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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
heutigen Landtags-schlusse unterwerfen müsse. Niemand
hat ihre Vollmacht; und noch weniger ihre Vogtey oder
Vormundschaft. Sie sind nicht verabladet, und können
also nicht pro absentibus consentientibus gehalten werden.
Und keiner der sein Haupt oder seine eigne Wehr noch
hat, mag durch eine Verordnung oder Steuer-bewilli-
gung, die er nicht selbst mit genehmiget hat, verbunden
werden. Man kann diese natürlichen Grundsätze und
historische Wahrheiten nicht genug wiederhohlen, indem
sich so wohl das Domcapittel als die Ritterschaft selbst
darauf zurück ziehn müste, wenn der Maaß-stab der Ca-
nonischen und Ministerial-rechte ihren gutsherrlichen
Rechten angelegt werden wollte.
§. 138.
Von der Gesetzgebenden Macht.

Die Gemeinen behielten solchergestalt an der Ge-
setz-gebenden Macht den ihnen gebührenden Antheil.
Jhre Schöpfen (a) kamen zur Dietine, und standen
gleichsam als Tribunen des Volks den Grafen und
Edelvögten, in deren Händen ihre ganze Vollmacht
nicht seyn konnte, zur Seite. Jhre Einwilligung
ward zu allen neuen Verordnungen erfordert; (b) und der Gesandte gieng mit ihren Schlüssen an den
allgemeinen Reichs-hof zurück, um dem Kayser sei-
nen Bericht zu erstatten. Vor die sächsischen Schö-
pfen würde es zu weitläufig gewesen seyn ihn da-
hin zu begleiten, und seinen Bericht zu beglaubigen.
Man gab ihm also die wichtigsten Schlüsse der Die-
tine unterschrieben (c) mit. Die nachherigen Kayser
verlohren den Geist dieser Verfassung, und bedienten
sich oft der Bischöfe und Grafen selbst, (d) um die
Dietinen zu berufen, zu eröfnen und zu schliessen.

Da-
Oſnabruͤckſche Geſchichte
heutigen Landtags-ſchluſſe unterwerfen muͤſſe. Niemand
hat ihre Vollmacht; und noch weniger ihre Vogtey oder
Vormundſchaft. Sie ſind nicht verabladet, und koͤnnen
alſo nicht pro abſentibus conſentientibus gehalten werden.
Und keiner der ſein Haupt oder ſeine eigne Wehr noch
hat, mag durch eine Verordnung oder Steuer-bewilli-
gung, die er nicht ſelbſt mit genehmiget hat, verbunden
werden. Man kann dieſe natuͤrlichen Grundſaͤtze und
hiſtoriſche Wahrheiten nicht genug wiederhohlen, indem
ſich ſo wohl das Domcapittel als die Ritterſchaft ſelbſt
darauf zuruͤck ziehn muͤſte, wenn der Maaß-ſtab der Ca-
noniſchen und Miniſterial-rechte ihren gutsherrlichen
Rechten angelegt werden wollte.
§. 138.
Von der Geſetzgebenden Macht.

Die Gemeinen behielten ſolchergeſtalt an der Ge-
ſetz-gebenden Macht den ihnen gebuͤhrenden Antheil.
Jhre Schoͤpfen (a) kamen zur Dietine, und ſtanden
gleichſam als Tribunen des Volks den Grafen und
Edelvoͤgten, in deren Haͤnden ihre ganze Vollmacht
nicht ſeyn konnte, zur Seite. Jhre Einwilligung
ward zu allen neuen Verordnungen erfordert; (b) und der Geſandte gieng mit ihren Schluͤſſen an den
allgemeinen Reichs-hof zuruͤck, um dem Kayſer ſei-
nen Bericht zu erſtatten. Vor die ſaͤchſiſchen Schoͤ-
pfen wuͤrde es zu weitlaͤufig geweſen ſeyn ihn da-
hin zu begleiten, und ſeinen Bericht zu beglaubigen.
Man gab ihm alſo die wichtigſten Schluͤſſe der Die-
tine unterſchrieben (c) mit. Die nachherigen Kayſer
verlohren den Geiſt dieſer Verfaſſung, und bedienten
ſich oft der Biſchoͤfe und Grafen ſelbſt, (d) um die
Dietinen zu berufen, zu eroͤfnen und zu ſchlieſſen.

Da-
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[302/0332] Oſnabruͤckſche Geſchichte ⁽h⁾ heutigen Landtags-ſchluſſe unterwerfen muͤſſe. Niemand hat ihre Vollmacht; und noch weniger ihre Vogtey oder Vormundſchaft. Sie ſind nicht verabladet, und koͤnnen alſo nicht pro abſentibus conſentientibus gehalten werden. Und keiner der ſein Haupt oder ſeine eigne Wehr noch hat, mag durch eine Verordnung oder Steuer-bewilli- gung, die er nicht ſelbſt mit genehmiget hat, verbunden werden. Man kann dieſe natuͤrlichen Grundſaͤtze und hiſtoriſche Wahrheiten nicht genug wiederhohlen, indem ſich ſo wohl das Domcapittel als die Ritterſchaft ſelbſt darauf zuruͤck ziehn muͤſte, wenn der Maaß-ſtab der Ca- noniſchen und Miniſterial-rechte ihren gutsherrlichen Rechten angelegt werden wollte. §. 138. Von der Geſetzgebenden Macht. Die Gemeinen behielten ſolchergeſtalt an der Ge- ſetz-gebenden Macht den ihnen gebuͤhrenden Antheil. Jhre Schoͤpfen ⁽a⁾ kamen zur Dietine, und ſtanden gleichſam als Tribunen des Volks den Grafen und Edelvoͤgten, in deren Haͤnden ihre ganze Vollmacht nicht ſeyn konnte, zur Seite. Jhre Einwilligung ward zu allen neuen Verordnungen erfordert; ⁽b⁾ und der Geſandte gieng mit ihren Schluͤſſen an den allgemeinen Reichs-hof zuruͤck, um dem Kayſer ſei- nen Bericht zu erſtatten. Vor die ſaͤchſiſchen Schoͤ- pfen wuͤrde es zu weitlaͤufig geweſen ſeyn ihn da- hin zu begleiten, und ſeinen Bericht zu beglaubigen. Man gab ihm alſo die wichtigſten Schluͤſſe der Die- tine unterſchrieben ⁽c⁾ mit. Die nachherigen Kayſer verlohren den Geiſt dieſer Verfaſſung, und bedienten ſich oft der Biſchoͤfe und Grafen ſelbſt, ⁽d⁾ um die Dietinen zu berufen, zu eroͤfnen und zu ſchlieſſen. Da-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/332>, abgerufen am 22.11.2024.