aber dabei nicht gewiß seyn, ob dieses von einer Lebens- und Muskelkraft herrühre, indem dergleichen Verkür- zung lange Zeit nach dem Tode noch ebensowohl er- folgt (n), und sich Blutadern nicht zusammenziehen, wenn man sie mit einem scharfen Eisen reizet. Daß sie aber, nachdem sie aufgeblasen oder gereizet worden, sich wie das Herz verengern sollten, und zum Forttreiben des Blutes angestrenget würden, oder wenn sie sich zusam- mengezogen haben, das Blut, wie die Schlagadern, weiter beforderten (o), habe ich für meine Person nie- mals wahrgenommen, und es müssen die Erscheinungen nicht hieher gezogen werden, die eigentlich nur an der Holader und ihren Stämmen nahe am Herzen wahrge- nommen werden. Man kann auch ferner in der That keine andere Ursache von demjenigen Umstand angeben, warum das Blut nach dem Absterben des Thieres in de- nen Adern zusammengehäuft angetroffen wird, als ihre Trägheit, welche verhindert, daß sie sich von demjeni- gen Blute nicht entledigen können, welches ihnen von den Schlagadern zugeführet worden. An den kalten Thieren sind sie vollkommen unbeweglich, und von aller Kraft, sich zusammenzuziehen, gänzlich entblösset (p).
§. 8. Die Stärke der Blutader.
Die Stärke der Blutadern, vermöge der sie der Zer- reissung widerstehen, ist an sich grösser, als sie dem er- sten Ansehen nach zu seyn scheint. Denn sie sind zart gebaut, und das Verhältnis ihrer Mündungen gegen die Membranen ist viel grösser, als bei denen Schlag- adern. Die Dikke der absteigenden Holader war gegen die
Aorte
(n)[Spaltenumbruch]
Ebendas. S. 276.
(o)Senak am angef. Ort. T. II. S. 227.
(p)[Spaltenumbruch]
Ebendas. Exp. 290. Second Memoire sur le mouvem. du sang. Exp. 120. 132. 136.
Zweites Buch. Gefaͤſſe.
aber dabei nicht gewiß ſeyn, ob dieſes von einer Lebens- und Muskelkraft herruͤhre, indem dergleichen Verkuͤr- zung lange Zeit nach dem Tode noch ebenſowohl er- folgt (n), und ſich Blutadern nicht zuſammenziehen, wenn man ſie mit einem ſcharfen Eiſen reizet. Daß ſie aber, nachdem ſie aufgeblaſen oder gereizet worden, ſich wie das Herz verengern ſollten, und zum Forttreiben des Blutes angeſtrenget wuͤrden, oder wenn ſie ſich zuſam- mengezogen haben, das Blut, wie die Schlagadern, weiter beforderten (o), habe ich fuͤr meine Perſon nie- mals wahrgenommen, und es muͤſſen die Erſcheinungen nicht hieher gezogen werden, die eigentlich nur an der Holader und ihren Staͤmmen nahe am Herzen wahrge- nommen werden. Man kann auch ferner in der That keine andere Urſache von demjenigen Umſtand angeben, warum das Blut nach dem Abſterben des Thieres in de- nen Adern zuſammengehaͤuft angetroffen wird, als ihre Traͤgheit, welche verhindert, daß ſie ſich von demjeni- gen Blute nicht entledigen koͤnnen, welches ihnen von den Schlagadern zugefuͤhret worden. An den kalten Thieren ſind ſie vollkommen unbeweglich, und von aller Kraft, ſich zuſammenzuziehen, gaͤnzlich entbloͤſſet (p).
§. 8. Die Staͤrke der Blutader.
Die Staͤrke der Blutadern, vermoͤge der ſie der Zer- reiſſung widerſtehen, iſt an ſich groͤſſer, als ſie dem er- ſten Anſehen nach zu ſeyn ſcheint. Denn ſie ſind zart gebaut, und das Verhaͤltnis ihrer Muͤndungen gegen die Membranen iſt viel groͤſſer, als bei denen Schlag- adern. Die Dikke der abſteigenden Holader war gegen die
Aorte
(n)[Spaltenumbruch]
Ebendaſ. S. 276.
(o)Senak am angef. Ort. T. II. S. 227.
(p)[Spaltenumbruch]
Ebendaſ. Exp. 290. Second Memoire ſur le mouvem. du ſang. Exp. 120. 132. 136.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0292"n="236"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Zweites Buch. Gefaͤſſe.</hi></fw><lb/>
aber dabei nicht gewiß ſeyn, ob dieſes von einer Lebens-<lb/>
und Muskelkraft herruͤhre, indem dergleichen Verkuͤr-<lb/>
zung lange Zeit nach dem Tode noch ebenſowohl er-<lb/>
folgt <noteplace="foot"n="(n)"><cb/>
Ebendaſ. S. 276.</note>, und ſich Blutadern nicht zuſammenziehen,<lb/>
wenn man ſie mit einem ſcharfen Eiſen reizet. Daß ſie<lb/>
aber, nachdem ſie aufgeblaſen oder gereizet worden, ſich<lb/>
wie das Herz verengern ſollten, und zum Forttreiben des<lb/>
Blutes angeſtrenget wuͤrden, oder wenn ſie ſich zuſam-<lb/>
mengezogen haben, das Blut, wie die Schlagadern,<lb/>
weiter beforderten <noteplace="foot"n="(o)"><hirendition="#fr">Senak</hi> am angef. Ort. <hirendition="#aq">T.<lb/>
II.</hi> S. 227.</note>, habe ich fuͤr meine Perſon nie-<lb/>
mals wahrgenommen, und es muͤſſen die Erſcheinungen<lb/>
nicht hieher gezogen werden, die eigentlich nur an der<lb/>
Holader und ihren Staͤmmen nahe am Herzen wahrge-<lb/>
nommen werden. Man kann auch ferner in der That<lb/>
keine andere Urſache von demjenigen Umſtand angeben,<lb/>
warum das Blut nach dem Abſterben des Thieres in de-<lb/>
nen Adern zuſammengehaͤuft angetroffen wird, als ihre<lb/>
Traͤgheit, welche verhindert, daß ſie ſich von demjeni-<lb/>
gen Blute nicht entledigen koͤnnen, welches ihnen von<lb/>
den Schlagadern zugefuͤhret worden. An den kalten<lb/>
Thieren ſind ſie vollkommen unbeweglich, und von aller<lb/>
Kraft, ſich zuſammenzuziehen, gaͤnzlich entbloͤſſet <noteplace="foot"n="(p)"><cb/>
Ebendaſ. <hirendition="#aq">Exp. 290. Second<lb/>
Memoire ſur le mouvem. du ſang.<lb/>
Exp.</hi> 120. 132. 136.</note>.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 8.<lb/>
Die Staͤrke der Blutader.</head><lb/><p><hirendition="#fr">Die Staͤrke</hi> der Blutadern, vermoͤge der ſie der Zer-<lb/>
reiſſung widerſtehen, iſt an ſich groͤſſer, als ſie dem er-<lb/>ſten Anſehen nach zu ſeyn ſcheint. Denn ſie ſind zart<lb/>
gebaut, und das Verhaͤltnis ihrer Muͤndungen gegen<lb/>
die Membranen iſt viel groͤſſer, als bei denen Schlag-<lb/>
adern. Die Dikke der abſteigenden Holader war gegen die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Aorte</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[236/0292]
Zweites Buch. Gefaͤſſe.
aber dabei nicht gewiß ſeyn, ob dieſes von einer Lebens-
und Muskelkraft herruͤhre, indem dergleichen Verkuͤr-
zung lange Zeit nach dem Tode noch ebenſowohl er-
folgt (n), und ſich Blutadern nicht zuſammenziehen,
wenn man ſie mit einem ſcharfen Eiſen reizet. Daß ſie
aber, nachdem ſie aufgeblaſen oder gereizet worden, ſich
wie das Herz verengern ſollten, und zum Forttreiben des
Blutes angeſtrenget wuͤrden, oder wenn ſie ſich zuſam-
mengezogen haben, das Blut, wie die Schlagadern,
weiter beforderten (o), habe ich fuͤr meine Perſon nie-
mals wahrgenommen, und es muͤſſen die Erſcheinungen
nicht hieher gezogen werden, die eigentlich nur an der
Holader und ihren Staͤmmen nahe am Herzen wahrge-
nommen werden. Man kann auch ferner in der That
keine andere Urſache von demjenigen Umſtand angeben,
warum das Blut nach dem Abſterben des Thieres in de-
nen Adern zuſammengehaͤuft angetroffen wird, als ihre
Traͤgheit, welche verhindert, daß ſie ſich von demjeni-
gen Blute nicht entledigen koͤnnen, welches ihnen von
den Schlagadern zugefuͤhret worden. An den kalten
Thieren ſind ſie vollkommen unbeweglich, und von aller
Kraft, ſich zuſammenzuziehen, gaͤnzlich entbloͤſſet (p).
§. 8.
Die Staͤrke der Blutader.
Die Staͤrke der Blutadern, vermoͤge der ſie der Zer-
reiſſung widerſtehen, iſt an ſich groͤſſer, als ſie dem er-
ſten Anſehen nach zu ſeyn ſcheint. Denn ſie ſind zart
gebaut, und das Verhaͤltnis ihrer Muͤndungen gegen
die Membranen iſt viel groͤſſer, als bei denen Schlag-
adern. Die Dikke der abſteigenden Holader war gegen die
Aorte
(n)
Ebendaſ. S. 276.
(o) Senak am angef. Ort. T.
II. S. 227.
(p)
Ebendaſ. Exp. 290. Second
Memoire ſur le mouvem. du ſang.
Exp. 120. 132. 136.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/292>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.