Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Wer den Sinn der angezognen Worte faßt,
der hat hier einen Schlüssel zum Ehege-
heimniß manches lieben Paares, dem man
durch Hülfe desselben bis ins Eingeweid der
innern Hausverfassung hinein schauen kann.
Wenn's aller Orten so wär, wie's der herz-
gute L. haben will, daß die Hausfrau die
weiblichen Dienstbothen wählen dürft', so
würd's jede kluge Frau machen, wie hier
die Wirthin, und mißgestaltete Physiogno-
mien am liebsten wählen. Wenn aber der
Mann das gegen die Haustafel zu seyn er-
achtet, und das jus patronatus über das
Gesind sich zueignet, so wett ich zehn ge-
gen eins, daß er wählt wie der Wirth zum
wilden Mann in Löbnitz auf dem Erzge-
bürg. Will sich dem die Frau nicht fügen,
so giebts Wirwar im Haus, auch wohl zu
Zeiten Staub, wenn die Ehconsorten einan-
der aufs Wamms greifen, wie hier geschah.
Darum rath ich allen, die Vorhabens sind

ehe-
N

Wer den Sinn der angezognen Worte faßt,
der hat hier einen Schluͤſſel zum Ehege-
heimniß manches lieben Paares, dem man
durch Huͤlfe deſſelben bis ins Eingeweid der
innern Hausverfaſſung hinein ſchauen kann.
Wenn’s aller Orten ſo waͤr, wie’s der herz-
gute L. haben will, daß die Hausfrau die
weiblichen Dienſtbothen waͤhlen duͤrft’, ſo
wuͤrd’s jede kluge Frau machen, wie hier
die Wirthin, und mißgeſtaltete Phyſiogno-
mien am liebſten waͤhlen. Wenn aber der
Mann das gegen die Haustafel zu ſeyn er-
achtet, und das jus patronatus uͤber das
Geſind ſich zueignet, ſo wett ich zehn ge-
gen eins, daß er waͤhlt wie der Wirth zum
wilden Mann in Loͤbnitz auf dem Erzge-
buͤrg. Will ſich dem die Frau nicht fuͤgen,
ſo giebts Wirwar im Haus, auch wohl zu
Zeiten Staub, wenn die Ehconſorten einan-
der aufs Wamms greifen, wie hier geſchah.
Darum rath ich allen, die Vorhabens ſind

ehe-
N
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0193" n="193"/>
Wer den Sinn der angezognen Worte faßt,<lb/>
der hat hier einen Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zum Ehege-<lb/>
heimniß manches lieben Paares, dem man<lb/>
durch Hu&#x0364;lfe de&#x017F;&#x017F;elben bis ins Eingeweid der<lb/>
innern Hausverfa&#x017F;&#x017F;ung hinein &#x017F;chauen kann.<lb/>
Wenn&#x2019;s aller Orten &#x017F;o wa&#x0364;r, wie&#x2019;s der herz-<lb/>
gute L. haben will, daß die Hausfrau die<lb/>
weiblichen Dien&#x017F;tbothen wa&#x0364;hlen du&#x0364;rft&#x2019;, &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rd&#x2019;s jede kluge Frau machen, wie hier<lb/>
die Wirthin, und mißge&#x017F;taltete Phy&#x017F;iogno-<lb/>
mien am lieb&#x017F;ten wa&#x0364;hlen. Wenn aber der<lb/>
Mann das gegen die Haustafel zu &#x017F;eyn er-<lb/>
achtet, und das <hi rendition="#aq">jus patronatus</hi> u&#x0364;ber das<lb/>
Ge&#x017F;ind &#x017F;ich zueignet, &#x017F;o wett ich zehn ge-<lb/>
gen eins, daß er wa&#x0364;hlt wie der Wirth zum<lb/>
wilden Mann in Lo&#x0364;bnitz auf dem Erzge-<lb/>
bu&#x0364;rg. Will &#x017F;ich dem die Frau nicht fu&#x0364;gen,<lb/>
&#x017F;o giebts Wirwar im Haus, auch wohl zu<lb/>
Zeiten Staub, wenn die Ehcon&#x017F;orten einan-<lb/>
der aufs Wamms greifen, wie hier ge&#x017F;chah.<lb/>
Darum rath ich allen, die Vorhabens &#x017F;ind<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N</fw><fw place="bottom" type="catch">ehe-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0193] Wer den Sinn der angezognen Worte faßt, der hat hier einen Schluͤſſel zum Ehege- heimniß manches lieben Paares, dem man durch Huͤlfe deſſelben bis ins Eingeweid der innern Hausverfaſſung hinein ſchauen kann. Wenn’s aller Orten ſo waͤr, wie’s der herz- gute L. haben will, daß die Hausfrau die weiblichen Dienſtbothen waͤhlen duͤrft’, ſo wuͤrd’s jede kluge Frau machen, wie hier die Wirthin, und mißgeſtaltete Phyſiogno- mien am liebſten waͤhlen. Wenn aber der Mann das gegen die Haustafel zu ſeyn er- achtet, und das jus patronatus uͤber das Geſind ſich zueignet, ſo wett ich zehn ge- gen eins, daß er waͤhlt wie der Wirth zum wilden Mann in Loͤbnitz auf dem Erzge- buͤrg. Will ſich dem die Frau nicht fuͤgen, ſo giebts Wirwar im Haus, auch wohl zu Zeiten Staub, wenn die Ehconſorten einan- der aufs Wamms greifen, wie hier geſchah. Darum rath ich allen, die Vorhabens ſind ehe- N

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/193
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/193>, abgerufen am 21.05.2024.