ein Herzensgandium ist, sich mit ihren alten Kame- raden zu raufen, und den bekannten Listen neue entgegen zu setzen; und noch vor Kurzem packten ein Dutzend solcher Praktiker ihren Herzensfreund, den Dorfschulmeister, der sie früher in der Taktik des "Holzsuchens" unterrichtet hatte, wie er eben daran war, die dritte oder vierte Auflage der Re- kruten einzuüben, etwa achtzig baarfüßige Schlingel nämlich, die, wie junge Wölfe, zuerst mit dem Blut- aussaugen anfangen, mit ihren krummen Messern kunstfertig in dem jungen Schlag wütheten, während der Pädagog, von einer breiten Buche herab, das Commando führte. Wir haben bereits den Volks- aberglauben erwähnt; dieser äußert sich, neben der Gespensterfurcht und dem Hexenglauben, vorzugs- weise in sympathetischen Mitteln und dem sogenannten Besprechen, einem Act, der Manches zu denken giebt und dessen wirklich seltsame Erfolge sich durch bloßes Hinwegläugnen keineswegs beseitigen lassen. Wir selbst müssen gestehen, Zeugen unerwarteter Resultate gewesen zu sein. -- Auf die Felder, die der Besprecher mit seinem weißen Stäbchen um- schritten, und worauf er die Scholle eines verpfändeten Ackers geworfen hat, wagt sich in der That kein Sperling, kein Wurm, fällt kein Mehlthau, und es ist überraschend, die Strecken mit schweren, niederhangenden Aehren zwischen weiland Flächen
ein Herzensgandium iſt, ſich mit ihren alten Kame- raden zu raufen, und den bekannten Liſten neue entgegen zu ſetzen; und noch vor Kurzem packten ein Dutzend ſolcher Praktiker ihren Herzensfreund, den Dorfſchulmeiſter, der ſie früher in der Taktik des „Holzſuchens“ unterrichtet hatte, wie er eben daran war, die dritte oder vierte Auflage der Re- kruten einzuüben, etwa achtzig baarfüßige Schlingel nämlich, die, wie junge Wölfe, zuerſt mit dem Blut- ausſaugen anfangen, mit ihren krummen Meſſern kunſtfertig in dem jungen Schlag wütheten, während der Pädagog, von einer breiten Buche herab, das Commando führte. Wir haben bereits den Volks- aberglauben erwähnt; dieſer äußert ſich, neben der Geſpenſterfurcht und dem Hexenglauben, vorzugs- weiſe in ſympathetiſchen Mitteln und dem ſogenannten Beſprechen, einem Act, der Manches zu denken giebt und deſſen wirklich ſeltſame Erfolge ſich durch bloßes Hinwegläugnen keineswegs beſeitigen laſſen. Wir ſelbſt müſſen geſtehen, Zeugen unerwarteter Reſultate geweſen zu ſein. — Auf die Felder, die der Beſprecher mit ſeinem weißen Stäbchen um- ſchritten, und worauf er die Scholle eines verpfändeten Ackers geworfen hat, wagt ſich in der That kein Sperling, kein Wurm, fällt kein Mehlthau, und es iſt überraſchend, die Strecken mit ſchweren, niederhangenden Aehren zwiſchen weiland Flächen
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ein Herzensgandium iſt, ſich mit ihren alten Kame-
raden zu raufen, und den bekannten Liſten neue
entgegen zu ſetzen; und noch vor Kurzem packten
ein Dutzend ſolcher Praktiker ihren Herzensfreund,
den Dorfſchulmeiſter, der ſie früher in der Taktik
des „Holzſuchens“ unterrichtet hatte, wie er eben
daran war, die dritte oder vierte Auflage der Re-
kruten einzuüben, etwa achtzig baarfüßige Schlingel
nämlich, die, wie junge Wölfe, zuerſt mit dem Blut-
ausſaugen anfangen, mit ihren krummen Meſſern
kunſtfertig in dem jungen Schlag wütheten, während
der Pädagog, von einer breiten Buche herab, das
Commando führte. Wir haben bereits den Volks-
aberglauben erwähnt; dieſer äußert ſich, neben der
Geſpenſterfurcht und dem Hexenglauben, vorzugs-
weiſe in ſympathetiſchen Mitteln und dem ſogenannten
Beſprechen, einem Act, der Manches zu denken
giebt und deſſen wirklich ſeltſame Erfolge ſich durch
bloßes Hinwegläugnen keineswegs beſeitigen laſſen.
Wir ſelbſt müſſen geſtehen, Zeugen unerwarteter
Reſultate geweſen zu ſein. — Auf die Felder, die
der Beſprecher mit ſeinem weißen Stäbchen um-
ſchritten, und worauf er die Scholle eines verpfändeten
Ackers geworfen hat, wagt ſich in der That kein
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schücking aus dem Nachlass Annette von Droste-Hülshoffs herausgegeben, enthalten mehrere Texte, die zum Teil zu Lebzeiten der Autorin bereits andernorts veröffentlicht worden waren. Beispielsweise erschien Droste-Hülshoffs Novelle "Die Judenbuche" zuerst 1842 im "Morgenblatt für gebildete Leser"; die "Westfälischen Schilderungen" erschienen 1845 in den "Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland". Einzelne Gedichte sind in Journalen und Jahrbüchern erschienen, andere wurden aus dem Nachlass erstmals in der hier digitalisierten Edition von Levin Schücking veröffentlicht (z.B. die Gedichte "Der Nachtwanderer", "Doppeltgänger" und "Halt fest!"). In den meisten Fällen handelt es sich somit nicht um Erstveröffentlichungen der Texte, wohl aber um die erste Publikation in Buchform, weshalb die Nachlassedition für das DTA herangezogen wurde.
Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/278>, abgerufen am 25.11.2024.
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