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Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Ei, warum denn nicht, eiferte Justine, da müßte er der alte Friedrich nicht sein, den alle Unterthanen anbeten und alle fremden Menschen, selbst die Feinde. Wenn's ihm nur recht ordentlich vorgestellt wird. Er kann nicht dafür, daß so viel Blut und Thränen fließen, und so viel Tausend Menschenkinder auf Schlachtfeldern umkommen, die ihren Eltern sauer geworden sind, und daß Unzählige ohne Obdach umherirren, oder Leute, denen es nicht an der Wiege gesungen ist, am Wege in Gräben sitzen und denken, es ist ein schwerer Traum. Nein, dafür kann er nicht. Sie haben ihn ja angefallen mit gesammter Macht, und es ist eine Freude, wie er sich wehrt, und wie Gott ihm hilft. Aber wo er ein Unheil abwenden kann, da muß er es thun, und das muß man ihm sagen. Er will meinen Herrn, den **Rath Ellinger in Dresden, auf die Festung schicken, weil er seiner Landsherrschaft ein bischen von ihrem rechtmäßigen Einkommen erhalten hat; ist das recht? Soll es den treuen Diener nicht erbarmen, wenn er weiß, daß eine große Königin ihr gewohntes Glück entbehrt? -- Wenn der Rath sein Unterthan wäre, würde er da nicht seine Treue loben? -- Wird er nicht wünschen, daß die Seinen ihm anhangen, ohne Furcht vor eigener Gefahr? -- Was du willst, daß dir die Leute thun, da drücke auch ein Auge zu, wenn's für deinen Feind geschieht. -- Ellinger hat drei liebe Kinder, die weinen und ringen die Hände, und flehen zu Gott, und es ist ein starker, eifriger Gott. Hier steht der König

Ei, warum denn nicht, eiferte Justine, da müßte er der alte Friedrich nicht sein, den alle Unterthanen anbeten und alle fremden Menschen, selbst die Feinde. Wenn's ihm nur recht ordentlich vorgestellt wird. Er kann nicht dafür, daß so viel Blut und Thränen fließen, und so viel Tausend Menschenkinder auf Schlachtfeldern umkommen, die ihren Eltern sauer geworden sind, und daß Unzählige ohne Obdach umherirren, oder Leute, denen es nicht an der Wiege gesungen ist, am Wege in Gräben sitzen und denken, es ist ein schwerer Traum. Nein, dafür kann er nicht. Sie haben ihn ja angefallen mit gesammter Macht, und es ist eine Freude, wie er sich wehrt, und wie Gott ihm hilft. Aber wo er ein Unheil abwenden kann, da muß er es thun, und das muß man ihm sagen. Er will meinen Herrn, den **Rath Ellinger in Dresden, auf die Festung schicken, weil er seiner Landsherrschaft ein bischen von ihrem rechtmäßigen Einkommen erhalten hat; ist das recht? Soll es den treuen Diener nicht erbarmen, wenn er weiß, daß eine große Königin ihr gewohntes Glück entbehrt? — Wenn der Rath sein Unterthan wäre, würde er da nicht seine Treue loben? — Wird er nicht wünschen, daß die Seinen ihm anhangen, ohne Furcht vor eigener Gefahr? — Was du willst, daß dir die Leute thun, da drücke auch ein Auge zu, wenn's für deinen Feind geschieht. — Ellinger hat drei liebe Kinder, die weinen und ringen die Hände, und flehen zu Gott, und es ist ein starker, eifriger Gott. Hier steht der König

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[0064] Ei, warum denn nicht, eiferte Justine, da müßte er der alte Friedrich nicht sein, den alle Unterthanen anbeten und alle fremden Menschen, selbst die Feinde. Wenn's ihm nur recht ordentlich vorgestellt wird. Er kann nicht dafür, daß so viel Blut und Thränen fließen, und so viel Tausend Menschenkinder auf Schlachtfeldern umkommen, die ihren Eltern sauer geworden sind, und daß Unzählige ohne Obdach umherirren, oder Leute, denen es nicht an der Wiege gesungen ist, am Wege in Gräben sitzen und denken, es ist ein schwerer Traum. Nein, dafür kann er nicht. Sie haben ihn ja angefallen mit gesammter Macht, und es ist eine Freude, wie er sich wehrt, und wie Gott ihm hilft. Aber wo er ein Unheil abwenden kann, da muß er es thun, und das muß man ihm sagen. Er will meinen Herrn, den **Rath Ellinger in Dresden, auf die Festung schicken, weil er seiner Landsherrschaft ein bischen von ihrem rechtmäßigen Einkommen erhalten hat; ist das recht? Soll es den treuen Diener nicht erbarmen, wenn er weiß, daß eine große Königin ihr gewohntes Glück entbehrt? — Wenn der Rath sein Unterthan wäre, würde er da nicht seine Treue loben? — Wird er nicht wünschen, daß die Seinen ihm anhangen, ohne Furcht vor eigener Gefahr? — Was du willst, daß dir die Leute thun, da drücke auch ein Auge zu, wenn's für deinen Feind geschieht. — Ellinger hat drei liebe Kinder, die weinen und ringen die Hände, und flehen zu Gott, und es ist ein starker, eifriger Gott. Hier steht der König

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Zitationshilfe: Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910/64>, abgerufen am 25.04.2024.