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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Allgemeine Ackerbaulehre.

Ueber den Werth dieser Jauchenbehandlung, welche gleichzeitig die Fähigkeit der Jauche,
Gesteine leicht zu zersetzen, darlegt, giebt ein Versuch von F. Senft 1) interessanten Auf-
schluß. In einem Fasse wurden 2.5 Kilogr. grobgepulverter, schon angewitterter Granit
mit 2.26 Hectoliter gewöhnlicher Düngerjauche übergossen. Nach sechs Monaten waren
von dem Granite nur noch Quarzkörner, eine ockergelbe, thonige Masse und einzelne roth-
braune Glimmerschuppen übrig; der Feldspath aber war größtentheils zersetzt. Nachdem
die Jauche vollständig abgegossen und der sandigerdige Rückstand gehörig ausgetrocknet wor-
den war, zeigte die letztere nur noch ein Gewicht von 1.86 Kilogr. Es waren also aus
dem Granitsande durch die Jauche 0.64 Bestandtheile ausgezogen. Eine gleiche Menge
Basaltsand, ebenso behandelt, war so zersetzt, daß nur 0.96 Kilogr. Rückstand blieb.

Eine andere Art der Jauchenverwendung ist die flüssige Düngung (Gülle),
welche darin besteht, daß der sämmtliche Stalldünger in flüssiger Form auf das Feld
gebracht wird. Bei dieser flüssigen Düngung entfällt die physikalische Wirkung des
Düngers, weshalb dieselbe nur für gewisse Verhältnisse, wie Gartencultur, Klein-
wirthschaft, oder für überwiegendes Gras- und Futterland, auf Lehmböden angezeigt
ist. Die Erhöhung der Kosten bei dieser Art der Düngerbereitung steht gleichfalls
einer allgemeineren Anwendung derselben entgegen.

In einigen Gegenden der Schweiz und Baierns wird fast aller Dünger als
Gülle verwendet, indem die festen Excremente in die Jauche geworfen oder zur
Ersparung an Streu aus dieser in die Jauche geschüttelt und durch wiederholtes Um-
rühren mit derselben vermischt werden. Die mit den festen Excrementen gemengte
Jauche wird dann in großen, verschlossenen Sammelgruben einer 4--6 wöchentlichen
Gährung überlassen. Nach dieser Zeit wird sie als Gülle auf das Feld, wie die
verdünnte Jauche, ausgegossen.

In etwas verschieden von der Schweizer Güllebereitung ist die von E. Chadwik
und Mr. Kennedy in England versuchte Verwendung von flüssigem Dünger 2). In
Ausführung derselben werden die sämmtlichen Stallauswürfe in einem Sammel-
behälter einer Gährung überlassen. Aus dem Sammelbehälter kommen die Dünger-
massen in mit Rührwerken versehene Cisternen, in welchen sie mit der 2--4fachen
Menge Wasser verdünnt werden. Zur Erhöhung des Düngerwerthes setzt man über-
dies Guano, aufgeschlossenes Knochenmehl, gepulverte Oelkuchen u. dgl. zu. Der auf
diese Art erhaltene flüssige Dünger wird dann durch eiserne Röhrenleitungen und
Kautschukschläuche unter Benützung des natürlichen Gefälles, oder durch Pumpwerke
auf die zu düngende Feldfläche geleitet.

3. Die menschlichen Excremente.

Unter den sehr zahlreichen Düngemitteln, welche der Landwirthschaft zur Ver-
fügung stehen, sind die menschlichen Excremente jene, welche trotz ihres hohen Werthes,
erst dann zur Anwendung gelangen, wenn die Landwirthschaft eine gewisse Höhe der

1) F. Senft, Der Steinschutt und Erdboden. Berlin 1867. S. 229.
2) E. Hartstein, Fortschritte der englischen und schottischen Landwirthschaft. 1. Abth
Düngerwesen, Bonn 1855; Die flüssige Düngung u. das italienische Raygras. Suppl.
z. Vorig. Bonn 1859.
Allgemeine Ackerbaulehre.

Ueber den Werth dieſer Jauchenbehandlung, welche gleichzeitig die Fähigkeit der Jauche,
Geſteine leicht zu zerſetzen, darlegt, giebt ein Verſuch von F. Senft 1) intereſſanten Auf-
ſchluß. In einem Faſſe wurden 2.5 Kilogr. grobgepulverter, ſchon angewitterter Granit
mit 2.26 Hectoliter gewöhnlicher Düngerjauche übergoſſen. Nach ſechs Monaten waren
von dem Granite nur noch Quarzkörner, eine ockergelbe, thonige Maſſe und einzelne roth-
braune Glimmerſchuppen übrig; der Feldſpath aber war größtentheils zerſetzt. Nachdem
die Jauche vollſtändig abgegoſſen und der ſandigerdige Rückſtand gehörig ausgetrocknet wor-
den war, zeigte die letztere nur noch ein Gewicht von 1.86 Kilogr. Es waren alſo aus
dem Granitſande durch die Jauche 0.64 Beſtandtheile ausgezogen. Eine gleiche Menge
Baſaltſand, ebenſo behandelt, war ſo zerſetzt, daß nur 0.96 Kilogr. Rückſtand blieb.

Eine andere Art der Jauchenverwendung iſt die flüſſige Düngung (Gülle),
welche darin beſteht, daß der ſämmtliche Stalldünger in flüſſiger Form auf das Feld
gebracht wird. Bei dieſer flüſſigen Düngung entfällt die phyſikaliſche Wirkung des
Düngers, weshalb dieſelbe nur für gewiſſe Verhältniſſe, wie Gartencultur, Klein-
wirthſchaft, oder für überwiegendes Gras- und Futterland, auf Lehmböden angezeigt
iſt. Die Erhöhung der Koſten bei dieſer Art der Düngerbereitung ſteht gleichfalls
einer allgemeineren Anwendung derſelben entgegen.

In einigen Gegenden der Schweiz und Baierns wird faſt aller Dünger als
Gülle verwendet, indem die feſten Excremente in die Jauche geworfen oder zur
Erſparung an Streu aus dieſer in die Jauche geſchüttelt und durch wiederholtes Um-
rühren mit derſelben vermiſcht werden. Die mit den feſten Excrementen gemengte
Jauche wird dann in großen, verſchloſſenen Sammelgruben einer 4—6 wöchentlichen
Gährung überlaſſen. Nach dieſer Zeit wird ſie als Gülle auf das Feld, wie die
verdünnte Jauche, ausgegoſſen.

In etwas verſchieden von der Schweizer Güllebereitung iſt die von E. Chadwik
und Mr. Kennedy in England verſuchte Verwendung von flüſſigem Dünger 2). In
Ausführung derſelben werden die ſämmtlichen Stallauswürfe in einem Sammel-
behälter einer Gährung überlaſſen. Aus dem Sammelbehälter kommen die Dünger-
maſſen in mit Rührwerken verſehene Ciſternen, in welchen ſie mit der 2—4fachen
Menge Waſſer verdünnt werden. Zur Erhöhung des Düngerwerthes ſetzt man über-
dies Guano, aufgeſchloſſenes Knochenmehl, gepulverte Oelkuchen u. dgl. zu. Der auf
dieſe Art erhaltene flüſſige Dünger wird dann durch eiſerne Röhrenleitungen und
Kautſchukſchläuche unter Benützung des natürlichen Gefälles, oder durch Pumpwerke
auf die zu düngende Feldfläche geleitet.

3. Die menſchlichen Excremente.

Unter den ſehr zahlreichen Düngemitteln, welche der Landwirthſchaft zur Ver-
fügung ſtehen, ſind die menſchlichen Excremente jene, welche trotz ihres hohen Werthes,
erſt dann zur Anwendung gelangen, wenn die Landwirthſchaft eine gewiſſe Höhe der

1) F. Senft, Der Steinſchutt und Erdboden. Berlin 1867. S. 229.
2) E. Hartſtein, Fortſchritte der engliſchen und ſchottiſchen Landwirthſchaft. 1. Abth
Düngerweſen, Bonn 1855; Die flüſſige Düngung u. das italieniſche Raygras. Suppl.
z. Vorig. Bonn 1859.
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[178/0196] Allgemeine Ackerbaulehre. Ueber den Werth dieſer Jauchenbehandlung, welche gleichzeitig die Fähigkeit der Jauche, Geſteine leicht zu zerſetzen, darlegt, giebt ein Verſuch von F. Senft 1) intereſſanten Auf- ſchluß. In einem Faſſe wurden 2.5 Kilogr. grobgepulverter, ſchon angewitterter Granit mit 2.26 Hectoliter gewöhnlicher Düngerjauche übergoſſen. Nach ſechs Monaten waren von dem Granite nur noch Quarzkörner, eine ockergelbe, thonige Maſſe und einzelne roth- braune Glimmerſchuppen übrig; der Feldſpath aber war größtentheils zerſetzt. Nachdem die Jauche vollſtändig abgegoſſen und der ſandigerdige Rückſtand gehörig ausgetrocknet wor- den war, zeigte die letztere nur noch ein Gewicht von 1.86 Kilogr. Es waren alſo aus dem Granitſande durch die Jauche 0.64 Beſtandtheile ausgezogen. Eine gleiche Menge Baſaltſand, ebenſo behandelt, war ſo zerſetzt, daß nur 0.96 Kilogr. Rückſtand blieb. Eine andere Art der Jauchenverwendung iſt die flüſſige Düngung (Gülle), welche darin beſteht, daß der ſämmtliche Stalldünger in flüſſiger Form auf das Feld gebracht wird. Bei dieſer flüſſigen Düngung entfällt die phyſikaliſche Wirkung des Düngers, weshalb dieſelbe nur für gewiſſe Verhältniſſe, wie Gartencultur, Klein- wirthſchaft, oder für überwiegendes Gras- und Futterland, auf Lehmböden angezeigt iſt. Die Erhöhung der Koſten bei dieſer Art der Düngerbereitung ſteht gleichfalls einer allgemeineren Anwendung derſelben entgegen. In einigen Gegenden der Schweiz und Baierns wird faſt aller Dünger als Gülle verwendet, indem die feſten Excremente in die Jauche geworfen oder zur Erſparung an Streu aus dieſer in die Jauche geſchüttelt und durch wiederholtes Um- rühren mit derſelben vermiſcht werden. Die mit den feſten Excrementen gemengte Jauche wird dann in großen, verſchloſſenen Sammelgruben einer 4—6 wöchentlichen Gährung überlaſſen. Nach dieſer Zeit wird ſie als Gülle auf das Feld, wie die verdünnte Jauche, ausgegoſſen. In etwas verſchieden von der Schweizer Güllebereitung iſt die von E. Chadwik und Mr. Kennedy in England verſuchte Verwendung von flüſſigem Dünger 2). In Ausführung derſelben werden die ſämmtlichen Stallauswürfe in einem Sammel- behälter einer Gährung überlaſſen. Aus dem Sammelbehälter kommen die Dünger- maſſen in mit Rührwerken verſehene Ciſternen, in welchen ſie mit der 2—4fachen Menge Waſſer verdünnt werden. Zur Erhöhung des Düngerwerthes ſetzt man über- dies Guano, aufgeſchloſſenes Knochenmehl, gepulverte Oelkuchen u. dgl. zu. Der auf dieſe Art erhaltene flüſſige Dünger wird dann durch eiſerne Röhrenleitungen und Kautſchukſchläuche unter Benützung des natürlichen Gefälles, oder durch Pumpwerke auf die zu düngende Feldfläche geleitet. 3. Die menſchlichen Excremente. Unter den ſehr zahlreichen Düngemitteln, welche der Landwirthſchaft zur Ver- fügung ſtehen, ſind die menſchlichen Excremente jene, welche trotz ihres hohen Werthes, erſt dann zur Anwendung gelangen, wenn die Landwirthſchaft eine gewiſſe Höhe der 1) F. Senft, Der Steinſchutt und Erdboden. Berlin 1867. S. 229. 2) E. Hartſtein, Fortſchritte der engliſchen und ſchottiſchen Landwirthſchaft. 1. Abth Düngerweſen, Bonn 1855; Die flüſſige Düngung u. das italieniſche Raygras. Suppl. z. Vorig. Bonn 1859.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/196>, abgerufen am 21.11.2024.