Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.stehen, dann einfallen und einen unerträglichen Ge- "Laß mich in Ruh! was hast du denn?" Todtenbleich kam er auf dem Schlosse an: in "Herr," keuchte Brandes, "wenn Ew. Gnaden Sie waren unter der Buche angelangt. "Ich ſtehen, dann einfallen und einen unerträglichen Ge- „Laß mich in Ruh! was haſt du denn?“ Todtenbleich kam er auf dem Schloſſe an: in „Herr,“ keuchte Brandes, „wenn Ew. Gnaden Sie waren unter der Buche angelangt. „Ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0242" n="226"/> ſtehen, dann einfallen und einen unerträglichen Ge-<lb/> ruch verbreiten. Brandes glaubte ſolche unangenehme<lb/> Nachbarn zu ſpüren, er wandte ſich ein paarmal<lb/> hin und her, mochte aber doch nicht aufſtehen; ſein<lb/> Hund ſprang unterdeſſen umher, kratzte am Stamm<lb/> der Buche und bellte hinauf. „Was haſt du da,<lb/> Bello? eine Katze?“ murmelte Brandes. Er öffnete<lb/> die Wimper halb und die Judenſchrift fiel ihm in’s<lb/> Auge, ſehr ausgewachſen, aber doch noch ganz kennt-<lb/> lich. Er ſchloß die Augen wieder; der Hund fuhr<lb/> fort zu bellen und legte endlich ſeinem Herrn die<lb/> kalte Schnauze an’s Geſicht.</p><lb/> <p>„Laß mich in Ruh! was haſt du denn?“<lb/> Hiebei ſah Brandes, wie er ſo auf dem Rücken lag,<lb/> in die Höhe, ſprang dann mit einem Satze auf und<lb/> wie beſeſſen in’s Geſtrüpp hinein.</p><lb/> <p>Todtenbleich kam er auf dem Schloſſe an: in<lb/> der Judenbuche hänge ein Menſch; er habe die<lb/> Beine gerade über ſeinem Geſichte hängen ſehen. —<lb/> „Und du haſt ihn nicht abgeſchnitten, Eſel?“ rief<lb/> der Baron.</p><lb/> <p>„Herr,“ keuchte Brandes, „wenn Ew. Gnaden<lb/> da geweſen wären, ſo wüßten Sie wohl, daß der<lb/> Menſch nicht mehr lebt. Ich glaubte Anfangs, es<lb/> ſeien die Pilze.“ — Dennoch trieb der Gutsherr zur<lb/> größten Eile und zog ſelbſt mit hinaus.</p><lb/> <p>Sie waren unter der Buche angelangt. „Ich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [226/0242]
ſtehen, dann einfallen und einen unerträglichen Ge-
ruch verbreiten. Brandes glaubte ſolche unangenehme
Nachbarn zu ſpüren, er wandte ſich ein paarmal
hin und her, mochte aber doch nicht aufſtehen; ſein
Hund ſprang unterdeſſen umher, kratzte am Stamm
der Buche und bellte hinauf. „Was haſt du da,
Bello? eine Katze?“ murmelte Brandes. Er öffnete
die Wimper halb und die Judenſchrift fiel ihm in’s
Auge, ſehr ausgewachſen, aber doch noch ganz kennt-
lich. Er ſchloß die Augen wieder; der Hund fuhr
fort zu bellen und legte endlich ſeinem Herrn die
kalte Schnauze an’s Geſicht.
„Laß mich in Ruh! was haſt du denn?“
Hiebei ſah Brandes, wie er ſo auf dem Rücken lag,
in die Höhe, ſprang dann mit einem Satze auf und
wie beſeſſen in’s Geſtrüpp hinein.
Todtenbleich kam er auf dem Schloſſe an: in
der Judenbuche hänge ein Menſch; er habe die
Beine gerade über ſeinem Geſichte hängen ſehen. —
„Und du haſt ihn nicht abgeſchnitten, Eſel?“ rief
der Baron.
„Herr,“ keuchte Brandes, „wenn Ew. Gnaden
da geweſen wären, ſo wüßten Sie wohl, daß der
Menſch nicht mehr lebt. Ich glaubte Anfangs, es
ſeien die Pilze.“ — Dennoch trieb der Gutsherr zur
größten Eile und zog ſelbſt mit hinaus.
Sie waren unter der Buche angelangt. „Ich
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