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Hauptmann, Gerhart: Der Biberpelz. Berlin, 1893.

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Wehrhahn (in Akten wühlend, zu Glasenapp). Ich bin
doch neugierig, was da raus kommt. Herr Motes
will nun auch Zeugen stellen. Er meint, die Dreiern,
die Kuchenhexe, die habe mal grade dabei gestanden,
als Fleischer sich despektirlich aussprach. Wie alt ist
denn die Dreiern, sagen Sie mal?
Glasenapp. So gegen siebzig Jahre, Herr
Vorsteher.
Wehrhahn. 'n bischen verschupft, was?
Glasenapp. Na, wie man's nimmt. Sie hat
die Gedanken noch ziemlich beisammen.
Wehrhahn. Ich kann Ihnen sagen, Glasenapp,
es wäre mir eine direkte Genugthuung, hier mal recht
gründlich zwischen zu fahren. Daß die Leute merken,
mit wem sie's zu thun haben. Bei Kaiser's Geburts-
tag, wer war nicht dabei? Natürlich, der Fleischer.
Dem Mann trau ich das Schlimmste zu. Wenn der
noch so schafsdumme Jesichter macht. Man kennt
sie ja, diese Wölfe im Schafspelz. Können keiner
Fliege ein Beinchen ausreißen, aber wenn's drauf
ankommt, sprengen die Hunde janze jroße Ortschaften
in die Luft. Der Boden soll ihnen doch hier etwas
heiß werden!
Motes (kommt). Jehorsamer Diener!
Wehrhahn. Na also, wie steht's?
Motes. Fran Dreier will jejen elf Uhr hier sein.
Wehrhahn. Die Sache wird einiges Aufsehen
Wehrhahn (in Akten wühlend, zu Glaſenapp). Ich bin
doch neugierig, was da raus kommt. Herr Motes
will nun auch Zeugen ſtellen. Er meint, die Dreiern,
die Kuchenhexe, die habe mal grade dabei geſtanden,
als Fleiſcher ſich deſpektirlich ausſprach. Wie alt iſt
denn die Dreiern, ſagen Sie mal?
Glaſenapp. So gegen ſiebzig Jahre, Herr
Vorſteher.
Wehrhahn. ’n bischen verſchupft, was?
Glaſenapp. Na, wie man’s nimmt. Sie hat
die Gedanken noch ziemlich beiſammen.
Wehrhahn. Ich kann Ihnen ſagen, Glaſenapp,
es wäre mir eine direkte Genugthuung, hier mal recht
gründlich zwiſchen zu fahren. Daß die Leute merken,
mit wem ſie’s zu thun haben. Bei Kaiſer’s Geburts-
tag, wer war nicht dabei? Natürlich, der Fleiſcher.
Dem Mann trau ich das Schlimmſte zu. Wenn der
noch ſo ſchafsdumme Jeſichter macht. Man kennt
ſie ja, dieſe Wölfe im Schafspelz. Können keiner
Fliege ein Beinchen ausreißen, aber wenn’s drauf
ankommt, ſprengen die Hunde janze jroße Ortſchaften
in die Luft. Der Boden ſoll ihnen doch hier etwas
heiß werden!
Motes (kommt). Jehorſamer Diener!
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Motes. Fran Dreier will jejen elf Uhr hier ſein.
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[88/0094] Wehrhahn (in Akten wühlend, zu Glaſenapp). Ich bin doch neugierig, was da raus kommt. Herr Motes will nun auch Zeugen ſtellen. Er meint, die Dreiern, die Kuchenhexe, die habe mal grade dabei geſtanden, als Fleiſcher ſich deſpektirlich ausſprach. Wie alt iſt denn die Dreiern, ſagen Sie mal? Glaſenapp. So gegen ſiebzig Jahre, Herr Vorſteher. Wehrhahn. ’n bischen verſchupft, was? Glaſenapp. Na, wie man’s nimmt. Sie hat die Gedanken noch ziemlich beiſammen. Wehrhahn. Ich kann Ihnen ſagen, Glaſenapp, es wäre mir eine direkte Genugthuung, hier mal recht gründlich zwiſchen zu fahren. Daß die Leute merken, mit wem ſie’s zu thun haben. Bei Kaiſer’s Geburts- tag, wer war nicht dabei? Natürlich, der Fleiſcher. Dem Mann trau ich das Schlimmſte zu. Wenn der noch ſo ſchafsdumme Jeſichter macht. Man kennt ſie ja, dieſe Wölfe im Schafspelz. Können keiner Fliege ein Beinchen ausreißen, aber wenn’s drauf ankommt, ſprengen die Hunde janze jroße Ortſchaften in die Luft. Der Boden ſoll ihnen doch hier etwas heiß werden! Motes (kommt). Jehorſamer Diener! Wehrhahn. Na alſo, wie ſteht’s? Motes. Fran Dreier will jejen elf Uhr hier ſein. Wehrhahn. Die Sache wird einiges Aufſehen

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Der Biberpelz. Berlin, 1893, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_biberpelz_1893/94>, abgerufen am 21.11.2024.