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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] Engbrü-
stigkeit.
Husten.
Verstopf-
fung der
Leber/
Miltz/
Kröß und
Faulflei-
sches.
viel/ aber doch noch einen guten theil flüch-
tigen saltzes bey sich/ deßwegen das pulver
davon auff ein halb quintlein schwer mit
Brustbeerlein-oder Roßhuben-syrup offt
eingenommen/ den Athem erleichteret/ den
Schleim der Brust löset/ und zum Auß-
wurff beförderet/ den Husten linderet. Mit
Schellkraut-wasser oder dem Kressen-was-
ser eingenommen/ eröffnet es die Verstopf-
fungen der Leber/ des Miltzes/ Gekröses/
und Faulfleisches.

Brunnkresse umb etwas auff warmer
Herdstatt gedämmt oder getrocknet/ hernach
rein zerstossen/ mit Rocken-mehl/ dem weis-
sen von Eyeren/ und Tauben-mist auff ge-
lindem fewr zu einem dicken Muß-pflaster
gekocht/ dick auff tuch gestriechen/ und also
warm über den schmertzhafften ort in dem
Seiten-
stich.
Seitenstich geschlagen/ vertheilet den allda
versessenen schleim gewaltig/ und stillet also
den Schmertzen. Schlägt man dieß pfla-
Harte Ge-
schwulst
des Mil-
tzes.
ster über das geschwollene erhartete Miltze/
etliche Nächt nach einander/ so wird es nicht
nur die Härtigkeit linderen/ sonderen auch
die Geschwulst zertheilen.

Gute
Brand-
salbe.

Wer vom Fewr gebrannt ist/ der nehme
Brunnkresse/ Zwibeln/ und frische Ephew-
blätter/ zerhacke alles under einander/ röste
es in frischem ungesaltzenen Butter oder Lein-
öl/ trucke den Butter oder Oel durch ein
tuch/ und schmiere den gebrannten ort/ so
wird der Brand gleich außgezogen werden/
und heilen.

Verstopf-
fung der
Nasen-
trüsen.

Der auß Brunnkresse gepreßte safft mit
Mayoran-wasser vermischt/ und offt in die
Nasen geschnupfft/ löset die Verstopffung
der Nasen-trüsen/ verschaffet also/ daß das
Dummigkeit
und schmer-
tzen des
Haupts.
Gehirn sich durch die Nasen wol reinigen
kan/ und vertreibet den Schmertzen und
Dummigkeit des Haupts/ so von bemeld-
ter Verstopffung seinen ursprung hat.

Ein Schwamm in Brunnkresse-safft und
Eßig getaucht/ und under die Nasen gehal-
Schlaff-
sucht.
ten/ erwecket diejenigen/ so mit der gefähr-
lichen Schlaffsucht/ Lethargo, angegriffen
sind/ und macht sie wacker. Wenn man
annoch Bibergeil-pulver über den Schwamm
sträet/ und also an die Nasen haltet/ so ist es
desto kräfftiger.

Geiles
faules
Fleisch
oder Polypi
der Naßlö-
cheren.

Der außgepreßte Brunnkresse-safft dienet
auch äusserlich nicht nur zu außwaschung
und reinigung allerhand faulen/ garstigen
Geschwären und Schäden; sondern auch in
die Naßlöcher/ darinnen Polypi oder ein
vielfüßiges geiles fleisch sich findet/ offt ge-
sprützet/ löset dieselben nach und nach wohl
ab/ und bringt die Naßlöcher wider zu recht.
Jst ein bewährtes mittel/ und ware nach
Ettmülleri bericht vorzeiten ein sonderlich
Geheimnuß einer Adelichen Damen in Loth-
ringen/ dadurch sie vielen Persohnen ge-
holffen/ die mit dergleichen zuständen behaff-
tet gewesen.

Von dem
flüchtigen
Saltz und
Geist der
Kresse-
kräutern.

Obschon der Brunn-auch anderer Kres-
se viel flüchtigen saltzes/ und geistreicher thei-
len in sich hat/ so lassen sich doch solche theil
durch die einfältige destillation nicht sonder-
bar herfür/ zumahlen auch solch destilliert
wasser eben so geistreich nicht ist/ als man
sich etwann einbilden möcht/ obwolen es et-
was durchtringende kräfften hat. Dannen-
[Spaltenumbruch] her die gelehrten und erfahrenen Medici in
diesem nunmehr zu end lauffenden Jahr-
hundert/ auff underschiedliche manieren ge-
dichtet/ wie solches geistreiche und flüchtige
Saltz auß den Kräuteren zu bekommen/
daß dadurch alle diejenigen zu überzeugen
wären/ welche geglaubet/ und behaubten
wollen/ daß in den Kräutern kein flüchtiges
saltz sich finde. Zu verwunderen haben wir
uns über solche Geheimnussen der Natur/
welche doch sich gantz offenbahr bißweilen
darstellen; aber es ist uns armen Menschen
bißweilen verborgen/ was gantz hell und
klar an dem tage ligt; wir riechen mehr-
mahlen dergleichen dinge/ und wollen sie
doch nicht vernehmen/ als zum Exempel/
nach Herbst-zeit wird offt das Kraut von
Rüben dahin auff die strassen geworffen/
daß es zertretten werde/ und zu dem mist
faule/ so bald es nun anhebt zu faulen/ und
auff einander zu johren/ fähret der alkali-
sche Geist/ und das flüchtige saltz häuffig
davon/ und quälet unsere Nasen dergestal-
ten mit einem scharffen/ stinckenden/ uri-
nosi
schen geruch/ daß man ja bereits vor vie-
len hundert jahren darauß hätte abnehmen
können/ daß ein flüchtiger Saltz-geist in sol-
chem Kraut stecke/ und daß solcher nicht bes-
ser herauß zu bringen seye/ als wenn das
Kraut zuvor in einen jast/ oder eine fäulung
gerathen. Also ligt uns auch offt vor den
Augen/ welches wir doch nicht sehen/ oder
nicht sehen wollen; weilen sich unsere Gei-
ster und Sinne mehr einnehmen lassen von
denen sachen/ welche viel zu subtil/ oder bey
nahem nicht zu ergründen sind: Jm gegen-
theil bereden wir uns bißweilen ein ding er-
funden zu haben/ und zu besitzen/ davon
wir doch in wahrheits-grund annoch weit
entfernet sind; und lassen die sachen fahren/
welche vor unsern Augen schweben/ und die
wir wohl besitzen könnten. Darumb müs-
sen wir eben unsere Vorfahren/ die al[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]en
Aertzte nicht verachten oder beschelten/ da
sie nicht gleich alles erfunden und gesehen
haben. Denn dieses gewißlich nicht ihrer
Träg-oder Sorglosigkeit schuld ist/ indem
sie ihren fleiß in allen dingen genugsam her-
fürgethan: sondern es war vielmehr eine Un-
glückseligkeit; es mußte den Nachkömlingen
auch was zu erfinden übergelassen werden;
gleich wie wir heutiges tags zwar viel er-
funden/ aber doch noch einen guten theil
auch unseren Nachkömlingen zu ersinnen/
und zu erfinden überlassen.

Den Spiritum oder Geist kan man auff
zweyerley weise zuwegen bringen; Erstlich
zwar/ zerhackt man das frische Kraut/ thuts
in ein kolben-glaß/ und gießt einfach destil-
lierten Brantenwein/ welcher noch viel phle-
gmatis
hat/ darüber/ läßts etliche tag wol-
vermacht stehen/ so wird sich das flüchtige
saltz mit seinem Geist in den Brantenwein
ziehen; und alßdenn destilliert/ oder ziehet
den Geist über den helm herüber in dem B. M.
Die andere weiß den Geist zu destillieren/
gibt zugleich das flüchtige saltz ab; und ge-
schihet auff folgende art: Nehmt in dem
Hew-oder Augst-monat eine gute mänge
Brunnkresse/ rupfft die blätter und blühen-
de gipffel davon/ die stengel und stiel aber

werfft

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] Engbruͤ-
ſtigkeit.
Huſten.
Verſtopf-
fung der
Leber/
Miltz/
Kroͤß und
Faulflei-
ſches.
viel/ aber doch noch einen guten theil fluͤch-
tigen ſaltzes bey ſich/ deßwegen das pulver
davon auff ein halb quintlein ſchwer mit
Bruſtbeerlein-oder Roßhuben-ſyrup offt
eingenommen/ den Athem erleichteret/ den
Schleim der Bruſt loͤſet/ und zum Auß-
wurff befoͤrderet/ den Huſten linderet. Mit
Schellkraut-waſſer oder dem Kreſſen-waſ-
ſer eingenommen/ eroͤffnet es die Verſtopf-
fungen der Leber/ des Miltzes/ Gekroͤſes/
und Faulfleiſches.

Brunnkreſſe umb etwas auff warmer
Herdſtatt gedaͤmmt oder getrocknet/ hernach
rein zerſtoſſen/ mit Rocken-mehl/ dem weiſ-
ſen von Eyeren/ und Tauben-miſt auff ge-
lindem fewr zu einem dicken Muß-pflaſter
gekocht/ dick auff tuch geſtriechen/ und alſo
warm uͤber den ſchmertzhafften ort in dem
Seiten-
ſtich.
Seitenſtich geſchlagen/ vertheilet den allda
verſeſſenen ſchleim gewaltig/ und ſtillet alſo
den Schmertzen. Schlaͤgt man dieß pfla-
Harte Ge-
ſchwulſt
des Mil-
tzes.
ſter uͤber das geſchwollene erhartete Miltze/
etliche Naͤcht nach einander/ ſo wird es nicht
nur die Haͤrtigkeit linderen/ ſonderen auch
die Geſchwulſt zertheilen.

Gute
Brand-
ſalbe.

Wer vom Fewr gebrannt iſt/ der nehme
Brunnkreſſe/ Zwibeln/ und friſche Ephew-
blaͤtter/ zerhacke alles under einander/ roͤſte
es in friſchem ungeſaltzenen Butter oder Lein-
oͤl/ trucke den Butter oder Oel durch ein
tuch/ und ſchmiere den gebrannten ort/ ſo
wird der Brand gleich außgezogen werden/
und heilen.

Verſtopf-
fung der
Naſen-
truͤſen.

Der auß Brunnkreſſe gepreßte ſafft mit
Mayoran-waſſer vermiſcht/ und offt in die
Naſen geſchnupfft/ loͤſet die Verſtopffung
der Naſen-truͤſen/ verſchaffet alſo/ daß das
Dum̃igkeit
uñ ſchmer-
tzen des
Haupts.
Gehirn ſich durch die Naſen wol reinigen
kan/ und vertreibet den Schmertzen und
Dummigkeit des Haupts/ ſo von bemeld-
ter Verſtopffung ſeinen urſprung hat.

Ein Schwamm in Brunnkreſſe-ſafft und
Eßig getaucht/ und under die Naſen gehal-
Schlaff-
ſucht.
ten/ erwecket diejenigen/ ſo mit der gefaͤhr-
lichen Schlaffſucht/ Lethargo, angegriffen
ſind/ und macht ſie wacker. Wenn man
annoch Bibergeil-pulver uͤber den Schwam̃
ſtraͤet/ und alſo an die Naſen haltet/ ſo iſt es
deſto kraͤfftiger.

Geiles
faules
Fleiſch
oder Polypi
der Naßloͤ-
cheren.

Der außgepreßte Brunnkreſſe-ſafft dienet
auch aͤuſſerlich nicht nur zu außwaſchung
und reinigung allerhand faulen/ garſtigen
Geſchwaͤren und Schaͤden; ſondern auch in
die Naßloͤcher/ darinnen Polypi oder ein
vielfuͤßiges geiles fleiſch ſich findet/ offt ge-
ſpruͤtzet/ loͤſet dieſelben nach und nach wohl
ab/ und bringt die Naßloͤcher wider zu recht.
Jſt ein bewaͤhrtes mittel/ und ware nach
Ettmülleri bericht vorzeiten ein ſonderlich
Geheimnuß einer Adelichen Damen in Loth-
ringen/ dadurch ſie vielen Perſohnen ge-
holffen/ die mit dergleichen zuſtaͤnden behaff-
tet geweſen.

Von dem
fluͤchtigen
Saltz und
Geiſt der
Kreſſe-
kraͤutern.

Obſchon der Brunn-auch anderer Kreſ-
ſe viel fluͤchtigen ſaltzes/ und geiſtreicher thei-
len in ſich hat/ ſo laſſen ſich doch ſolche theil
durch die einfaͤltige deſtillation nicht ſonder-
bar herfuͤr/ zumahlen auch ſolch deſtilliert
waſſer eben ſo geiſtreich nicht iſt/ als man
ſich etwann einbilden moͤcht/ obwolen es et-
was durchtringende kraͤfften hat. Dannen-
[Spaltenumbruch] her die gelehrten und erfahrenen Medici in
dieſem nunmehr zu end lauffenden Jahr-
hundert/ auff underſchiedliche manieren ge-
dichtet/ wie ſolches geiſtreiche und fluͤchtige
Saltz auß den Kraͤuteren zu bekommen/
daß dadurch alle diejenigen zu uͤberzeugen
waͤren/ welche geglaubet/ und behaubten
wollen/ daß in den Kraͤutern kein fluͤchtiges
ſaltz ſich finde. Zu verwunderen haben wir
uns uͤber ſolche Geheimnuſſen der Natur/
welche doch ſich gantz offenbahr bißweilen
darſtellen; aber es iſt uns armen Menſchen
bißweilen verborgen/ was gantz hell und
klar an dem tage ligt; wir riechen mehr-
mahlen dergleichen dinge/ und wollen ſie
doch nicht vernehmen/ als zum Exempel/
nach Herbſt-zeit wird offt das Kraut von
Ruͤben dahin auff die ſtraſſen geworffen/
daß es zertretten werde/ und zu dem miſt
faule/ ſo bald es nun anhebt zu faulen/ und
auff einander zu johren/ faͤhret der alkali-
ſche Geiſt/ und das fluͤchtige ſaltz haͤuffig
davon/ und quaͤlet unſere Naſen dergeſtal-
ten mit einem ſcharffen/ ſtinckenden/ uri-
noſi
ſchen geruch/ daß man ja bereits vor vie-
len hundert jahren darauß haͤtte abnehmen
koͤnnen/ daß ein fluͤchtiger Saltz-geiſt in ſol-
chem Kraut ſtecke/ und daß ſolcher nicht beſ-
ſer herauß zu bringen ſeye/ als wenn das
Kraut zuvor in einen jaſt/ oder eine faͤulung
gerathen. Alſo ligt uns auch offt vor den
Augen/ welches wir doch nicht ſehen/ oder
nicht ſehen wollen; weilen ſich unſere Gei-
ſter und Sinne mehr einnehmen laſſen von
denen ſachen/ welche viel zu ſubtil/ oder bey
nahem nicht zu ergruͤnden ſind: Jm gegen-
theil bereden wir uns bißweilen ein ding er-
funden zu haben/ und zu beſitzen/ davon
wir doch in wahrheits-grund annoch weit
entfernet ſind; und laſſen die ſachen fahren/
welche vor unſern Augen ſchweben/ und die
wir wohl beſitzen koͤnnten. Darumb muͤſ-
ſen wir eben unſere Vorfahren/ die al[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]en
Aertzte nicht verachten oder beſchelten/ da
ſie nicht gleich alles erfunden und geſehen
haben. Denn dieſes gewißlich nicht ihrer
Traͤg-oder Sorgloſigkeit ſchuld iſt/ indem
ſie ihren fleiß in allen dingen genugſam her-
fuͤrgethan: ſondern es war vielmehr eine Un-
gluͤckſeligkeit; es mußte den Nachkoͤmlingen
auch was zu erfinden uͤbergelaſſen werden;
gleich wie wir heutiges tags zwar viel er-
funden/ aber doch noch einen guten theil
auch unſeren Nachkoͤmlingen zu erſinnen/
und zu erfinden uͤberlaſſen.

Den Spiritum oder Geiſt kan man auff
zweyerley weiſe zuwegen bringen; Erſtlich
zwar/ zerhackt man das friſche Kraut/ thuts
in ein kolben-glaß/ und gießt einfach deſtil-
lierten Brantenwein/ welcher noch viel phle-
gmatis
hat/ daruͤber/ laͤßts etliche tag wol-
vermacht ſtehen/ ſo wird ſich das fluͤchtige
ſaltz mit ſeinem Geiſt in den Brantenwein
ziehen; und alßdenn deſtilliert/ oder ziehet
den Geiſt uͤber den helm heruͤber in dem B. M.
Die andere weiß den Geiſt zu deſtillieren/
gibt zugleich das fluͤchtige ſaltz ab; und ge-
ſchihet auff folgende art: Nehmt in dem
Hew-oder Augſt-monat eine gute maͤnge
Brunnkreſſe/ rupfft die blaͤtter und bluͤhen-
de gipffel davon/ die ſtengel und ſtiel aber

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[423/0439] Von den Kraͤuteren. viel/ aber doch noch einen guten theil fluͤch- tigen ſaltzes bey ſich/ deßwegen das pulver davon auff ein halb quintlein ſchwer mit Bruſtbeerlein-oder Roßhuben-ſyrup offt eingenommen/ den Athem erleichteret/ den Schleim der Bruſt loͤſet/ und zum Auß- wurff befoͤrderet/ den Huſten linderet. Mit Schellkraut-waſſer oder dem Kreſſen-waſ- ſer eingenommen/ eroͤffnet es die Verſtopf- fungen der Leber/ des Miltzes/ Gekroͤſes/ und Faulfleiſches. Engbruͤ- ſtigkeit. Huſten. Verſtopf- fung der Leber/ Miltz/ Kroͤß und Faulflei- ſches. Brunnkreſſe umb etwas auff warmer Herdſtatt gedaͤmmt oder getrocknet/ hernach rein zerſtoſſen/ mit Rocken-mehl/ dem weiſ- ſen von Eyeren/ und Tauben-miſt auff ge- lindem fewr zu einem dicken Muß-pflaſter gekocht/ dick auff tuch geſtriechen/ und alſo warm uͤber den ſchmertzhafften ort in dem Seitenſtich geſchlagen/ vertheilet den allda verſeſſenen ſchleim gewaltig/ und ſtillet alſo den Schmertzen. Schlaͤgt man dieß pfla- ſter uͤber das geſchwollene erhartete Miltze/ etliche Naͤcht nach einander/ ſo wird es nicht nur die Haͤrtigkeit linderen/ ſonderen auch die Geſchwulſt zertheilen. Seiten- ſtich. Harte Ge- ſchwulſt des Mil- tzes. Wer vom Fewr gebrannt iſt/ der nehme Brunnkreſſe/ Zwibeln/ und friſche Ephew- blaͤtter/ zerhacke alles under einander/ roͤſte es in friſchem ungeſaltzenen Butter oder Lein- oͤl/ trucke den Butter oder Oel durch ein tuch/ und ſchmiere den gebrannten ort/ ſo wird der Brand gleich außgezogen werden/ und heilen. Der auß Brunnkreſſe gepreßte ſafft mit Mayoran-waſſer vermiſcht/ und offt in die Naſen geſchnupfft/ loͤſet die Verſtopffung der Naſen-truͤſen/ verſchaffet alſo/ daß das Gehirn ſich durch die Naſen wol reinigen kan/ und vertreibet den Schmertzen und Dummigkeit des Haupts/ ſo von bemeld- ter Verſtopffung ſeinen urſprung hat. Dum̃igkeit uñ ſchmer- tzen des Haupts. Ein Schwamm in Brunnkreſſe-ſafft und Eßig getaucht/ und under die Naſen gehal- ten/ erwecket diejenigen/ ſo mit der gefaͤhr- lichen Schlaffſucht/ Lethargo, angegriffen ſind/ und macht ſie wacker. Wenn man annoch Bibergeil-pulver uͤber den Schwam̃ ſtraͤet/ und alſo an die Naſen haltet/ ſo iſt es deſto kraͤfftiger. Schlaff- ſucht. Der außgepreßte Brunnkreſſe-ſafft dienet auch aͤuſſerlich nicht nur zu außwaſchung und reinigung allerhand faulen/ garſtigen Geſchwaͤren und Schaͤden; ſondern auch in die Naßloͤcher/ darinnen Polypi oder ein vielfuͤßiges geiles fleiſch ſich findet/ offt ge- ſpruͤtzet/ loͤſet dieſelben nach und nach wohl ab/ und bringt die Naßloͤcher wider zu recht. Jſt ein bewaͤhrtes mittel/ und ware nach Ettmülleri bericht vorzeiten ein ſonderlich Geheimnuß einer Adelichen Damen in Loth- ringen/ dadurch ſie vielen Perſohnen ge- holffen/ die mit dergleichen zuſtaͤnden behaff- tet geweſen. Obſchon der Brunn-auch anderer Kreſ- ſe viel fluͤchtigen ſaltzes/ und geiſtreicher thei- len in ſich hat/ ſo laſſen ſich doch ſolche theil durch die einfaͤltige deſtillation nicht ſonder- bar herfuͤr/ zumahlen auch ſolch deſtilliert waſſer eben ſo geiſtreich nicht iſt/ als man ſich etwann einbilden moͤcht/ obwolen es et- was durchtringende kraͤfften hat. Dannen- her die gelehrten und erfahrenen Medici in dieſem nunmehr zu end lauffenden Jahr- hundert/ auff underſchiedliche manieren ge- dichtet/ wie ſolches geiſtreiche und fluͤchtige Saltz auß den Kraͤuteren zu bekommen/ daß dadurch alle diejenigen zu uͤberzeugen waͤren/ welche geglaubet/ und behaubten wollen/ daß in den Kraͤutern kein fluͤchtiges ſaltz ſich finde. Zu verwunderen haben wir uns uͤber ſolche Geheimnuſſen der Natur/ welche doch ſich gantz offenbahr bißweilen darſtellen; aber es iſt uns armen Menſchen bißweilen verborgen/ was gantz hell und klar an dem tage ligt; wir riechen mehr- mahlen dergleichen dinge/ und wollen ſie doch nicht vernehmen/ als zum Exempel/ nach Herbſt-zeit wird offt das Kraut von Ruͤben dahin auff die ſtraſſen geworffen/ daß es zertretten werde/ und zu dem miſt faule/ ſo bald es nun anhebt zu faulen/ und auff einander zu johren/ faͤhret der alkali- ſche Geiſt/ und das fluͤchtige ſaltz haͤuffig davon/ und quaͤlet unſere Naſen dergeſtal- ten mit einem ſcharffen/ ſtinckenden/ uri- noſiſchen geruch/ daß man ja bereits vor vie- len hundert jahren darauß haͤtte abnehmen koͤnnen/ daß ein fluͤchtiger Saltz-geiſt in ſol- chem Kraut ſtecke/ und daß ſolcher nicht beſ- ſer herauß zu bringen ſeye/ als wenn das Kraut zuvor in einen jaſt/ oder eine faͤulung gerathen. Alſo ligt uns auch offt vor den Augen/ welches wir doch nicht ſehen/ oder nicht ſehen wollen; weilen ſich unſere Gei- ſter und Sinne mehr einnehmen laſſen von denen ſachen/ welche viel zu ſubtil/ oder bey nahem nicht zu ergruͤnden ſind: Jm gegen- theil bereden wir uns bißweilen ein ding er- funden zu haben/ und zu beſitzen/ davon wir doch in wahrheits-grund annoch weit entfernet ſind; und laſſen die ſachen fahren/ welche vor unſern Augen ſchweben/ und die wir wohl beſitzen koͤnnten. Darumb muͤſ- ſen wir eben unſere Vorfahren/ die al_en Aertzte nicht verachten oder beſchelten/ da ſie nicht gleich alles erfunden und geſehen haben. Denn dieſes gewißlich nicht ihrer Traͤg-oder Sorgloſigkeit ſchuld iſt/ indem ſie ihren fleiß in allen dingen genugſam her- fuͤrgethan: ſondern es war vielmehr eine Un- gluͤckſeligkeit; es mußte den Nachkoͤmlingen auch was zu erfinden uͤbergelaſſen werden; gleich wie wir heutiges tags zwar viel er- funden/ aber doch noch einen guten theil auch unſeren Nachkoͤmlingen zu erſinnen/ und zu erfinden uͤberlaſſen. Den Spiritum oder Geiſt kan man auff zweyerley weiſe zuwegen bringen; Erſtlich zwar/ zerhackt man das friſche Kraut/ thuts in ein kolben-glaß/ und gießt einfach deſtil- lierten Brantenwein/ welcher noch viel phle- gmatis hat/ daruͤber/ laͤßts etliche tag wol- vermacht ſtehen/ ſo wird ſich das fluͤchtige ſaltz mit ſeinem Geiſt in den Brantenwein ziehen; und alßdenn deſtilliert/ oder ziehet den Geiſt uͤber den helm heruͤber in dem B. M. Die andere weiß den Geiſt zu deſtillieren/ gibt zugleich das fluͤchtige ſaltz ab; und ge- ſchihet auff folgende art: Nehmt in dem Hew-oder Augſt-monat eine gute maͤnge Brunnkreſſe/ rupfft die blaͤtter und bluͤhen- de gipffel davon/ die ſtengel und ſtiel aber werfft

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/439>, abgerufen am 24.11.2024.