bey dem was einmahl geschrieben stehet, zu blei- ben, und darüber zu halten hat, so lange als mög- lich ist; so ist doch genug, daß derselbe möglich ist. Und da einmahl beyde Stellen nicht die Wahrheit sagen können, so muß bey der einen oder bey der andern, im Buche, oder in dem Verstande des Verfassers ein Fehler vorgegangen seyn. 2. Es kan aber seyn, daß des neuen Geschichtschrei- bers, der dem coaevo widerspricht, sein Ansehen geringe, und vor nichts zu rechnen ist: Jn dem Fall so bliebe zwar seine Aussage, aber sie gälte deswegen nichts.
§. 18. Zweyter und dritter Fall, wo Geschichtschreiber einander widersprechen.
Wären der Scriptor coaeuus und der spätere Geschichtschreiber, die einander widersprechen, an sich von gleichem Ansehen: So würde des ersteren sein Zeugniß ohne Zweiffel doch einen Vorzug ha- ben, und deswegen wahrscheinlich seyn und blei- ben (§. 12. C. 11.). Nur damit wird unsere Seele wenig beruhiget. Zu allem Glück, ist der Fall selten, daß zwey Geschichtschreiber, die von gleichem Ansehen seyn sollten, einander gerade wi- dersprächen: Sondern es findet sich immer bey dem Ansehen des einen, oder des andern ein Fehler. Nun ist auch der Fall möglich, daß zwey spätere Geschichtschreiber einander widersprechen: Deren aber einer doch älter ist als der andere. Jn die- sem Falle bleibt, wenn nicht andere Umstände dazu kommen, die Sache völlig ungewiß.
Denn
Eilfftes Capitel,
bey dem was einmahl geſchrieben ſtehet, zu blei- ben, und daruͤber zu halten hat, ſo lange als moͤg- lich iſt; ſo iſt doch genug, daß derſelbe moͤglich iſt. Und da einmahl beyde Stellen nicht die Wahrheit ſagen koͤnnen, ſo muß bey der einen oder bey der andern, im Buche, oder in dem Verſtande des Verfaſſers ein Fehler vorgegangen ſeyn. 2. Es kan aber ſeyn, daß des neuen Geſchichtſchrei- bers, der dem coævo widerſpricht, ſein Anſehen geringe, und vor nichts zu rechnen iſt: Jn dem Fall ſo bliebe zwar ſeine Ausſage, aber ſie gaͤlte deswegen nichts.
§. 18. Zweyter und dritter Fall, wo Geſchichtſchreiber einander widerſprechen.
Waͤren der Scriptor coæuus und der ſpaͤtere Geſchichtſchreiber, die einander widerſprechen, an ſich von gleichem Anſehen: So wuͤrde des erſteren ſein Zeugniß ohne Zweiffel doch einen Vorzug ha- ben, und deswegen wahrſcheinlich ſeyn und blei- ben (§. 12. C. 11.). Nur damit wird unſere Seele wenig beruhiget. Zu allem Gluͤck, iſt der Fall ſelten, daß zwey Geſchichtſchreiber, die von gleichem Anſehen ſeyn ſollten, einander gerade wi- derſpraͤchen: Sondern es findet ſich immer bey dem Anſehen des einen, oder des andern ein Fehler. Nun iſt auch der Fall moͤglich, daß zwey ſpaͤtere Geſchichtſchreiber einander widerſprechen: Deren aber einer doch aͤlter iſt als der andere. Jn die- ſem Falle bleibt, wenn nicht andere Umſtaͤnde dazu kommen, die Sache voͤllig ungewiß.
Denn
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Eilfftes Capitel,
bey dem was einmahl geſchrieben ſtehet, zu blei-
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lich iſt; ſo iſt doch genug, daß derſelbe moͤglich
iſt. Und da einmahl beyde Stellen nicht die
Wahrheit ſagen koͤnnen, ſo muß bey der einen oder
bey der andern, im Buche, oder in dem Verſtande
des Verfaſſers ein Fehler vorgegangen ſeyn.
2. Es kan aber ſeyn, daß des neuen Geſchichtſchrei-
bers, der dem coævo widerſpricht, ſein Anſehen
geringe, und vor nichts zu rechnen iſt: Jn dem
Fall ſo bliebe zwar ſeine Ausſage, aber ſie gaͤlte
deswegen nichts.
§. 18.
Zweyter und dritter Fall, wo Geſchichtſchreiber
einander widerſprechen.
Waͤren der Scriptor coæuus und der ſpaͤtere
Geſchichtſchreiber, die einander widerſprechen, an
ſich von gleichem Anſehen: So wuͤrde des erſteren
ſein Zeugniß ohne Zweiffel doch einen Vorzug ha-
ben, und deswegen wahrſcheinlich ſeyn und blei-
ben (§. 12. C. 11.). Nur damit wird unſere
Seele wenig beruhiget. Zu allem Gluͤck, iſt der
Fall ſelten, daß zwey Geſchichtſchreiber, die von
gleichem Anſehen ſeyn ſollten, einander gerade wi-
derſpraͤchen: Sondern es findet ſich immer bey
dem Anſehen des einen, oder des andern ein Fehler.
Nun iſt auch der Fall moͤglich, daß zwey ſpaͤtere
Geſchichtſchreiber einander widerſprechen: Deren
aber einer doch aͤlter iſt als der andere. Jn die-
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/404>, abgerufen am 19.06.2024.
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