Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite
vierte Abtheilunge.
wehren, die gegen solche besser bewafnete und geübte
Leute nicht gebraucht werden konnten, überaus empfind-
lich vorkommen, auf ihren Höfen in dem nunmehr ver-
achteten Heerbann zu bleiben. Sie verliessen also ihre
Höfe; hoben sich im Lehn-dienste; und setzten ihre Leib-
eigne in den unbrauchbaren Heerbann. Andre wurden
aus Noth und Andacht selbst Leibeigne. Der Graf
nahm auch Lehn-leute an und überließ oder verlieh die
gemeine Reihe einem Obrist-lieutenant, welches der
jetztge Gowgraf ist, dem es nunmehr gleichgültig wurde,
ob der Wehr in Person oder durch einen Vicar am Gö-
ding oder auf dem alten Muster- und Gerichts-platze er-
schien. Doch ist beym Obergogericht das Göding der
Freyen vom Göding der Leibeignen noch unterschieden.
(d) Dies geschahe in England; wo die Edelvögtey nach dem
Domsday-buch einem Lord unter dem Bedinge überge-
ben ist, eine sichere Mannzahl dafür zu stellen. Der
Staat bekümmerte sich darauf um die hinter dem Lord
gesessene Gemeinen nicht weiter, und war zufrieden,
wenn der Lord mit seinem ihm einmal zugeschriebenen,
in der Folge aber sehr moderirten Matricular-anschlag
erschien. Daher ist der Lord nicht schuldig die Höfe in
seinem Manner wenn sie erledigt werden wieder zu be-
setzen. Er kann den ganzen Manner in einen Park; o-
der in Pachtgut verwandeln, und solchen durch Pacht-
leute bestellen lassen; an statt daß in Westphalen der
Staat jeden einzelnen Hof, nicht aber die alte Edel-
vogtey in concreto wahret. Die Englische Nation klagt
sehr über jenes Verfahren der Lords, wodurch das Land
entvölkert wird, und wünschen, daß die Einrichtung wie
in Deutschland, und der Lord keinen Hof einzuziehen be-
fugt seyn mögte.
(e) Alle Kaufbriefe über Bauergüter, vom XI. XII und XIII Saec,
sprechen daher nur de advocatiis curtium vel domorum.
(f) Jch werde dieses in der Folge zeigen. Der §. 135. n.
d.
gedachte Wehrenbrecht verkaufte sieben Familien
Hausgenossen und vierzig Stück Leibeigne. Letztere wur-
den wie Acker und Pflug zum Hofgewehr gerechnet,
T 5
vierte Abtheilunge.
wehren, die gegen ſolche beſſer bewafnete und geuͤbte
Leute nicht gebraucht werden konnten, uͤberaus empfind-
lich vorkommen, auf ihren Hoͤfen in dem nunmehr ver-
achteten Heerbann zu bleiben. Sie verlieſſen alſo ihre
Hoͤfe; hoben ſich im Lehn-dienſte; und ſetzten ihre Leib-
eigne in den unbrauchbaren Heerbann. Andre wurden
aus Noth und Andacht ſelbſt Leibeigne. Der Graf
nahm auch Lehn-leute an und uͤberließ oder verlieh die
gemeine Reihe einem Obriſt-lieutenant, welches der
jetztge Gowgraf iſt, dem es nunmehr gleichguͤltig wurde,
ob der Wehr in Perſon oder durch einen Vicar am Goͤ-
ding oder auf dem alten Muſter- und Gerichts-platze er-
ſchien. Doch iſt beym Obergogericht das Goͤding der
Freyen vom Goͤding der Leibeignen noch unterſchieden.
(d) Dies geſchahe in England; wo die Edelvoͤgtey nach dem
Domsday-buch einem Lord unter dem Bedinge uͤberge-
ben iſt, eine ſichere Mannzahl dafuͤr zu ſtellen. Der
Staat bekuͤmmerte ſich darauf um die hinter dem Lord
geſeſſene Gemeinen nicht weiter, und war zufrieden,
wenn der Lord mit ſeinem ihm einmal zugeſchriebenen,
in der Folge aber ſehr moderirten Matricular-anſchlag
erſchien. Daher iſt der Lord nicht ſchuldig die Hoͤfe in
ſeinem Manner wenn ſie erledigt werden wieder zu be-
ſetzen. Er kann den ganzen Manner in einen Park; o-
der in Pachtgut verwandeln, und ſolchen durch Pacht-
leute beſtellen laſſen; an ſtatt daß in Weſtphalen der
Staat jeden einzelnen Hof, nicht aber die alte Edel-
vogtey in concreto wahret. Die Engliſche Nation klagt
ſehr uͤber jenes Verfahren der Lords, wodurch das Land
entvoͤlkert wird, und wuͤnſchen, daß die Einrichtung wie
in Deutſchland, und der Lord keinen Hof einzuziehen be-
fugt ſeyn moͤgte.
(e) Alle Kaufbriefe uͤber Bauerguͤter, vom XI. XII und XIII Sæc,
ſprechen daher nur de advocatiis curtium vel domorum.
(f) Jch werde dieſes in der Folge zeigen. Der §. 135. n.
d.
gedachte Wehrenbrecht verkaufte ſieben Familien
Hausgenoſſen und vierzig Stuͤck Leibeigne. Letztere wur-
den wie Acker und Pflug zum Hofgewehr gerechnet,
T 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <note place="end" n="(c)"><pb facs="#f0327" n="297"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">vierte Abtheilunge.</hi></fw><lb/>
wehren, die gegen &#x017F;olche be&#x017F;&#x017F;er bewafnete und geu&#x0364;bte<lb/>
Leute nicht gebraucht werden konnten, u&#x0364;beraus empfind-<lb/>
lich vorkommen, auf ihren Ho&#x0364;fen in dem nunmehr ver-<lb/>
achteten Heerbann zu bleiben. Sie verlie&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o ihre<lb/>
Ho&#x0364;fe; hoben &#x017F;ich im Lehn-dien&#x017F;te; und &#x017F;etzten ihre Leib-<lb/>
eigne in den unbrauchbaren Heerbann. Andre wurden<lb/>
aus Noth und Andacht &#x017F;elb&#x017F;t Leibeigne. Der Graf<lb/>
nahm auch Lehn-leute an und u&#x0364;berließ oder verlieh die<lb/>
gemeine Reihe einem Obri&#x017F;t-lieutenant, welches der<lb/>
jetztge Gowgraf i&#x017F;t, dem es nunmehr gleichgu&#x0364;ltig wurde,<lb/>
ob der Wehr in Per&#x017F;on oder durch einen Vicar am Go&#x0364;-<lb/>
ding oder auf dem alten Mu&#x017F;ter- und Gerichts-platze er-<lb/>
&#x017F;chien. Doch i&#x017F;t beym Obergogericht das Go&#x0364;ding der<lb/>
Freyen vom Go&#x0364;ding der Leibeignen noch unter&#x017F;chieden.</note><lb/>
          <note place="end" n="(d)">Dies ge&#x017F;chahe in England; wo die Edelvo&#x0364;gtey nach dem<lb/>
Domsday-buch einem Lord unter dem Bedinge u&#x0364;berge-<lb/>
ben i&#x017F;t, eine &#x017F;ichere Mannzahl dafu&#x0364;r zu &#x017F;tellen. Der<lb/>
Staat beku&#x0364;mmerte &#x017F;ich darauf um die hinter dem Lord<lb/>
ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ene Gemeinen nicht weiter, und war zufrieden,<lb/>
wenn der Lord mit &#x017F;einem ihm einmal zuge&#x017F;chriebenen,<lb/>
in der Folge aber &#x017F;ehr moderirten Matricular-an&#x017F;chlag<lb/>
er&#x017F;chien. Daher i&#x017F;t der Lord nicht &#x017F;chuldig die Ho&#x0364;fe in<lb/>
&#x017F;einem <hi rendition="#aq">Manner</hi> wenn &#x017F;ie erledigt werden wieder zu be-<lb/>
&#x017F;etzen. Er kann den ganzen <hi rendition="#aq">Manner</hi> in einen Park; o-<lb/>
der in Pachtgut verwandeln, und &#x017F;olchen durch Pacht-<lb/>
leute be&#x017F;tellen la&#x017F;&#x017F;en; an &#x017F;tatt daß in We&#x017F;tphalen der<lb/>
Staat jeden einzelnen Hof, nicht aber die alte Edel-<lb/>
vogtey <hi rendition="#aq">in concreto</hi> wahret. Die Engli&#x017F;che Nation klagt<lb/>
&#x017F;ehr u&#x0364;ber jenes Verfahren der Lords, wodurch das Land<lb/>
entvo&#x0364;lkert wird, und wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß die Einrichtung wie<lb/>
in Deut&#x017F;chland, und der Lord keinen Hof einzuziehen be-<lb/>
fugt &#x017F;eyn mo&#x0364;gte.</note><lb/>
          <note place="end" n="(e)">Alle Kaufbriefe u&#x0364;ber Bauergu&#x0364;ter, vom <hi rendition="#aq">XI. XII</hi> und <hi rendition="#aq">XIII Sæc,</hi><lb/>
&#x017F;prechen daher nur <hi rendition="#aq">de advocatiis curtium vel domorum.</hi></note><lb/>
          <note place="end" n="(f)">Jch werde die&#x017F;es in der Folge zeigen. Der §. 135. <hi rendition="#aq">n.<lb/>
d.</hi> gedachte Wehrenbrecht verkaufte &#x017F;ieben Familien<lb/>
Hausgeno&#x017F;&#x017F;en und vierzig Stu&#x0364;ck Leibeigne. Letztere wur-<lb/>
den wie Acker und Pflug zum Hofgewehr gerechnet,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 5</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Heri-</hi></fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0327] vierte Abtheilunge. ⁽c⁾ wehren, die gegen ſolche beſſer bewafnete und geuͤbte Leute nicht gebraucht werden konnten, uͤberaus empfind- lich vorkommen, auf ihren Hoͤfen in dem nunmehr ver- achteten Heerbann zu bleiben. Sie verlieſſen alſo ihre Hoͤfe; hoben ſich im Lehn-dienſte; und ſetzten ihre Leib- eigne in den unbrauchbaren Heerbann. Andre wurden aus Noth und Andacht ſelbſt Leibeigne. Der Graf nahm auch Lehn-leute an und uͤberließ oder verlieh die gemeine Reihe einem Obriſt-lieutenant, welches der jetztge Gowgraf iſt, dem es nunmehr gleichguͤltig wurde, ob der Wehr in Perſon oder durch einen Vicar am Goͤ- ding oder auf dem alten Muſter- und Gerichts-platze er- ſchien. Doch iſt beym Obergogericht das Goͤding der Freyen vom Goͤding der Leibeignen noch unterſchieden. ⁽d⁾ Dies geſchahe in England; wo die Edelvoͤgtey nach dem Domsday-buch einem Lord unter dem Bedinge uͤberge- ben iſt, eine ſichere Mannzahl dafuͤr zu ſtellen. Der Staat bekuͤmmerte ſich darauf um die hinter dem Lord geſeſſene Gemeinen nicht weiter, und war zufrieden, wenn der Lord mit ſeinem ihm einmal zugeſchriebenen, in der Folge aber ſehr moderirten Matricular-anſchlag erſchien. Daher iſt der Lord nicht ſchuldig die Hoͤfe in ſeinem Manner wenn ſie erledigt werden wieder zu be- ſetzen. Er kann den ganzen Manner in einen Park; o- der in Pachtgut verwandeln, und ſolchen durch Pacht- leute beſtellen laſſen; an ſtatt daß in Weſtphalen der Staat jeden einzelnen Hof, nicht aber die alte Edel- vogtey in concreto wahret. Die Engliſche Nation klagt ſehr uͤber jenes Verfahren der Lords, wodurch das Land entvoͤlkert wird, und wuͤnſchen, daß die Einrichtung wie in Deutſchland, und der Lord keinen Hof einzuziehen be- fugt ſeyn moͤgte. ⁽e⁾ Alle Kaufbriefe uͤber Bauerguͤter, vom XI. XII und XIII Sæc, ſprechen daher nur de advocatiis curtium vel domorum. ⁽f⁾ Jch werde dieſes in der Folge zeigen. Der §. 135. n. d. gedachte Wehrenbrecht verkaufte ſieben Familien Hausgenoſſen und vierzig Stuͤck Leibeigne. Letztere wur- den wie Acker und Pflug zum Hofgewehr gerechnet, Heri- T 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/327
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/327>, abgerufen am 21.11.2024.