Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


Franz. Er war so begierig zu wissen, daß er
mit der geschäftigsten Geschwindigkeit von Fragen
meine Antwort verhinderte. Er wußt es zwar schon,
denn Färber, der von Haslach entrann, brachte ihm
die Bottschaft. Aber er wollte alles wissen. Er
fragte so ängstlich, ob ihr nicht versehrt wäret?
Jch sagte: er ist ganz, von der äusersten Haar-
spitze bis zum Nagel des kleinen Zehs.
Weislingen. Was sagte er zu den Vorschlägen?
Franz. Er wollte gleich alles heraus geben,
den Knaben und noch Geld darauf, nur euch zu
befreyen. Da er aber hörte, ihr solltet ohne das
loskommen, und nur euer Wort das Equivalent ge-
gen den Buben seyn; da wollte er absolut den
Berlichingen vertagt haben. Er sagte mir hundert
Sachen an euch, ich hab sie vergessen. Es war
eine lange Predigt über die Worte: Jch kann
Weisling nicht entbehren.
Weislingen. Er wirds lernen müssen!
Franz. Wie meynt ihr? Er sagte: mach ihn
eilen, es wartet alles auf ihn.
Weislingen. Es kann warten. Jch gehe nicht
an Hof.

Franz.


Franz. Er war ſo begierig zu wiſſen, daß er
mit der geſchaͤftigſten Geſchwindigkeit von Fragen
meine Antwort verhinderte. Er wußt es zwar ſchon,
denn Faͤrber, der von Haslach entrann, brachte ihm
die Bottſchaft. Aber er wollte alles wiſſen. Er
fragte ſo aͤngſtlich, ob ihr nicht verſehrt waͤret?
Jch ſagte: er iſt ganz, von der aͤuſerſten Haar-
ſpitze bis zum Nagel des kleinen Zehs.
Weislingen. Was ſagte er zu den Vorſchlaͤgen?
Franz. Er wollte gleich alles heraus geben,
den Knaben und noch Geld darauf, nur euch zu
befreyen. Da er aber hoͤrte, ihr ſolltet ohne das
loskommen, und nur euer Wort das Equivalent ge-
gen den Buben ſeyn; da wollte er abſolut den
Berlichingen vertagt haben. Er ſagte mir hundert
Sachen an euch, ich hab ſie vergeſſen. Es war
eine lange Predigt uͤber die Worte: Jch kann
Weisling nicht entbehren.
Weislingen. Er wirds lernen muͤſſen!
Franz. Wie meynt ihr? Er ſagte: mach ihn
eilen, es wartet alles auf ihn.
Weislingen. Es kann warten. Jch gehe nicht
an Hof.

Franz.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#WEI">
          <pb facs="#f0062" n="58"/>
          <fw place="top" type="header">
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </fw>
        </sp>
        <sp who="#FRA">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker>
          <p>Er war &#x017F;o begierig zu wi&#x017F;&#x017F;en, daß er<lb/>
mit der ge&#x017F;cha&#x0364;ftig&#x017F;ten Ge&#x017F;chwindigkeit von Fragen<lb/>
meine Antwort verhinderte. Er wußt es zwar &#x017F;chon,<lb/>
denn Fa&#x0364;rber, der von Haslach entrann, brachte ihm<lb/>
die Bott&#x017F;chaft. Aber er wollte alles wi&#x017F;&#x017F;en. Er<lb/>
fragte &#x017F;o a&#x0364;ng&#x017F;tlich, ob ihr nicht ver&#x017F;ehrt wa&#x0364;ret?<lb/>
Jch &#x017F;agte: er i&#x017F;t ganz, von der a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;ten Haar-<lb/>
&#x017F;pitze bis zum Nagel des kleinen Zehs.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WEI">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Weislingen.</hi> </speaker>
          <p>Was &#x017F;agte er zu den Vor&#x017F;chla&#x0364;gen?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FRA">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker>
          <p>Er wollte gleich alles heraus geben,<lb/>
den Knaben und noch Geld darauf, nur euch zu<lb/>
befreyen. Da er aber ho&#x0364;rte, ihr &#x017F;olltet ohne das<lb/>
loskommen, und nur euer Wort das Equivalent ge-<lb/>
gen den Buben &#x017F;eyn; da wollte er ab&#x017F;olut den<lb/>
Berlichingen vertagt haben. Er &#x017F;agte mir hundert<lb/>
Sachen an euch, ich hab &#x017F;ie verge&#x017F;&#x017F;en. Es war<lb/>
eine lange Predigt u&#x0364;ber die Worte: Jch kann<lb/>
Weisling nicht entbehren.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WEI">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Weislingen.</hi> </speaker>
          <p>Er wirds lernen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FRA">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker>
          <p>Wie meynt ihr? Er &#x017F;agte: mach ihn<lb/>
eilen, es wartet alles auf ihn.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WEI">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Weislingen.</hi> </speaker>
          <p>Es kann warten. Jch gehe nicht<lb/>
an Hof.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Franz.</fw><lb/>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0062] Franz. Er war ſo begierig zu wiſſen, daß er mit der geſchaͤftigſten Geſchwindigkeit von Fragen meine Antwort verhinderte. Er wußt es zwar ſchon, denn Faͤrber, der von Haslach entrann, brachte ihm die Bottſchaft. Aber er wollte alles wiſſen. Er fragte ſo aͤngſtlich, ob ihr nicht verſehrt waͤret? Jch ſagte: er iſt ganz, von der aͤuſerſten Haar- ſpitze bis zum Nagel des kleinen Zehs. Weislingen. Was ſagte er zu den Vorſchlaͤgen? Franz. Er wollte gleich alles heraus geben, den Knaben und noch Geld darauf, nur euch zu befreyen. Da er aber hoͤrte, ihr ſolltet ohne das loskommen, und nur euer Wort das Equivalent ge- gen den Buben ſeyn; da wollte er abſolut den Berlichingen vertagt haben. Er ſagte mir hundert Sachen an euch, ich hab ſie vergeſſen. Es war eine lange Predigt uͤber die Worte: Jch kann Weisling nicht entbehren. Weislingen. Er wirds lernen muͤſſen! Franz. Wie meynt ihr? Er ſagte: mach ihn eilen, es wartet alles auf ihn. Weislingen. Es kann warten. Jch gehe nicht an Hof. Franz.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773/62
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773/62>, abgerufen am 24.11.2024.