Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.auf unsrer ganzen langen Runde trafen wir auf So etwas überstieg alle unsre Gedanken und Allein was war hier mit unserm stillen Grol- auf unſrer ganzen langen Runde trafen wir auf So etwas uͤberſtieg alle unſre Gedanken und Allein was war hier mit unſerm ſtillen Grol- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0091" n="75"/> auf unſrer ganzen langen Runde trafen wir auf<lb/> dieſe Weiſe nicht mehr, als 7 — ſchreibe <hi rendition="#g">ſieben</hi><lb/> Mann unter dem Gewehr!</p><lb/> <p>So etwas uͤberſtieg alle unſre Gedanken und<lb/> Begriffe! Wir erachteten es fuͤr dringende Noth-<lb/> wendigkeit, dem Commandanten davon die ſchleu-<lb/> nigſte Anzeige zu machen, damit beſſere Anſtalt<lb/> getroffen und Ungluͤck verhuͤtet wuͤrde. <hi rendition="#g">Der</hi> aber<lb/> war laͤngſt aus ſeinem brennenden Hauſe gefluͤch-<lb/> tet und hatte ſich in das Poſthaus einquartiert.<lb/> Auch dort ſuchten wir ihn auf, und lieſſen ihm<lb/> durch ſeine Ordonnanz hineinſagen: „Die Buͤr-<lb/> ger-Patrouille wolle ihn ſprechen, um etwas<lb/> Hochwichtiges anzumelden.‟ Wir empfiengen<lb/> hierauf den Beſcheid: „Der Herr Obriſt habe<lb/> ſich bereits zur Ruhe begeben, und laſſe ſich heute<lb/> nicht mehr ſprechen.‟ — Was fuͤr eine unerhoͤrte<lb/> Seelenruhe bei einem Feſtungs-Commandanten,<lb/> der den Feind vor den Thoren hat, und deſſen<lb/> Haus in vollen Flammen ſteht! Dieſer Brand<lb/> wurde uͤbrigens gegen 3 Uhr Morgens geloͤſcht;<lb/> wir Buͤrger ſetzten unſre Umgaͤnge die ganze Nacht<lb/> fort, und der Feind hielt ſich ruhig. Leicht aber<lb/> mag man ermeſſen, wie uns bei dieſen Umſtaͤn-<lb/> den zu Muthe war und welcher traurigen Zu-<lb/> kunft wir entgegenſahen.</p><lb/> <p>Allein was war hier mit unſerm ſtillen Grol-<lb/> len und Jammern, oder auch mit lautem Mur-<lb/> ren und Raiſonniren geholfen? Hier mußte ſchnel-<lb/> ler und nachdruͤcklicher Rath geſchafft werden;<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [75/0091]
auf unſrer ganzen langen Runde trafen wir auf
dieſe Weiſe nicht mehr, als 7 — ſchreibe ſieben
Mann unter dem Gewehr!
So etwas uͤberſtieg alle unſre Gedanken und
Begriffe! Wir erachteten es fuͤr dringende Noth-
wendigkeit, dem Commandanten davon die ſchleu-
nigſte Anzeige zu machen, damit beſſere Anſtalt
getroffen und Ungluͤck verhuͤtet wuͤrde. Der aber
war laͤngſt aus ſeinem brennenden Hauſe gefluͤch-
tet und hatte ſich in das Poſthaus einquartiert.
Auch dort ſuchten wir ihn auf, und lieſſen ihm
durch ſeine Ordonnanz hineinſagen: „Die Buͤr-
ger-Patrouille wolle ihn ſprechen, um etwas
Hochwichtiges anzumelden.‟ Wir empfiengen
hierauf den Beſcheid: „Der Herr Obriſt habe
ſich bereits zur Ruhe begeben, und laſſe ſich heute
nicht mehr ſprechen.‟ — Was fuͤr eine unerhoͤrte
Seelenruhe bei einem Feſtungs-Commandanten,
der den Feind vor den Thoren hat, und deſſen
Haus in vollen Flammen ſteht! Dieſer Brand
wurde uͤbrigens gegen 3 Uhr Morgens geloͤſcht;
wir Buͤrger ſetzten unſre Umgaͤnge die ganze Nacht
fort, und der Feind hielt ſich ruhig. Leicht aber
mag man ermeſſen, wie uns bei dieſen Umſtaͤn-
den zu Muthe war und welcher traurigen Zu-
kunft wir entgegenſahen.
Allein was war hier mit unſerm ſtillen Grol-
len und Jammern, oder auch mit lautem Mur-
ren und Raiſonniren geholfen? Hier mußte ſchnel-
ler und nachdruͤcklicher Rath geſchafft werden;
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