Hauptmann, Gerhart: Der Biberpelz. Berlin, 1893.
Mädel kann unser Glicke sein. Wenn Du bloß fer so was a Verschtand hätt'st. Julius. Denn soll se man sehn, wo se bleiben dut. Frau Wolff. Da is keene Angst drum, Julian. Kann meglich sein, Du erlebst noch was. Se wohnt noch a Mal in der Belletage und wir sein froh, wenn se uns bloß kennt. Was hat'n der Täths- rath zu mir gesagt? Ihre Tochter is so ein scheenes Mädchen, die kann beim Theater Farure machen. Julius. Denn soll se man machen, det se hin- kommt. Frau Wolff. Du hast keene Bildung, Julian. Von Bildung hast Du ooch keene Spur. Wenn ich ne' ge- west wär', Julian! Was wär' ock aus da Mädeln ge- worden? Ich hab'se gebildt erzogen, verstehste. De Bildung is heutzutage de Hauptsache. Das geht nich a so uff eenen Hieb. Immer Eens nach'n andern, a pee a pee. Nu mag se mal erscht a Dienst kenn'n lern'. Dann geht se meinswegen rein nach Berlin. Die is heite noch viel zu jung fersch Theater. (Es hat unter dem Vorhergehenden mehrmals an die Thür gepocht, nun klingt) Adelheid's (Stimme herein). Mama! Mama! mach doch bloß man uff! (Frau Wolff öffnet. Adelheid kommt herein. Sie ist ein langaufgeschossenes Schulmädchen im vierzehnten Jahre mit hübschem Kindergesicht. Der Ausdruck ihrer Augen aber verräth frühe Verderbniß). Wat machste mir denn nich uff, Mama? Ick hab' mir ja Hände un Füße ver- froren.
Mädel kann unſer Glicke ſein. Wenn Du bloß fer ſo was a Verſchtand hätt’ſt. Julius. Denn ſoll ſe man ſehn, wo ſe bleiben dut. Frau Wolff. Da is keene Angſt drum, Julian. Kann meglich ſein, Du erlebſt noch was. Se wohnt noch a Mal in der Belletage und wir ſein froh, wenn ſe uns bloß kennt. Was hat’n der Täths- rath zu mir geſagt? Ihre Tochter is ſo ein ſcheenes Mädchen, die kann beim Theater Farure machen. Julius. Denn ſoll ſe man machen, det ſe hin- kommt. Frau Wolff. Du haſt keene Bildung, Julian. Von Bildung haſt Du ooch keene Spur. Wenn ich ne’ ge- weſt wär’, Julian! Was wär’ ock aus da Mädeln ge- worden? Ich hab’ſe gebildt erzogen, verſtehſte. De Bildung is heutzutage de Hauptſache. Das geht nich a ſo uff eenen Hieb. Immer Eens nach’n andern, a pee a pee. Nu mag ſe mal erſcht a Dienſt kenn’n lern’. Dann geht ſe meinswegen rein nach Berlin. Die is heite noch viel zu jung ferſch Theater. (Es hat unter dem Vorhergehenden mehrmals an die Thür gepocht, nun klingt) Adelheid’s (Stimme herein). Mama! Mama! mach doch bloß man uff! (Frau Wolff öffnet. Adelheid kommt herein. Sie iſt ein langaufgeſchoſſenes Schulmädchen im vierzehnten Jahre mit hübſchem Kindergeſicht. Der Ausdruck ihrer Augen aber verräth frühe Verderbniß). Wat machſte mir denn nich uff, Mama? Ick hab’ mir ja Hände un Füße ver- froren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#WOLFF"> <p><pb facs="#f0017" n="11"/> Mädel kann unſer Glicke ſein. Wenn Du bloß fer<lb/> ſo was a Verſchtand hätt’ſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker> <hi rendition="#g">Julius.</hi> </speaker> <p>Denn ſoll ſe man ſehn, wo ſe bleiben dut.</p> </sp><lb/> <sp who="#WOLFF"> <speaker> <hi rendition="#g">Frau Wolff.</hi> </speaker> <p>Da is keene Angſt drum, Julian.<lb/> Kann meglich ſein, Du erlebſt noch was. Se wohnt<lb/> noch a Mal in der Belletage und wir ſein froh,<lb/> wenn ſe uns bloß kennt. Was hat’n der Täths-<lb/> rath zu mir geſagt? Ihre Tochter is ſo ein ſcheenes<lb/> Mädchen, die kann beim Theater Farure machen.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker> <hi rendition="#g">Julius.</hi> </speaker> <p>Denn ſoll ſe man machen, det ſe hin-<lb/> kommt.</p> </sp><lb/> <sp who="#WOLFF"> <speaker> <hi rendition="#g">Frau Wolff.</hi> </speaker> <p>Du haſt keene Bildung, Julian. Von<lb/> Bildung haſt Du ooch keene Spur. Wenn ich ne’ ge-<lb/> weſt wär’, Julian! Was wär’ ock aus da Mädeln ge-<lb/> worden? Ich hab’ſe gebildt erzogen, verſtehſte. De<lb/> Bildung is heutzutage de Hauptſache. Das geht nich<lb/> a ſo uff eenen Hieb. Immer Eens nach’n andern,<lb/> a pee a pee. Nu mag ſe mal erſcht a Dienſt kenn’n<lb/> lern’. Dann geht ſe meinswegen rein nach Berlin.<lb/> Die is heite noch viel zu jung ferſch Theater.</p> <stage>(Es<lb/> hat unter dem Vorhergehenden mehrmals an die Thür gepocht,<lb/> nun klingt)</stage> </sp><lb/> <sp who="#ADE"> <speaker> <hi rendition="#g">Adelheid’s</hi> </speaker> <stage>(Stimme herein).</stage> <p>Mama! Mama! mach<lb/> doch bloß man uff!</p> <stage>(Frau Wolff öffnet. Adelheid kommt<lb/> herein. Sie iſt ein langaufgeſchoſſenes Schulmädchen im vierzehnten<lb/> Jahre mit hübſchem Kindergeſicht. Der Ausdruck ihrer Augen aber<lb/> verräth frühe Verderbniß).</stage> <p>Wat machſte mir denn nich<lb/> uff, Mama? Ick hab’ mir ja Hände un Füße ver-<lb/> froren.</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [11/0017]
Mädel kann unſer Glicke ſein. Wenn Du bloß fer
ſo was a Verſchtand hätt’ſt.
Julius. Denn ſoll ſe man ſehn, wo ſe bleiben dut.
Frau Wolff. Da is keene Angſt drum, Julian.
Kann meglich ſein, Du erlebſt noch was. Se wohnt
noch a Mal in der Belletage und wir ſein froh,
wenn ſe uns bloß kennt. Was hat’n der Täths-
rath zu mir geſagt? Ihre Tochter is ſo ein ſcheenes
Mädchen, die kann beim Theater Farure machen.
Julius. Denn ſoll ſe man machen, det ſe hin-
kommt.
Frau Wolff. Du haſt keene Bildung, Julian. Von
Bildung haſt Du ooch keene Spur. Wenn ich ne’ ge-
weſt wär’, Julian! Was wär’ ock aus da Mädeln ge-
worden? Ich hab’ſe gebildt erzogen, verſtehſte. De
Bildung is heutzutage de Hauptſache. Das geht nich
a ſo uff eenen Hieb. Immer Eens nach’n andern,
a pee a pee. Nu mag ſe mal erſcht a Dienſt kenn’n
lern’. Dann geht ſe meinswegen rein nach Berlin.
Die is heite noch viel zu jung ferſch Theater. (Es
hat unter dem Vorhergehenden mehrmals an die Thür gepocht,
nun klingt)
Adelheid’s (Stimme herein). Mama! Mama! mach
doch bloß man uff! (Frau Wolff öffnet. Adelheid kommt
herein. Sie iſt ein langaufgeſchoſſenes Schulmädchen im vierzehnten
Jahre mit hübſchem Kindergeſicht. Der Ausdruck ihrer Augen aber
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