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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Erste Buch/
[Spaltenumbruch] Früchte nur den Vögeln zu theil werden.
Eben auß dieser Ursach/ weil die Kirschen-
bäume hoch auffwachsen/ kan man damit
in einem Garten einen angenehmen Schat-
ten machen; wenn man nemlich dieselben
gegen Mittag pflantzet/ so halten sie der
Sonnen heisse Strahlen auff/ beschirmen
den Menschen für Hitze/ und geben demsel-
ben einen anmüthigen Schatten/ damit
können auch die Sommer-lauben und Som-
mer-häuser beschirmet werden/ worzu man
mit guten Reisern besetzte Bäume nehmen
solle/ welche nicht allein mit ihren anmüthi-
gen Schatten/ sondern auch mit ihren gu-
ten Früchten die Menschen erquicken.

Wie der
Baum
fortge-
pflantzt
werde.

Gleichwie ins gemein das Steinobst von
seinen Kernen wird fortgebracht und ver-
mehret/ also kan man auch absonderlich
mit den Kirschenbäumen verfahren. Aber
weil sie bey uns häuffig von der Bruth auff-
gehen/ und sich selbst fortpflantzen/ so kan
man dieselben zum versetzen gebrauchen/ und
zu seiner Zeit mit guten Peltzreisern pfropf-
fen.

Jn dem Herbst/ als im Wein- und Win-
termonat ist die beste versetz-zeit. Denn die
Winter-feuchte ist den Kirschenbäumen gar
zuträglich/ sie wollen auch tieff gesetzet seyn.
Sie können zwar auch in dem Frühling ver-
setzet werden/ ehe sie außschlagen; aber es
ist mißlich. Denn folget auff diß versetzen
ein heisser Sommer/ so gehen sie zuruck/
und stehen ab/ wenn man ihnen mit dürff-
tiger Begiessung nicht zu hülff kommet.
Diß ist auch hie zu melden/ daß es denen in
dem Herbst außgegrabenen Kirschenbäume
nicht schade/ wenn sie gleich nicht alsobald
wider versetzet werden/ sondern den gan-
tzen Winter durch unversetzet bleiben/ da sie
nur mit den Wurtzeln in dem frischen Erd-
reich ligen/ wenn nun im Winter der Erd-
boden offen/ so kan man dieselben setzen/
wenn es Gelegenheit gibet/ und auff solche
Weis die Stämmer hierzu in Bereitschafft
halten.

Wenn ein newgesetzter Kirschenbaum in
dem ersten Jahr Blühe-knospen treibet/ so
soll man dieselben nicht auffgehen lassen/
sondern sämbtlich abbrechen. Denn läßt
man sie verblühen/ so wird dem Baum sei-
ne beste Krafft entzogen/ und derselbige in
dem Wachsthumb gehindert/ oder wohl
gar verderbet.

Etliche wollen/ man solle die Kirschen-
bäume drey Tage nach dem Newmond se-
tzen/ so bekommen sie wohl: Andere er-
wehlen hierzu den jenigen Wochen-tag/ an
welchem zuvor der Christ-tag gehalten wor-
den: Aber in Wahrheits-grund taugt hier-
zu alle Zeit/ und hat man deßhalben nicht
auff des Mondes Liecht zu sehen.

Wird am
besten in
sich selbsten
geimpffet.

Obwohl der Kirschbaum auff under-
schiedliche Stämmer anderer Gattung ge-
zweyget wird/ so ist doch solche Zweygung
nicht daur- und wehrhafft. Jst derowegen
das beste/ daß er in sich selber geimpffet wer-
de/ da wächset er lustig/ und wird frucht-
bahr. Under den Peltz-arten ist dem Kir-
schenbaum die Spalt-zweygung am nutz-
lichsten. Allein muß Fleiß angewendet
werden/ daß des Marcks/ beydes am Zweyg
[Spaltenumbruch] und am Stammer/ so viel möglich verscho-
net/ auch der Stammer nicht zu hart ge-
bunden werde. Dann auff solche weiß/
weil die Kirschen-reiser bald wachsen/ nicht
allein die Rinden eingeschnitten/ sondern
auch das Reiß gar hart gedruckt wird. Da-
rumb ist rathsam/ wann das wachsen des
Reises vermercket wird/ daß man die Bän-
der auffthue und loder mache/ damit das
Reiß seinen Wachsthumb ungehindert fort-
treiben kan.

Wegen des Kirschenbaums Peltzung istWas bey
dessen
Zweygung
zu thun.

auch diß zu mercken/ daß man zu Zurü-
stung und Beschneidung des Reises ein sub-
til und scharffes gutes Messerlein gebrauche/
daß man hurtig und ungeschändet das Reiß
zurüste/ denn ist das Messerlein nicht scharff/
so kan es gar leicht geschehen/ daß sich die
obere Rinden von der inneren abschelet/ wel-
ches denn dem Reiß am wachsen merckliche
Hindernuß bringet/ denn es vermag nicht
den Safft an sich zu ziehen/ umb deß wil-
len ist Fleiß anzuwenden/ daß die äussere und
innere Rinden am Reiß unversehrt auff und
aneinander bleiben. Solcher massen kan
das Reiß ungehindert Safft ziehen und lu-
stig wachsen. Es ist auch diß Mittel nicht
zu verwerffen/ sondern zum fruchtbahren
Wachsthumb befürderlich: Ehe man den
Kirschenbaum peltzet/ daß man zuvor umb
den Peltzstock fleißig hacke/ und das Erd-
reich aufflucke/ dasselbe von Graß und Un-
kraut säubere/ auch wo es von[n]öhten/ gu-
ten frischen Grund zulege/ so spühret es der
Baum mercklich.

Der Mist ist durchauß dem KirschenbaumDer Mist
ist ihnen
schädlich

zuwider. Denn die Erfahrung bezeuget
es/ daß wenn demselben/ sonderlich einem
jungen Baum/ Mist wird zugeleget/ so
wird/ durch desselben Wärme/ der
Safft gar zu starck getrieben/ daß der-
selbe ersticket/ und sich die Rinde von dem
Baum lediget. Wo man nun mit Schrepf-
fen oder Lassen dem noth-leydenden Baum
nicht zu Hülffe kommet/ so ist es umb den-
selben geschehen.

Uber diß ist wegen des Peltzens auch zu-
erinneren: Daß die Kirschen-stämmer auff
das genaweste bey dem Erdboden abzupel-
tzen/ damit der Stämmer eine feine und ebene
Gestalt bekomme. Die Rinden-peltzung ist
ihm darumb nicht anständig/ weil dieselbe
entweder zu frühe oder zu spath/ vor oder
nach verflossenem Gummi/ muß gehandelt
werden/ dann in Zeit des auffwallenden
Saffts lässet sich nichts thun/ sondern ver-
ursachet Hindernuß an dem Wachsthumb.
Wie zeitlich sich der Safft in den Kirschbäu-
men ereigne/ ist daher abzunehmen/ weil
man desselben Reiser auff den Christ-tag kan
blühend machen: Man nehme Kirschen-
äste/ setze sie zwischen St. Andreae- und
Barbarae-Tag in frisch Fluß-wasser/ stel-
le sie in einen warmen Ort/ und gebe ihnenAn Weyh-
nachten
Blüht zu
haben.

alle Tage frisch Wasser/ so wird sie umb
Weyhnachten so schöne Blüht haben/ als
im Frühling.

Wer gerne bald/ in drey/ vier oder fünff
Jahren/ schöne gepeltzte Kirschenbäume ha-
ben/ und aufferziehen will/ der lasse ihm in
Höltzern/ schöne/ gerade/ hohe/ wilde

Kirschen-

Das Erſte Buch/
[Spaltenumbruch] Fruͤchte nur den Voͤgeln zu theil werden.
Eben auß dieſer Urſach/ weil die Kirſchen-
baͤume hoch auffwachſen/ kan man damit
in einem Garten einen angenehmen Schat-
ten machen; wenn man nemlich dieſelben
gegen Mittag pflantzet/ ſo halten ſie der
Sonnen heiſſe Strahlen auff/ beſchirmen
den Menſchen fuͤr Hitze/ und geben demſel-
ben einen anmuͤthigen Schatten/ damit
koͤnnen auch die Som̃er-lauben und Som-
mer-haͤuſer beſchirmet werden/ worzu man
mit guten Reiſern beſetzte Baͤume nehmen
ſolle/ welche nicht allein mit ihren anmuͤthi-
gen Schatten/ ſondern auch mit ihren gu-
ten Fruͤchten die Menſchen erquicken.

Wie der
Baum
fortge-
pflantzt
werde.

Gleichwie ins gemein das Steinobſt von
ſeinen Kernen wird fortgebracht und ver-
mehret/ alſo kan man auch abſonderlich
mit den Kirſchenbaͤumen verfahren. Aber
weil ſie bey uns haͤuffig von der Bruth auff-
gehen/ und ſich ſelbſt fortpflantzen/ ſo kan
man dieſelben zum verſetzen gebrauchen/ und
zu ſeiner Zeit mit guten Peltzreiſern pfropf-
fen.

Jn dem Herbſt/ als im Wein- und Win-
termonat iſt die beſte verſetz-zeit. Denn die
Winter-feuchte iſt den Kirſchenbaͤumen gar
zutraͤglich/ ſie wollen auch tieff geſetzet ſeyn.
Sie koͤnnen zwar auch in dem Fruͤhling ver-
ſetzet werden/ ehe ſie außſchlagen; aber es
iſt mißlich. Denn folget auff diß verſetzen
ein heiſſer Sommer/ ſo gehen ſie zuruck/
und ſtehen ab/ wenn man ihnen mit duͤrff-
tiger Begieſſung nicht zu huͤlff kommet.
Diß iſt auch hie zu melden/ daß es denen in
dem Herbſt außgegrabenen Kirſchenbaͤume
nicht ſchade/ wenn ſie gleich nicht alſobald
wider verſetzet werden/ ſondern den gan-
tzen Winter durch unverſetzet bleiben/ da ſie
nur mit den Wurtzeln in dem friſchen Erd-
reich ligen/ wenn nun im Winter der Erd-
boden offen/ ſo kan man dieſelben ſetzen/
wenn es Gelegenheit gibet/ und auff ſolche
Weis die Staͤmmer hierzu in Bereitſchafft
halten.

Wenn ein newgeſetzter Kirſchenbaum in
dem erſten Jahr Bluͤhe-knoſpen treibet/ ſo
ſoll man dieſelben nicht auffgehen laſſen/
ſondern ſaͤmbtlich abbrechen. Denn laͤßt
man ſie verbluͤhen/ ſo wird dem Baum ſei-
ne beſte Krafft entzogen/ und derſelbige in
dem Wachsthumb gehindert/ oder wohl
gar verderbet.

Etliche wollen/ man ſolle die Kirſchen-
baͤume drey Tage nach dem Newmond ſe-
tzen/ ſo bekommen ſie wohl: Andere er-
wehlen hierzu den jenigen Wochen-tag/ an
welchem zuvor der Chriſt-tag gehalten wor-
den: Aber in Wahrheits-grund taugt hier-
zu alle Zeit/ und hat man deßhalben nicht
auff des Mondes Liecht zu ſehen.

Wird am
beſten in
ſich ſelbſten
geimpffet.

Obwohl der Kirſchbaum auff under-
ſchiedliche Staͤmmer anderer Gattung ge-
zweyget wird/ ſo iſt doch ſolche Zweygung
nicht daur- und wehrhafft. Jſt derowegen
das beſte/ daß er in ſich ſelber geimpffet wer-
de/ da waͤchſet er luſtig/ und wird frucht-
bahr. Under den Peltz-arten iſt dem Kir-
ſchenbaum die Spalt-zweygung am nutz-
lichſten. Allein muß Fleiß angewendet
werden/ daß des Marcks/ beydes am Zweyg
[Spaltenumbruch] und am Stammer/ ſo viel moͤglich verſcho-
net/ auch der Stammer nicht zu hart ge-
bunden werde. Dann auff ſolche weiß/
weil die Kirſchen-reiſer bald wachſen/ nicht
allein die Rinden eingeſchnitten/ ſondern
auch das Reiß gar hart gedruckt wird. Da-
rumb iſt rathſam/ wann das wachſen des
Reiſes vermercket wird/ daß man die Baͤn-
der auffthue und loder mache/ damit das
Reiß ſeinen Wachsthumb ungehindert fort-
treiben kan.

Wegen des Kirſchenbaums Peltzung iſtWas bey
deſſen
Zweygung
zu thun.

auch diß zu mercken/ daß man zu Zuruͤ-
ſtung und Beſchneidung des Reiſes ein ſub-
til und ſcharffes gutes Meſſerlein gebrauche/
daß man hurtig und ungeſchaͤndet das Reiß
zuruͤſte/ denn iſt das Meſſerlein nicht ſcharff/
ſo kan es gar leicht geſchehen/ daß ſich die
obere Rinden von der inneren abſchelet/ wel-
ches denn dem Reiß am wachſen merckliche
Hindernuß bringet/ denn es vermag nicht
den Safft an ſich zu ziehen/ umb deß wil-
len iſt Fleiß anzuwenden/ daß die aͤuſſere und
innere Rinden am Reiß unverſehrt auff und
aneinander bleiben. Solcher maſſen kan
das Reiß ungehindert Safft ziehen und lu-
ſtig wachſen. Es iſt auch diß Mittel nicht
zu verwerffen/ ſondern zum fruchtbahren
Wachsthumb befuͤrderlich: Ehe man den
Kirſchenbaum peltzet/ daß man zuvor umb
den Peltzſtock fleißig hacke/ und das Erd-
reich aufflucke/ daſſelbe von Graß und Un-
kraut ſaͤubere/ auch wo es von[n]oͤhten/ gu-
ten friſchen Grund zulege/ ſo ſpuͤhret es der
Baum mercklich.

Der Miſt iſt durchauß dem KirſchenbaumDer Miſt
iſt ihnen
ſchaͤdlich

zuwider. Denn die Erfahrung bezeuget
es/ daß wenn demſelben/ ſonderlich einem
jungen Baum/ Miſt wird zugeleget/ ſo
wird/ durch deſſelben Waͤrme/ der
Safft gar zu ſtarck getrieben/ daß der-
ſelbe erſticket/ und ſich die Rinde von dem
Baum lediget. Wo man nun mit Schrepf-
fen oder Laſſen dem noth-leydenden Baum
nicht zu Huͤlffe kommet/ ſo iſt es umb den-
ſelben geſchehen.

Uber diß iſt wegen des Peltzens auch zu-
erinneren: Daß die Kirſchen-ſtaͤmmer auff
das genaweſte bey dem Erdboden abzupel-
tzen/ damit der Staͤmmer eine feine und ebene
Geſtalt bekomme. Die Rinden-peltzung iſt
ihm darumb nicht anſtaͤndig/ weil dieſelbe
entweder zu fruͤhe oder zu ſpath/ vor oder
nach verfloſſenem Gummi/ muß gehandelt
werden/ dann in Zeit des auffwallenden
Saffts laͤſſet ſich nichts thun/ ſondern ver-
urſachet Hindernuß an dem Wachsthumb.
Wie zeitlich ſich der Safft in den Kirſchbaͤu-
men ereigne/ iſt daher abzunehmen/ weil
man deſſelben Reiſer auff den Chriſt-tag kan
bluͤhend machen: Man nehme Kirſchen-
aͤſte/ ſetze ſie zwiſchen St. Andreæ- und
Barbaræ-Tag in friſch Fluß-waſſer/ ſtel-
le ſie in einen warmen Ort/ und gebe ihnenAn Weyh-
nachten
Bluͤht zu
haben.

alle Tage friſch Waſſer/ ſo wird ſie umb
Weyhnachten ſo ſchoͤne Bluͤht haben/ als
im Fruͤhling.

Wer gerne bald/ in drey/ vier oder fuͤnff
Jahren/ ſchoͤne gepeltzte Kirſchenbaͤume ha-
ben/ und aufferziehen will/ der laſſe ihm in
Hoͤltzern/ ſchoͤne/ gerade/ hohe/ wilde

Kirſchen-
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[76/0092] Das Erſte Buch/ Fruͤchte nur den Voͤgeln zu theil werden. Eben auß dieſer Urſach/ weil die Kirſchen- baͤume hoch auffwachſen/ kan man damit in einem Garten einen angenehmen Schat- ten machen; wenn man nemlich dieſelben gegen Mittag pflantzet/ ſo halten ſie der Sonnen heiſſe Strahlen auff/ beſchirmen den Menſchen fuͤr Hitze/ und geben demſel- ben einen anmuͤthigen Schatten/ damit koͤnnen auch die Som̃er-lauben und Som- mer-haͤuſer beſchirmet werden/ worzu man mit guten Reiſern beſetzte Baͤume nehmen ſolle/ welche nicht allein mit ihren anmuͤthi- gen Schatten/ ſondern auch mit ihren gu- ten Fruͤchten die Menſchen erquicken. Gleichwie ins gemein das Steinobſt von ſeinen Kernen wird fortgebracht und ver- mehret/ alſo kan man auch abſonderlich mit den Kirſchenbaͤumen verfahren. Aber weil ſie bey uns haͤuffig von der Bruth auff- gehen/ und ſich ſelbſt fortpflantzen/ ſo kan man dieſelben zum verſetzen gebrauchen/ und zu ſeiner Zeit mit guten Peltzreiſern pfropf- fen. Jn dem Herbſt/ als im Wein-und Win- termonat iſt die beſte verſetz-zeit. Denn die Winter-feuchte iſt den Kirſchenbaͤumen gar zutraͤglich/ ſie wollen auch tieff geſetzet ſeyn. Sie koͤnnen zwar auch in dem Fruͤhling ver- ſetzet werden/ ehe ſie außſchlagen; aber es iſt mißlich. Denn folget auff diß verſetzen ein heiſſer Sommer/ ſo gehen ſie zuruck/ und ſtehen ab/ wenn man ihnen mit duͤrff- tiger Begieſſung nicht zu huͤlff kommet. Diß iſt auch hie zu melden/ daß es denen in dem Herbſt außgegrabenen Kirſchenbaͤume nicht ſchade/ wenn ſie gleich nicht alſobald wider verſetzet werden/ ſondern den gan- tzen Winter durch unverſetzet bleiben/ da ſie nur mit den Wurtzeln in dem friſchen Erd- reich ligen/ wenn nun im Winter der Erd- boden offen/ ſo kan man dieſelben ſetzen/ wenn es Gelegenheit gibet/ und auff ſolche Weis die Staͤmmer hierzu in Bereitſchafft halten. Wenn ein newgeſetzter Kirſchenbaum in dem erſten Jahr Bluͤhe-knoſpen treibet/ ſo ſoll man dieſelben nicht auffgehen laſſen/ ſondern ſaͤmbtlich abbrechen. Denn laͤßt man ſie verbluͤhen/ ſo wird dem Baum ſei- ne beſte Krafft entzogen/ und derſelbige in dem Wachsthumb gehindert/ oder wohl gar verderbet. Etliche wollen/ man ſolle die Kirſchen- baͤume drey Tage nach dem Newmond ſe- tzen/ ſo bekommen ſie wohl: Andere er- wehlen hierzu den jenigen Wochen-tag/ an welchem zuvor der Chriſt-tag gehalten wor- den: Aber in Wahrheits-grund taugt hier- zu alle Zeit/ und hat man deßhalben nicht auff des Mondes Liecht zu ſehen. Obwohl der Kirſchbaum auff under- ſchiedliche Staͤmmer anderer Gattung ge- zweyget wird/ ſo iſt doch ſolche Zweygung nicht daur-und wehrhafft. Jſt derowegen das beſte/ daß er in ſich ſelber geimpffet wer- de/ da waͤchſet er luſtig/ und wird frucht- bahr. Under den Peltz-arten iſt dem Kir- ſchenbaum die Spalt-zweygung am nutz- lichſten. Allein muß Fleiß angewendet werden/ daß des Marcks/ beydes am Zweyg und am Stammer/ ſo viel moͤglich verſcho- net/ auch der Stammer nicht zu hart ge- bunden werde. Dann auff ſolche weiß/ weil die Kirſchen-reiſer bald wachſen/ nicht allein die Rinden eingeſchnitten/ ſondern auch das Reiß gar hart gedruckt wird. Da- rumb iſt rathſam/ wann das wachſen des Reiſes vermercket wird/ daß man die Baͤn- der auffthue und loder mache/ damit das Reiß ſeinen Wachsthumb ungehindert fort- treiben kan. Wegen des Kirſchenbaums Peltzung iſt auch diß zu mercken/ daß man zu Zuruͤ- ſtung und Beſchneidung des Reiſes ein ſub- til und ſcharffes gutes Meſſerlein gebrauche/ daß man hurtig und ungeſchaͤndet das Reiß zuruͤſte/ denn iſt das Meſſerlein nicht ſcharff/ ſo kan es gar leicht geſchehen/ daß ſich die obere Rinden von der inneren abſchelet/ wel- ches denn dem Reiß am wachſen merckliche Hindernuß bringet/ denn es vermag nicht den Safft an ſich zu ziehen/ umb deß wil- len iſt Fleiß anzuwenden/ daß die aͤuſſere und innere Rinden am Reiß unverſehrt auff und aneinander bleiben. Solcher maſſen kan das Reiß ungehindert Safft ziehen und lu- ſtig wachſen. Es iſt auch diß Mittel nicht zu verwerffen/ ſondern zum fruchtbahren Wachsthumb befuͤrderlich: Ehe man den Kirſchenbaum peltzet/ daß man zuvor umb den Peltzſtock fleißig hacke/ und das Erd- reich aufflucke/ daſſelbe von Graß und Un- kraut ſaͤubere/ auch wo es vonnoͤhten/ gu- ten friſchen Grund zulege/ ſo ſpuͤhret es der Baum mercklich. Was bey deſſen Zweygung zu thun. Der Miſt iſt durchauß dem Kirſchenbaum zuwider. Denn die Erfahrung bezeuget es/ daß wenn demſelben/ ſonderlich einem jungen Baum/ Miſt wird zugeleget/ ſo wird/ durch deſſelben Waͤrme/ der Safft gar zu ſtarck getrieben/ daß der- ſelbe erſticket/ und ſich die Rinde von dem Baum lediget. Wo man nun mit Schrepf- fen oder Laſſen dem noth-leydenden Baum nicht zu Huͤlffe kommet/ ſo iſt es umb den- ſelben geſchehen. Der Miſt iſt ihnen ſchaͤdlich Uber diß iſt wegen des Peltzens auch zu- erinneren: Daß die Kirſchen-ſtaͤmmer auff das genaweſte bey dem Erdboden abzupel- tzen/ damit der Staͤmmer eine feine und ebene Geſtalt bekomme. Die Rinden-peltzung iſt ihm darumb nicht anſtaͤndig/ weil dieſelbe entweder zu fruͤhe oder zu ſpath/ vor oder nach verfloſſenem Gummi/ muß gehandelt werden/ dann in Zeit des auffwallenden Saffts laͤſſet ſich nichts thun/ ſondern ver- urſachet Hindernuß an dem Wachsthumb. Wie zeitlich ſich der Safft in den Kirſchbaͤu- men ereigne/ iſt daher abzunehmen/ weil man deſſelben Reiſer auff den Chriſt-tag kan bluͤhend machen: Man nehme Kirſchen- aͤſte/ ſetze ſie zwiſchen St. Andreæ-und Barbaræ-Tag in friſch Fluß-waſſer/ ſtel- le ſie in einen warmen Ort/ und gebe ihnen alle Tage friſch Waſſer/ ſo wird ſie umb Weyhnachten ſo ſchoͤne Bluͤht haben/ als im Fruͤhling. An Weyh- nachten Bluͤht zu haben. Wer gerne bald/ in drey/ vier oder fuͤnff Jahren/ ſchoͤne gepeltzte Kirſchenbaͤume ha- ben/ und aufferziehen will/ der laſſe ihm in Hoͤltzern/ ſchoͤne/ gerade/ hohe/ wilde Kirſchen-

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/92>, abgerufen am 21.11.2024.