Völker überwältigte, und dann wieder jenseits der Py- renäen mit den Sarazenen siegreich rang; dem daher beinahe der ganze Westen gehorchte; um dessen Freund- schaft der Osten sich bewarb; der der stolzen Byzanz gegen- über eine occidentalische Roma gründete, und mit dem orientalischen Kaiserreich sich in das Erbe der Römer, die Weltherrschaft, theilte, während beiden gegenüber das geistliche Reich des Pabstes wieder in religiöser Einheit sie verband. So ist also das Epos der Kampf jenes Bundes mit diesem Regenten, und mit der höchsten Hal- tung und Ruhe entwickelt nun das Gedicht diesen Kampf durch 16 Jahre hindurch, in dem mannigfaltigsten Wechsel der Begebenheiten, und mit dem ganzen Zauber der Romantik ausgestattet. Es ist gar nicht zu verkennen, daß dem Dichter Homers Ilias vorgeschwebt; außerdem daß, wie wir gleich sehen werden, wenn wir von dem französischen Romane des gleichen Namens reden, unmittelbare Hinweisungen auf dies Gedicht sich finden, sind die einzelnen Helden mehr oder weniger, obgleich in durchaus freien Verhältnissen, den Helden der Iliade nachgebildet. Während Reinold in allen seinen Bezieh- ungen, so weit die Fabel es erlaubt, der Hector des Ge- dichtes ist, und der alte Heymon der Priamus, erscheint hingegen Carl als Agamemnon, trefflich gehalten, und zwar im teutschen Volksbuche, indem er Hugo von
Völker überwältigte, und dann wieder jenſeits der Py- renäen mit den Sarazenen ſiegreich rang; dem daher beinahe der ganze Weſten gehorchte; um deſſen Freund- ſchaft der Oſten ſich bewarb; der der ſtolzen Byzanz gegen- über eine occidentaliſche Roma gründete, und mit dem orientaliſchen Kaiſerreich ſich in das Erbe der Römer, die Weltherrſchaft, theilte, während beiden gegenüber das geiſtliche Reich des Pabſtes wieder in religiöſer Einheit ſie verband. So iſt alſo das Epos der Kampf jenes Bundes mit dieſem Regenten, und mit der höchſten Hal- tung und Ruhe entwickelt nun das Gedicht dieſen Kampf durch 16 Jahre hindurch, in dem mannigfaltigſten Wechſel der Begebenheiten, und mit dem ganzen Zauber der Romantik ausgeſtattet. Es iſt gar nicht zu verkennen, daß dem Dichter Homers Ilias vorgeſchwebt; außerdem daß, wie wir gleich ſehen werden, wenn wir von dem franzöſiſchen Romane des gleichen Namens reden, unmittelbare Hinweiſungen auf dies Gedicht ſich finden, ſind die einzelnen Helden mehr oder weniger, obgleich in durchaus freien Verhältniſſen, den Helden der Iliade nachgebildet. Während Reinold in allen ſeinen Bezieh- ungen, ſo weit die Fabel es erlaubt, der Hector des Ge- dichtes iſt, und der alte Heymon der Priamus, erſcheint hingegen Carl als Agamemnon, trefflich gehalten, und zwar im teutſchen Volksbuche, indem er Hugo von
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Völker überwältigte, und dann wieder jenſeits der Py-
renäen mit den Sarazenen ſiegreich rang; dem daher
beinahe der ganze Weſten gehorchte; um deſſen Freund-
ſchaft der Oſten ſich bewarb; der der ſtolzen Byzanz gegen-
über eine occidentaliſche Roma gründete, und mit dem
orientaliſchen Kaiſerreich ſich in das Erbe der Römer, die
Weltherrſchaft, theilte, während beiden gegenüber das
geiſtliche Reich des Pabſtes wieder in religiöſer Einheit
ſie verband. So iſt alſo das Epos der Kampf jenes
Bundes mit dieſem Regenten, und mit der höchſten Hal-
tung und Ruhe entwickelt nun das Gedicht dieſen Kampf
durch 16 Jahre hindurch, in dem mannigfaltigſten
Wechſel der Begebenheiten, und mit dem ganzen Zauber
der Romantik ausgeſtattet. Es iſt gar nicht zu verkennen,
daß dem Dichter Homers Ilias vorgeſchwebt; außerdem
daß, wie wir gleich ſehen werden, wenn wir von dem
franzöſiſchen Romane des gleichen Namens reden,
unmittelbare Hinweiſungen auf dies Gedicht ſich finden,
ſind die einzelnen Helden mehr oder weniger, obgleich
in durchaus freien Verhältniſſen, den Helden der Iliade
nachgebildet. Während Reinold in allen ſeinen Bezieh-
ungen, ſo weit die Fabel es erlaubt, der Hector des Ge-
dichtes iſt, und der alte Heymon der Priamus, erſcheint
hingegen Carl als Agamemnon, trefflich gehalten, und
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/120>, abgerufen am 24.11.2024.
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