Landes bis heute, und so wird es nach vierzig Jahren nimmer sein. Bevölkerung und Luxus wachsen sicht- lich, mit ihnen Bedürfnisse und Industrie. Die kleinern malerischen Haiden werden getheilt; die Cultur des langsam wachsenden Laubwaldes wird vernachlässigt, um sich im Nadelholze einen schnelleren Ertrag zu sichern, und bald werden auch hier Fich- tenwälder und endlose Getreideseen den Charakter der Landschaft theilweise umgestaltet haben, wie auch ihre Bewohner von den uralten Sitten und Ge- bräuchen mehr und mehr ablassen; fassen wir des- halb das Vorhandene noch zuletzt in seiner Eigen- thümlichkeit auf, ehe die schlüpfrige Decke, die all- mählich Europa überfließt, auch diesen stillen Erd- winkel überleimt hat.
Wir haben diesen Raum des Münsterlandes eine Oase genannt, so sind es auch wieder Steppen, Sand und Fichtenöden, die uns durch Paderborn, die ehemalige Residenz und Grenzstadt, in das Bis- thum gleichen Namens führen, wo die Ebene all- mählich zu Hügeln anschwillt, von denen jedoch die höchsten -- der jenseitigen Grenze zu -- die Höhe eines mäßigen Berges nicht übersteigen. -- Hier ist die Physiognomie des Landes bei weitem nicht so anziehend, wie die seiner Bewohner, sondern ein ziemlich reizloser Uebergang von der Fläche zum Gebirge, ohne die Milde der ersteren oder die Groß-
Landes bis heute, und ſo wird es nach vierzig Jahren nimmer ſein. Bevölkerung und Luxus wachſen ſicht- lich, mit ihnen Bedürfniſſe und Induſtrie. Die kleinern maleriſchen Haiden werden getheilt; die Cultur des langſam wachſenden Laubwaldes wird vernachläſſigt, um ſich im Nadelholze einen ſchnelleren Ertrag zu ſichern, und bald werden auch hier Fich- tenwälder und endloſe Getreideſeen den Charakter der Landſchaft theilweiſe umgeſtaltet haben, wie auch ihre Bewohner von den uralten Sitten und Ge- bräuchen mehr und mehr ablaſſen; faſſen wir des- halb das Vorhandene noch zuletzt in ſeiner Eigen- thümlichkeit auf, ehe die ſchlüpfrige Decke, die all- mählich Europa überfließt, auch dieſen ſtillen Erd- winkel überleimt hat.
Wir haben dieſen Raum des Münſterlandes eine Oaſe genannt, ſo ſind es auch wieder Steppen, Sand und Fichtenöden, die uns durch Paderborn, die ehemalige Reſidenz und Grenzſtadt, in das Bis- thum gleichen Namens führen, wo die Ebene all- mählich zu Hügeln anſchwillt, von denen jedoch die höchſten — der jenſeitigen Grenze zu — die Höhe eines mäßigen Berges nicht überſteigen. — Hier iſt die Phyſiognomie des Landes bei weitem nicht ſo anziehend, wie die ſeiner Bewohner, ſondern ein ziemlich reizloſer Uebergang von der Fläche zum Gebirge, ohne die Milde der erſteren oder die Groß-
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Landes bis heute, und ſo wird es nach vierzig Jahren
nimmer ſein. Bevölkerung und Luxus wachſen ſicht-
lich, mit ihnen Bedürfniſſe und Induſtrie. Die
kleinern maleriſchen Haiden werden getheilt; die
Cultur des langſam wachſenden Laubwaldes wird
vernachläſſigt, um ſich im Nadelholze einen ſchnelleren
Ertrag zu ſichern, und bald werden auch hier Fich-
tenwälder und endloſe Getreideſeen den Charakter
der Landſchaft theilweiſe umgeſtaltet haben, wie auch
ihre Bewohner von den uralten Sitten und Ge-
bräuchen mehr und mehr ablaſſen; faſſen wir des-
halb das Vorhandene noch zuletzt in ſeiner Eigen-
thümlichkeit auf, ehe die ſchlüpfrige Decke, die all-
mählich Europa überfließt, auch dieſen ſtillen Erd-
winkel überleimt hat.
Wir haben dieſen Raum des Münſterlandes
eine Oaſe genannt, ſo ſind es auch wieder Steppen,
Sand und Fichtenöden, die uns durch Paderborn,
die ehemalige Reſidenz und Grenzſtadt, in das Bis-
thum gleichen Namens führen, wo die Ebene all-
mählich zu Hügeln anſchwillt, von denen jedoch die
höchſten — der jenſeitigen Grenze zu — die Höhe
eines mäßigen Berges nicht überſteigen. — Hier iſt
die Phyſiognomie des Landes bei weitem nicht ſo
anziehend, wie die ſeiner Bewohner, ſondern ein
ziemlich reizloſer Uebergang von der Fläche zum
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schücking aus dem Nachlass Annette von Droste-Hülshoffs herausgegeben, enthalten mehrere Texte, die zum Teil zu Lebzeiten der Autorin bereits andernorts veröffentlicht worden waren. Beispielsweise erschien Droste-Hülshoffs Novelle "Die Judenbuche" zuerst 1842 im "Morgenblatt für gebildete Leser"; die "Westfälischen Schilderungen" erschienen 1845 in den "Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland". Einzelne Gedichte sind in Journalen und Jahrbüchern erschienen, andere wurden aus dem Nachlass erstmals in der hier digitalisierten Edition von Levin Schücking veröffentlicht (z.B. die Gedichte "Der Nachtwanderer", "Doppeltgänger" und "Halt fest!"). In den meisten Fällen handelt es sich somit nicht um Erstveröffentlichungen der Texte, wohl aber um die erste Publikation in Buchform, weshalb die Nachlassedition für das DTA herangezogen wurde.
Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/254>, abgerufen am 23.11.2024.
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