aus der eroberten Schanze auf dem Hohen-Ber- ge mit Wurfgeschütz zu erreichen seyn werde. Er schickte uns also einige Granaten zu, die aber entweder schon in der Luft platzten, oder un- schädlich in den Stadtgraben fielen. Nichtsdesto- weniger ward Abends um 8 Uhr ganz unvermu- thet Feuerlärm geschlagen, und -- das Haus des Commandanten stand in vollem Brande! Alles lief zum Löschen herbei; während jedoch manche verständige Bürger, sammt mir, sich un- willkührlich veranlaßt fühlten, dies Ereigniß mit dem gestrigen Parlementair in eine sehr bedenk- liche Verbindung zu bringen. Lag in diesem Brandlärm, wie wir fürchteten, etwas Vorberei- tetes, so ließ sich auch wohl besorgen, daß der Feind diesen Zeitpunkt zu einer nächtlichen Ueber- rumpelung benutzen könnte.
Voll von diesem beängstigenden Gedanken, entschlossen sich Unsrer 13 an der Zahl, sofort eine Runde rings um die Stadtwälle zu machen und die Vertheidigungs-Anstalten mit eigenen Augen nachzusehen. Wir traten unsern Weg, sogleich auf dem Platze, vom Stockhause an und setzten ihn auf dem innern Wall bis an das letzte Hornwerk Geldern an der Saline, und von dort wiederum bis dahin fort, wo wir ausgegangen waren. Ueberall auf den Batterieen, wo Kano- nen und Pulverwagen standen, riefen wir wieder- holt und überlaut die Schildwachen an: aber nur selten ward uns eine Stimme zur Antwort; und
aus der eroberten Schanze auf dem Hohen-Ber- ge mit Wurfgeſchuͤtz zu erreichen ſeyn werde. Er ſchickte uns alſo einige Granaten zu, die aber entweder ſchon in der Luft platzten, oder un- ſchaͤdlich in den Stadtgraben fielen. Nichtsdeſto- weniger ward Abends um 8 Uhr ganz unvermu- thet Feuerlaͤrm geſchlagen, und — das Haus des Commandanten ſtand in vollem Brande! Alles lief zum Loͤſchen herbei; waͤhrend jedoch manche verſtaͤndige Buͤrger, ſammt mir, ſich un- willkuͤhrlich veranlaßt fuͤhlten, dies Ereigniß mit dem geſtrigen Parlementair in eine ſehr bedenk- liche Verbindung zu bringen. Lag in dieſem Brandlaͤrm, wie wir fuͤrchteten, etwas Vorberei- tetes, ſo ließ ſich auch wohl beſorgen, daß der Feind dieſen Zeitpunkt zu einer naͤchtlichen Ueber- rumpelung benutzen koͤnnte.
Voll von dieſem beaͤngſtigenden Gedanken, entſchloſſen ſich Unſrer 13 an der Zahl, ſofort eine Runde rings um die Stadtwaͤlle zu machen und die Vertheidigungs-Anſtalten mit eigenen Augen nachzuſehen. Wir traten unſern Weg, ſogleich auf dem Platze, vom Stockhauſe an und ſetzten ihn auf dem innern Wall bis an das letzte Hornwerk Geldern an der Saline, und von dort wiederum bis dahin fort, wo wir ausgegangen waren. Ueberall auf den Batterieen, wo Kano- nen und Pulverwagen ſtanden, riefen wir wieder- holt und uͤberlaut die Schildwachen an: aber nur ſelten ward uns eine Stimme zur Antwort; und
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aus der eroberten Schanze auf dem Hohen-Ber-
ge mit Wurfgeſchuͤtz zu erreichen ſeyn werde. Er
ſchickte uns alſo einige Granaten zu, die aber
entweder ſchon in der Luft platzten, oder un-
ſchaͤdlich in den Stadtgraben fielen. Nichtsdeſto-
weniger ward Abends um 8 Uhr ganz unvermu-
thet Feuerlaͤrm geſchlagen, und — das Haus
des Commandanten ſtand in vollem Brande!
Alles lief zum Loͤſchen herbei; waͤhrend jedoch
manche verſtaͤndige Buͤrger, ſammt mir, ſich un-
willkuͤhrlich veranlaßt fuͤhlten, dies Ereigniß mit
dem geſtrigen Parlementair in eine ſehr bedenk-
liche Verbindung zu bringen. Lag in dieſem
Brandlaͤrm, wie wir fuͤrchteten, etwas Vorberei-
tetes, ſo ließ ſich auch wohl beſorgen, daß der
Feind dieſen Zeitpunkt zu einer naͤchtlichen Ueber-
rumpelung benutzen koͤnnte.
Voll von dieſem beaͤngſtigenden Gedanken,
entſchloſſen ſich Unſrer 13 an der Zahl, ſofort
eine Runde rings um die Stadtwaͤlle zu machen
und die Vertheidigungs-Anſtalten mit eigenen
Augen nachzuſehen. Wir traten unſern Weg,
ſogleich auf dem Platze, vom Stockhauſe an und
ſetzten ihn auf dem innern Wall bis an das letzte
Hornwerk Geldern an der Saline, und von dort
wiederum bis dahin fort, wo wir ausgegangen
waren. Ueberall auf den Batterieen, wo Kano-
nen und Pulverwagen ſtanden, riefen wir wieder-
holt und uͤberlaut die Schildwachen an: aber nur
ſelten ward uns eine Stimme zur Antwort; und
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/90>, abgerufen am 17.07.2024.
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