Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.
Die thränen löschen nun den heißen liebes-brand/ Der seine stoltze gluth nicht weiter kan erheben; Doch nein! sie müssen öl zu diesen flammen geben/ Und machen meine treu der gantzen welt bekandt. Jhr augen werdet doch zu rechten wasser-qvellen/ Weil ich hier bey der grufft der Amarillis bin. Du aber/ werther fluß/ nimm meine thräuen hin/ Durch derer menge du beginnest auffzuschwellen; Und sage denn hernach der ungezähmten see/ Daß meiner thränen saltz weit über ihres geh. Schertz-gedancken/ als er sie hincken sahe. VErzeihe/ schönstes bild/ wann meine reimen hincken/ Wenn alle syllben nicht in gleichen schrancken stehn/ Wann offt die wörter selbst aus dem gewichte sincken/ Und nicht/ wie sichs gebührt/ in steiffer ordnung gehn; Sie lernen es von dir: denn als ich dich erblickte/ Wie sich dein einer fuß nicht gar zu wol bequemt/ Und dich bey jedem tritt fast zu der erden drückte/ Ward hand und feder mir von stunden an gelähmt. Kan hand und feder nun nicht eben zierlich schertzen/ Steckt keine lieblichkeit in dieser engen schrifft; So liegt die schuld an dir/ weil dein zu strenger schmertzen Mir alle sehnen hemmt und durchs geäder trifft. Wiewol mein brief will sich auch hinckend zu dir fügen/ Er stellt sich eben so/ wie du/ erbärmlich an/ Und kan man rath und trost aus frembdem kummer kriegen/ So glaub ich/ daß er dich gewiß auch trösten kan. Schau nur wie kläglich er wil hin und wieder sincken/ Wie alle syllben fast auf krancken füssen gehn/ Und wie die wörter selbst von allen seiten hincken/ Was letzt soll/ geht voran/ was erst/ willetzlich stehn. Nicht lache/ schönstes bild/ es taumlen hand und sinnen/ Du schaust allhier die frucht verwirrter traurigkeit; Und A 3
Die thraͤnen loͤſchen nun den heißen liebes-brand/ Der ſeine ſtoltze gluth nicht weiter kan erheben; Doch nein! ſie muͤſſen oͤl zu dieſen flammen geben/ Und machen meine treu der gantzen welt bekandt. Jhr augen werdet doch zu rechten waſſer-qvellen/ Weil ich hier bey der grufft der Amarillis bin. Du aber/ werther fluß/ nimm meine thraͤuen hin/ Durch derer menge du beginneſt auffzuſchwellen; Und ſage denn hernach der ungezaͤhmten ſee/ Daß meiner thraͤnen ſaltz weit uͤber ihres geh. Schertz-gedancken/ als er ſie hincken ſahe. VErzeihe/ ſchoͤnſtes bild/ wann meine reimen hincken/ Wenn alle ſyllben nicht in gleichen ſchrancken ſtehn/ Wann offt die woͤrter ſelbſt aus dem gewichte ſincken/ Und nicht/ wie ſichs gebuͤhrt/ in ſteiffer ordnung gehn; Sie lernen es von dir: denn als ich dich erblickte/ Wie ſich dein einer fuß nicht gar zu wol bequemt/ Und dich bey jedem tritt faſt zu der erden druͤckte/ Ward hand und feder mir von ſtunden an gelaͤhmt. Kan hand und feder nun nicht eben zierlich ſchertzen/ Steckt keine lieblichkeit in dieſer engen ſchrifft; So liegt die ſchuld an dir/ weil dein zu ſtrenger ſchmertzen Mir alle ſehnen hemmt und durchs geaͤder trifft. Wiewol mein brief will ſich auch hinckend zu dir fuͤgen/ Er ſtellt ſich eben ſo/ wie du/ erbaͤrmlich an/ Und kan man rath und troſt aus frembdem kummer kriegen/ So glaub ich/ daß er dich gewiß auch troͤſten kan. Schau nur wie klaͤglich er wil hin und wieder ſincken/ Wie alle ſyllben faſt auf krancken fuͤſſen gehn/ Und wie die woͤrter ſelbſt von allen ſeiten hincken/ Was letzt ſoll/ geht voran/ was erſt/ willetzlich ſtehn. Nicht lache/ ſchoͤnſtes bild/ es taumlen hand und ſinnen/ Du ſchauſt allhier die frucht verwirrter traurigkeit; Und A 3
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Galante Gedichte.
Und fuͤhren mich mit ihr ins finſtre todes-land.
Die thraͤnen loͤſchen nun den heißen liebes-brand/
Der ſeine ſtoltze gluth nicht weiter kan erheben;
Doch nein! ſie muͤſſen oͤl zu dieſen flammen geben/
Und machen meine treu der gantzen welt bekandt.
Jhr augen werdet doch zu rechten waſſer-qvellen/
Weil ich hier bey der grufft der Amarillis bin.
Du aber/ werther fluß/ nimm meine thraͤuen hin/
Durch derer menge du beginneſt auffzuſchwellen;
Und ſage denn hernach der ungezaͤhmten ſee/
Daß meiner thraͤnen ſaltz weit uͤber ihres geh.
Schertz-gedancken/ als er ſie
hincken ſahe.
VErzeihe/ ſchoͤnſtes bild/ wann meine reimen hincken/
Wenn alle ſyllben nicht in gleichen ſchrancken ſtehn/
Wann offt die woͤrter ſelbſt aus dem gewichte ſincken/
Und nicht/ wie ſichs gebuͤhrt/ in ſteiffer ordnung gehn;
Sie lernen es von dir: denn als ich dich erblickte/
Wie ſich dein einer fuß nicht gar zu wol bequemt/
Und dich bey jedem tritt faſt zu der erden druͤckte/
Ward hand und feder mir von ſtunden an gelaͤhmt.
Kan hand und feder nun nicht eben zierlich ſchertzen/
Steckt keine lieblichkeit in dieſer engen ſchrifft;
So liegt die ſchuld an dir/ weil dein zu ſtrenger ſchmertzen
Mir alle ſehnen hemmt und durchs geaͤder trifft.
Wiewol mein brief will ſich auch hinckend zu dir fuͤgen/
Er ſtellt ſich eben ſo/ wie du/ erbaͤrmlich an/
Und kan man rath und troſt aus frembdem kummer kriegen/
So glaub ich/ daß er dich gewiß auch troͤſten kan.
Schau nur wie klaͤglich er wil hin und wieder ſincken/
Wie alle ſyllben faſt auf krancken fuͤſſen gehn/
Und wie die woͤrter ſelbſt von allen ſeiten hincken/
Was letzt ſoll/ geht voran/ was erſt/ willetzlich ſtehn.
Nicht lache/ ſchoͤnſtes bild/ es taumlen hand und ſinnen/
Du ſchauſt allhier die frucht verwirrter traurigkeit;
Und
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