Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773.schickt er mich herum, wo was zu betreiben ist. Jch geh zum Bischof von Constanz. Götz. Noch eins! Gute Verrichtung! Martin. Gleichfalls! Götz. Was seht ihr mich so an, Bruder? Martin. Daß ich in euren Harnisch verliebt bin. Götz. Hättet ihr Lust zu einem? Es ist schwer und beschwerlich ihn zu trageu. Martin. Was ist nicht beschwerlich auf dieser Welt, und mir kommt nichts beschwerlicher vor, als nicht Mensch seyn dürfen. Armuth, Keuschheit und Gehorsam. Drey Gelübde, deren jedes, einzeln betrachtet, der Natur das unausstehlichste scheint, so unerträglich sind sie alle. Und sein ganzes Leben unter dieser Last, oder der weit drückendern Bürde des Gewissens muthlos zu keichen! O Herr! was sind die Mühseligkeiten eures Lebens, gegen die Jämmerlichkeiten eines Stands, der die besten Triebe, durch die wir werden, wachsen und gedeyen, aus mißverstandner Begierde Gott näher zu rücken, verdammt. Götz.
ſchickt er mich herum, wo was zu betreiben iſt. Jch geh zum Biſchof von Conſtanz. Goͤtz. Noch eins! Gute Verrichtung! Martin. Gleichfalls! Goͤtz. Was ſeht ihr mich ſo an, Bruder? Martin. Daß ich in euren Harniſch verliebt bin. Goͤtz. Haͤttet ihr Luſt zu einem? Es iſt ſchwer und beſchwerlich ihn zu trageu. Martin. Was iſt nicht beſchwerlich auf dieſer Welt, und mir kommt nichts beſchwerlicher vor, als nicht Menſch ſeyn duͤrfen. Armuth, Keuſchheit und Gehorſam. Drey Geluͤbde, deren jedes, einzeln betrachtet, der Natur das unausſtehlichſte ſcheint, ſo unertraͤglich ſind ſie alle. Und ſein ganzes Leben unter dieſer Laſt, oder der weit druͤckendern Buͤrde des Gewiſſens muthlos zu keichen! O Herr! was ſind die Muͤhſeligkeiten eures Lebens, gegen die Jaͤmmerlichkeiten eines Stands, der die beſten Triebe, durch die wir werden, wachſen und gedeyen, aus mißverſtandner Begierde Gott naͤher zu ruͤcken, verdammt. Goͤtz.
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furt in Sachſen, er weis ich kann nicht ruhn, da
ſchickt er mich herum, wo was zu betreiben iſt. Jch
geh zum Biſchof von Conſtanz.
Goͤtz. Noch eins! Gute Verrichtung!
Martin. Gleichfalls!
Goͤtz. Was ſeht ihr mich ſo an, Bruder?
Martin. Daß ich in euren Harniſch verliebt bin.
Goͤtz. Haͤttet ihr Luſt zu einem? Es iſt ſchwer
und beſchwerlich ihn zu trageu.
Martin. Was iſt nicht beſchwerlich auf dieſer
Welt, und mir kommt nichts beſchwerlicher vor, als
nicht Menſch ſeyn duͤrfen. Armuth, Keuſchheit und
Gehorſam. Drey Geluͤbde, deren jedes, einzeln
betrachtet, der Natur das unausſtehlichſte ſcheint,
ſo unertraͤglich ſind ſie alle. Und ſein ganzes Leben
unter dieſer Laſt, oder der weit druͤckendern Buͤrde
des Gewiſſens muthlos zu keichen! O Herr! was
ſind die Muͤhſeligkeiten eures Lebens, gegen die
Jaͤmmerlichkeiten eines Stands, der die beſten
Triebe, durch die wir werden, wachſen und gedeyen,
aus mißverſtandner Begierde Gott naͤher zu ruͤcken,
verdammt.
Goͤtz.
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