manna in Calabria wird geſamlet von auffgang des Sibengeſtirns/ ſo gemei- niglich in dem April geſchicht/ biß zu deſ- ſelbigen nidergang in dem Wintermonat: Man liſet ſie gemeiniglich vor Tag auff/ denn etliche die Sonnenhitz nicht erduldet/ ſondern leichtlich verſchmeltzet/ daher wenn die Manna in groſſer anzahl auf den Baͤu- men liget/ und die Einwohner beſorgen/ daß vor auffgang der Sonne/ ſie alle nicht ein- ſamlen koͤnnen/ pflegen ſie die aͤſte der Baͤu- men mit abzubrechen/ in einen ſchattichten ort zuſtellen/ und alßdenn ſie erſt einzuſam- len. Ferners ſo die Calabrer vermeinen/ daß die Rinde der Baͤumen (wie es denn offt geſchicht) die Manna verſchlucket und an ſich gezogen/ ſchneiden ſie hernach in die Baͤume. Der Koͤnigliche Daͤniſche Leib-Me- dicus, Herꝛ Thomas Bartholinus centur. 1. E- piſtol. med. 54. berichtet/ daß die Einwohner den Stam̃ des Baums zu allen ſeiten auff nachgezeichnete weiß) (verwunden/ und am nechſt folgenden Morgen den außtrief- fenden Safft auffaſſen/ ihne mit hoͤltzern Meſſern abſchaben/ ſaͤuberen und in einem gefaͤß behalten: die Meſſer muͤſſen von holtz oder bein gemacht ſeyn/ ſonſten die Manna ein ſchwartze farb bekommet. Dieſen geſam- leten Safft ſchuͤttet man hernach auff einen der Sonne entgegen gewenten Tiſch/ damit die waͤſſerige feuchtigkeit und ſaͤure/ welche der Manna ihre ſuͤſſigkeit nimmet/ verzehret werde/ ſolches widerholet man oͤffters. Die Orientaliſche Manna/ welche man auß Syria/ und von Memphi bringet/ laſ- ſet ſich nicht ein Monat auffbehalten/ dahe- ro nichts beſſer iſt/ als ſich der Calabriſchen Manna zubedienen/ ſo etwelche Jahr gut verbleibet. Sonſten iſt die Manna zweyer- ley: die einte flieſſet von ſich ſelbſten zum theil auß den Zweigen/ da die ſtiel der blaͤt- tern anhangen/ zum theil auß den blaͤttern ſelbſten. Die andere iſt durch kunſt auß dem Baum gezwungen/ und wird von den Ca- labrern Sforzatella genennet. Die unverfaͤlſchte Manna ſoll durchſicht- bar/ weiß/ ſchwer/ lieblich und ſuͤß ſeyn. Ob die Maña/ welche die Jſraeliter in der Wuͤ- ſte fuͤr ein Speiß genoſſen mit unſerer Man- na uͤbereinkomme? Jſt ein ſolche frag/ die bey den gelehrten biß auff dieſen Tag noch nicht gaͤntzlich eroͤrteret. Vielen gefallet die meinung des Hochgelehrten Herꝛen Andreæ Riveti in Commentario ad Exod. cap. 16. 31. Manna Iſraelitarum fuit aliquid extraordina- rium, nunquam antea viſum, nec etiam, poſt- quam ceſſavit, repertum, cumq́ue cibus Ange- lorum appelletur, & ſingulari Dei opere præ- paratus in Sacra Scriptura ubiq́ue deprædice- tur, cauſam hîc naturalem piè & religioſè re- movendam cenſemus. Die Manna der Jſrae- liter ware ungewohnlich/ zuvor niemahlen geſchen/ und nach dem ſie auffgehoͤrt/ nicht mehr gefunden/ dieweil ſie auch ein Speiß der Engeln/ und in der H. Schrifft als ein ſonderbar Werck Gottes geprieſen wird/ hal- ten wir Chriſtlich und gewiſſenhafft darfuͤr/ daß bey der Jſraelitiſchen Manna alle na- tuͤrliche Urſach ſolle außgeſchloſſen werden. Was nun derjenigen/ welche ſie under die gemeine Manna rechnen/ gruͤnde anbelangt/ hat der hochgelehrte Herꝛ Johannes Buxtorf- fius F. in Exercitat. ſacra ad hiſtor. mannæ c. 2. ſolche weitlaͤuffig widerlegt/ und ſtattlich erwieſen/ daß die Jſraelitiſche Manna kein natuͤrliche ſach/ ſonder ein wahres Wun- derwerck geweſen ſeye. Die Calabriſche Manna/ ſo gemeiniglich in Teutſchland gebraucht wird/ iſt ein ge- lindes/ und der Natur annemliches purgier- mittel/ fuͤhret inſonderheit den Schleim und waͤſſerige Feuchtigkeiten auß/ iſt in den Bruſt-kranckheiten ſehr dienlich/ denn ſie reiniget die Bruſt von allem Schleim/ und nimmet den Huſten hinweg. Alte Leuth/ ſo mit der Engbruͤſtigkeit und dem Huſten be- hafftet/ nemmen 5. loth Manna laſſen es in einem halben glaß voll weiſſen Weins/ auff einem kohlfeurlein vergehen/ ſichten es her- nach durch ein reines tuͤchlein und trinckens Morgens nuͤchter warmlicht. Schleim/ waͤſſerige feuchtigkeit Bruſt- kranckheit/ Huſten/ Engbruͤ- ſtigkeit. Man kan auch die Manna wol außerle- ſen/ in Wegweiſen-waſſer auf der gluth zer- laſſen/ ein paar meſſerſpitz voll præparierten Weinſtein darzu werffen/ endlich durch ein Tuch ſichten/ ein loͤffel voll oder zwey Zim- metwaſſer darmit vermiſchen/ und alſo warm zu trincken geben. Den Kinderen iſt es auch eine nutzliche Artzney/ denen man es nach erforderung des Alters von einem halben loth/ biß auf zwey/ ja zwey und ein halb/ auch 3. loth/ in Milch zerlaſſen/ und mit ein wenig Mehl zu einer Brey gemacht: oder in einem Weinwarm o- der Bruͤhe zerlaſſen eingeben kan: reiniget die Bruſt und Magen wol/ macht die Kin- der biß-

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/186>, abgerufen am 25.11.2024.