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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Vermischte Gedichte.

Und daß wer liebe sucht/ auch muß zum ersten lieben.
Du stellest ietzt hiervon ein recht exempel dar/
Und kanst an gütigkeit den Titus übersetzen.
An straffen bist du arm/ jedoch an gnaden reich.
Du meinst/ daß liebe nur der liebe werth zu schätzen.
Denn deine neigung macht sich einem ballspiel gleich;
Worinnen/ wer da spielt/ nicht nur den ball erjagen/
Besondern eben so ihn muß zurücke schlagen.

So rühmt man ausser dem auch deine wissenschafft/
Und wie du wilt an fleiß/ an thaten und geberden
Ein rechter Scipio der deutschen helden werden.
Die Musen sind dir selbst verbunden und verhafft;
Sie wollen dich vergnügt aus ihren schalen speisen.
So hast du längst verdient/ du Crösus dieser zeit/
Daß man dich nennen darff den buhler derer weisen/
Und liebest nichts so sehr/ als die gelehrsamkeit;
Die schon die alten auch bey Fürsten diamanten/
Bey edlen reines gold/ bey bürgern silber nannten.
Doch alles/ was hier steht/ ist ohne frömmigkeit
Nur einem garten gleich voll bäume sonder früchten.
Wer den regierungs-bau denckt klüglich aufzurichten/
Der setzet dessen grund auf keine sicherheit.
Durchlauchtigster/ du hast schon in den jungen jahren/
Darin du ietzo stehst/ das urtheil wohl gefällt:
Daß nur das ceder-öl für fäulung kan bewahren/
Und Gottes-furcht allein der länder fall erhält;
Jndem du eben auch der laster götzen-seulen/
Gle chwie die Römer/ nicht läst in der stadt verweilen.
Wiewol was mühet sich ein ungeschmückter kiel/
Durchlauchtster/ deinen ruhm nach würden zu beschreiben?
Wir können ihn der schrifft nicht sattsam einverleiben.
Denn deiner tugend bild erfodert all zu viel.
Wer dieses eigentlich will nach dem leben mahlen/
Dem geht es/ gleichwie dem/ der in die sonne fieht.
So bald er sie erblickt/ so hindern ihn die strahlen/
Daß er vergebens sich umb die gestalt bemüht.
Denn
T 5

Vermiſchte Gedichte.

Und daß wer liebe ſucht/ auch muß zum erſten lieben.
Du ſtelleſt ietzt hiervon ein recht exempel dar/
Und kanſt an guͤtigkeit den Titus uͤberſetzen.
An ſtraffen biſt du arm/ jedoch an gnaden reich.
Du meinſt/ daß liebe nur der liebe werth zu ſchaͤtzen.
Denn deine neigung macht ſich einem ballſpiel gleich;
Worinnen/ wer da ſpielt/ nicht nur den ball erjagen/
Beſondern eben ſo ihn muß zuruͤcke ſchlagen.

So ruͤhmt man auſſer dem auch deine wiſſenſchafft/
Und wie du wilt an fleiß/ an thaten und geberden
Ein rechter Scipio der deutſchen helden werden.
Die Muſen ſind dir ſelbſt verbunden und verhafft;
Sie wollen dich vergnuͤgt aus ihren ſchalen ſpeiſen.
So haſt du laͤngſt verdient/ du Croͤſus dieſer zeit/
Daß man dich nennen darff den buhler derer weiſen/
Und liebeſt nichts ſo ſehr/ als die gelehrſamkeit;
Die ſchon die alten auch bey Fuͤrſten diamanten/
Bey edlen reines gold/ bey buͤrgern ſilber nannten.
Doch alles/ was hier ſteht/ iſt ohne froͤmmigkeit
Nur einem garten gleich voll baͤume ſonder fruͤchten.
Wer den regierungs-bau denckt kluͤglich aufzurichten/
Der ſetzet deſſen grund auf keine ſicherheit.
Durchlauchtigſter/ du haſt ſchon in den jungen jahren/
Darin du ietzo ſtehſt/ das urtheil wohl gefaͤllt:
Daß nur das ceder-oͤl fuͤr faͤulung kan bewahren/
Und Gottes-furcht allein der laͤnder fall erhaͤlt;
Jndem du eben auch der laſter goͤtzen-ſeulen/
Gle chwie die Roͤmer/ nicht laͤſt in der ſtadt verweilen.
Wiewol was muͤhet ſich ein ungeſchmuͤckter kiel/
Durchlauchtſter/ deinen ruhm nach wuͤrden zu beſchreiben?
Wir koͤnnen ihn der ſchrifft nicht ſattſam einverleiben.
Denn deiner tugend bild erfodert all zu viel.
Wer dieſes eigentlich will nach dem leben mahlen/
Dem geht es/ gleichwie dem/ der in die ſonne fieht.
So bald er ſie erblickt/ ſo hindern ihn die ſtrahlen/
Daß er vergebens ſich umb die geſtalt bemuͤht.
Denn
T 5
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[295/0305] Vermiſchte Gedichte. Und daß wer liebe ſucht/ auch muß zum erſten lieben. Du ſtelleſt ietzt hiervon ein recht exempel dar/ Und kanſt an guͤtigkeit den Titus uͤberſetzen. An ſtraffen biſt du arm/ jedoch an gnaden reich. Du meinſt/ daß liebe nur der liebe werth zu ſchaͤtzen. Denn deine neigung macht ſich einem ballſpiel gleich; Worinnen/ wer da ſpielt/ nicht nur den ball erjagen/ Beſondern eben ſo ihn muß zuruͤcke ſchlagen. So ruͤhmt man auſſer dem auch deine wiſſenſchafft/ Und wie du wilt an fleiß/ an thaten und geberden Ein rechter Scipio der deutſchen helden werden. Die Muſen ſind dir ſelbſt verbunden und verhafft; Sie wollen dich vergnuͤgt aus ihren ſchalen ſpeiſen. So haſt du laͤngſt verdient/ du Croͤſus dieſer zeit/ Daß man dich nennen darff den buhler derer weiſen/ Und liebeſt nichts ſo ſehr/ als die gelehrſamkeit; Die ſchon die alten auch bey Fuͤrſten diamanten/ Bey edlen reines gold/ bey buͤrgern ſilber nannten. Doch alles/ was hier ſteht/ iſt ohne froͤmmigkeit Nur einem garten gleich voll baͤume ſonder fruͤchten. Wer den regierungs-bau denckt kluͤglich aufzurichten/ Der ſetzet deſſen grund auf keine ſicherheit. Durchlauchtigſter/ du haſt ſchon in den jungen jahren/ Darin du ietzo ſtehſt/ das urtheil wohl gefaͤllt: Daß nur das ceder-oͤl fuͤr faͤulung kan bewahren/ Und Gottes-furcht allein der laͤnder fall erhaͤlt; Jndem du eben auch der laſter goͤtzen-ſeulen/ Gle chwie die Roͤmer/ nicht laͤſt in der ſtadt verweilen. Wiewol was muͤhet ſich ein ungeſchmuͤckter kiel/ Durchlauchtſter/ deinen ruhm nach wuͤrden zu beſchreiben? Wir koͤnnen ihn der ſchrifft nicht ſattſam einverleiben. Denn deiner tugend bild erfodert all zu viel. Wer dieſes eigentlich will nach dem leben mahlen/ Dem geht es/ gleichwie dem/ der in die ſonne fieht. So bald er ſie erblickt/ ſo hindern ihn die ſtrahlen/ Daß er vergebens ſich umb die geſtalt bemuͤht. Denn T 5

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/305>, abgerufen am 24.11.2024.