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Allgemeine Zeitung. Nr. 116. Augsburg, 25. April 1840.

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Zeit die Verheißung eines halben Jahrhunderts zu erfüllen sey, auf daß jene einer Gerechtigkeit theilhaftig werden sollen, die weder durch eine Stimme, noch bürgerlich zur Forderung derselben berechtigt sind. Die Juden sind vom Feldbau, von der freien Ausübung von Professionen, vom Erwerb unbeweglichen Besitzthums ausgeschlossen, sie sind noch über die gewöhnlichen Abgaben besteuert, und kämpfen unter diesen Entsagungen auf dem ihnen einzig offen gebliebenen Wege des Handels und des Erwerbs zur Fristung ihrer Existenz; sie sind aus der Reihe der übrigen Bürgerclassen verwiesen; durch diese täglich gedemüthigt, bemühen sie sich daher, die Schätze des Landes, welche sie als ihren einzigen Lebenszweck zu betrachten gezwungen sind, den Händen jener andern Classen zu entreißen. Der Jude ist ein Fremdling unter uns, von allen Bürgerrechten entfernt, belastet mit dem traurigen Andenken jahrtausendelanger Verfolgungen; es ist daher kein Wunder, wenn er durch Fleiß und Thätigkeit für alles das sich wieder zu entschädigen sucht, was die Gewalt an ihm verübte. Der Jude hat durch seinen Fleiß, sein festes Zusammenhalten mit seinen Religionsgenossen nicht nur seine Existenz erhalten, sondern er überwand auch alle Hindernisse und Beschränkungen, und wußte sich über die andern Bürgerclassen sogar ein gewisses Uebergewicht zu verschaffen. Ist es unter solchen Umständen räthlich, daß der Jude wie bisher so auch fernerhin von dem allgemeinen Verband ausgeschlossen bleibe? Staatsinteressen erfordern es, daß diesem Zustande der Juden ein Ende gemacht werde, die Gerechtigkeit erheischt es, daß die israelitische Bevölkerung mit dem Vaterlande, in welchem sie lebt, versöhnt, und jener Gerechtsame theilhaft werde, welche jeder Bürger genießen soll, der zu den öffentlichen Lasten beiträgt. Dem Juden sollen alle Quellen des Staatsbürgerrechts und jede Bahn der Industrie geöffnet werden, dann wird sich sein Interesse mit dem der übrigen Staatsbürger vereinen, da der Jude dann auch im Gesetz gleichen Schutz findet. Aus dem Gesetzbuche soll die herabwürdigende Benennung, sollen jene erniedrigenden Verordnungen getilgt werden, welche den Juden in Abgeschiedenheit von den übrigen Landeseinwohnern halten; er soll nicht wie ein fremder Eindringling, wie ein feindseliges Glied des Staats, vor dem man sich fürchten müsse, betrachtet werden; alsdann wird der Jude das Gesetz lieben, welches seines bisherigen verlassenen Zustandes eingedenk war, er wird den Staat lieben, der ihn jenem Zustand entriß, ihn mit seinen übrigen Kindern in seine schirmenden Arme aufnahm. Rechte sollen ihm verliehen werden, offen stehen ihm der Weg, durch Wissenschaft und Heldenmuth äußere Auszeichnungen zu erlangen. Die außerordentlichen Abgaben sollen aufhören. Dann wird der Jude freiwillig, nicht gezwungen, sein Blut fürs Vaterland und zur Vertheidigung des Gesetzes opfern, welches ihm neben den Lasten auch Begünstigungen ertheilt, wogegen er jetzt weder ein gleiches Interesse, noch gleiche Gefühle für Vaterland und Gesetz mit den übrigen Staatsbürgern haben kann. Die Ständetafel sieht die im Lande wohnende israelitische Einwohnerschaft nicht für ein fremdes Volk an, sondern betrachtet dieselbe als eine abgesonderte Religionspartei, die, weil sie anderer Religion ist, alle Bürgerrechte entbehren muß. Die Ständetafel ist auch der Meinung, daß der Geist der siegenden Bildung schrittweise bereits jene tiefen Trennungen des geselligen Lebens ausgeglichen hat, und endlich ganz ausfüllen wird, jene Trennungen, die über das verflossene Jahrtausend ausgedehnt, durch eine lange Reihe von Vorurtheilen in die besseren Gefühle der christlichen und jüdischen Bevölkerung gebracht wurden. Aber die Gesetzgebung muß den Grund legen, und das große Wort der Versöhnung aussprechen, welches heißt: Einbürgerung. Die Ständetafel wünscht in dem hierüber abzufassenden Gesetze zwei Verfügungen aufgenommen. 1) Die Toleranztaxe wurde ohne Mitwirken der Reichstände auferlegt, auch wird dieselbe ohne Einfluß der Jurisdictionen erhoben; diese Abgabe ist mit der Constitution überhaupt nicht im Einklang, und führt auch die Erinnerung der Judenverfolgung in frühern Jahrhunderten mit sich; sie steht mit dem Begriff der Besteuerung im Widerspruch, dessen einzige Grundlage das Wohl des Staats ist. Die Ständetafel wünscht also, daß die sogenannte Toleranztaxe abgeschafft werden möge. 2) Der Begriff der Concivilität faßt schon alle jene Rechte in sich, welche nicht privilegirt sind: weniger als diese bewilligen hieße zwar die Fesseln der Intoleranz erleichtern, den materiellen Zustand der Juden verbessern, allein das Ziel, welches die Ständetafel in der Gesetzgebung sich vorgesteckt glaubt, würde bei weitem nicht erreicht seyn, nämlich daß das Interesse der Juden als Mitbürger in jeder Rücksicht mit dem Interesse des Staats vereint werde. Die Ständetafel will also auch aussprechen, daß den Juden alle Rechte der Nichtadeligen ertheilt werden." - In derselben Sitzung wurde ein Repräsentationsentwurf in gleichem Sinne und schließlich auch der Gesetzesentwurf darüber folgendermaßen beschlossen: "Hinsichtlich der jüdischen Glaubensgenossen wird verordnet: §. 1. Die Toleranztaxe wird abgeschafft. §. 2. Unter der heiligen Krone Ungarns werden den Juden überall mit den übrigen nichtadeligen Einwohnern gleiche Bürgerrechte ertheilt." - Die Modificationen, welche die Magnatentafel in der Sitzung am 31 März beschloß, sind bekannt.

Zeit die Verheißung eines halben Jahrhunderts zu erfüllen sey, auf daß jene einer Gerechtigkeit theilhaftig werden sollen, die weder durch eine Stimme, noch bürgerlich zur Forderung derselben berechtigt sind. Die Juden sind vom Feldbau, von der freien Ausübung von Professionen, vom Erwerb unbeweglichen Besitzthums ausgeschlossen, sie sind noch über die gewöhnlichen Abgaben besteuert, und kämpfen unter diesen Entsagungen auf dem ihnen einzig offen gebliebenen Wege des Handels und des Erwerbs zur Fristung ihrer Existenz; sie sind aus der Reihe der übrigen Bürgerclassen verwiesen; durch diese täglich gedemüthigt, bemühen sie sich daher, die Schätze des Landes, welche sie als ihren einzigen Lebenszweck zu betrachten gezwungen sind, den Händen jener andern Classen zu entreißen. Der Jude ist ein Fremdling unter uns, von allen Bürgerrechten entfernt, belastet mit dem traurigen Andenken jahrtausendelanger Verfolgungen; es ist daher kein Wunder, wenn er durch Fleiß und Thätigkeit für alles das sich wieder zu entschädigen sucht, was die Gewalt an ihm verübte. Der Jude hat durch seinen Fleiß, sein festes Zusammenhalten mit seinen Religionsgenossen nicht nur seine Existenz erhalten, sondern er überwand auch alle Hindernisse und Beschränkungen, und wußte sich über die andern Bürgerclassen sogar ein gewisses Uebergewicht zu verschaffen. Ist es unter solchen Umständen räthlich, daß der Jude wie bisher so auch fernerhin von dem allgemeinen Verband ausgeschlossen bleibe? Staatsinteressen erfordern es, daß diesem Zustande der Juden ein Ende gemacht werde, die Gerechtigkeit erheischt es, daß die israelitische Bevölkerung mit dem Vaterlande, in welchem sie lebt, versöhnt, und jener Gerechtsame theilhaft werde, welche jeder Bürger genießen soll, der zu den öffentlichen Lasten beiträgt. Dem Juden sollen alle Quellen des Staatsbürgerrechts und jede Bahn der Industrie geöffnet werden, dann wird sich sein Interesse mit dem der übrigen Staatsbürger vereinen, da der Jude dann auch im Gesetz gleichen Schutz findet. Aus dem Gesetzbuche soll die herabwürdigende Benennung, sollen jene erniedrigenden Verordnungen getilgt werden, welche den Juden in Abgeschiedenheit von den übrigen Landeseinwohnern halten; er soll nicht wie ein fremder Eindringling, wie ein feindseliges Glied des Staats, vor dem man sich fürchten müsse, betrachtet werden; alsdann wird der Jude das Gesetz lieben, welches seines bisherigen verlassenen Zustandes eingedenk war, er wird den Staat lieben, der ihn jenem Zustand entriß, ihn mit seinen übrigen Kindern in seine schirmenden Arme aufnahm. Rechte sollen ihm verliehen werden, offen stehen ihm der Weg, durch Wissenschaft und Heldenmuth äußere Auszeichnungen zu erlangen. Die außerordentlichen Abgaben sollen aufhören. Dann wird der Jude freiwillig, nicht gezwungen, sein Blut fürs Vaterland und zur Vertheidigung des Gesetzes opfern, welches ihm neben den Lasten auch Begünstigungen ertheilt, wogegen er jetzt weder ein gleiches Interesse, noch gleiche Gefühle für Vaterland und Gesetz mit den übrigen Staatsbürgern haben kann. Die Ständetafel sieht die im Lande wohnende israelitische Einwohnerschaft nicht für ein fremdes Volk an, sondern betrachtet dieselbe als eine abgesonderte Religionspartei, die, weil sie anderer Religion ist, alle Bürgerrechte entbehren muß. Die Ständetafel ist auch der Meinung, daß der Geist der siegenden Bildung schrittweise bereits jene tiefen Trennungen des geselligen Lebens ausgeglichen hat, und endlich ganz ausfüllen wird, jene Trennungen, die über das verflossene Jahrtausend ausgedehnt, durch eine lange Reihe von Vorurtheilen in die besseren Gefühle der christlichen und jüdischen Bevölkerung gebracht wurden. Aber die Gesetzgebung muß den Grund legen, und das große Wort der Versöhnung aussprechen, welches heißt: Einbürgerung. Die Ständetafel wünscht in dem hierüber abzufassenden Gesetze zwei Verfügungen aufgenommen. 1) Die Toleranztaxe wurde ohne Mitwirken der Reichstände auferlegt, auch wird dieselbe ohne Einfluß der Jurisdictionen erhoben; diese Abgabe ist mit der Constitution überhaupt nicht im Einklang, und führt auch die Erinnerung der Judenverfolgung in frühern Jahrhunderten mit sich; sie steht mit dem Begriff der Besteuerung im Widerspruch, dessen einzige Grundlage das Wohl des Staats ist. Die Ständetafel wünscht also, daß die sogenannte Toleranztaxe abgeschafft werden möge. 2) Der Begriff der Concivilität faßt schon alle jene Rechte in sich, welche nicht privilegirt sind: weniger als diese bewilligen hieße zwar die Fesseln der Intoleranz erleichtern, den materiellen Zustand der Juden verbessern, allein das Ziel, welches die Ständetafel in der Gesetzgebung sich vorgesteckt glaubt, würde bei weitem nicht erreicht seyn, nämlich daß das Interesse der Juden als Mitbürger in jeder Rücksicht mit dem Interesse des Staats vereint werde. Die Ständetafel will also auch aussprechen, daß den Juden alle Rechte der Nichtadeligen ertheilt werden.“ – In derselben Sitzung wurde ein Repräsentationsentwurf in gleichem Sinne und schließlich auch der Gesetzesentwurf darüber folgendermaßen beschlossen: „Hinsichtlich der jüdischen Glaubensgenossen wird verordnet: §. 1. Die Toleranztaxe wird abgeschafft. §. 2. Unter der heiligen Krone Ungarns werden den Juden überall mit den übrigen nichtadeligen Einwohnern gleiche Bürgerrechte ertheilt.“ – Die Modificationen, welche die Magnatentafel in der Sitzung am 31 März beschloß, sind bekannt.

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Der Jude ist ein Fremdling unter uns, von allen Bürgerrechten entfernt, belastet mit dem traurigen Andenken jahrtausendelanger Verfolgungen; es ist daher kein Wunder, wenn er durch Fleiß und Thätigkeit für alles das sich wieder zu entschädigen sucht, was die Gewalt an ihm verübte. Der Jude hat durch seinen Fleiß, sein festes Zusammenhalten mit seinen Religionsgenossen nicht nur seine Existenz erhalten, sondern er überwand auch alle Hindernisse und Beschränkungen, und wußte sich über die andern Bürgerclassen sogar ein gewisses Uebergewicht zu verschaffen. Ist es unter solchen Umständen räthlich, daß der Jude wie bisher so auch fernerhin von dem allgemeinen Verband ausgeschlossen bleibe? Staatsinteressen erfordern es, daß diesem Zustande der Juden ein Ende gemacht werde, die Gerechtigkeit erheischt es, daß die israelitische Bevölkerung mit dem Vaterlande, in welchem sie lebt, versöhnt, und jener Gerechtsame theilhaft werde, welche jeder Bürger genießen soll, der zu den öffentlichen Lasten beiträgt. Dem Juden sollen alle Quellen des Staatsbürgerrechts und jede Bahn der Industrie geöffnet werden, dann wird sich sein Interesse mit dem der übrigen Staatsbürger vereinen, da der Jude dann auch im Gesetz gleichen Schutz findet. Aus dem Gesetzbuche soll die herabwürdigende Benennung, sollen jene erniedrigenden Verordnungen getilgt werden, welche den Juden in Abgeschiedenheit von den übrigen Landeseinwohnern halten; er soll nicht wie ein fremder Eindringling, wie ein feindseliges Glied des Staats, vor dem man sich fürchten müsse, betrachtet werden; alsdann wird der Jude das Gesetz lieben, welches seines bisherigen verlassenen Zustandes eingedenk war, er wird den Staat lieben, der ihn jenem Zustand entriß, ihn mit seinen übrigen Kindern in seine schirmenden Arme aufnahm. Rechte sollen ihm verliehen werden, offen stehen ihm der Weg, durch Wissenschaft und Heldenmuth äußere Auszeichnungen zu erlangen. Die außerordentlichen Abgaben sollen aufhören. Dann wird der Jude freiwillig, nicht gezwungen, sein Blut fürs Vaterland und zur Vertheidigung des Gesetzes opfern, welches ihm neben den Lasten auch Begünstigungen ertheilt, wogegen er jetzt weder ein gleiches Interesse, noch gleiche Gefühle für Vaterland und Gesetz mit den übrigen Staatsbürgern haben kann. Die Ständetafel sieht die im Lande wohnende israelitische Einwohnerschaft nicht für ein fremdes Volk an, sondern betrachtet dieselbe als eine abgesonderte Religionspartei, die, weil sie anderer Religion ist, alle Bürgerrechte entbehren muß. Die Ständetafel ist auch der Meinung, daß der Geist der siegenden Bildung schrittweise bereits jene tiefen Trennungen des geselligen Lebens ausgeglichen hat, und endlich ganz ausfüllen wird, jene Trennungen, die über das verflossene Jahrtausend ausgedehnt, durch eine lange Reihe von Vorurtheilen in die besseren Gefühle der christlichen und jüdischen Bevölkerung gebracht wurden. 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Die Ständetafel wünscht also, daß die sogenannte Toleranztaxe abgeschafft werden möge. 2) Der Begriff der Concivilität faßt schon alle jene Rechte in sich, welche nicht privilegirt sind: weniger als diese bewilligen hieße zwar die Fesseln der Intoleranz erleichtern, den materiellen Zustand der Juden verbessern, allein das Ziel, welches die Ständetafel in der Gesetzgebung sich vorgesteckt glaubt, würde bei weitem nicht erreicht seyn, nämlich daß das Interesse der Juden als Mitbürger in jeder Rücksicht mit dem Interesse des Staats vereint werde. Die Ständetafel will also auch aussprechen, <hi rendition="#g">daß den Juden alle Rechte der Nichtadeligen ertheilt werden</hi>.&#x201C; &#x2013; In derselben Sitzung wurde ein Repräsentationsentwurf in gleichem Sinne und schließlich auch der Gesetzesentwurf darüber folgendermaßen beschlossen: &#x201E;Hinsichtlich der jüdischen Glaubensgenossen wird verordnet: §. 1. Die Toleranztaxe wird abgeschafft. §. 2. 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[0927/0007] Zeit die Verheißung eines halben Jahrhunderts zu erfüllen sey, auf daß jene einer Gerechtigkeit theilhaftig werden sollen, die weder durch eine Stimme, noch bürgerlich zur Forderung derselben berechtigt sind. Die Juden sind vom Feldbau, von der freien Ausübung von Professionen, vom Erwerb unbeweglichen Besitzthums ausgeschlossen, sie sind noch über die gewöhnlichen Abgaben besteuert, und kämpfen unter diesen Entsagungen auf dem ihnen einzig offen gebliebenen Wege des Handels und des Erwerbs zur Fristung ihrer Existenz; sie sind aus der Reihe der übrigen Bürgerclassen verwiesen; durch diese täglich gedemüthigt, bemühen sie sich daher, die Schätze des Landes, welche sie als ihren einzigen Lebenszweck zu betrachten gezwungen sind, den Händen jener andern Classen zu entreißen. Der Jude ist ein Fremdling unter uns, von allen Bürgerrechten entfernt, belastet mit dem traurigen Andenken jahrtausendelanger Verfolgungen; es ist daher kein Wunder, wenn er durch Fleiß und Thätigkeit für alles das sich wieder zu entschädigen sucht, was die Gewalt an ihm verübte. Der Jude hat durch seinen Fleiß, sein festes Zusammenhalten mit seinen Religionsgenossen nicht nur seine Existenz erhalten, sondern er überwand auch alle Hindernisse und Beschränkungen, und wußte sich über die andern Bürgerclassen sogar ein gewisses Uebergewicht zu verschaffen. Ist es unter solchen Umständen räthlich, daß der Jude wie bisher so auch fernerhin von dem allgemeinen Verband ausgeschlossen bleibe? Staatsinteressen erfordern es, daß diesem Zustande der Juden ein Ende gemacht werde, die Gerechtigkeit erheischt es, daß die israelitische Bevölkerung mit dem Vaterlande, in welchem sie lebt, versöhnt, und jener Gerechtsame theilhaft werde, welche jeder Bürger genießen soll, der zu den öffentlichen Lasten beiträgt. Dem Juden sollen alle Quellen des Staatsbürgerrechts und jede Bahn der Industrie geöffnet werden, dann wird sich sein Interesse mit dem der übrigen Staatsbürger vereinen, da der Jude dann auch im Gesetz gleichen Schutz findet. Aus dem Gesetzbuche soll die herabwürdigende Benennung, sollen jene erniedrigenden Verordnungen getilgt werden, welche den Juden in Abgeschiedenheit von den übrigen Landeseinwohnern halten; er soll nicht wie ein fremder Eindringling, wie ein feindseliges Glied des Staats, vor dem man sich fürchten müsse, betrachtet werden; alsdann wird der Jude das Gesetz lieben, welches seines bisherigen verlassenen Zustandes eingedenk war, er wird den Staat lieben, der ihn jenem Zustand entriß, ihn mit seinen übrigen Kindern in seine schirmenden Arme aufnahm. Rechte sollen ihm verliehen werden, offen stehen ihm der Weg, durch Wissenschaft und Heldenmuth äußere Auszeichnungen zu erlangen. Die außerordentlichen Abgaben sollen aufhören. Dann wird der Jude freiwillig, nicht gezwungen, sein Blut fürs Vaterland und zur Vertheidigung des Gesetzes opfern, welches ihm neben den Lasten auch Begünstigungen ertheilt, wogegen er jetzt weder ein gleiches Interesse, noch gleiche Gefühle für Vaterland und Gesetz mit den übrigen Staatsbürgern haben kann. Die Ständetafel sieht die im Lande wohnende israelitische Einwohnerschaft nicht für ein fremdes Volk an, sondern betrachtet dieselbe als eine abgesonderte Religionspartei, die, weil sie anderer Religion ist, alle Bürgerrechte entbehren muß. Die Ständetafel ist auch der Meinung, daß der Geist der siegenden Bildung schrittweise bereits jene tiefen Trennungen des geselligen Lebens ausgeglichen hat, und endlich ganz ausfüllen wird, jene Trennungen, die über das verflossene Jahrtausend ausgedehnt, durch eine lange Reihe von Vorurtheilen in die besseren Gefühle der christlichen und jüdischen Bevölkerung gebracht wurden. Aber die Gesetzgebung muß den Grund legen, und das große Wort der Versöhnung aussprechen, welches heißt: Einbürgerung. Die Ständetafel wünscht in dem hierüber abzufassenden Gesetze zwei Verfügungen aufgenommen. 1) Die Toleranztaxe wurde ohne Mitwirken der Reichstände auferlegt, auch wird dieselbe ohne Einfluß der Jurisdictionen erhoben; diese Abgabe ist mit der Constitution überhaupt nicht im Einklang, und führt auch die Erinnerung der Judenverfolgung in frühern Jahrhunderten mit sich; sie steht mit dem Begriff der Besteuerung im Widerspruch, dessen einzige Grundlage das Wohl des Staats ist. Die Ständetafel wünscht also, daß die sogenannte Toleranztaxe abgeschafft werden möge. 2) Der Begriff der Concivilität faßt schon alle jene Rechte in sich, welche nicht privilegirt sind: weniger als diese bewilligen hieße zwar die Fesseln der Intoleranz erleichtern, den materiellen Zustand der Juden verbessern, allein das Ziel, welches die Ständetafel in der Gesetzgebung sich vorgesteckt glaubt, würde bei weitem nicht erreicht seyn, nämlich daß das Interesse der Juden als Mitbürger in jeder Rücksicht mit dem Interesse des Staats vereint werde. Die Ständetafel will also auch aussprechen, daß den Juden alle Rechte der Nichtadeligen ertheilt werden.“ – In derselben Sitzung wurde ein Repräsentationsentwurf in gleichem Sinne und schließlich auch der Gesetzesentwurf darüber folgendermaßen beschlossen: „Hinsichtlich der jüdischen Glaubensgenossen wird verordnet: §. 1. Die Toleranztaxe wird abgeschafft. §. 2. Unter der heiligen Krone Ungarns werden den Juden überall mit den übrigen nichtadeligen Einwohnern gleiche Bürgerrechte ertheilt.“ – Die Modificationen, welche die Magnatentafel in der Sitzung am 31 März beschloß, sind bekannt.

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 116. Augsburg, 25. April 1840, S. 0927. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_116_18400425/7>, abgerufen am 21.11.2024.