Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Galante Gedichte.
Und dencke selber nach/ was kan man wol beginnen/
Wann feder/ hand und hertz mit kummer überstreut?
Jedoch ich weis/ du wirst die reime nicht verachten/
Ob sie schon noch so schwach mit lahmen schritten gehn/
Du wirst vielmehr durch sie den ordenitzt betrachten/
Darinn du selbst nun must als mit-genoßin stehn.
Du darfst gewißlich dich des hinckens gar nicht schämen/
Es ist von alters her fast hoch und werth geacht.
Mann must' offt hinckende zum dienst der götter nehmen/
Wann ihnen etwan ward ein opfer-fest gebracht;
Was war wol lieblicher und schöner anzusehen/
Als da ein scharffer dorn der Venus fuß verletzt/
Und sie deswegenlahm und hinckend muste gehen?
Und doch ward sie deshalb nicht minder hoch-geschätzt,
Das tantzen an sich selbst ist nur ein zierlichs hincken/
Man hincket ebenfals/ nur daß mans künstlich macht/
Bald hebt der fus sich auf/ bald mus er wieder sincken/
So wie er durch die kunst in ordnung wird gebracht.
Ja selbst Vulcanus ist deshalb in himmel kommen/
Man trug ihm willig auff der grossen götter rath/
Die ihn in ihre zahl und freundschafft aufgenommen/
Ob er schon noch so grob und starck gehincket hat;
Jst nun Vulcanus gott/ so mustu göttin werden/
Weil ihr euch beyde gut und wol zusammen schickt;
Befeßle du demnach die freyheit dieser erden/
Er hält den himmels- creys dort droben schon bestrickt.


Wie sie die schwanen auf dem
wasser an sich lockte.
ALs Venus neulich war zum himmel aufgeflogen/
Weil frost und strenge lufft sich hier auf erden faud/
Und sich in schneller eil der kalten welt entzogen/
Doch ehstens hier zu seyn in frischer hoffnung stand;
So ließ sie noch zuvor die schwanen für sich kommen/
Die sonst der Venus volck und liebes-boten seyn/
Und die sie anfangs bald zu diensten angenommen/
Als
Galante Gedichte.
Und dencke ſelber nach/ was kan man wol beginnen/
Wann feder/ hand und hertz mit kummer uͤberſtreut?
Jedoch ich weis/ du wirſt die reime nicht verachten/
Ob ſie ſchon noch ſo ſchwach mit lahmen ſchritten gehn/
Du wirſt vielmehr durch ſie den ordenitzt betrachten/
Darinn du ſelbſt nun muſt als mit-genoßin ſtehn.
Du darfſt gewißlich dich des hinckens gar nicht ſchaͤmen/
Es iſt von alters her faſt hoch und werth geacht.
Mann muſt’ offt hinckende zum dienſt der goͤtter nehmen/
Wann ihnen etwan ward ein opfer-feſt gebracht;
Was war wol lieblicher und ſchoͤner anzuſehen/
Als da ein ſcharffer dorn der Venus fuß verletzt/
Und ſie deswegenlahm und hinckend muſte gehen?
Und doch ward ſie deshalb nicht minder hoch-geſchaͤtzt,
Das tantzen an ſich ſelbſt iſt nur ein zierlichs hincken/
Man hincket ebenfals/ nur daß mans kuͤnſtlich macht/
Bald hebt der fus ſich auf/ bald mus er wieder ſincken/
So wie er durch die kunſt in ordnung wird gebracht.
Ja ſelbſt Vulcanus iſt deshalb in himmel kommen/
Man trug ihm willig auff der groſſen goͤtter rath/
Die ihn in ihre zahl und freundſchafft aufgenommen/
Ob er ſchon noch ſo grob und ſtarck gehincket hat;
Jſt nun Vulcanus gott/ ſo muſtu goͤttin werden/
Weil ihr euch beyde gut und wol zuſammen ſchickt;
Befeßle du demnach die freyheit dieſer erden/
Er haͤlt den himmels- creys dort droben ſchon beſtrickt.


Wie ſie die ſchwanen auf dem
waſſer an ſich lockte.
ALs Venus neulich war zum himmel aufgeflogen/
Weil froſt und ſtrenge lufft ſich hier auf erden faud/
Und ſich in ſchneller eil der kalten welt entzogen/
Doch ehſtens hier zu ſeyn in friſcher hoffnung ſtand;
So ließ ſie noch zuvor die ſchwanen fuͤr ſich kommen/
Die ſonſt der Venus volck und liebes-boten ſeyn/
Und die ſie anfangs bald zu dienſten angenommen/
Als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0014" n="6"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Galante Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Und dencke &#x017F;elber nach/ was kan man wol beginnen/</l><lb/>
            <l>Wann feder/ hand und hertz mit kummer u&#x0364;ber&#x017F;treut?</l><lb/>
            <l>Jedoch ich weis/ du wir&#x017F;t die reime nicht verachten/</l><lb/>
            <l>Ob &#x017F;ie &#x017F;chon noch &#x017F;o &#x017F;chwach mit lahmen &#x017F;chritten gehn/</l><lb/>
            <l>Du wir&#x017F;t vielmehr durch &#x017F;ie den ordenitzt betrachten/</l><lb/>
            <l>Darinn du &#x017F;elb&#x017F;t nun mu&#x017F;t als mit-genoßin &#x017F;tehn.</l><lb/>
            <l>Du darf&#x017F;t gewißlich dich des hinckens gar nicht &#x017F;cha&#x0364;men/</l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t von alters her fa&#x017F;t hoch und werth geacht.</l><lb/>
            <l>Mann mu&#x017F;t&#x2019; offt hinckende zum dien&#x017F;t der go&#x0364;tter nehmen/</l><lb/>
            <l>Wann ihnen etwan ward ein opfer-fe&#x017F;t gebracht;</l><lb/>
            <l>Was war wol lieblicher und &#x017F;cho&#x0364;ner anzu&#x017F;ehen/</l><lb/>
            <l>Als da ein &#x017F;charffer dorn der Venus fuß verletzt/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie deswegenlahm und hinckend mu&#x017F;te gehen?</l><lb/>
            <l>Und doch ward &#x017F;ie deshalb nicht minder hoch-ge&#x017F;cha&#x0364;tzt,</l><lb/>
            <l>Das tantzen an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t nur ein zierlichs hincken/</l><lb/>
            <l>Man hincket ebenfals/ nur daß mans ku&#x0364;n&#x017F;tlich macht/</l><lb/>
            <l>Bald hebt der fus &#x017F;ich auf/ bald mus er wieder &#x017F;incken/</l><lb/>
            <l>So wie er durch die kun&#x017F;t in ordnung wird gebracht.</l><lb/>
            <l>Ja &#x017F;elb&#x017F;t Vulcanus i&#x017F;t deshalb in himmel kommen/</l><lb/>
            <l>Man trug ihm willig auff der gro&#x017F;&#x017F;en go&#x0364;tter rath/</l><lb/>
            <l>Die ihn in ihre zahl und freund&#x017F;chafft aufgenommen/</l><lb/>
            <l>Ob er &#x017F;chon noch &#x017F;o grob und &#x017F;tarck gehincket hat;</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t nun Vulcanus gott/ &#x017F;o mu&#x017F;tu go&#x0364;ttin werden/</l><lb/>
            <l>Weil ihr euch beyde gut und wol zu&#x017F;ammen &#x017F;chickt;</l><lb/>
            <l>Befeßle du demnach die freyheit die&#x017F;er erden/</l><lb/>
            <l>Er ha&#x0364;lt den himmels- creys dort droben &#x017F;chon be&#x017F;trickt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Wie &#x017F;ie die &#x017F;chwanen auf dem<lb/>
wa&#x017F;&#x017F;er an &#x017F;ich lockte.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">A</hi>Ls Venus neulich war zum himmel aufgeflogen/</l><lb/>
            <l>Weil fro&#x017F;t und &#x017F;trenge lufft &#x017F;ich hier auf erden faud/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ich in &#x017F;chneller eil der kalten welt entzogen/</l><lb/>
            <l>Doch eh&#x017F;tens hier zu &#x017F;eyn in fri&#x017F;cher hoffnung &#x017F;tand;</l><lb/>
            <l>So ließ &#x017F;ie noch zuvor die &#x017F;chwanen fu&#x0364;r &#x017F;ich kommen/</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;on&#x017F;t der Venus volck und liebes-boten &#x017F;eyn/</l><lb/>
            <l>Und die &#x017F;ie anfangs bald zu dien&#x017F;ten angenommen/</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Als</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0014] Galante Gedichte. Und dencke ſelber nach/ was kan man wol beginnen/ Wann feder/ hand und hertz mit kummer uͤberſtreut? Jedoch ich weis/ du wirſt die reime nicht verachten/ Ob ſie ſchon noch ſo ſchwach mit lahmen ſchritten gehn/ Du wirſt vielmehr durch ſie den ordenitzt betrachten/ Darinn du ſelbſt nun muſt als mit-genoßin ſtehn. Du darfſt gewißlich dich des hinckens gar nicht ſchaͤmen/ Es iſt von alters her faſt hoch und werth geacht. Mann muſt’ offt hinckende zum dienſt der goͤtter nehmen/ Wann ihnen etwan ward ein opfer-feſt gebracht; Was war wol lieblicher und ſchoͤner anzuſehen/ Als da ein ſcharffer dorn der Venus fuß verletzt/ Und ſie deswegenlahm und hinckend muſte gehen? Und doch ward ſie deshalb nicht minder hoch-geſchaͤtzt, Das tantzen an ſich ſelbſt iſt nur ein zierlichs hincken/ Man hincket ebenfals/ nur daß mans kuͤnſtlich macht/ Bald hebt der fus ſich auf/ bald mus er wieder ſincken/ So wie er durch die kunſt in ordnung wird gebracht. Ja ſelbſt Vulcanus iſt deshalb in himmel kommen/ Man trug ihm willig auff der groſſen goͤtter rath/ Die ihn in ihre zahl und freundſchafft aufgenommen/ Ob er ſchon noch ſo grob und ſtarck gehincket hat; Jſt nun Vulcanus gott/ ſo muſtu goͤttin werden/ Weil ihr euch beyde gut und wol zuſammen ſchickt; Befeßle du demnach die freyheit dieſer erden/ Er haͤlt den himmels- creys dort droben ſchon beſtrickt. Wie ſie die ſchwanen auf dem waſſer an ſich lockte. ALs Venus neulich war zum himmel aufgeflogen/ Weil froſt und ſtrenge lufft ſich hier auf erden faud/ Und ſich in ſchneller eil der kalten welt entzogen/ Doch ehſtens hier zu ſeyn in friſcher hoffnung ſtand; So ließ ſie noch zuvor die ſchwanen fuͤr ſich kommen/ Die ſonſt der Venus volck und liebes-boten ſeyn/ Und die ſie anfangs bald zu dienſten angenommen/ Als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/14
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/14>, abgerufen am 21.11.2024.