Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

ein Despot die Gesetze, ohne Widerspruch
zu befürchten. Jsts umgekehrt, versteht
sichs, befiehlt Sie, und Er gehorcht, wie
aus dem Exempel meines sehr werthen
Freundes, des Obervogts zu Minnesingen
zu erhärten steht. Zweytens, wo die Phy-
siognomie der Hausbedienten gar nicht in
Anschlag kommt, läßt sich vermuthen, daß
beyden Theilen am mutuum adjutorium
gnügt, solche Eheleut' tragen zwischen den
Augen und über der Nasenwurzel gemei-
niglich das Merkzeichen ausdaurender Kälte,
wie die hundertjährige Jungfer in den Frag-
menten. Jn Absicht des Hausregiments
ist so eine Eh' anarchisch, auch im Grund
nur ein quasi conjugium. Drittens, wo
auf eine glückliche Physiognomie der Be-
dienten beyderley Geschlechts Bedacht ge-
nommen wird, von der Französin bis zum
Stubenmädchen, und wiederum vom Hof-
meister bis zum Stallbuben herunter, da

ist

ein Deſpot die Geſetze, ohne Widerſpruch
zu befuͤrchten. Jſts umgekehrt, verſteht
ſichs, befiehlt Sie, und Er gehorcht, wie
aus dem Exempel meines ſehr werthen
Freundes, des Obervogts zu Minneſingen
zu erhaͤrten ſteht. Zweytens, wo die Phy-
ſiognomie der Hausbedienten gar nicht in
Anſchlag kommt, laͤßt ſich vermuthen, daß
beyden Theilen am mutuum adjutorium
gnuͤgt, ſolche Eheleut’ tragen zwiſchen den
Augen und uͤber der Naſenwurzel gemei-
niglich das Merkzeichen ausdaurender Kaͤlte,
wie die hundertjaͤhrige Jungfer in den Frag-
menten. Jn Abſicht des Hausregiments
iſt ſo eine Eh’ anarchiſch, auch im Grund
nur ein quaſi conjugium. Drittens, wo
auf eine gluͤckliche Phyſiognomie der Be-
dienten beyderley Geſchlechts Bedacht ge-
nommen wird, von der Franzoͤſin bis zum
Stubenmaͤdchen, und wiederum vom Hof-
meiſter bis zum Stallbuben herunter, da

iſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0196" n="196"/>
ein De&#x017F;pot die Ge&#x017F;etze, ohne Wider&#x017F;pruch<lb/>
zu befu&#x0364;rchten. J&#x017F;ts umgekehrt, ver&#x017F;teht<lb/>
&#x017F;ichs, befiehlt Sie, und Er gehorcht, wie<lb/>
aus dem Exempel meines &#x017F;ehr werthen<lb/>
Freundes, des Obervogts zu Minne&#x017F;ingen<lb/>
zu erha&#x0364;rten &#x017F;teht. Zweytens, wo die Phy-<lb/>
&#x017F;iognomie der Hausbedienten gar nicht in<lb/>
An&#x017F;chlag kommt, la&#x0364;ßt &#x017F;ich vermuthen, daß<lb/>
beyden Theilen am <hi rendition="#aq">mutuum adjutorium</hi><lb/>
gnu&#x0364;gt, &#x017F;olche Eheleut&#x2019; tragen zwi&#x017F;chen den<lb/>
Augen und u&#x0364;ber der Na&#x017F;enwurzel gemei-<lb/>
niglich das Merkzeichen ausdaurender Ka&#x0364;lte,<lb/>
wie die hundertja&#x0364;hrige Jungfer in den Frag-<lb/>
menten. Jn Ab&#x017F;icht des Hausregiments<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;o eine Eh&#x2019; anarchi&#x017F;ch, auch im Grund<lb/>
nur ein <hi rendition="#aq">qua&#x017F;i conjugium.</hi> Drittens, wo<lb/>
auf eine glu&#x0364;ckliche Phy&#x017F;iognomie der Be-<lb/>
dienten beyderley Ge&#x017F;chlechts Bedacht ge-<lb/>
nommen wird, von der Franzo&#x0364;&#x017F;in bis zum<lb/>
Stubenma&#x0364;dchen, und wiederum vom Hof-<lb/>
mei&#x017F;ter bis zum Stallbuben herunter, da<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0196] ein Deſpot die Geſetze, ohne Widerſpruch zu befuͤrchten. Jſts umgekehrt, verſteht ſichs, befiehlt Sie, und Er gehorcht, wie aus dem Exempel meines ſehr werthen Freundes, des Obervogts zu Minneſingen zu erhaͤrten ſteht. Zweytens, wo die Phy- ſiognomie der Hausbedienten gar nicht in Anſchlag kommt, laͤßt ſich vermuthen, daß beyden Theilen am mutuum adjutorium gnuͤgt, ſolche Eheleut’ tragen zwiſchen den Augen und uͤber der Naſenwurzel gemei- niglich das Merkzeichen ausdaurender Kaͤlte, wie die hundertjaͤhrige Jungfer in den Frag- menten. Jn Abſicht des Hausregiments iſt ſo eine Eh’ anarchiſch, auch im Grund nur ein quaſi conjugium. Drittens, wo auf eine gluͤckliche Phyſiognomie der Be- dienten beyderley Geſchlechts Bedacht ge- nommen wird, von der Franzoͤſin bis zum Stubenmaͤdchen, und wiederum vom Hof- meiſter bis zum Stallbuben herunter, da iſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/196
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/196>, abgerufen am 20.05.2024.