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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

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und expreßiver gezeichnet, und wirren nicht
so gegen einander wie die Gesichtslinea-
menten. Hab auf meiner Reis' nie unter-
lassen, mich dieser Beyhülf zu bedienen und
meinen Wirth oder Wirthin darnach zu ju-
diciren, wiewol ich befunden hab, daß ly-
rische Unordnung in der Küch' und in weib-
lichen Gemächern, für die Frau vom
Haus' nicht leicht von vortheilhafter Be-
deutung ist.

So viel mir wissend ist, stund der Dich-
ter, den ich zuerst besuchte, innerhalb Leip-
zig in guten Credit; jenseit des Schlag-
baums aber wußte kein Mensch von seiner
Dichtereristenz ein Wort, obschon sein Name
sonst nicht ganz unbekannt ist in der gelehr-
ten Welt, wenn ihn gleich Meusel in seiner
Schmetterlingssammlung noch nicht besitzt.
Wird ihn wohl noch fahen und mit seinen
unverweßlichen Terpentinöl bestreichen, um
ihn der Nachwelt zu conserviren. -- Heißt

mit

und expreßiver gezeichnet, und wirren nicht
ſo gegen einander wie die Geſichtslinea-
menten. Hab auf meiner Reiſ’ nie unter-
laſſen, mich dieſer Beyhuͤlf zu bedienen und
meinen Wirth oder Wirthin darnach zu ju-
diciren, wiewol ich befunden hab, daß ly-
riſche Unordnung in der Kuͤch’ und in weib-
lichen Gemaͤchern, fuͤr die Frau vom
Hauſ’ nicht leicht von vortheilhafter Be-
deutung iſt.

So viel mir wiſſend iſt, ſtund der Dich-
ter, den ich zuerſt beſuchte, innerhalb Leip-
zig in guten Credit; jenſeit des Schlag-
baums aber wußte kein Menſch von ſeiner
Dichtereriſtenz ein Wort, obſchon ſein Name
ſonſt nicht ganz unbekannt iſt in der gelehr-
ten Welt, wenn ihn gleich Meuſel in ſeiner
Schmetterlingsſammlung noch nicht beſitzt.
Wird ihn wohl noch fahen und mit ſeinen
unverweßlichen Terpentinoͤl beſtreichen, um
ihn der Nachwelt zu conſerviren. — Heißt

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[36/0036] und expreßiver gezeichnet, und wirren nicht ſo gegen einander wie die Geſichtslinea- menten. Hab auf meiner Reiſ’ nie unter- laſſen, mich dieſer Beyhuͤlf zu bedienen und meinen Wirth oder Wirthin darnach zu ju- diciren, wiewol ich befunden hab, daß ly- riſche Unordnung in der Kuͤch’ und in weib- lichen Gemaͤchern, fuͤr die Frau vom Hauſ’ nicht leicht von vortheilhafter Be- deutung iſt. So viel mir wiſſend iſt, ſtund der Dich- ter, den ich zuerſt beſuchte, innerhalb Leip- zig in guten Credit; jenſeit des Schlag- baums aber wußte kein Menſch von ſeiner Dichtereriſtenz ein Wort, obſchon ſein Name ſonſt nicht ganz unbekannt iſt in der gelehr- ten Welt, wenn ihn gleich Meuſel in ſeiner Schmetterlingsſammlung noch nicht beſitzt. Wird ihn wohl noch fahen und mit ſeinen unverweßlichen Terpentinoͤl beſtreichen, um ihn der Nachwelt zu conſerviren. — Heißt mit

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/36>, abgerufen am 30.04.2024.