Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

läßt, und den Auflaurern was zu reden
macht.

Wenn daher ein Menschenspäher, Mo-
ralist oder Politiker, die stehenden Ehen
nach ihrer innren Beschaffenheit, zu irgend
einen Behuf zu erforschen vorhätt, wie die
Calenberger Wittwenpfleger ihre äußre
Beschaffenheit in Absicht der Dauer, nach
den Gesetzen der Mortalität untersucht ha-
ben, könnten ihm folgende Cautelen hiebey
zu statten kommen, wornach sich schier
sicherer das Resultat möcht' finden lassen,
als die Calenberger das ihre dem Verneh-
men nach calculirt haben. Erstlich in ei-
nem Hause, wo sich bey der weiblichen
Bedienung saftvolle, wollüstig hinschmach-
tende Physiognomie veroffenbahrt hat, die
männliche Bedienung aber aus Greißen,
Krüpeln und Zwergen besteht, da herrscht
der Hauspatron als Sultan, und ist
im Besitz die Haustafel zu erklären, wie

ein
N 2

laͤßt, und den Auflaurern was zu reden
macht.

Wenn daher ein Menſchenſpaͤher, Mo-
raliſt oder Politiker, die ſtehenden Ehen
nach ihrer innren Beſchaffenheit, zu irgend
einen Behuf zu erforſchen vorhaͤtt, wie die
Calenberger Wittwenpfleger ihre aͤußre
Beſchaffenheit in Abſicht der Dauer, nach
den Geſetzen der Mortalitaͤt unterſucht ha-
ben, koͤnnten ihm folgende Cautelen hiebey
zu ſtatten kommen, wornach ſich ſchier
ſicherer das Reſultat moͤcht’ finden laſſen,
als die Calenberger das ihre dem Verneh-
men nach calculirt haben. Erſtlich in ei-
nem Hauſe, wo ſich bey der weiblichen
Bedienung ſaftvolle, wolluͤſtig hinſchmach-
tende Phyſiognomie veroffenbahrt hat, die
maͤnnliche Bedienung aber aus Greißen,
Kruͤpeln und Zwergen beſteht, da herrſcht
der Hauspatron als Sultan, und iſt
im Beſitz die Haustafel zu erklaͤren, wie

ein
N 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0195" n="195"/>
la&#x0364;ßt, und den Auflaurern was zu reden<lb/>
macht.</p><lb/>
        <p>Wenn daher ein Men&#x017F;chen&#x017F;pa&#x0364;her, Mo-<lb/>
rali&#x017F;t oder Politiker, die &#x017F;tehenden Ehen<lb/>
nach ihrer innren Be&#x017F;chaffenheit, zu irgend<lb/>
einen Behuf zu erfor&#x017F;chen vorha&#x0364;tt, wie die<lb/>
Calenberger Wittwenpfleger ihre a&#x0364;ußre<lb/>
Be&#x017F;chaffenheit in Ab&#x017F;icht der Dauer, nach<lb/>
den Ge&#x017F;etzen der Mortalita&#x0364;t unter&#x017F;ucht ha-<lb/>
ben, ko&#x0364;nnten ihm folgende Cautelen hiebey<lb/>
zu &#x017F;tatten kommen, wornach &#x017F;ich &#x017F;chier<lb/>
&#x017F;icherer das Re&#x017F;ultat mo&#x0364;cht&#x2019; finden la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
als die Calenberger das ihre dem Verneh-<lb/>
men nach calculirt haben. Er&#x017F;tlich in ei-<lb/>
nem Hau&#x017F;e, wo &#x017F;ich bey der weiblichen<lb/>
Bedienung &#x017F;aftvolle, wollu&#x0364;&#x017F;tig hin&#x017F;chmach-<lb/>
tende Phy&#x017F;iognomie veroffenbahrt hat, die<lb/>
ma&#x0364;nnliche Bedienung aber aus Greißen,<lb/>
Kru&#x0364;peln und Zwergen be&#x017F;teht, da herr&#x017F;cht<lb/>
der Hauspatron als Sultan, und i&#x017F;t<lb/>
im Be&#x017F;itz die Haustafel zu erkla&#x0364;ren, wie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0195] laͤßt, und den Auflaurern was zu reden macht. Wenn daher ein Menſchenſpaͤher, Mo- raliſt oder Politiker, die ſtehenden Ehen nach ihrer innren Beſchaffenheit, zu irgend einen Behuf zu erforſchen vorhaͤtt, wie die Calenberger Wittwenpfleger ihre aͤußre Beſchaffenheit in Abſicht der Dauer, nach den Geſetzen der Mortalitaͤt unterſucht ha- ben, koͤnnten ihm folgende Cautelen hiebey zu ſtatten kommen, wornach ſich ſchier ſicherer das Reſultat moͤcht’ finden laſſen, als die Calenberger das ihre dem Verneh- men nach calculirt haben. Erſtlich in ei- nem Hauſe, wo ſich bey der weiblichen Bedienung ſaftvolle, wolluͤſtig hinſchmach- tende Phyſiognomie veroffenbahrt hat, die maͤnnliche Bedienung aber aus Greißen, Kruͤpeln und Zwergen beſteht, da herrſcht der Hauspatron als Sultan, und iſt im Beſitz die Haustafel zu erklaͤren, wie ein N 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/195
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/195>, abgerufen am 21.11.2024.