Allgemeine Zeitung. Nr. 143. Augsburg, 22. Mai 1840.fürstlicher Rath, Wucsitsch *)*), sich aus der Nationalcasse den Betrag von 1000 Stück Ducaten "als Belohnung für die Vertreibung Miloschs" und überdieß 10,000 Stück Ducaten als Vorschuß zum Bau eines Hauses haben auszahlen lassen. Petroniewitsch soll sich mit einer aufs liberalste bemessenen Besoldung auf Lebenszeit bedacht haben, und in ähnlicher Weise hat man vermuthlich auch für die Zufriedenheit minderer Beamten gesorgt. Unter solchen Umständen darf man sich nicht wundern, wenn diese Herren beim Ausbruch der Volksbewegung eifrigst für ihre persönliche Sicherheit Sorge zu tragen für nöthig fanden, und nun für ihr Leben zittern. Wenn man erwägt, daß dieß dieselben sind, die vor einem Jahr erst den Sturz Miloschs, dem sie alle in mehrfacher Hinsicht zu Dank verpflichtet waren, verschuldet haben, so wird man nicht ohne einige Befriedigung an das Walten einer rächenden Nemesis gemahnt, und keineswegs überraschen kann es, wenn dieselben sich weigerten, den Sitz der Regierung nach Kragujevatz, dem Mittelpunkte des Landes, zu verlegen, wo es ihnen für einen Fall, wie der gegenwärtige, nicht so leicht gewesen wäre, sich selbst und die gewonnene Habe in Sicherheit zu bringen. - Fürst Michael hat dem ungestümen Volk erklärt, er nehme keinen Anstand, ihm sogleich nach Kragujewatz zu folgen. Wie ich höre, wurde er schon früher von seinem Vater, dem Fürsten Milosch, beschworen, dahin seine Regierung zu verlegen: allein, wird ihm der Senat, werden ihm die Minister folgen? Sicher ist, daß die Räthe, die Simitsche, und ein kleiner Anhang derselben, bestehend aus Personen, die sich entweder bei der Vertreibung Miloschs oder seitdem compromittirt, betheuert haben, daß man sie lebend nicht von Belgrad wegbringe. Was wird geschehen? Wird das Volk den Fürsten Michael ohne den Senat und die Minister nach Kragujewatz führen? wird man die Widerstrebenden zurücklassen, und sie durch neue Wahlen ersetzen? wird man das Statut modificiren u. s. w. Dieß sind lauter Fragen, deren Lösung die nächsten Tage bringen müssen. Viel kommt hiebei auf die Haltung des russischen Generalconsuls, Hrn. v. Woschesenko, an; indessen hält man für unmöglich, daß er die so sehr compromittirte Anti-Obrenowitsch'sche Partei ferner seines Schutzes würdig - oder dieß auch nur irgend räthlich finden werde, da wenn es ihm auch gelänge, die jetzige Bewegung zu beschwichtigen, gewiß bald eine zweite und vielleicht blutige Reaction eintreten, damit aber die nachtheilweise Anhänglichkeit der Serben an Rußland aufs Spiel gesetzt würde. Daß Milosch nie unterlegen wäre, wenn er seinen Regierungssitz in Kragujewatz belassen hätte, ist gewiß, da die große Mehrheit des Volkes, zwar allerdings eine Beschränkung seiner Macht, aber keineswegs seinen Sturz wollte. - Der Minister der Justiz und des Cultus, Stephan Stephanowitsch, hat seine Stelle ebenfalls, jedoch nicht sowohl in Folge der neuesten Ereignisse, als vielmehr in Folge eines ältern Zwistes mit dem Senate, niedergelegt. Ostindien. Englische Blätter veröffentlichen folgenden Bericht aus Calcutta vom 10 März: "Wir erfahren, daß der Beherrscher von Bochara den Dost Mohammed Chan hat gefangen nehmen lassen. Er erbietet sich ihn auszuliefern, wenn wir ihm in dem Falle, daß seine Länder von den Russen angegriffen würden, beistehen wollen, da diese, wenn sie ihre Landsleute sämmtlich aus der Sklaverei des Chans zu befreien beabsichtigten, nothwendig bis an den Indus vorrücken müßten. Dost Mohammed Chan soll in sicherm Gewahrsam gehalten werden, und damit er um so gewisser ruhig bleibe, vom Schah Schudscha eine Pension empfangen. Eine solche Maaßregel würde dem merkwürdigen und auf die tiefste politische Weisheit begründeten Kriegszuge nach Afghanistan die Krone aufsetzen. Dann wäre der Indus unsere Gränze, unsere Handelsverbindungen würden nicht mehr unterbrochen werden, und wenn eine nordische Macht einen Einfall versuchte, hätten wir einen Bundesgenossen zu unserer Vertheidigung. Da es wichtig ist, Bochara für den Fall eines russischen Angriffs in Vertheidigungszustand zu bringen, so hat die Regierung den Lieutenant Abbot dahin geschickt, der auch über die Auslieferung von Dost Mohammed Chan zu unterhandeln beauftragt ist. Ein anderer Officier, glaube ich, ist nach Chiwa gegangen. Die russische Expedition gegen Chiwa hat mehr Bedeutung als man nach dem ersten Anschein denken sollte. Um diesen kleinen Staat zu erobern, braucht man keine 25,000 Mann und 75 Geschütze." *) Ein in Serbien übel renommirter Mann, der seine Wichtigkeit bloß der Dreistigkeit, womit er einigemal in dem Streben, seinen Herrn und Wohlthäter Milosch zu stürzen, seinen Kopf wagte, und der weisen Vorsicht der Simitsche, Petroniewitsche und Anderer, die, während sie auswärts, besonders in Konstantinopel, gegen Milosch intriguirten, ihn bei den Manöuvren im Innern Serbiens voranstellten, verdankt.
A. d. Corresp fürstlicher Rath, Wucsitsch *)*), sich aus der Nationalcasse den Betrag von 1000 Stück Ducaten „als Belohnung für die Vertreibung Miloschs“ und überdieß 10,000 Stück Ducaten als Vorschuß zum Bau eines Hauses haben auszahlen lassen. Petroniewitsch soll sich mit einer aufs liberalste bemessenen Besoldung auf Lebenszeit bedacht haben, und in ähnlicher Weise hat man vermuthlich auch für die Zufriedenheit minderer Beamten gesorgt. Unter solchen Umständen darf man sich nicht wundern, wenn diese Herren beim Ausbruch der Volksbewegung eifrigst für ihre persönliche Sicherheit Sorge zu tragen für nöthig fanden, und nun für ihr Leben zittern. Wenn man erwägt, daß dieß dieselben sind, die vor einem Jahr erst den Sturz Miloschs, dem sie alle in mehrfacher Hinsicht zu Dank verpflichtet waren, verschuldet haben, so wird man nicht ohne einige Befriedigung an das Walten einer rächenden Nemesis gemahnt, und keineswegs überraschen kann es, wenn dieselben sich weigerten, den Sitz der Regierung nach Kragujevatz, dem Mittelpunkte des Landes, zu verlegen, wo es ihnen für einen Fall, wie der gegenwärtige, nicht so leicht gewesen wäre, sich selbst und die gewonnene Habe in Sicherheit zu bringen. – Fürst Michael hat dem ungestümen Volk erklärt, er nehme keinen Anstand, ihm sogleich nach Kragujewatz zu folgen. Wie ich höre, wurde er schon früher von seinem Vater, dem Fürsten Milosch, beschworen, dahin seine Regierung zu verlegen: allein, wird ihm der Senat, werden ihm die Minister folgen? Sicher ist, daß die Räthe, die Simitsche, und ein kleiner Anhang derselben, bestehend aus Personen, die sich entweder bei der Vertreibung Miloschs oder seitdem compromittirt, betheuert haben, daß man sie lebend nicht von Belgrad wegbringe. Was wird geschehen? Wird das Volk den Fürsten Michael ohne den Senat und die Minister nach Kragujewatz führen? wird man die Widerstrebenden zurücklassen, und sie durch neue Wahlen ersetzen? wird man das Statut modificiren u. s. w. Dieß sind lauter Fragen, deren Lösung die nächsten Tage bringen müssen. Viel kommt hiebei auf die Haltung des russischen Generalconsuls, Hrn. v. Woschesenko, an; indessen hält man für unmöglich, daß er die so sehr compromittirte Anti-Obrenowitsch'sche Partei ferner seines Schutzes würdig – oder dieß auch nur irgend räthlich finden werde, da wenn es ihm auch gelänge, die jetzige Bewegung zu beschwichtigen, gewiß bald eine zweite und vielleicht blutige Reaction eintreten, damit aber die nachtheilweise Anhänglichkeit der Serben an Rußland aufs Spiel gesetzt würde. Daß Milosch nie unterlegen wäre, wenn er seinen Regierungssitz in Kragujewatz belassen hätte, ist gewiß, da die große Mehrheit des Volkes, zwar allerdings eine Beschränkung seiner Macht, aber keineswegs seinen Sturz wollte. – Der Minister der Justiz und des Cultus, Stephan Stephanowitsch, hat seine Stelle ebenfalls, jedoch nicht sowohl in Folge der neuesten Ereignisse, als vielmehr in Folge eines ältern Zwistes mit dem Senate, niedergelegt. Ostindien. Englische Blätter veröffentlichen folgenden Bericht aus Calcutta vom 10 März: „Wir erfahren, daß der Beherrscher von Bochara den Dost Mohammed Chan hat gefangen nehmen lassen. Er erbietet sich ihn auszuliefern, wenn wir ihm in dem Falle, daß seine Länder von den Russen angegriffen würden, beistehen wollen, da diese, wenn sie ihre Landsleute sämmtlich aus der Sklaverei des Chans zu befreien beabsichtigten, nothwendig bis an den Indus vorrücken müßten. Dost Mohammed Chan soll in sicherm Gewahrsam gehalten werden, und damit er um so gewisser ruhig bleibe, vom Schah Schudscha eine Pension empfangen. Eine solche Maaßregel würde dem merkwürdigen und auf die tiefste politische Weisheit begründeten Kriegszuge nach Afghanistan die Krone aufsetzen. Dann wäre der Indus unsere Gränze, unsere Handelsverbindungen würden nicht mehr unterbrochen werden, und wenn eine nordische Macht einen Einfall versuchte, hätten wir einen Bundesgenossen zu unserer Vertheidigung. Da es wichtig ist, Bochara für den Fall eines russischen Angriffs in Vertheidigungszustand zu bringen, so hat die Regierung den Lieutenant Abbot dahin geschickt, der auch über die Auslieferung von Dost Mohammed Chan zu unterhandeln beauftragt ist. Ein anderer Officier, glaube ich, ist nach Chiwa gegangen. Die russische Expedition gegen Chiwa hat mehr Bedeutung als man nach dem ersten Anschein denken sollte. Um diesen kleinen Staat zu erobern, braucht man keine 25,000 Mann und 75 Geschütze.“ *) Ein in Serbien übel renommirter Mann, der seine Wichtigkeit bloß der Dreistigkeit, womit er einigemal in dem Streben, seinen Herrn und Wohlthäter Milosch zu stürzen, seinen Kopf wagte, und der weisen Vorsicht der Simitsche, Petroniewitsche und Anderer, die, während sie auswärts, besonders in Konstantinopel, gegen Milosch intriguirten, ihn bei den Manöuvren im Innern Serbiens voranstellten, verdankt.
A. d. Corresp <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0008" n="1144"/> fürstlicher Rath, Wucsitsch <hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)"><p>Ein in Serbien übel renommirter Mann, der seine Wichtigkeit bloß der Dreistigkeit, womit er einigemal in dem Streben, seinen Herrn und Wohlthäter Milosch zu stürzen, seinen Kopf wagte, und der weisen Vorsicht der Simitsche, Petroniewitsche und Anderer, die, während sie auswärts, besonders in Konstantinopel, gegen Milosch intriguirten, ihn bei den Manöuvren im Innern Serbiens voranstellten, verdankt.</p><lb/><p>A. d. Corresp</p></note>, sich aus der Nationalcasse den Betrag von 1000 Stück Ducaten „als Belohnung für die Vertreibung Miloschs“ und überdieß 10,000 Stück Ducaten als Vorschuß zum Bau eines Hauses haben auszahlen lassen. Petroniewitsch soll sich mit einer aufs liberalste bemessenen Besoldung auf Lebenszeit bedacht haben, und in ähnlicher Weise hat man vermuthlich auch für die Zufriedenheit minderer Beamten gesorgt. Unter solchen Umständen darf man sich nicht wundern, wenn diese Herren beim Ausbruch der Volksbewegung eifrigst für ihre persönliche Sicherheit Sorge zu tragen für nöthig fanden, und nun für ihr Leben zittern. Wenn man erwägt, daß dieß dieselben sind, die vor einem Jahr erst den Sturz Miloschs, dem sie alle in mehrfacher Hinsicht zu Dank verpflichtet waren, verschuldet haben, so wird man nicht ohne einige Befriedigung an das Walten einer rächenden Nemesis gemahnt, und keineswegs überraschen kann es, wenn dieselben sich weigerten, den Sitz der Regierung nach Kragujevatz, dem Mittelpunkte des Landes, zu verlegen, wo es ihnen für einen Fall, wie der gegenwärtige, nicht so leicht gewesen wäre, sich selbst und die gewonnene Habe in Sicherheit zu bringen. – Fürst Michael hat dem ungestümen Volk erklärt, er nehme keinen Anstand, ihm sogleich nach Kragujewatz zu folgen. Wie ich höre, wurde er schon früher von seinem Vater, dem Fürsten Milosch, beschworen, dahin seine Regierung zu verlegen: allein, wird ihm der Senat, werden ihm die Minister folgen? Sicher ist, daß die Räthe, die Simitsche, und ein kleiner Anhang derselben, bestehend aus Personen, die sich entweder bei der Vertreibung Miloschs oder seitdem compromittirt, betheuert haben, daß man sie lebend nicht von Belgrad wegbringe. Was wird geschehen? Wird das Volk den Fürsten Michael ohne den Senat und die Minister nach Kragujewatz führen? wird man die Widerstrebenden zurücklassen, und sie durch neue Wahlen ersetzen? wird man das Statut modificiren u. s. w. Dieß sind lauter Fragen, deren Lösung die nächsten Tage bringen müssen. Viel kommt hiebei auf die Haltung des russischen Generalconsuls, Hrn. v. Woschesenko, an; indessen hält man für unmöglich, daß er die so sehr compromittirte Anti-Obrenowitsch'sche Partei ferner seines Schutzes würdig – oder dieß auch nur irgend räthlich finden werde, da wenn es ihm auch gelänge, die jetzige Bewegung zu beschwichtigen, gewiß bald eine zweite und vielleicht blutige Reaction eintreten, damit aber die nachtheilweise Anhänglichkeit der Serben an Rußland aufs Spiel gesetzt würde. Daß Milosch nie unterlegen wäre, wenn er seinen Regierungssitz in Kragujewatz belassen hätte, ist gewiß, da die große Mehrheit des Volkes, zwar allerdings eine Beschränkung seiner Macht, aber keineswegs seinen Sturz wollte. – Der Minister der Justiz und des Cultus, Stephan Stephanowitsch, hat seine Stelle ebenfalls, jedoch nicht sowohl in Folge der neuesten Ereignisse, als vielmehr in Folge eines ältern Zwistes mit dem Senate, niedergelegt.</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Ostindien.</hi> </head><lb/> <p>Englische Blätter veröffentlichen folgenden Bericht aus <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Calcutta</hi></hi> vom 10 März: „Wir erfahren, daß der Beherrscher von Bochara den Dost Mohammed Chan hat gefangen nehmen lassen. Er erbietet sich ihn auszuliefern, wenn wir ihm in dem Falle, daß seine Länder von den Russen angegriffen würden, beistehen wollen, da diese, wenn sie ihre Landsleute sämmtlich aus der Sklaverei des Chans zu befreien beabsichtigten, nothwendig bis an den Indus vorrücken müßten. Dost Mohammed Chan soll in sicherm Gewahrsam gehalten werden, und damit er um so gewisser ruhig bleibe, vom Schah Schudscha eine Pension empfangen. Eine solche Maaßregel würde dem merkwürdigen und auf die tiefste politische Weisheit begründeten Kriegszuge nach Afghanistan die Krone aufsetzen. Dann wäre der Indus unsere Gränze, unsere Handelsverbindungen würden nicht mehr unterbrochen werden, und wenn eine nordische Macht einen Einfall versuchte, hätten wir einen Bundesgenossen zu unserer Vertheidigung. Da es wichtig ist, Bochara für den Fall eines russischen Angriffs in Vertheidigungszustand zu bringen, so hat die Regierung den Lieutenant Abbot dahin geschickt, der auch über die Auslieferung von Dost Mohammed Chan zu unterhandeln beauftragt ist. Ein anderer Officier, glaube ich, ist nach Chiwa gegangen. Die russische Expedition gegen Chiwa hat mehr Bedeutung als man nach dem ersten Anschein denken sollte. Um diesen kleinen Staat zu erobern, braucht man keine 25,000 Mann und 75 Geschütze.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [1144/0008]
fürstlicher Rath, Wucsitsch *) *), sich aus der Nationalcasse den Betrag von 1000 Stück Ducaten „als Belohnung für die Vertreibung Miloschs“ und überdieß 10,000 Stück Ducaten als Vorschuß zum Bau eines Hauses haben auszahlen lassen. Petroniewitsch soll sich mit einer aufs liberalste bemessenen Besoldung auf Lebenszeit bedacht haben, und in ähnlicher Weise hat man vermuthlich auch für die Zufriedenheit minderer Beamten gesorgt. Unter solchen Umständen darf man sich nicht wundern, wenn diese Herren beim Ausbruch der Volksbewegung eifrigst für ihre persönliche Sicherheit Sorge zu tragen für nöthig fanden, und nun für ihr Leben zittern. Wenn man erwägt, daß dieß dieselben sind, die vor einem Jahr erst den Sturz Miloschs, dem sie alle in mehrfacher Hinsicht zu Dank verpflichtet waren, verschuldet haben, so wird man nicht ohne einige Befriedigung an das Walten einer rächenden Nemesis gemahnt, und keineswegs überraschen kann es, wenn dieselben sich weigerten, den Sitz der Regierung nach Kragujevatz, dem Mittelpunkte des Landes, zu verlegen, wo es ihnen für einen Fall, wie der gegenwärtige, nicht so leicht gewesen wäre, sich selbst und die gewonnene Habe in Sicherheit zu bringen. – Fürst Michael hat dem ungestümen Volk erklärt, er nehme keinen Anstand, ihm sogleich nach Kragujewatz zu folgen. Wie ich höre, wurde er schon früher von seinem Vater, dem Fürsten Milosch, beschworen, dahin seine Regierung zu verlegen: allein, wird ihm der Senat, werden ihm die Minister folgen? Sicher ist, daß die Räthe, die Simitsche, und ein kleiner Anhang derselben, bestehend aus Personen, die sich entweder bei der Vertreibung Miloschs oder seitdem compromittirt, betheuert haben, daß man sie lebend nicht von Belgrad wegbringe. Was wird geschehen? Wird das Volk den Fürsten Michael ohne den Senat und die Minister nach Kragujewatz führen? wird man die Widerstrebenden zurücklassen, und sie durch neue Wahlen ersetzen? wird man das Statut modificiren u. s. w. Dieß sind lauter Fragen, deren Lösung die nächsten Tage bringen müssen. Viel kommt hiebei auf die Haltung des russischen Generalconsuls, Hrn. v. Woschesenko, an; indessen hält man für unmöglich, daß er die so sehr compromittirte Anti-Obrenowitsch'sche Partei ferner seines Schutzes würdig – oder dieß auch nur irgend räthlich finden werde, da wenn es ihm auch gelänge, die jetzige Bewegung zu beschwichtigen, gewiß bald eine zweite und vielleicht blutige Reaction eintreten, damit aber die nachtheilweise Anhänglichkeit der Serben an Rußland aufs Spiel gesetzt würde. Daß Milosch nie unterlegen wäre, wenn er seinen Regierungssitz in Kragujewatz belassen hätte, ist gewiß, da die große Mehrheit des Volkes, zwar allerdings eine Beschränkung seiner Macht, aber keineswegs seinen Sturz wollte. – Der Minister der Justiz und des Cultus, Stephan Stephanowitsch, hat seine Stelle ebenfalls, jedoch nicht sowohl in Folge der neuesten Ereignisse, als vielmehr in Folge eines ältern Zwistes mit dem Senate, niedergelegt.
Ostindien.
Englische Blätter veröffentlichen folgenden Bericht aus Calcutta vom 10 März: „Wir erfahren, daß der Beherrscher von Bochara den Dost Mohammed Chan hat gefangen nehmen lassen. Er erbietet sich ihn auszuliefern, wenn wir ihm in dem Falle, daß seine Länder von den Russen angegriffen würden, beistehen wollen, da diese, wenn sie ihre Landsleute sämmtlich aus der Sklaverei des Chans zu befreien beabsichtigten, nothwendig bis an den Indus vorrücken müßten. Dost Mohammed Chan soll in sicherm Gewahrsam gehalten werden, und damit er um so gewisser ruhig bleibe, vom Schah Schudscha eine Pension empfangen. Eine solche Maaßregel würde dem merkwürdigen und auf die tiefste politische Weisheit begründeten Kriegszuge nach Afghanistan die Krone aufsetzen. Dann wäre der Indus unsere Gränze, unsere Handelsverbindungen würden nicht mehr unterbrochen werden, und wenn eine nordische Macht einen Einfall versuchte, hätten wir einen Bundesgenossen zu unserer Vertheidigung. Da es wichtig ist, Bochara für den Fall eines russischen Angriffs in Vertheidigungszustand zu bringen, so hat die Regierung den Lieutenant Abbot dahin geschickt, der auch über die Auslieferung von Dost Mohammed Chan zu unterhandeln beauftragt ist. Ein anderer Officier, glaube ich, ist nach Chiwa gegangen. Die russische Expedition gegen Chiwa hat mehr Bedeutung als man nach dem ersten Anschein denken sollte. Um diesen kleinen Staat zu erobern, braucht man keine 25,000 Mann und 75 Geschütze.“
*) Ein in Serbien übel renommirter Mann, der seine Wichtigkeit bloß der Dreistigkeit, womit er einigemal in dem Streben, seinen Herrn und Wohlthäter Milosch zu stürzen, seinen Kopf wagte, und der weisen Vorsicht der Simitsche, Petroniewitsche und Anderer, die, während sie auswärts, besonders in Konstantinopel, gegen Milosch intriguirten, ihn bei den Manöuvren im Innern Serbiens voranstellten, verdankt.
A. d. Corresp
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |