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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Galante Gedichte.

Um Omphaln muß Hercul in weibes-kleidern wallen/
Und um die Helena der Theseus seyn ein knecht.

Die stärcke.
Die starcken hat kein schwerdt der schönen/ sondern liebe
Durch ihre zauberung/ und nicht durch krieg gefällt;
Wer widersteht mit ernst dem angenehmen triebe/
Der lust und honigseim in seinen armen hält?
Versuchtest du mit stahl und eisen meine stärcke/
Es würde meine krafft dir deutlich kund gethan;
Und wer noch zweiffelhafft erhebet meine wercke/
Der greiffe mich einmahl mit vollen kräfften an.
Die schönheit.
Der durch die liebe fällt/ ist gleichfalls überwunden/
Denn starcke müßen auch den trieben widerstehn:
Hat nun mein liebes-seil die stärckesten gebunden/
Wie denckstu mit triumph mir gleich/ auch vorzugehn?
Bezwinget dich mein arm durch einen blick der schönen/
Was brauch ich wider dich das eisen und gewehr?
Gnung! daß die welt mich mehr/ als dich/ sucht zu bethrönen/
Wenn die erfahrung selbst mir gibt den beyfall her.
Ausschlag der erfahrung.
Jch/ die kein nord noch west zur falschheit kan bewegen/
Die aller sachen grund mit gleichen augen sieht/
Will auch für diesesmahl nicht fälschlich widerlegen/
Was aller hertzen spruch und beyfall an sich zieht.
Es streiten unter sich die schönheit und die stärcke/
Ob schönheit/ oder sie mehr rühmliches gethan?
Jch scheide diesen streit durch rechnung ihrer wercke/
Wer beßre siege zehlt/ behält die sieges-fahn.
Die stärcke rühmet sich von viel gemachten leichen/
Von helden/ denen sie den tapffern arm geregt;
Daß offt für ihrer macht der purpur müst' erbleichen/
Weil manches reich und land durch sie in grauß gelegt.
Dergleichen kan zwar auch von sich die schönheit loben/
Daß sie um Helenen gantz Troja hat verstöhrt;
Und daß sie den Anton von reich und thron gehoben/
Wie

Galante Gedichte.

Um Omphaln muß Hercul in weibes-kleidern wallen/
Und um die Helena der Theſeus ſeyn ein knecht.

Die ſtaͤrcke.
Die ſtarcken hat kein ſchwerdt der ſchoͤnen/ ſondern liebe
Durch ihre zauberung/ und nicht durch krieg gefaͤllt;
Wer widerſteht mit ernſt dem angenehmen triebe/
Der luſt und honigſeim in ſeinen armen haͤlt?
Verſuchteſt du mit ſtahl und eiſen meine ſtaͤrcke/
Es wuͤrde meine krafft dir deutlich kund gethan;
Und wer noch zweiffelhafft erhebet meine wercke/
Der greiffe mich einmahl mit vollen kraͤfften an.
Die ſchoͤnheit.
Der durch die liebe faͤllt/ iſt gleichfalls uͤberwunden/
Denn ſtarcke muͤßen auch den trieben widerſtehn:
Hat nun mein liebes-ſeil die ſtaͤrckeſten gebunden/
Wie denckſtu mit triumph mir gleich/ auch vorzugehn?
Bezwinget dich mein arm durch einen blick der ſchoͤnen/
Was brauch ich wider dich das eiſen und gewehr?
Gnung! daß die welt mich mehr/ als dich/ ſucht zu bethroͤnen/
Wenn die erfahrung ſelbſt mir gibt den beyfall her.
Ausſchlag der erfahrung.
Jch/ die kein nord noch weſt zur falſchheit kan bewegen/
Die aller ſachen grund mit gleichen augen ſieht/
Will auch fuͤr dieſesmahl nicht faͤlſchlich widerlegen/
Was aller hertzen ſpruch und beyfall an ſich zieht.
Es ſtreiten unter ſich die ſchoͤnheit und die ſtaͤrcke/
Ob ſchoͤnheit/ oder ſie mehr ruͤhmliches gethan?
Jch ſcheide dieſen ſtreit durch rechnung ihrer wercke/
Wer beßre ſiege zehlt/ behaͤlt die ſieges-fahn.
Die ſtaͤrcke ruͤhmet ſich von viel gemachten leichen/
Von helden/ denen ſie den tapffern arm geregt;
Daß offt fuͤr ihrer macht der purpur muͤſt’ erbleichen/
Weil manches reich und land durch ſie in grauß gelegt.
Dergleichen kan zwar auch von ſich die ſchoͤnheit loben/
Daß ſie um Helenen gantz Troja hat verſtoͤhrt;
Und daß ſie den Anton von reich und thron gehoben/
Wie
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[15/0023] Galante Gedichte. Um Omphaln muß Hercul in weibes-kleidern wallen/ Und um die Helena der Theſeus ſeyn ein knecht. Die ſtaͤrcke. Die ſtarcken hat kein ſchwerdt der ſchoͤnen/ ſondern liebe Durch ihre zauberung/ und nicht durch krieg gefaͤllt; Wer widerſteht mit ernſt dem angenehmen triebe/ Der luſt und honigſeim in ſeinen armen haͤlt? Verſuchteſt du mit ſtahl und eiſen meine ſtaͤrcke/ Es wuͤrde meine krafft dir deutlich kund gethan; Und wer noch zweiffelhafft erhebet meine wercke/ Der greiffe mich einmahl mit vollen kraͤfften an. Die ſchoͤnheit. Der durch die liebe faͤllt/ iſt gleichfalls uͤberwunden/ Denn ſtarcke muͤßen auch den trieben widerſtehn: Hat nun mein liebes-ſeil die ſtaͤrckeſten gebunden/ Wie denckſtu mit triumph mir gleich/ auch vorzugehn? Bezwinget dich mein arm durch einen blick der ſchoͤnen/ Was brauch ich wider dich das eiſen und gewehr? Gnung! daß die welt mich mehr/ als dich/ ſucht zu bethroͤnen/ Wenn die erfahrung ſelbſt mir gibt den beyfall her. Ausſchlag der erfahrung. Jch/ die kein nord noch weſt zur falſchheit kan bewegen/ Die aller ſachen grund mit gleichen augen ſieht/ Will auch fuͤr dieſesmahl nicht faͤlſchlich widerlegen/ Was aller hertzen ſpruch und beyfall an ſich zieht. Es ſtreiten unter ſich die ſchoͤnheit und die ſtaͤrcke/ Ob ſchoͤnheit/ oder ſie mehr ruͤhmliches gethan? Jch ſcheide dieſen ſtreit durch rechnung ihrer wercke/ Wer beßre ſiege zehlt/ behaͤlt die ſieges-fahn. Die ſtaͤrcke ruͤhmet ſich von viel gemachten leichen/ Von helden/ denen ſie den tapffern arm geregt; Daß offt fuͤr ihrer macht der purpur muͤſt’ erbleichen/ Weil manches reich und land durch ſie in grauß gelegt. Dergleichen kan zwar auch von ſich die ſchoͤnheit loben/ Daß ſie um Helenen gantz Troja hat verſtoͤhrt; Und daß ſie den Anton von reich und thron gehoben/ Wie

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/23>, abgerufen am 21.11.2024.