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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch] hat eben die farb wie das Korn/ so darinnen
verschlossen ligt/ die wurtzel ist auß vielen
harten kleinen härlein zusammen gesetzt.

Auch ist ein geschlecht dieses Korns/ wel-
ches innerhalb zweyen Monaten gesäet und
reiff wird. Widerum ist ein anders/ wel-
ches in viertzig tagen nach der satt zeitiget.
Aber solch frühzeitig Korn ist kleiner und
geringer. Daher man es nicht säet/ oder man
habe ein thewrung zu besorgen.

Jn unsern Landen säet man diß Korn im
Aprillen/ sonst komt es nicht zu seiner zeiti-
gung/ es wird aber erst gegen dem Herbst
zeitig.

Eigenschafft.

Das Jndianisch Mays-korn hat mehr
flüchtiges saltz/ und schwefelichten Geistes
in sich/ und ist wärmerer natur als unser
Weitzen oder gemeines Korn.

Gebrauch.

Die Jndianer bereiten auß ihrem Mays-
korn einen teig/ und machen darauß kuchen/
welche sie auff sonderliche art zurichten/
daß sie währen mögen: diese haltet man
für leckerbißlein. Zu dem so haben sie auch ei-
ne sonderliche manier von Pasteten erdacht/
welcher teig mit Blumen und Zucker ver-
mischt wird. Ferners dienet das Mays-korn
nicht allein zum Brot/ sonderen auch zum
Wein. Dieses tranck von Mays-korn/ wel-
ches man in Peru Azica/ und fast durch
gantz Jndien Chicha nennet/ wird auff un-
terschiedliche weiß zugerichtet. Das stärck-
ste getränck machen sie wie das Bier/ wel-
ches sie also zurichten. Die Mayskörner
beitzen sie/ biß sie anfahen zu schossen/ dar-
nach brennen sie es auff eine sonderliche art;
diß wird so kräfftig/ daß es einen bald nider-
wirfft. Man heisset es in Peru Sora/ und
wird ihnen im Gesätz verbotten/ wegen des
grossen schadens/ so darauß entstehet/ denn es
machet unsinnig truncken. Sie geben aber
nicht viel auffs Gesätz/ sondern halten ihre
Däntze darbey/ und trinckens Tag und
Nacht. Man macht auch dises Azica oder
Chicha also. Sie käuen das Mays-korn/
und bereiten einen saurteig darauß/ was
nun also gekäuet worden/ das sieden und
bräuen sie. Die Jndianer halten darfür/
daß das Mays-korn/ da es recht saur wer-
den solle/ von alten verruntzelten Weiberen
gekäuet werden müsse/ welches denen so es
hören/ wol ein eckel bringen möchte: sie aber
achten es nicht/ sonder trincken wacker
drein. Jst ein gesunder Tranck/ welches
von den vornehmen Jndianern und Spa-
niern für eine Artzney gebraucht wird/ denn
sie befinden in der that/ daß es den Nieren
wohl bekomt/ und leicht harnen machet. Di-
ses ist die ursach/ daß in West-Jndien we-
nig Leuthe hieran noth leiden/ die vorge-
meltes Chicha-tranck gebrauchen. Wenn
das Mays-korn noch zart und in den ähren
ist/ so essen es die Jndianer und Spanier für
Lecker-bißlein/ rösten es entweder/ oder ko-
chens in Milch. Sie brauchen auch die
häußlein oder dotten an statt des Butters
und öhls/ denn sie sehr feist sind: darumb
pflegte der Vice-könig Don Francisco de
Toledo zu sagen: Die in Peru besitzen zwo
[Spaltenumbruch] sachen/ welche ihnen reichthum und nah-
rung bringen/ nemlich ihr Mays-korn und
Vieh im Land.

Für die grosse Jndianische Herren wer-
den kleine küchlein auß dem gefiebten Mays-
korn zubereitet/ welche so zart/ dünn und
reinlich/ daß man schier durchhin sihet/ mas-
sen sie so dünn wie ein papier. Jngleichem
machet man auch kleine teller-küchlein von
diesem gesiechteten Korn/ die zwar dick/ je-
doch durchsichtig scheinen. Aber dise beyde
gattung küchlein sind nur für die Jndiani-
sche Fürstliche mäuler.



CAPUT XX.
[Abbildung] Hirß. Milium.
Namen.

HIrß heißt Griechisch/ [fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt], [fremdsprachliches Material - 2 Zeichen fehlen]-
[fremdsprachliches Material - 4 Zeichen fehlen], [fremdsprachliches Material - 2 Wörter fehlen]. Lateinisch/
Milium. Jtaliänisch/ Miglio. Fran-
tzösisch/ Mill, Millet. Spanisch/ Mijo. En-
glisch/ Millet. Niderländisch/ Hirß/ Hirse/
Heers/ Milie.

Gestalt.

Der gelbe Hirß/ Milium semine luteo, C. B.
hat viel haarichte und knodichte stengel/ die
sind elen hoch. Die wurtzel ist gantz zasicht/
starck und weiß. Die schwartz-rothen ähre
schlieffen auß einer graßichten scheiden/ sind
gantz trauschlicht und zotticht/ wie des
rohrs. Jedes Hirsen-körnlein ist sonderlich
zwischen zweyen dünnen fliegenden blättlein
gesetzet. Solches körnlein ist klein/ rund/ vest
und gelblicht. Der Hirß wächßt gern im
sandichten feuchten Erdreich/ will am mor-
gen früh oder auff den abend in der kühle
gesäet/ oder in grund geworffen werden. Es
bedarff keines besondern grossen unkostens/

denn

Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch] hat eben die farb wie das Korn/ ſo darinnen
verſchloſſen ligt/ die wurtzel iſt auß vielen
harten kleinen haͤrlein zuſammen geſetzt.

Auch iſt ein geſchlecht dieſes Korns/ wel-
ches innerhalb zweyen Monaten geſaͤet und
reiff wird. Widerum iſt ein anders/ wel-
ches in viertzig tagen nach der ſatt zeitiget.
Aber ſolch fruͤhzeitig Korn iſt kleiner und
geringer. Daher man es nicht ſaͤet/ oder man
habe ein thewrung zu beſorgen.

Jn unſern Landen ſaͤet man diß Korn im
Aprillen/ ſonſt komt es nicht zu ſeiner zeiti-
gung/ es wird aber erſt gegen dem Herbſt
zeitig.

Eigenſchafft.

Das Jndianiſch Mays-korn hat mehr
fluͤchtiges ſaltz/ und ſchwefelichten Geiſtes
in ſich/ und iſt waͤrmerer natur als unſer
Weitzen oder gemeines Korn.

Gebrauch.

Die Jndianer bereiten auß ihrem Mays-
korn einen teig/ und machen darauß kuchen/
welche ſie auff ſonderliche art zurichten/
daß ſie waͤhren moͤgen: dieſe haltet man
fuͤr leckerbißlein. Zu dem ſo haben ſie auch ei-
ne ſonderliche manier von Paſteten erdacht/
welcher teig mit Blumen und Zucker ver-
miſcht wird. Ferners dienet das Mays-korn
nicht allein zum Brot/ ſonderen auch zum
Wein. Dieſes tranck von Mays-korn/ wel-
ches man in Peru Azica/ und faſt durch
gantz Jndien Chicha nennet/ wird auff un-
terſchiedliche weiß zugerichtet. Das ſtaͤrck-
ſte getraͤnck machen ſie wie das Bier/ wel-
ches ſie alſo zurichten. Die Mayskoͤrner
beitzen ſie/ biß ſie anfahen zu ſchoſſen/ dar-
nach brennen ſie es auff eine ſonderliche art;
diß wird ſo kraͤfftig/ daß es einen bald nider-
wirfft. Man heiſſet es in Peru Sora/ und
wird ihnen im Geſaͤtz verbotten/ wegen des
groſſen ſchadens/ ſo darauß entſtehet/ denn es
machet unſinnig truncken. Sie geben aber
nicht viel auffs Geſaͤtz/ ſondern halten ihre
Daͤntze darbey/ und trinckens Tag und
Nacht. Man macht auch diſes Azica oder
Chicha alſo. Sie kaͤuen das Mays-korn/
und bereiten einen ſaurteig darauß/ was
nun alſo gekaͤuet worden/ das ſieden und
braͤuen ſie. Die Jndianer halten darfuͤr/
daß das Mays-korn/ da es recht ſaur wer-
den ſolle/ von alten verꝛuntzelten Weiberen
gekaͤuet werden muͤſſe/ welches denen ſo es
hoͤren/ wol ein eckel bringen moͤchte: ſie aber
achten es nicht/ ſonder trincken wacker
drein. Jſt ein geſunder Tranck/ welches
von den vornehmen Jndianern und Spa-
niern fuͤr eine Artzney gebraucht wird/ denn
ſie befinden in der that/ daß es den Nieren
wohl bekomt/ und leicht harnen machet. Di-
ſes iſt die urſach/ daß in Weſt-Jndien we-
nig Leuthe hieran noth leiden/ die vorge-
meltes Chicha-tranck gebrauchen. Wenn
das Mays-korn noch zart und in den aͤhren
iſt/ ſo eſſen es die Jndianer und Spanier fuͤr
Lecker-bißlein/ roͤſten es entweder/ oder ko-
chens in Milch. Sie brauchen auch die
haͤußlein oder dotten an ſtatt des Butters
und oͤhls/ denn ſie ſehr feiſt ſind: darumb
pflegte der Vice-koͤnig Don Franciſco de
Toledo zu ſagen: Die in Peru beſitzen zwo
[Spaltenumbruch] ſachen/ welche ihnen reichthum und nah-
rung bringen/ nemlich ihr Mays-korn und
Vieh im Land.

Fuͤr die groſſe Jndianiſche Herꝛen wer-
den kleine kuͤchlein auß dem gefiebten Mays-
korn zubereitet/ welche ſo zart/ duͤnn und
reinlich/ daß man ſchier durchhin ſihet/ maſ-
ſen ſie ſo duͤnn wie ein papier. Jngleichem
machet man auch kleine teller-kuͤchlein von
dieſem geſiechteten Korn/ die zwar dick/ je-
doch durchſichtig ſcheinen. Aber diſe beyde
gattung kuͤchlein ſind nur fuͤr die Jndiani-
ſche Fuͤrſtliche maͤuler.



CAPUT XX.
[Abbildung] Hirß. Milium.
Namen.

HIrß heißt Griechiſch/ [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt], [fremdsprachliches Material – 2 Zeichen fehlen]-
[fremdsprachliches Material – 4 Zeichen fehlen], [fremdsprachliches Material – 2 Wörter fehlen]. Lateiniſch/
Milium. Jtaliaͤniſch/ Miglio. Fran-
tzoͤſiſch/ Mill, Millet. Spaniſch/ Mijo. En-
gliſch/ Millet. Niderlaͤndiſch/ Hirß/ Hirſe/
Heers/ Milie.

Geſtalt.

Der gelbe Hirß/ Milium ſemine luteo, C. B.
hat viel haarichte und knodichte ſtengel/ die
ſind elen hoch. Die wurtzel iſt gantz zaſicht/
ſtarck und weiß. Die ſchwartz-rothen aͤhre
ſchlieffen auß einer graßichten ſcheiden/ ſind
gantz trauſchlicht und zotticht/ wie des
rohrs. Jedes Hirſen-koͤrnlein iſt ſonderlich
zwiſchen zweyen duͤnnen fliegenden blaͤttlein
geſetzet. Solches koͤrnlein iſt klein/ rund/ veſt
und gelblicht. Der Hirß waͤchßt gern im
ſandichten feuchten Erdreich/ will am mor-
gen fruͤh oder auff den abend in der kuͤhle
geſaͤet/ oder in grund geworffen werden. Es
bedarff keines beſondern groſſen unkoſtens/

denn
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[324/0340] Das Andere Buch/ hat eben die farb wie das Korn/ ſo darinnen verſchloſſen ligt/ die wurtzel iſt auß vielen harten kleinen haͤrlein zuſammen geſetzt. Auch iſt ein geſchlecht dieſes Korns/ wel- ches innerhalb zweyen Monaten geſaͤet und reiff wird. Widerum iſt ein anders/ wel- ches in viertzig tagen nach der ſatt zeitiget. Aber ſolch fruͤhzeitig Korn iſt kleiner und geringer. Daher man es nicht ſaͤet/ oder man habe ein thewrung zu beſorgen. Jn unſern Landen ſaͤet man diß Korn im Aprillen/ ſonſt komt es nicht zu ſeiner zeiti- gung/ es wird aber erſt gegen dem Herbſt zeitig. Eigenſchafft. Das Jndianiſch Mays-korn hat mehr fluͤchtiges ſaltz/ und ſchwefelichten Geiſtes in ſich/ und iſt waͤrmerer natur als unſer Weitzen oder gemeines Korn. Gebrauch. Die Jndianer bereiten auß ihrem Mays- korn einen teig/ und machen darauß kuchen/ welche ſie auff ſonderliche art zurichten/ daß ſie waͤhren moͤgen: dieſe haltet man fuͤr leckerbißlein. Zu dem ſo haben ſie auch ei- ne ſonderliche manier von Paſteten erdacht/ welcher teig mit Blumen und Zucker ver- miſcht wird. Ferners dienet das Mays-korn nicht allein zum Brot/ ſonderen auch zum Wein. Dieſes tranck von Mays-korn/ wel- ches man in Peru Azica/ und faſt durch gantz Jndien Chicha nennet/ wird auff un- terſchiedliche weiß zugerichtet. Das ſtaͤrck- ſte getraͤnck machen ſie wie das Bier/ wel- ches ſie alſo zurichten. Die Mayskoͤrner beitzen ſie/ biß ſie anfahen zu ſchoſſen/ dar- nach brennen ſie es auff eine ſonderliche art; diß wird ſo kraͤfftig/ daß es einen bald nider- wirfft. Man heiſſet es in Peru Sora/ und wird ihnen im Geſaͤtz verbotten/ wegen des groſſen ſchadens/ ſo darauß entſtehet/ denn es machet unſinnig truncken. Sie geben aber nicht viel auffs Geſaͤtz/ ſondern halten ihre Daͤntze darbey/ und trinckens Tag und Nacht. Man macht auch diſes Azica oder Chicha alſo. Sie kaͤuen das Mays-korn/ und bereiten einen ſaurteig darauß/ was nun alſo gekaͤuet worden/ das ſieden und braͤuen ſie. Die Jndianer halten darfuͤr/ daß das Mays-korn/ da es recht ſaur wer- den ſolle/ von alten verꝛuntzelten Weiberen gekaͤuet werden muͤſſe/ welches denen ſo es hoͤren/ wol ein eckel bringen moͤchte: ſie aber achten es nicht/ ſonder trincken wacker drein. Jſt ein geſunder Tranck/ welches von den vornehmen Jndianern und Spa- niern fuͤr eine Artzney gebraucht wird/ denn ſie befinden in der that/ daß es den Nieren wohl bekomt/ und leicht harnen machet. Di- ſes iſt die urſach/ daß in Weſt-Jndien we- nig Leuthe hieran noth leiden/ die vorge- meltes Chicha-tranck gebrauchen. Wenn das Mays-korn noch zart und in den aͤhren iſt/ ſo eſſen es die Jndianer und Spanier fuͤr Lecker-bißlein/ roͤſten es entweder/ oder ko- chens in Milch. Sie brauchen auch die haͤußlein oder dotten an ſtatt des Butters und oͤhls/ denn ſie ſehr feiſt ſind: darumb pflegte der Vice-koͤnig Don Franciſco de Toledo zu ſagen: Die in Peru beſitzen zwo ſachen/ welche ihnen reichthum und nah- rung bringen/ nemlich ihr Mays-korn und Vieh im Land. Fuͤr die groſſe Jndianiſche Herꝛen wer- den kleine kuͤchlein auß dem gefiebten Mays- korn zubereitet/ welche ſo zart/ duͤnn und reinlich/ daß man ſchier durchhin ſihet/ maſ- ſen ſie ſo duͤnn wie ein papier. Jngleichem machet man auch kleine teller-kuͤchlein von dieſem geſiechteten Korn/ die zwar dick/ je- doch durchſichtig ſcheinen. Aber diſe beyde gattung kuͤchlein ſind nur fuͤr die Jndiani- ſche Fuͤrſtliche maͤuler. CAPUT XX. [Abbildung Hirß. Milium. ] Namen. HIrß heißt Griechiſch/ _, __- ____, __. Lateiniſch/ Milium. Jtaliaͤniſch/ Miglio. Fran- tzoͤſiſch/ Mill, Millet. Spaniſch/ Mijo. En- gliſch/ Millet. Niderlaͤndiſch/ Hirß/ Hirſe/ Heers/ Milie. Geſtalt. Der gelbe Hirß/ Milium ſemine luteo, C. B. hat viel haarichte und knodichte ſtengel/ die ſind elen hoch. Die wurtzel iſt gantz zaſicht/ ſtarck und weiß. Die ſchwartz-rothen aͤhre ſchlieffen auß einer graßichten ſcheiden/ ſind gantz trauſchlicht und zotticht/ wie des rohrs. Jedes Hirſen-koͤrnlein iſt ſonderlich zwiſchen zweyen duͤnnen fliegenden blaͤttlein geſetzet. Solches koͤrnlein iſt klein/ rund/ veſt und gelblicht. Der Hirß waͤchßt gern im ſandichten feuchten Erdreich/ will am mor- gen fruͤh oder auff den abend in der kuͤhle geſaͤet/ oder in grund geworffen werden. Es bedarff keines beſondern groſſen unkoſtens/ denn

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/340>, abgerufen am 21.11.2024.