Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.zu bringen, obwohl jetzt eher, als wie vor dreißig Bettler giebt es unter dem Landvolke nicht, Der Münsterländer ist groß, fleischig, selten zu bringen, obwohl jetzt eher, als wie vor dreißig Bettler giebt es unter dem Landvolke nicht, Der Münſterländer iſt groß, fleiſchig, ſelten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0290" n="274"/> zu bringen, obwohl jetzt eher, als wie vor dreißig<lb/> Jahren, wo wir in einer Pfarre von fünftauſend<lb/> Seelen ein einziges uneheliches Kind antrafen.</p><lb/> <p>Bettler giebt es unter dem Landvolke nicht,<lb/> weder dem Namen, noch der That nach, ſondern<lb/> nur in jeder Gemeinde einige „arme Männer oder<lb/> Frauen,“ denen in bemittelten Häuſern nach der<lb/> Reihe die Koſt gereicht wird, wo dann die nach-<lb/> läſſigſte Mutter ihr Kind ſtrafen würde, wenn es<lb/> an dem „armen Mann“ vorüberging, ohne ihn<lb/> zu grüßen. — So iſt Raum, Nahrung und Frieden<lb/> für Alle da, — die Regierung möchte gern zu<lb/> einer ſtärkeren Bevölkerung anregen, die aber gewiß<lb/> traurige Folgen haben würde bei einem Volke, das<lb/> wohl ein Eigenthum verſtändig zu bewirthſchaften<lb/> weiß, dem es aber zum Gewerbe mit leerer Hand<lb/> gänzlich an Geſchick und Energie fehlt, und das<lb/> Sprichwort: „Noth lehrt beten“ (<hi rendition="#aq">resp.</hi> arbeiten),<lb/> würde ſich ſchwerlich hinlänglich hier bewähren, wo<lb/> ſchon die laue, feuchte Luft den Menſchen träu-<lb/> meriſch macht, und ſeine Schüchternheit zum Theil<lb/> körperlich iſt, ſo daß man ihn nur anzuſehen braucht,<lb/> um das langſame Rollen ſeines Bluts gleichſam<lb/> mitzufühlen.</p><lb/> <p>Der Münſterländer iſt groß, fleiſchig, ſelten<lb/> von großer Muskelkraft; ſeine Züge ſind weich, oft<lb/> äußerſt lieblich, und immer durch einen Ausdruck<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [274/0290]
zu bringen, obwohl jetzt eher, als wie vor dreißig
Jahren, wo wir in einer Pfarre von fünftauſend
Seelen ein einziges uneheliches Kind antrafen.
Bettler giebt es unter dem Landvolke nicht,
weder dem Namen, noch der That nach, ſondern
nur in jeder Gemeinde einige „arme Männer oder
Frauen,“ denen in bemittelten Häuſern nach der
Reihe die Koſt gereicht wird, wo dann die nach-
läſſigſte Mutter ihr Kind ſtrafen würde, wenn es
an dem „armen Mann“ vorüberging, ohne ihn
zu grüßen. — So iſt Raum, Nahrung und Frieden
für Alle da, — die Regierung möchte gern zu
einer ſtärkeren Bevölkerung anregen, die aber gewiß
traurige Folgen haben würde bei einem Volke, das
wohl ein Eigenthum verſtändig zu bewirthſchaften
weiß, dem es aber zum Gewerbe mit leerer Hand
gänzlich an Geſchick und Energie fehlt, und das
Sprichwort: „Noth lehrt beten“ (resp. arbeiten),
würde ſich ſchwerlich hinlänglich hier bewähren, wo
ſchon die laue, feuchte Luft den Menſchen träu-
meriſch macht, und ſeine Schüchternheit zum Theil
körperlich iſt, ſo daß man ihn nur anzuſehen braucht,
um das langſame Rollen ſeines Bluts gleichſam
mitzufühlen.
Der Münſterländer iſt groß, fleiſchig, ſelten
von großer Muskelkraft; ſeine Züge ſind weich, oft
äußerſt lieblich, und immer durch einen Ausdruck
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