die Schlafpulsader lang, und sie dehnt sich gerade aus, wenn das Zellgewebe Risse bekömt. Daher drehet sich an erwachsenen Personen die Milzschlagader um so viel mehr zusammen, je härter das Zellgewebe ist, das diese Schlagader runzelt. Jedoch bringt auch dies Gewebe, wenn es sich verhärtet, die Kügelchen, die in der Niere der menschlichen Frucht einzeln und entfernt von einander liegen, nach und nach näher zusammen, bis sich endlich dadurch die Zwischenräume aufheben, und die ersten Ab- theilungen zu einem einzigen Eingeweide machen lassen, die jedennoch die alte Figur wieder annehmen, sobald man in die Fächer derselben Wasser hineinleitet (p). Glei- chergestalt vernichtet man die Gestalt der thierischen Theile, wenn man das beschriebene Gewebe leichtsinniger weise, als ob es von keinem Nuzzen wäre, hinwegräumt.
Da das Zellgewebe also dem menschlichen Körper so viele Vortheile schaft, so bedarf es keiner übertriebnen Erhebung, und die Sache erfordert es eben nicht, daß man es, da es an sich unempfindlich ist, vor ausgedehnte Endigungen der Nerven, oder vor das Werkzeug der Muskelbewegung, ausgebe, als ob das in die Zellchen sich ergissende Flieswasser, welches von der Thierhizze verdünnet worden, diese Bewegung zur Wirklichkeit brächte. Es befindet sich auch nichts bandsehniges und nerviges in dem zellförmigen Gewebe; daß es daher also nicht das Recht hat, ein zellförmiges Empfindungs- werkzeug zu heissen, oder daß man vermuten könnte, als entstünden durch die wechselweisen Wirkungen dieser
Säfte
(p)[Spaltenumbruch]
Milzschlagader. halleri Prim. lin. Phys. n. 753. von den Nieren. cowper Phil. trans. n. 280. von der Muskelbewegung. schebbeare Pract. of phys. T. I. S. 80. 89. 108. la CazeSpecim. nov. med. consp. Idee de l'hom- me phys. et mor. S. 151. alle feste Theile sind ein Zellge- webe. Prim. lin. Phys. n. XI. die [Spaltenumbruch]
weitleuftige Ausbreitung des Ge- webes hatte der Verfasser längst zuvor in Comment. in prael. Boerh. T. II. p. 66. gezeigt, ob er den Umfang dieser Jdee gleich zu der Zeit noch nicht vollkommen einsah. Alex. monroo Essay of a society at Edim. Vol. V. S. 286, trieb Luft in die Membranen.
Erſtes Buch. Elementartheile
die Schlafpulsader lang, und ſie dehnt ſich gerade aus, wenn das Zellgewebe Riſſe bekoͤmt. Daher drehet ſich an erwachſenen Perſonen die Milzſchlagader um ſo viel mehr zuſammen, je haͤrter das Zellgewebe iſt, das dieſe Schlagader runzelt. Jedoch bringt auch dies Gewebe, wenn es ſich verhaͤrtet, die Kuͤgelchen, die in der Niere der menſchlichen Frucht einzeln und entfernt von einander liegen, nach und nach naͤher zuſammen, bis ſich endlich dadurch die Zwiſchenraͤume aufheben, und die erſten Ab- theilungen zu einem einzigen Eingeweide machen laſſen, die jedennoch die alte Figur wieder annehmen, ſobald man in die Faͤcher derſelben Waſſer hineinleitet (p). Glei- chergeſtalt vernichtet man die Geſtalt der thieriſchen Theile, wenn man das beſchriebene Gewebe leichtſinniger weiſe, als ob es von keinem Nuzzen waͤre, hinwegraͤumt.
Da das Zellgewebe alſo dem menſchlichen Koͤrper ſo viele Vortheile ſchaft, ſo bedarf es keiner uͤbertriebnen Erhebung, und die Sache erfordert es eben nicht, daß man es, da es an ſich unempfindlich iſt, vor ausgedehnte Endigungen der Nerven, oder vor das Werkzeug der Muskelbewegung, ausgebe, als ob das in die Zellchen ſich ergiſſende Flieswaſſer, welches von der Thierhizze verduͤnnet worden, dieſe Bewegung zur Wirklichkeit braͤchte. Es befindet ſich auch nichts bandſehniges und nerviges in dem zellfoͤrmigen Gewebe; daß es daher alſo nicht das Recht hat, ein zellfoͤrmiges Empfindungs- werkzeug zu heiſſen, oder daß man vermuten koͤnnte, als entſtuͤnden durch die wechſelweiſen Wirkungen dieſer
Saͤfte
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Milzſchlagader. halleri Prim. lin. Phyſ. n. 753. von den Nieren. cowper Phil. trans. n. 280. von der Muskelbewegung. schebbeare Pract. of phyſ. T. I. S. 80. 89. 108. la CazeSpecim. nov. med. conſp. Idee de l’hom- me phyſ. et mor. S. 151. alle feſte Theile ſind ein Zellge- webe. Prim. lin. Phyſ. n. XI. die [Spaltenumbruch]
weitleuftige Ausbreitung des Ge- webes hatte der Verfaſſer laͤngſt zuvor in Comment. in prael. Boerh. T. II. p. 66. gezeigt, ob er den Umfang dieſer Jdee gleich zu der Zeit noch nicht vollkommen einſah. Alex. monroo Eſſay of a ſociety at Edim. Vol. V. S. 286, trieb Luft in die Membranen.
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Erſtes Buch. Elementartheile
die Schlafpulsader lang, und ſie dehnt ſich gerade aus,
wenn das Zellgewebe Riſſe bekoͤmt. Daher drehet ſich
an erwachſenen Perſonen die Milzſchlagader um ſo viel
mehr zuſammen, je haͤrter das Zellgewebe iſt, das dieſe
Schlagader runzelt. Jedoch bringt auch dies Gewebe,
wenn es ſich verhaͤrtet, die Kuͤgelchen, die in der Niere
der menſchlichen Frucht einzeln und entfernt von einander
liegen, nach und nach naͤher zuſammen, bis ſich endlich
dadurch die Zwiſchenraͤume aufheben, und die erſten Ab-
theilungen zu einem einzigen Eingeweide machen laſſen,
die jedennoch die alte Figur wieder annehmen, ſobald man
in die Faͤcher derſelben Waſſer hineinleitet (p). Glei-
chergeſtalt vernichtet man die Geſtalt der thieriſchen
Theile, wenn man das beſchriebene Gewebe leichtſinniger
weiſe, als ob es von keinem Nuzzen waͤre, hinwegraͤumt.
Da das Zellgewebe alſo dem menſchlichen Koͤrper ſo
viele Vortheile ſchaft, ſo bedarf es keiner uͤbertriebnen
Erhebung, und die Sache erfordert es eben nicht, daß
man es, da es an ſich unempfindlich iſt, vor ausgedehnte
Endigungen der Nerven, oder vor das Werkzeug der
Muskelbewegung, ausgebe, als ob das in die Zellchen
ſich ergiſſende Flieswaſſer, welches von der Thierhizze
verduͤnnet worden, dieſe Bewegung zur Wirklichkeit
braͤchte. Es befindet ſich auch nichts bandſehniges und
nerviges in dem zellfoͤrmigen Gewebe; daß es daher alſo
nicht das Recht hat, ein zellfoͤrmiges Empfindungs-
werkzeug zu heiſſen, oder daß man vermuten koͤnnte, als
entſtuͤnden durch die wechſelweiſen Wirkungen dieſer
Saͤfte
(p)
Milzſchlagader. halleri
Prim. lin. Phyſ. n. 753. von den
Nieren. cowper Phil. trans. n.
280. von der Muskelbewegung.
schebbeare Pract. of phyſ. T. I.
S. 80. 89. 108. la Caze Specim.
nov. med. conſp. Idee de l’hom-
me phyſ. et mor. S. 151.
alle feſte Theile ſind ein Zellge-
webe. Prim. lin. Phyſ. n. XI. die
weitleuftige Ausbreitung des Ge-
webes hatte der Verfaſſer laͤngſt
zuvor in Comment. in prael.
Boerh. T. II. p. 66. gezeigt, ob er
den Umfang dieſer Jdee gleich zu
der Zeit noch nicht vollkommen
einſah. Alex. monroo Eſſay of a
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/90>, abgerufen am 24.11.2024.
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