[Spaltenumbruch]
recht/ hernach kriechen sie hin und wider wie die Winde. Die blätter scheinen aschenfarb/ rund/ gehen in ein spitz auß/ und haben ein krummen stiel. Sie trägt gestirnte blumen mit fünff weissen blättern. Der samen ist eckicht. Blühet im Brach- und Hewmonat. Das gantze Gewächs stecket voll weissen saffts wie Milch. Jst scharff und hitzig im dritten grad. Etliche gebrauchen diesen safft für die rechte Scammonien. Daher die Maßilienser in Franckreich mit der Montpelierischen Scammonien und der Co- lophonien/ die wahre Scammonien also wissen zu verfälschen/ daß man den betrug schwerlich finden kan. Sie wird auch im Fürstlichen Eystettischen Lustgarten ange- troffen.
Eigenschafft.
Jn den Apothecken nennet man den ro- hen safft auch Scammonium, wenn er aber präparirt ist/ wird er Diagridium genannt. Dieser safft ist hitziger natur/ führet ein scharffes/ hartzichtes saltz bey sich/ und hat dadurch die Eigenschafft den leib starck zu purgieren/ auch wol/ da man ihne nicht vor- sichtig eingibt/ Entzündungen zu erwecken.
Gebrauch.
Paulus AEgineta meldet/ daß dieser safft dem Magen schädlich seye/ und ihne leichtlich verderbe. Mesues setzet noch hinzu/ daß er auch die Därm im Leib und alle andere in- nerliche Glieder verletze/ das Geäder eröff- ne/ und dem Hertzen zu wider seye. Ferne- lius zeigt an/ man solle diesen safft keinem jungen oder alten Menschen/ auch keiner schwangeren Frauen/ oder schwachen Per- sohnen eingeben/ sondern allein starcken Leu- ten. Es sollen auch ihne diejenigen nicht ge- brauchen/ so mit einem hitzigen Fieber/ oder sonst einer geschwinden schwachheit ange- griffen sind. Dieweil denn dieser safft so ge- fährlich purgiert/ muß man mit gutem be- dacht darmit umbgehen/ auff daß er nicht mehr schaden als nutzen bringe.
Dieses solten etliche gewinnsüchtige Apo- thecker/ welche sich als Doctores nicht allein dem gemeinen Mann/ sondern auch hohen Stands-personen vorstellen/ billich zu her- tzen nehmen/ denn gleich wie sie sich ge- meiniglich mit der Scammonien betriegen lassen/ also geben sie hernach diese wider al- le Kranckheiten ehrlicher Leuten ein/ da- durch bey vielen nicht die edle gesundheit/ sondern der bittere todt befürdert wird. Was nun für unheil diese mit ihrer verfälschten Scammonien anrichten/ verursachen an- dere mit den Spießglaß- oder antimoniali- schen Täfelein und Erbrech-tränckern/ wie auch mit den Purgier-säcklein/ von der schwartzen Nießwurtz gemacht/ dessen Dr. Verzascha ein sonderliches Exempel in sei- nen Observationibus Medicis Observ. 73. dar- gestellet hat. Von diesen unbillichen Apo- theckern schreibet der Königl. Dänische Leib- Medicus, Thomas Bartholinus, an den Fran- tzösischen Medicum, Guidonem Patinum, Cen- tur. II. epist. med. I. recht und wol. Die Haut beisset also diese Salbenmacher unter allen Völckern/ daß ihnen unmöglich ist/ sich in den schrancken ihres beruffs zu halten/ denn [Spaltenumbruch]
sie/ als schnöde Prahler bey den Krancken sich verstohlner weiß eindringen/ und da sie solten derselbigen underen Schlund allein außwaschen/ unterstehen sie sich frefentlich den oberen Schlund zu beflecken/ verlassen also ihre pflicht und dienst/ welche sie den Herren Medicis zu erzeigen schuldig sind/ nur darmit dieser guter namen und wohl- fart sie hinderlistig nachstellen können: wel- ches alles Lissetus Bonancius in seiner Fran- tzösischen gedruckten Erklärung der Fehlern und Betrugs/ welche von solchen Apothe- ckern begangen werden/ genugsam erwiesen: welche Thomas Bartholinus mit dem Jtaliä- nischen Gespräch Joh. Ant. Lodetti, von glei- chem Jnhalt in Latein trucken lassen.
Gleichwol läßt sich theils das Magisterium dieses Purgier-saffts/ theils auch das mit Schwefel-rauch durchzogene Scammonien- pulver annoch sehr wol und nutzlich/ andere Purgier-Artzneyen damit zu stärcken/ ge- brauchen. Man muß aber allezeit präparir- ten Weinstein/ oder Wermuth-saltz/ oder andere dergleichen Kräuter-saltz darzu mi- schen/ damit sich der Purgier-Scammo- nien safft in den Därmen nicht anhänge/ und brand erwecke.
1. Die gemeine Erdbyr/ Apios, J. B. Matth. Tithymalus tuberosa pyriformi radice, C. B. ist ein kleines Kräutlein mit zwey oder drey röthlichten zweiglein/ so sich ein wenig ü- ber die Erden erheben. Die blätter sind ein
wenig
Das Fuͤnffte Buch/
[Spaltenumbruch]
recht/ hernach kriechen ſie hin und wider wie die Winde. Die blaͤtter ſcheinen aſchenfarb/ rund/ gehen in ein ſpitz auß/ und haben ein krummen ſtiel. Sie traͤgt geſtirnte blumen mit fuͤnff weiſſen blaͤttern. Der ſamen iſt eckicht. Bluͤhet im Brach- und Hewmonat. Das gantze Gewaͤchs ſtecket voll weiſſen ſaffts wie Milch. Jſt ſcharff und hitzig im dritten grad. Etliche gebrauchen dieſen ſafft fuͤr die rechte Scammonien. Daher die Maßilienſer in Franckreich mit der Montpelieriſchen Scammonien und der Co- lophonien/ die wahre Scammonien alſo wiſſen zu verfaͤlſchen/ daß man den betrug ſchwerlich finden kan. Sie wird auch im Fuͤrſtlichen Eyſtettiſchen Luſtgarten ange- troffen.
Eigenſchafft.
Jn den Apothecken nennet man den ro- hen ſafft auch Scammonium, wenn er aber praͤparirt iſt/ wird er Diagridium genannt. Dieſer ſafft iſt hitziger natur/ fuͤhret ein ſcharffes/ hartzichtes ſaltz bey ſich/ und hat dadurch die Eigenſchafft den leib ſtarck zu purgieren/ auch wol/ da man ihne nicht vor- ſichtig eingibt/ Entzuͤndungen zu erwecken.
Gebrauch.
Paulus Ægineta meldet/ daß dieſer ſafft dem Magen ſchaͤdlich ſeye/ und ihne leichtlich verderbe. Meſues ſetzet noch hinzu/ daß er auch die Daͤrm im Leib und alle andere in- nerliche Glieder verletze/ das Geaͤder eroͤff- ne/ und dem Hertzen zu wider ſeye. Ferne- lius zeigt an/ man ſolle dieſen ſafft keinem jungen oder alten Menſchen/ auch keiner ſchwangeren Frauen/ oder ſchwachen Per- ſohnen eingeben/ ſondern allein ſtarcken Leu- ten. Es ſollen auch ihne diejenigen nicht ge- brauchen/ ſo mit einem hitzigen Fieber/ oder ſonſt einer geſchwinden ſchwachheit ange- griffen ſind. Dieweil denn dieſer ſafft ſo ge- faͤhrlich purgiert/ muß man mit gutem be- dacht darmit umbgehen/ auff daß er nicht mehr ſchaden als nutzen bringe.
Dieſes ſolten etliche gewinnſuͤchtige Apo- thecker/ welche ſich als Doctores nicht allein dem gemeinen Mann/ ſondern auch hohen Stands-perſonen vorſtellen/ billich zu her- tzen nehmen/ denn gleich wie ſie ſich ge- meiniglich mit der Scammonien betriegen laſſen/ alſo geben ſie hernach dieſe wider al- le Kranckheiten ehrlicher Leuten ein/ da- durch bey vielen nicht die edle geſundheit/ ſondern der bittere todt befuͤrdert wird. Was nun fuͤr unheil dieſe mit ihrer verfaͤlſchten Scammonien anrichten/ verurſachen an- dere mit den Spießglaß- oder antimoniali- ſchen Taͤfelein und Erbrech-traͤnckern/ wie auch mit den Purgier-ſaͤcklein/ von der ſchwartzen Nießwurtz gemacht/ deſſen Dr. Verzaſcha ein ſonderliches Exempel in ſei- nen Obſervationibus Medicis Obſerv. 73. dar- geſtellet hat. Von dieſen unbillichen Apo- theckern ſchreibet der Koͤnigl. Daͤniſche Leib- Medicus, Thomas Bartholinus, an den Fran- tzoͤſiſchen Medicum, Guidonem Patinum, Cen- tur. II. epiſt. med. I. recht und wol. Die Haut beiſſet alſo dieſe Salbenmacher unter allen Voͤlckern/ daß ihnen unmoͤglich iſt/ ſich in den ſchrancken ihres beruffs zu halten/ denn [Spaltenumbruch]
ſie/ als ſchnoͤde Prahler bey den Krancken ſich verſtohlner weiß eindringen/ und da ſie ſolten derſelbigen underen Schlund allein außwaſchen/ unterſtehen ſie ſich frefentlich den oberen Schlund zu beflecken/ verlaſſen alſo ihre pflicht und dienſt/ welche ſie den Herꝛen Medicis zu erzeigen ſchuldig ſind/ nur darmit dieſer guter namen und wohl- fart ſie hinderliſtig nachſtellen koͤnnen: wel- ches alles Liſſetus Bonancius in ſeiner Fran- tzoͤſiſchen gedruckten Erklaͤrung der Fehlern und Betrugs/ welche von ſolchen Apothe- ckern begangen werden/ genugſam erwieſen: welche Thomas Bartholinus mit dem Jtaliaͤ- niſchen Geſpraͤch Joh. Ant. Lodetti, von glei- chem Jnhalt in Latein trucken laſſen.
Gleichwol laͤßt ſich theils das Magiſterium dieſes Purgier-ſaffts/ theils auch das mit Schwefel-rauch durchzogene Scam̃onien- pulver annoch ſehr wol und nutzlich/ andere Purgier-Artzneyen damit zu ſtaͤrcken/ ge- brauchen. Man muß aber allezeit praͤparir- ten Weinſtein/ oder Wermuth-ſaltz/ oder andere dergleichen Kraͤuter-ſaltz darzu mi- ſchen/ damit ſich der Purgier-Scammo- nien ſafft in den Daͤrmen nicht anhaͤnge/ und brand erwecke.
1. Die gemeine Erdbyr/ Apios, J. B. Matth. Tithymalus tuberosâ pyriformi radice, C. B. iſt ein kleines Kraͤutlein mit zwey oder drey roͤthlichten zweiglein/ ſo ſich ein wenig uͤ- ber die Erden erheben. Die blaͤtter ſind ein
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[972/0988]
Das Fuͤnffte Buch/
recht/ hernach kriechen ſie hin und wider wie
die Winde. Die blaͤtter ſcheinen aſchenfarb/
rund/ gehen in ein ſpitz auß/ und haben ein
krummen ſtiel. Sie traͤgt geſtirnte blumen
mit fuͤnff weiſſen blaͤttern. Der ſamen iſt
eckicht. Bluͤhet im Brach- und Hewmonat.
Das gantze Gewaͤchs ſtecket voll weiſſen
ſaffts wie Milch. Jſt ſcharff und hitzig im
dritten grad. Etliche gebrauchen dieſen
ſafft fuͤr die rechte Scammonien. Daher
die Maßilienſer in Franckreich mit der
Montpelieriſchen Scammonien und der Co-
lophonien/ die wahre Scammonien alſo
wiſſen zu verfaͤlſchen/ daß man den betrug
ſchwerlich finden kan. Sie wird auch im
Fuͤrſtlichen Eyſtettiſchen Luſtgarten ange-
troffen.
Eigenſchafft.
Jn den Apothecken nennet man den ro-
hen ſafft auch Scammonium, wenn er aber
praͤparirt iſt/ wird er Diagridium genannt.
Dieſer ſafft iſt hitziger natur/ fuͤhret ein
ſcharffes/ hartzichtes ſaltz bey ſich/ und hat
dadurch die Eigenſchafft den leib ſtarck zu
purgieren/ auch wol/ da man ihne nicht vor-
ſichtig eingibt/ Entzuͤndungen zu erwecken.
Gebrauch.
Paulus Ægineta meldet/ daß dieſer ſafft dem
Magen ſchaͤdlich ſeye/ und ihne leichtlich
verderbe. Meſues ſetzet noch hinzu/ daß er
auch die Daͤrm im Leib und alle andere in-
nerliche Glieder verletze/ das Geaͤder eroͤff-
ne/ und dem Hertzen zu wider ſeye. Ferne-
lius zeigt an/ man ſolle dieſen ſafft keinem
jungen oder alten Menſchen/ auch keiner
ſchwangeren Frauen/ oder ſchwachen Per-
ſohnen eingeben/ ſondern allein ſtarcken Leu-
ten. Es ſollen auch ihne diejenigen nicht ge-
brauchen/ ſo mit einem hitzigen Fieber/ oder
ſonſt einer geſchwinden ſchwachheit ange-
griffen ſind. Dieweil denn dieſer ſafft ſo ge-
faͤhrlich purgiert/ muß man mit gutem be-
dacht darmit umbgehen/ auff daß er nicht
mehr ſchaden als nutzen bringe.
Dieſes ſolten etliche gewinnſuͤchtige Apo-
thecker/ welche ſich als Doctores nicht allein
dem gemeinen Mann/ ſondern auch hohen
Stands-perſonen vorſtellen/ billich zu her-
tzen nehmen/ denn gleich wie ſie ſich ge-
meiniglich mit der Scammonien betriegen
laſſen/ alſo geben ſie hernach dieſe wider al-
le Kranckheiten ehrlicher Leuten ein/ da-
durch bey vielen nicht die edle geſundheit/
ſondern der bittere todt befuͤrdert wird. Was
nun fuͤr unheil dieſe mit ihrer verfaͤlſchten
Scammonien anrichten/ verurſachen an-
dere mit den Spießglaß- oder antimoniali-
ſchen Taͤfelein und Erbrech-traͤnckern/ wie
auch mit den Purgier-ſaͤcklein/ von der
ſchwartzen Nießwurtz gemacht/ deſſen Dr.
Verzaſcha ein ſonderliches Exempel in ſei-
nen Obſervationibus Medicis Obſerv. 73. dar-
geſtellet hat. Von dieſen unbillichen Apo-
theckern ſchreibet der Koͤnigl. Daͤniſche Leib-
Medicus, Thomas Bartholinus, an den Fran-
tzoͤſiſchen Medicum, Guidonem Patinum, Cen-
tur. II. epiſt. med. I. recht und wol. Die Haut
beiſſet alſo dieſe Salbenmacher unter allen
Voͤlckern/ daß ihnen unmoͤglich iſt/ ſich in
den ſchrancken ihres beruffs zu halten/ denn
ſie/ als ſchnoͤde Prahler bey den Krancken
ſich verſtohlner weiß eindringen/ und da ſie
ſolten derſelbigen underen Schlund allein
außwaſchen/ unterſtehen ſie ſich frefentlich
den oberen Schlund zu beflecken/ verlaſſen
alſo ihre pflicht und dienſt/ welche ſie den
Herꝛen Medicis zu erzeigen ſchuldig ſind/
nur darmit dieſer guter namen und wohl-
fart ſie hinderliſtig nachſtellen koͤnnen: wel-
ches alles Liſſetus Bonancius in ſeiner Fran-
tzoͤſiſchen gedruckten Erklaͤrung der Fehlern
und Betrugs/ welche von ſolchen Apothe-
ckern begangen werden/ genugſam erwieſen:
welche Thomas Bartholinus mit dem Jtaliaͤ-
niſchen Geſpraͤch Joh. Ant. Lodetti, von glei-
chem Jnhalt in Latein trucken laſſen.
Gleichwol laͤßt ſich theils das Magiſterium
dieſes Purgier-ſaffts/ theils auch das mit
Schwefel-rauch durchzogene Scam̃onien-
pulver annoch ſehr wol und nutzlich/ andere
Purgier-Artzneyen damit zu ſtaͤrcken/ ge-
brauchen. Man muß aber allezeit praͤparir-
ten Weinſtein/ oder Wermuth-ſaltz/ oder
andere dergleichen Kraͤuter-ſaltz darzu mi-
ſchen/ damit ſich der Purgier-Scammo-
nien ſafft in den Daͤrmen nicht anhaͤnge/
und brand erwecke.
CAPUT CXXI.
[Abbildung Erdbyr. Apios.
]
Namen.
ERdbyr heißt Griechiſch/ _. La-
teiniſch/ Apios, Tithymalus tubero-
ſus.
Geſchlecht und Geſtalt.
1. Die gemeine Erdbyr/ Apios, J. B. Matth.
Tithymalus tuberosâ pyriformi radice, C. B. iſt
ein kleines Kraͤutlein mit zwey oder drey
roͤthlichten zweiglein/ ſo ſich ein wenig uͤ-
ber die Erden erheben. Die blaͤtter ſind ein
wenig
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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 972. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/988>, abgerufen am 22.11.2024.
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